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Bayreuth Evangelisch Juli-Aug-Sept 2019

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Humor<br />

ABC des Gemeindelebens | Von Pfarrer Hannes Schott<br />

Heute: B wie Back-to-church-Sunday<br />

oder „Die ham uns grod nuch gfelld“<br />

10<br />

„Du hast uns gerade noch gefehlt!“ - mit diesem augenzwinkernden<br />

Slogan lud das Dekanat <strong>Aug</strong>sburg zum so genannten „Back to church“-<br />

Sunday ein. In <strong>Bayreuth</strong> wurde dieser Slogan abgelehnt. Vermutlich<br />

aus Angst, er würde zu sehr die Gedanken der „normalen“<br />

Gottesdienstbesucher abbilden, die nun Angst vor Heilig-Abend-<br />

Zuständen (Bangen um Stammplatz, fremde Gesichter, sogar Kinder<br />

und Jugendliche im Gottesdienst) haben, wenn nach britischem Vorbild<br />

„Back to church“- Sunday gefeiert wird. Ziel dabei ist es, jene<br />

wieder in die Gottesdienste zu locken, die eigentlich grundsätzliches<br />

Interesse haben, aber aus verschiedensten Gründen (z.B. „Wenn ich<br />

heid auf amoll in die Kerng gehn däd, dädn die Leid ja mahna, dass<br />

bei uns dahaam wos ned bassd!“) den Gottesdienstbesuch meiden.<br />

Hohe Hürden sind zu meistern: Auf der einen Seite andere freundlich<br />

und offen einzuladen (falsch wäre: „Sie sin fei aa nimmer der jüngst,<br />

do däd ich mir langsam aweng Sorgn um mei Seelenheil machen!“).<br />

Auf der anderen Seite dann auch entgegen aller Erwartungen („Der<br />

kummd doch eh ned mid, Sunndoch frieh hoggd der beim Friehschobbm<br />

/ is die beim Brunch / missn die Glees fertig wern!“) damit<br />

umzugehen, dass tatsächlich jemand dieser Einladung nachkommt.<br />

Soziologen zufolge wäre das ein kleines Wunder. Denn diese haben<br />

heraus gefunden, dass der moderne Mensch sehr passiv ist: Jugendliche<br />

schauen lieber anderen beim Computer spielen zu, als selbst<br />

aktiv zu werden. Und auch bei Beerdigungen, Taufen und Trauungen<br />

ist zu beobachten bzw. zu hören, dass kaum mehr jemand aktiv am<br />

Gesang teilnimmt. Den Besuchern genügt es, die „religiöse Inszenierung“<br />

zu beobachten.<br />

Vielleicht ist das die Chance für den „back to church“- Sunday, um<br />

den Eingeladenen einen „sanften Einstieg“ zu ermöglichen. Den Eingeladenen<br />

die „religiöse Inszenierung“ zu kredenzen, die sie so lange<br />

vermisst haben, nämlich einen Gottesdienst, wie sie ihn seit ihrer<br />

Jugend nicht mehr erlebt haben und doch für die Regel halten:<br />

• Das hieße: den Ruhestandspfarrer als Prediger einladen, der<br />

berüchtigt für seine nicht enden wollenden Predigten mit Beispielen<br />

aus seinem aktiven Gemeindedienst kurz nach der Jungsteinzeit<br />

ist!<br />

• Oder den Organisten anfragen, dessen Spiel an Körperverletzung<br />

grenzt!<br />

• Dazu die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher an den<br />

Eingang zur Begrüßung stellen, gegen die der Zerberus ein zahmes<br />

Schoßhündchen ist.<br />

Das würde den Besucherinnen und Besuchern den Besuch sicher erleichtern!<br />

Oder doch einen Gottesdienst wie sonst auch immer feiern?<br />

• Ein Gottesdienst, bei dem durch Gesang, Begrüßung und allgemeinen<br />

Austausch davor und danach eben kein rein passiver<br />

Konsum, sondern aktive Teilhabe herrscht...<br />

<strong>Bayreuth</strong> <strong>Evangelisch</strong> | <strong>Juli</strong> - <strong>Sept</strong>ember <strong>2019</strong><br />

• Also mit einer gut vorbereiteten und theologisch gut durchdachten<br />

Predigt, die sowohl berührt als auch „was zum Mitnehmen“<br />

bietet...<br />

• Natürlich mit einer bewegenden und begeisternden Kirchenmusik,<br />

die beflügelte Gottesdienstbesucher wieder in den Alltag<br />

entlässt...<br />

• Und wie immer mit sympathischen und freundlichen Kirchenvorsteherinnen<br />

und Kirchenvorstehern an Eingang und Ausgang,<br />

mit denen man nach dem Gottesdienst noch einen Kaffee<br />

und ein Bier trinken möchte...<br />

Ich empfehle allen Gemeinden, solche Gottesdienste beim „Back to<br />

church“- Sunday zu unterlassen und dem ersten Vorschlag nachzukommen!<br />

Die Eingeladenen könnten ja denken, man spiele ihnen<br />

etwa vor! Oder noch schlimmer: die Eingeladenen könnten ja wieder<br />

kommen, Stammplätze wegnehmen oder sich in der Gemeinde engagieren<br />

wollen!<br />

Oder am allerschlimmsten: sie könnten ja andere einladen, die man<br />

selber bewusst nicht eingeladen hat, wieder in die Gottesdienst zu<br />

kommen! Und die würden dann auch noch kommen.<br />

Nein, ganz ehrlich: des hädd uns grod nuch gfelld!<br />

Grafik: Matthias Ose, Foto: privat

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