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Ennsthaler Magazin Sommer2019

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Schräge<br />

neue<br />

Welt<br />

Nur nicht verzweifeln.<br />

Gegen die derzeitige<br />

Schräglage der Welt<br />

helfen mitunter noch<br />

weitaus schrägere<br />

Literatur und<br />

Realsatire.<br />

Eigentlich verfügt Barry Cohen,<br />

Hauptfigur in Gary Shteyngarts<br />

neuem US-Sittenbild „Willkommen<br />

in Lake Success“, über alle Voraussetzungen,<br />

um reichlich unsympathisch<br />

zu wirken. Als Börsenhai brachte er es<br />

zum Multimillionär, als „gemäßigter<br />

Republikaner“ ist er im Trump-Lager<br />

angesiedelt. Er ist arrogant, er badet<br />

im Luxus und nimmt den tatsächlichen<br />

Zustand in den Staaten nur zur<br />

Kenntnis, wenn er ihm noch mehr<br />

Vermögen verschafft. Ehe auch ihn<br />

ein zweckdienlicher Blitz der Erkenntnis<br />

trifft, der sein bisheriges Leben in<br />

ein finsteres Licht rückt. Seine Ehe ist<br />

kaputt, sein Sohn ist Autist, die Behörden<br />

haben wegen dubioser Finanzgeschäfte<br />

ein Auge auf ihn geworfen.<br />

Gute Gründe, um über einen Neustart<br />

nachzudenken. Barry tut es, und er<br />

lässt rigorose Taten folgen. All seine<br />

Kreditkarten landen samt Reisepass<br />

in einem Mülleimer, eine Greyhound-<br />

Reise quer durch die Staaten ist die<br />

Folge. Denn Barry glaubt ernsthaft<br />

daran, eine College-Liebschaft wieder<br />

auffrischen zu können. Der große<br />

Gesellschaftssatiriker Shteyngart verordnet<br />

seinem Protagonisten eine<br />

Reihe von Bruchlandungen, gleichzeitig<br />

aber zeigt er zynisch, wie gespalten<br />

und beschränkt das einstige Land<br />

der unbegrenzten Möglich keiten ist.<br />

„Man möchte schreien,<br />

weil dieser Roman<br />

so wahr und so<br />

unglaublich lustig ist.“<br />

US-Autor Richard Ford<br />

über „Willkommen<br />

in Lake Success“<br />

Weit herum kommt man mit Kurt<br />

Palm. Mit Bad Fucking errichtete er<br />

ein Zentrum der grellen, aberwitzigen<br />

Polit-Satire in der Literaturlandschaft,<br />

danach zog es ihn unter anderem<br />

in den Wilden Westen und, in<br />

einem Rückblick auf die Jugendjahre,<br />

an die damals noch jugoslawische Adria.<br />

Mit „Monster“ bewegt er sich wieder<br />

auf heimischem Boden, um gehörig<br />

einzuschenken und auszuteilen.<br />

Die Geschichte beginnt trügerisch<br />

harmlos, ehe Palm seinen schier unerschöpflichen,<br />

grotesken, satirischen<br />

und bizarren Einfällen freien Lauf<br />

gewährt. Palm-Fiction eben, in tragikomischer<br />

Vollendung. Enthalten im<br />

Geschichten-Paket, das vom Autor<br />

diesmal geschnürt wurde, sind unter<br />

anderem ein lesbisches Liebespaar,<br />

ein Flüchtlingsheim, eine umtriebige<br />

Innenministerin und ein Monster in<br />

den Tiefen eines Sees. Palm bedient<br />

sich griffsicher bei den abstrusen Absonderungen<br />

der Realität und wirbelt<br />

sie virtuos und entlarvend durch die<br />

muffige Luft. Auch so entsteht erfreulich<br />

viel erfrischender Wind und ein<br />

turbulentes Werk, reich an Seitenhieben<br />

für jene, die diese auch verdienen.<br />

Gary Shteyngart<br />

Willkommen in Lake<br />

Success<br />

Übers. v. Ingo Herzke<br />

Penguin, 432 Seiten<br />

Euro 24,70<br />

ISBN 978-3-328-60069-5<br />

E-Book 978-3-641-23563-5<br />

Kurt Palm<br />

Monster<br />

Zsolnay, 304 Seiten<br />

Euro 21,60<br />

ISBN 978-3-552-06394-5<br />

E-Book 978-3-446-25984-3<br />

Foto: unsplash<br />

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