Der Kisslegger 17.07.2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Der</strong> Kißlegger<br />
16<br />
Aus Kißlegg<br />
Kolpingsfamilien mit Christine Vidic auf Entdeckungstour<br />
Auf dem Gruppenfoto der Teilnehmer im Neuen Schloss Kißlegg ist Chistine Vidic die 2. von links vorne.<br />
Foto: Eva Mock<br />
KISSLEGG (dk) - Eine Besichtigung des<br />
Kißlegger Neuen Schlosses stand auf<br />
dem Programm, als die Kolpingsfamilie<br />
Leutkirch der Kißlegger Kolpingsfamilie<br />
einen Gegenbesuch abstattete.<br />
Mit Begeisterung, Charme<br />
und viel Hintergrundwissen führte<br />
Kolpingmitglied Christine Vidic 25<br />
Interessierte durch das heute wunderschön<br />
renovierte Barockschloss.<br />
Die 70 Jahre dauernden Restaurierungsarbeiten,<br />
ein Kraftakt für die Gemeinde,<br />
seien anfangs nicht immer so fachmännisch<br />
ausgeführt worden wie später. Vidic<br />
streifte auch die Geschichte des<br />
Schlosses, in dem bis 1921 die letzte Gräfin<br />
lebte und das zur NS-Zeit Internat für<br />
Diplomatenkinder war, später Krankenhaus,<br />
Schule und Probenort für Jugendblasorchester.<br />
Im Treppenaufgang beeindrucken die Sibyllen<br />
von J. A. Feuchtmayer, weissagende<br />
Frauen bei den alten Griechen und<br />
Römern. Vidic erklärte auch die Herstellung<br />
dieser Skulpturen: Auf einen Backsteinkern<br />
kommt Mörtel, darauf der<br />
Stuck aus Gips, der geschliffen, gewachst<br />
und poliert wird. Das Ergebnis sieht Marmor<br />
täuschend ähnlich.<br />
Über die Kapelle, ein besonderes Kleinod<br />
im Schloss, erfuhr man, dass sie seit 1721<br />
nicht restauriert wurde und der alte<br />
Stuckmarmor von J. Schütz wertvoller<br />
als echter Marmor ist. Am Altartisch findet<br />
man kostbare Stuckeinlegearbeiten<br />
nach der Technik von D. Zimmermann.<br />
Erst seit den 80er-Jahren ist klar, dass<br />
das Altarbildblatt von C. D. Assam<br />
stammt und somit das wertvollste Teil im<br />
Schloss ist. Das Ölbild in der Kuppel, die<br />
durch Illusionsmalerei höher wirkt, behandelt<br />
die Themen Schuldentilgung,<br />
Abtrünnige und Mutter Ecclesia.<br />
Die Decken- und Wandbilder in den einzelnen<br />
Prunksälen, meist mit Themen aus<br />
der Bibel oder antiken Mythologie, und<br />
die Figuren und Dekorationen aus Stuck<br />
erklärte Vidic sehr spannend, wobei sie<br />
auf viele interessante und kuriose Details<br />
hinwies. Im Samsonsaal z. B. haben die<br />
Putten Schmetterlingsflügel. <strong>Der</strong> Teppich<br />
auf dem Deckenbild im Esthersaal<br />
hat das gleiche Muster wie heutige Perserteppiche.<br />
Es gibt auch alte aufgemalte<br />
Wandtäfelungen mit kunstvoll gezeichneten<br />
Maserungen. <strong>Der</strong> „Apostelschrank“<br />
ist eine Nachbildung der Tür des<br />
Baptisteriums in Florenz. Den originalen<br />
prachtvollen Lüster im Lüstersaal hat<br />
einst, so hörte man, Rudi Schabka auf<br />
dem Dachboden entdeckt und den Fund<br />
sofort zur Sicherung im Rathaus gemeldet.<br />
Auch das „kleine Raucherkabinett“<br />
ist mit seiner Stuckmalerei ein Schmuckstück.<br />
Im Bankettsaal besticht der besonders<br />
prachtvolle, originelle Deckenstuck.<br />
Die damals bekannten 4 Erdteile sind in<br />
den Ecken dargestellt, an der Decke ein<br />
Friedensfest. Die Putten haben Tierchen<br />
bei sich, wie Hündchen mit Schweinerüssel<br />
und Ringelschwänzchen.<br />
Das passende Mobiliar hat der frühere<br />
Bürgermeister Stephan Müller auf Auktionen<br />
günstig und mit Kennerblick gekauft.<br />
Auch auf die aktuelle Ausstellung,<br />
expressionistische Bilder von um 1900<br />
geborenen Malerinnen, ging Vidic ein.<br />
Sie machte zudem bewusst, dass das<br />
Schloss mit seinen vielen Veranstaltungen,<br />
Ausstellungen und mit der Möglichkeit,<br />
es für Familienfeiern anzumieten,<br />
ein Schloss für die Bürger ist. Alles, was<br />
Vidic erzählt hat, kann man bei den<br />
sonntäglichen Führungen erfahren.<br />
Nach der Führung saß man gemütlich im<br />
kath. Gemeindehaus zusammen. Alfred<br />
Uhl meinte, die Kolpingsfamilien des Bezirks<br />
sollten sich weiterhin gegenseitig<br />
regelmäßig besuchen. Er dankte Vidic<br />
herzlich für die interessante und kurzweilige<br />
Schlossführung. Ebenso dankte<br />
Martin Schmuck von der Kolpingsfamilie<br />
Leutkirch für die Einladung. Ein besonderes<br />
Dankeschön gilt Anne Straub fürs<br />
Herrichten des schmackhaften Vespers.