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ZETT-2

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#2 ∙ JULI 2019 ∙ KOSTENLOS<br />

Das Kulturmagazin für Freiburg<br />

Foto: Martin Koswig<br />

Aus dem ZYPRESSE VERLAG<br />

www.zett-magazin.de<br />

MYTHOS<br />

Schwarzwaldmädel<br />

Der Sinn des Lebens<br />

Gela Samsonidse<br />

Eine Seilbahn für Dietenbach?<br />

uniCROSS<br />

Literatur<br />

Musik<br />

Theater


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2 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


Auch haben wir dem ma-<br />

gischem Waldkirch einen Be-<br />

such abgestattet, werfen<br />

einen<br />

Blick auf das bevorstehende<br />

37. Zelt-Musik-Festival,<br />

präsentieren<br />

Lesenswertes von Freiburger<br />

Autorinnen und Autoren und<br />

berichten von einem Besuch<br />

im fast schon unheimlich agilen<br />

Medienzentrum der Universität.<br />

Ausgelutscht, verkitscht,<br />

sagen die einen, einfach geil<br />

und Kult die anderen – die<br />

Rede ist vom Bollenhut. Die<br />

Drei-Dörfer-Kopfbedeckung<br />

aus dem Schwarzwald hat<br />

das Zeug zum Mythos. Denn<br />

vierzehn dicke Bollen auf einem<br />

eingegipsten Strohhut<br />

scheinen irgendwie so gar<br />

keinen Sinn zu machen. In<br />

Verbindung mit den urigen<br />

Landschaften des Schwarzwaldes<br />

und dem Interesse<br />

der Touristen hat sich der<br />

sagenhafte Bollenhut dennoch<br />

zum Statussymbol des<br />

Schwarzwalds schlechthin hthin<br />

gemausert.<br />

Die Kuckucksuhr geht<br />

vorläufig als zweiter<br />

Sieger durchs Ziel –<br />

man kann sie sich einfach<br />

schlecht aufsetzen.<br />

Für das Kulturmagazin<br />

Zett. ist der kulturelle Siegeszug<br />

des Bollenhuts Anlass,<br />

sich eingehender mit diesem<br />

schwäbischen Symbol der<br />

Unterdrückung zu beschäftigen.<br />

Denn schwäbisch ren die drei Ach-Orte Gutach,<br />

Kirnbach und Reichenbach,<br />

als dort der Hut vor über 222<br />

wa-<br />

Jahren erfunden wurde; und<br />

ohne es zu wollen unterdrückt<br />

der Bollenhut heute<br />

in Bekanntheit und Pracht<br />

die vielen anderen, traditionellen<br />

Kopfbedeckungen des<br />

Schwarzwaldes. Oder wissen<br />

Touristen auf Anhieb, wie ein<br />

Schnapphut, ein Schäppel<br />

oder eine Schlupfkappe aussieht?<br />

Der 2015 verstorbene Max<br />

Köhler und der Offenburger<br />

Stefan Strumbel sind bekannte<br />

Pioniere der künstlerischen<br />

Überführung traditioneller<br />

Schwarzwaldbilder in<br />

die Moderne. Doch was haben<br />

andere, zeitgenössische<br />

Künstler drauf? Wohin lassen<br />

sie Schwarzwaldmädel und<br />

Bollenhut in ihren Fantasien<br />

fliegen? Einige herausragende<br />

Antworten auf diese Frage<br />

finden Sie hier, in der zweiten<br />

Ausgabe des Freiburger Kulturmagazins<br />

Zett.<br />

Bild: Heinz Wendling<br />

Außerdem nehmen wir<br />

uns in diesem Sommer 2019<br />

die Zeit, uns mit der Frage<br />

nach dem Sinn des Lebens zu<br />

beschäftigen. Viele sind überzeugt,<br />

dass sich diese tiefste<br />

aller Sinnfragen im sonnigen<br />

und weitgehend industriefreien<br />

Freiburg weniger stellt<br />

als anderswo. Ist das so? Wir<br />

haben Bächleputzer, Oberbürgermeister,<br />

Fußballtrainer<br />

und andere Freiburger<br />

befragt – das Ergebnis finden<br />

Sie im Heft. Vielleicht werden<br />

ja auch Sie erfasst von<br />

jener kleinen Welle tiefer Reflektionen<br />

und Diskussionen,<br />

die unsere Umfrage überraschenderweise<br />

ausgelöst hat.<br />

GEILER KITSCH<br />

Daneben erzählen wir die<br />

Geschichte eines Freiburger<br />

Unternehmers, der den<br />

neu zu bauenden Stadtteil<br />

Dietenbach mit<br />

einer urbanen Seilbahn<br />

an das Freiburger<br />

Verkehrsnetz<br />

anschließen<br />

will, nachdem sein<br />

zehnjähriger Sohn<br />

die Idee dazu hatte. Und<br />

wir zeigen die Bilder eines<br />

Vierjährigen, der seine ganz<br />

eigene Kunst auf Leinwände<br />

bannt.<br />

Lassen Sie sich inspirieren!<br />

Herzlichst<br />

Arne Bicker<br />

Redaktionsleiter Zett.<br />

EDITORIAL<br />

Impressum<br />

„<strong>ZETT</strong>. – Das Kulturmagazin für<br />

Freiburg“ ist eine Magazinpublikation<br />

der Zypresse Verlags GmbH,<br />

Brunnenstraße 6, 79098 Freiburg.<br />

redaktion@zett-magazin.de<br />

www.zett-magazin.de<br />

www.zypresse.com<br />

Geschäftsführung:<br />

Dr. Manfred Kross<br />

Gestaltung: Schleiner & Partner<br />

Grafik, Layout: Frank Reder<br />

Redaktionelle Leitung: Arne Bicker<br />

Titelfoto: Martin Koswig<br />

Fotografie: Fabrizio Galuppi, Janine<br />

Machiedo, Martin Koswig, Arne<br />

Bicker<br />

Illustration: Jonatan Alcina<br />

Cartoon: Klaus Karlitzky<br />

Für Druckfehler keine Haftung.<br />

Das Copyright für Texte und Fotos<br />

liegt beim Verlag und den Autoren<br />

/ Fotografen. Nachdruck, Vervielfältigungen<br />

und elektronische<br />

Speicherung nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung des Verlages.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

3


INHALT<br />

30<br />

LITERATUR<br />

das schöne bild<br />

34<br />

DENNYS ART<br />

Kleinkunst<br />

MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

ab Seite 8<br />

EDITORIAL<br />

Geiler Kitsch 3<br />

LEITKULTUR<br />

Bröckelt da was? 7<br />

MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

Black Forest Supergirl 8<br />

Siegfried Knittel – Schwarzwald mondän 10<br />

Florian Tröger – Jagdglück 12<br />

Marco Sorrentino – Erleuchtet 13<br />

Oliver Lucht – Bollen im Weltall 13<br />

Michael Meier – Pin Up 14<br />

Janine Machiedo – Bollenzauber 16<br />

Fabrizio Galuppi – Blackforest 17<br />

Betty BBQ & Roman Zaytsev – Klein und groß 18<br />

Gerhard Völkle – Zeitenwende 19<br />

Hanna Thienel – Rauchzeichen 20<br />

Tina Necker – Stichtag 21<br />

MEDIEN<br />

uniCROSS – Mediennachwuchs 22<br />

DER SINN DES LEBENS<br />

Der Sinn des Lebens – Im Kernfragennebel 24<br />

Freiburger Zitate 26<br />

Herausgeputzt – Alain Stockmayr 28<br />

LITERATUR<br />

Piotr Iwicki – das schöne bild 30<br />

Der Turm der blauen Pferde 31<br />

Freiburger Autoren 32<br />

KUNST<br />

Dennys Art – Kleinkunst 34<br />

Die Mona Lisa vom Schwarzwald 35<br />

Gela Samsonidse 36<br />

KULTUR AM START<br />

Schöner fliegen 38<br />

Auf Entdeckungsfahrt 40<br />

Fritz‘ Galerie 40<br />

Museumsnacht 41<br />

Parkside Festival 41<br />

Kokosnuss und Meeresmüll 42<br />

Stadtwandforschung 42<br />

18<br />

38<br />

KLEIN UND GROSS<br />

Betty BBQ & Roman Zaytsev<br />

THE MAGIC MAN<br />

Schöner fliegen<br />

DER SINN DES LEBENS<br />

ab Seite 24<br />

4 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


61<br />

52<br />

DAMENWAHL<br />

Siegfried Zey<br />

MUSIK<br />

And the Beat goes on<br />

36<br />

KUNST<br />

Gela Samsonidse<br />

GESELLSCHAFT<br />

Holbeinpferd – Der Lack ist ab 43<br />

Schöner Schweben – Eine Seilbahn für Dietenbach? 44<br />

Grüße von Karl May 46<br />

Zaubertrank 46<br />

Schmachtvergleich – Quartett 47<br />

Retro Cruiser 48<br />

MUSIK<br />

Elisabeth Bereznicki – Frank Vincent Zappa 50<br />

Konzerttipps 51<br />

And the Beat goes on – Das 37. ZMF 52<br />

Musik aus Freiburg 54<br />

KRIMINALSZENE<br />

Kuriose Polizeimeldungen 55<br />

BOLLENKULT<br />

222 Jahre Bollenhut – eine bebilderte Festschrift 56<br />

Milch trifft Mehl – Schwarzwaldmuffin 58<br />

Sebastian Wehrle – Erleuchtet 58<br />

Sarah von der Geest – Die Fotozeichnerin 59<br />

Anne Mary Deutsch – Big Bang 59<br />

Jochen Scherzinger – Im tiefen Walde 60<br />

Selina Haas – Neustart 60<br />

Siegfried Zey – Damenwahl 61<br />

Birgit Hepting – Bollengut 62<br />

Uwe Merz – Trotzköpfe 62<br />

Ruth Gast – Huckepack 63<br />

Hansjörg Kleiser – Bollero 64<br />

Silke Gerfen – Bollenquader 65<br />

Michaela Kindle – Overflow 66<br />

Silke Gerfen – Bollenquader 66<br />

Heinz Wendling – Im Letterwald 67<br />

Simon Stiegeler – Im Unterholz 67<br />

Thomas Zipfel – Und Action! 68<br />

Josef Weis – Bollyhood 68<br />

Klaus Karlitzky – Schwarzwald oh Heimat 69<br />

STIMMEN...<br />

zur ersten Ausgabe Zett. 70<br />

59<br />

DIE ZEICHNERIN<br />

Sarah von der Geest<br />

59<br />

Anne Marie Deutsch<br />

Dame von Welt.<br />

BIG BANG<br />

Anne Mary Deutsch<br />

BOLLENKULT<br />

ab Seite 56<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

5


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6 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


LEITKULTUR<br />

von Arne Bicker<br />

BRÖCKELT DA WAS?<br />

Trump-Brexit-AfD – ich kann es nicht<br />

mehr hören. Hat diese nicht enden wollende<br />

Nachrichtenflut von Hasspolitikern<br />

wie Donald Trump, den Brexitiers<br />

oder den AfDlern überhaupt etwas Gutes?<br />

Aber ja doch: Etablierte Regierungspolitiker<br />

können sich besser, ehrlicher,<br />

ja, überlegen fühlen. Das bisschen Waffenexporte<br />

oder Verschleppung einer<br />

zeitgemäßen Klima-, Energie- und Sozialpolitik<br />

ist doch ein Klacks im Vergleich<br />

zu jenen irrwitzigen Hetzkampagnen,<br />

die einen Giftcocktail aus Informationen<br />

und Desinformationen ins Volk injizieren.<br />

Trotzdem hat der Aachener Profi-Youtuber<br />

‚Rezo‘, bürgerlich Yannick (Quelle:<br />

NOZ), im Mai mal eben so mit einem Video<br />

die deutsche Regierungs-Koalition<br />

aufgemischt. Kurz vor der Europawahl<br />

stellte der 26-Jährige Musikvideoblogger<br />

eine Suada zur deutschen Regierungspolitik<br />

online (provokanter Titel:<br />

„Die Zerstörung der CDU“) – eine Abrechnung,<br />

die nicht in allen Details akkurat<br />

war, aber viele Nägel auf die Köpfe<br />

traf.<br />

Rund 15 Millionen Menschen hatten<br />

sich das Video bis Pfingsten angeschaut.<br />

Die Reaktionen aus der Politik waren<br />

vorhersehbar selbstherrlich. Doch Rezos<br />

Kritik an den Regierungsparteien wie<br />

auch an der FDP und AfD war hart und<br />

in vielen Punkten gerechtfertigt. Und es<br />

war, indirekt, zugleich ein In-Frage-Stellen<br />

der Arbeit unserer etablierten Medien,<br />

die sich vielleicht zu oft im Abglanz<br />

der Mächtigen im Lande sonnen und<br />

nicht intensiv und ausdauernd genug<br />

mit diesen so hart ins Gericht gehen,<br />

wie sie es sollten.<br />

Um es klar zu sagen: Deutscher Journalismus<br />

ist nicht gleichgeschaltet, er<br />

ist per se keine Lügenpresse und verbreitet<br />

keine vorsätzlichen Fake-News.<br />

Aber werden die seriösen deutschen<br />

Medien in ausreichendem Maße ihrer<br />

ureigensten Aufgabe gerecht, die vierte<br />

Macht im Staate zu sein und den Mächtigen<br />

akribisch auf die Finger zu schauen?<br />

Oder höhlen sie sich selbst aus, lassen<br />

sich von Regierung, Opposition und<br />

Wirtschaft umkuscheln und sich mal<br />

mehr, mal weniger in deren Interessen<br />

weichspülen?<br />

Die Antwort kann und darf jede Leserin,<br />

jeder TV-Zuschauer selbst herausfinden.<br />

Zum Glück gibt es noch sehr<br />

guten, investigativen Journalismus.<br />

Nur: Unternehmer und Politiker, die<br />

sich Übles haben zu Schulde kommen<br />

lassen, wissen, dass sie selten erwischt<br />

werden, und wenn, dann mit Abwiegeln,<br />

Abwarten und Teetrinken meist<br />

locker aus allem herauskommen. Diese<br />

passive Kommunikationstaktik wird<br />

perfiderweise gern „brutalstmögliche<br />

Aufklärung“ genannt.<br />

Eine echte ‚brutalstmögliche Aufklärung‘<br />

und Gemahnung an besseres Wirken<br />

in alle Richtungen ist die eigentliche<br />

Kernaufgabe des Journalismus. Wird<br />

er dem in dem nötigen Maße gerecht?<br />

Oder bröckelt da was? Ließ das Strache-<br />

Video nur erahnen, wie viele derart miese<br />

Machtgespräche wohl undokumentiert<br />

in Hinterzimmern stattfinden?<br />

Das Rezo-Video lehrt uns: Wir sollten<br />

all jenen, die Mist bauen und die<br />

Gemeinschaft schädigen, egal unter<br />

welcher Fahne, noch viel unnachgiebiger<br />

auf die Füße treten. Und wir sollten<br />

Spitzenpolitiker einfordern, die nicht<br />

nur von Parteiproporz auf ihre Posten<br />

gespült werden, sondern die wirklich<br />

Spitze sind, in dem, was sie tun, im Sinne<br />

echter Kompetenz, mit der sie ihre<br />

Aufgaben zu allererst im Interesse der<br />

Summe aller Bürgerinnen und Bürger<br />

meistern. Wir sollten nicht länger mit<br />

Bruchteilen hiervon oder gar offenem<br />

Dilettantentum zufrieden sein.<br />

Lassen wir uns nicht länger ruhig stellen<br />

mit heiligen Versprechungen für<br />

Neustarts und Umdenken – wenn danach<br />

mit ewig-gestrigen Köpfen doch<br />

wieder alles so weiter geht wie bislang.<br />

Der großartige Essayist Stéphane Hessel<br />

hat das vor neun Jahren mit seinem<br />

Aufruf auf den Punkt gebracht: Empört<br />

Euch! Hinzuzufügen wäre heute: …<br />

durch Abgrenzung, konstruktive Kritik<br />

und Engagement – aber bitte nicht anonym<br />

oder vulgär.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

7


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

1<br />

BLACK FOREST<br />

SUPERGIRL<br />

von Arne Bicker<br />

Vierzehn Bollen auf dem fast zwei Kilogramm schweren<br />

Hut, eine züchtig hochgeschlossene Tracht auf dem Leib und<br />

ein zartes Lächeln im Gesicht – das ist das Schwarzwaldmädel.<br />

Die Frage „Wer kennt sie nicht?“ ist zunehmend schwer<br />

zu beantworten, denn das Abbild dieser ewig jungen Dame<br />

aus dem südwestlichen Tann vermehrt sich rasant.<br />

Kurzum: Das Schwarzwaldmädel<br />

rockt. Als Kult-Ikone ist die junge<br />

Frau längst ein gefragter Werbeträger<br />

für die unterschiedlichsten Unternehmen,<br />

Verbände und Produkte. Und immer<br />

mehr gestaltende Künstler pusten<br />

den Staub von der kreuzbraven Kitschfigur<br />

und arbeiten sich an ihr ab, indem<br />

sie sie in andere Welten, Erscheinungsformen<br />

und Seinszustände versetzen.<br />

Eine schillernde Auswahl präsentieren<br />

wir Ihnen auf den folgenden Seiten in<br />

unserem Kulturmagazin „Zett.“<br />

Schwarzwaldmädel – „der Begriff<br />

meint Eine und Alle. Er vereint Landschaft<br />

und Mädchen, was es beides schon gibt<br />

seit Menschengedenken“, heißt es in dem Buch „Schwarzwaldmädel<br />

– Ansichten einer Bilderbuchschönheit“ (herausgegeben<br />

vom Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof<br />

anlässlich einer Ausstellung zum Thema im Jahr<br />

2007). Dabei hatte es die historisch verbriefte Trachtendame<br />

als hart arbeitende Dorfschönheit alles andere als leicht, wie<br />

es die aktuelle Ausstellung „Schwarzwald-Geschichten“ im<br />

2<br />

Freiburger Augustinermuseum unter Beweis stellt. Ihr Urvater<br />

ist wohl der Heimatdichter Berthold Auerbach (1812 –<br />

1882) aus Horb am Neckar. Ein Schwabe, ausgerechnet. Auerbach<br />

gelang ab 1843 mit seinen 27 Erzählungen umfassenden<br />

„Schwarzwälder Dorfgeschichten“ der große literarische<br />

Wurf.<br />

Runderneuert und ins echte Leben berufen<br />

wurde der Geist aus dem Brauchtum 1917 im<br />

Preußischen, an der Komischen Oper in Berlin:<br />

Hier wurde das Singspiel „Schwarzwaldmädel“<br />

uraufgeführt. Den Text zum Stück hatte<br />

der Librettist August Neidhardt (1867 – 1934)<br />

aus Wien geschrieben. Ein Österreicher, ausgerechnet.<br />

Das erklärt, warum das Schwarzwaldmädel<br />

nicht mundartgerecht „Maidli“<br />

heißt. Eine Petitesse damals, mit völkerverbindender<br />

Wirkung heute.<br />

Der Refrain „Mädle aus dem schwarzen<br />

Wald, die sind nicht leicht zu habe!<br />

Nur ein Schwabe, hat die Gabe, stiehlt ins<br />

Herz sich bald“ ist gleichwohl ein Stich in<br />

die badische Seele. Die Musik hatte der aus Stettin<br />

stammende Leon Jessel komponiert, wie Auerbach jüdischen<br />

Glaubens. 1942 starb Jessel an den Folgen schwerster Misshandlungen<br />

durch die Machthaber. Die Nazis verehrten das<br />

Schwarzwaldmädel – nicht aber dessen Komponisten.<br />

Die zweite Wiedergeburt der Unschuld vom Lande fiel ins<br />

Jahr 1950. Der Berliner Regisseur Hans Deppe (1897 – 1969)<br />

8 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


3<br />

verfilmte das Singspiel, wenn auch nicht zum ersten und nicht<br />

zum letzten Mal. Insgesamt gab es sechs Verfilmungen, die<br />

erste davon 1920 als Stummfilm. Aber Deppes de Verfilmung mit Sonja Ziemann<br />

als Schwarzwald-<br />

bunt-schillernmädel<br />

Bärbele, Rudolf<br />

Prack als Hallodri Hans<br />

Hauser und Paul Hörbiger<br />

als Domkapellmeister<br />

Blasius Römer im fiktiven<br />

Schwarzwaldörtchen St.<br />

Christof (tatsächlich heißt<br />

so ein Skiort am Arlberg)<br />

ging ab wie ein Zäpfle: Mit<br />

16 Millionen Kinobesuchern<br />

ist das „Schwarzwaldmädel“<br />

der erfolgreichste deutsche<br />

Film bis heute.<br />

4<br />

Seither emanzipierte sich<br />

das als schwäbisch-österreichisch-preußische<br />

Konproduktion<br />

entstandene<br />

Schwarzwaldmädel vom Postkartenmotiv<br />

zur Kunstikone<br />

und Werbeträgerin weit über<br />

die Grenzen<br />

des Schwarzwalds hinaus. Aus dem bescheidenen, fleißigen,<br />

tapferen und tugendhaften Dorfmaidle ist eine urbane,<br />

selbstbewusste und moderne junge Frau geworden, die ihre<br />

Zeitgenossen intellektuell locker in die Tasche steckt. Man<br />

sieht es ihr nur nicht immer gleich an.<br />

1 Berthold Auerbachs „Barfüßele“<br />

erzählt Heimatgeschichte aus dem<br />

Schwarzwald.<br />

2 Diese Europa-Briefmarke der<br />

deutschen Bundespost aus dem Jahr<br />

1981 zeigt einen Folklore-Tanz aus<br />

dem Schwarzwald.<br />

3 Das Buch „Schwarzwaldmädel<br />

– Ansichten einer Bilderbuchschönheit“<br />

von Thomas Hafen, Jürgen<br />

Weisser und Ansgar Barth erschien<br />

2007.<br />

4 Das Schwarzwaldmädel auf<br />

einer Vinyl-Single von Philips.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

9


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

SCHWARZWALD MONDÄN<br />

www.siegfried-knittel.com<br />

10 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Und ewig ruft der Wald:<br />

Siegfried Knittel (69) lebt<br />

seit zwanzig Jahren in Berlin,<br />

übersiedelte 1999 aus<br />

Bonn dorthin mit der Bundestagsverwaltung,<br />

für die<br />

er an Rhein und Spree tätig<br />

war. Seine Heimat St. Blasien<br />

im Schwarzwald reiste<br />

im Seelenkoffer des leidenschaftlichen<br />

Malers mit. Erst<br />

seit 2012 jedoch flossen ihm<br />

auch visuelle Heimatklänge<br />

aus dem Handgelenk. „Ich<br />

habe das Thema Schwarzwald<br />

viele Jahre mit mir herumgetragen“,<br />

erzählt Knittel<br />

am Telefon. Hilfestellung bot<br />

ein weiterer Geist: „Die Berliner<br />

sind so offen und unverstellt.“<br />

Das befreite den Schwarzwald<br />

endlich aus Knittels<br />

Seele und lies das unbedarfte<br />

Schwarzwaldmädel zur<br />

kosmopolitischen Dame von<br />

Welt erwachsen. So haben<br />

jetzt auch die Preußen etwas<br />

davon, durch deren Kehlen<br />

schon längst in unzähligen<br />

Lokalen badisches Tannenzäpfle<br />

gurgelt. Knittels eleganten<br />

Damen der Serie<br />

„Chic Charme & Chapeau“<br />

sind oftmals Ehefrau Selini<br />

oder Tochter Artemis nachempfunden.<br />

Und Knittel liebt,<br />

was er tut, streut teils mehrfach<br />

und in vielen Schichten<br />

Farbpigmente in Acryl- oder<br />

Nitrolacke.<br />

Ein Laudator bestätigte<br />

ihm einst, der Bollenhut habe<br />

„über Artikel 2 des Grundgesetzes<br />

Verfassungsrang“<br />

– nicht weniger als „die freie<br />

Entfaltung der badischen Persönlichkeit“<br />

stehe auf dem<br />

Spiel. Und die lässt sich Siegfried<br />

Knittel nicht nehmen –<br />

sein Hutportfolio wächst und<br />

gedeiht.<br />

Siegfried Knittel<br />

Foto: privat


<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

11


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

JAGDGLÜCK<br />

www.florian-troeger-art.com<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Florian Tröger (28) möchte<br />

am liebsten alle künstlerischen<br />

Ketten sprengen.<br />

Vielleicht ist das in familiärer<br />

Hinsicht kein Wunder, wurde<br />

Vater Michael doch seinerzeit<br />

aus der DDR ausgewiesen, weil<br />

er auf seinen Druckmaschinen<br />

in Weimar mindestens einen<br />

antikommunistischen Flugzettel<br />

zu viel aus der Presse<br />

laufen ließ. Über den Umweg<br />

Gießen gelangten die Trögers<br />

nach Freiburg, wo Florian an<br />

der Akademie für Kommunikation<br />

Grafikdesign studierte.<br />

2016 folgte er seiner studierenden<br />

Freundin nach Köln.<br />

Im rheinischen Laissez-faire<br />

wechselte er vom Logogestalter<br />

ins künstlerische Fach, weil<br />

er hier „endlich auch mal verrückt<br />

sein“ durfte. Seine Bilder,<br />

u.a. von einem ziemlich wilden<br />

Schwarzwald, malt er Kunden<br />

inzwischen auch als Tattoos<br />

auf die Haut. Noch in diesem<br />

Jahr möchte Florian Tröger<br />

mit seinem Vater in Freiburg<br />

„einen kleinen Laden“ aufmachen<br />

für Kunst, Drucke und<br />

Tattoos. So viel Freiheit muss<br />

sein, meinen die beiden.<br />

12 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

ERLEUCHTET<br />

Marco Sorrentino hat eine rauhe Stimme, ein warmes Herz<br />

und macht tausend Dinge gleichzeitig. Der in Baden-Baden<br />

geborene Sohn eines Italieners und einer Deutschen kann fast<br />

alles, außer italienisch sprechen. Sorrentino ist im Hauptberuf<br />

Medizintechniker in der Strahlentherapie, verkauft nebenher<br />

„Heavy-Metal-Gartenzwerge“ (rockzwerge.com), spielt<br />

Schlagzeug, singt und betreibt seit 2010 ein eigenes Fotostudio,<br />

in erster Linie für Porträtaufnahmen. Als Schwarzwaldmodel<br />

mit zwei Hutvarianten hat Sorrentino das Modell Lisa Sbikowski<br />

abgelichtet, weil ihn „der Hype inspiriert“ habe. „Eine<br />

Lampe, ein bisschen Reflektor“ und zwei coole Frisuren später<br />

waren die Bilder im Kasten.<br />

www.marcossorrentino.de<br />

BOLLEN IM WELTALL<br />

Das Schwarzwaldmädel ist längst eine international bekannte<br />

Figur. Für das Plakat des Ebneter Kultursommers 2019<br />

hat Mitbegründer Oliver Lucht die Dame mit dem Bollenhut<br />

kurzerhand sogar auf den Mond geschossen (unser Bild zeigt<br />

einen Plakatausschnitt). Man könnte auch sagen: Böse Mädels<br />

kommen schnell an ihre Grenzen, Schwarzwaldmädels überall<br />

hin.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

13


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

PIN UP<br />

Der Illustrator Michael Meier lebt in<br />

Oberndorf am Neckar und bezeichnet sich<br />

selbst als Halbschwabe. Die andere Hälfte<br />

entstammt der väterlichen Linie aus Waldshut.<br />

Unter dem Titel „Secret Schwarzwald<br />

Affairs“ wirft Meier einen lasziv-intimen Blick<br />

hinter die Fassaden der Schwarzwaldbauernhöfe.<br />

Was geht da wohl vor? Und wenn eine<br />

Dame mit rotem Bollenhut zur Brautschau<br />

geschickt wird, dann machen sich die Herren<br />

eben manchmal so richtig zum Affen – „ein<br />

Sinnbild für den ganzen Irrsinn mit uns Männern“,<br />

wie Meier meint.<br />

www.michaelmeier-illustrator.com<br />

Foto: privat<br />

14 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

BOLLENZAUBER<br />

„Roots in Red“ nennt Janine Machiedo ihre surreale Fotoserie,<br />

in der sie den Schwarzwald auf ihre ganz eigene Weise in<br />

den Blick nimmt. Jedes Bild der Freiburger Fine-Art-Fotografin<br />

ist ein Selbstporträt. Sie fotografiert, also ist sie. Machiedos<br />

Konzeptfotografien erzählen uns surreal-skurrile und märchenhafte<br />

Geschichten.<br />

www.janine-machiedo.de<br />

Foto: Arne Bicker<br />

16 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

BLACKFOREST<br />

© 2019 Fabrizio Galuppi<br />

Fabrizio Galuppi ist ein waschechter Römer, lebt aber seit<br />

zehn Jahren in Freiburg. In seinem Bild „Blackforest“ zeigt er<br />

uns seinen Blick auf die Schönheit eines nackten Körpers, der<br />

zugleich mit einem Kleid zu sehen ist. Alles ist Farbe und Komposition.<br />

Galuppi: „Ich fotografiere seit 30 Jahren und habe<br />

schon viele Bereiche der Fotografie erforscht. Erst in Freiburg<br />

habe ich mit der Aktfotografie begonnen. Nacktheit provoziert<br />

verschiedene Reaktionen: Speziell viele Frauen verlieben sich,<br />

in was sie sehen.“<br />

www.fabrizio-foto.de<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

17


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

KLEIN UND GROSS<br />

Eine Kunstfigur in vielerlei<br />

Hinsicht ist Betty BBQ: Über<br />

zwei Meter groß, (Unterkante<br />

High Heels bis Oberkante<br />

Bollenhut), Stadtführerin,<br />

Travestie-Künstler, Moderatorin,<br />

DJ – ein Freiburger<br />

Leuchtturm. Wer als „lustiger<br />

schwuler Mann“ (Betty<br />

BBQ) im oberen Elztal aufgewachsen<br />

ist, dem – sagen<br />

wir es vorsichtig – wurde<br />

nicht gleich alles geschenkt.<br />

Nach einer Übergangszeit<br />

als „glitzernde 80er-Jahre-Tante“<br />

warf sich Betty<br />

BBQ zum ersten Freiburger<br />

'Ball Verqueer' in eine<br />

schnell auf ebay geschossene<br />

Dirndl-Tracht. Und obwohl<br />

für Betty inzwischen<br />

auch allerfeinste Stoffe<br />

erschwinglich sind, blieb<br />

es dabei: „Sonst sieht man<br />

doch das Dekolleté nicht!“<br />

Neben der Grande Dame<br />

auf der Rathaustreppe<br />

zum Trauzimmer steht die<br />

39 Zentimeter hohe Holzskulptur<br />

„Xenia“ des in<br />

St. Petersburg geborenen<br />

Bildhauers Roman Zaytsev<br />

stramm. Der 36-Jährige lebt<br />

seit 1999 in Freiburg und<br />

erschafft gefühlvoll-rauhe<br />

Lindenholzskulpturen mit<br />

viel Charme und Witz.<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Roman Zaytsev<br />

18 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

Foto: privat<br />

ZEITENWENDE<br />

www.atelier-voelkle.de<br />

Der gebürtige Lörracher<br />

und bekennende SC-Freiburg-<br />

Fan Gerhard Völkle (65) lebt in<br />

Binzen und ist der „Sehnsucht<br />

Heimat“ auf der Spur. Seine<br />

schattenrissigen Figurenbilder<br />

legen gern auch mal Rost<br />

an. Völkle begreift das als eine<br />

„ästhetische Oberfläche“, die<br />

für „Natürlichkeit, Verwitterung,<br />

Korrosion und Verfall“<br />

stehe. Seine Bilder zeigen indes:<br />

Gerade das Fehlen eines<br />

Gesichtsausdrucks kann eine<br />

besondere Ausdrucksstärke<br />

hervorrufen. Und das historisch-moderne<br />

Pärchen aus<br />

Schwarzwaldmädel und Yuppie<br />

scheint nur so vor Leben<br />

zu sprühen.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

19


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

RAUCHZEICHEN<br />

Hanna Thienel ist 22 Jahre jung. Die gelernte Fotografin lebt<br />

in ihrer Geburtsstadt Baden-Baden, fühlt sich aber, wie sie<br />

sagt, zugleich ihrer Berufsschulstadt Freiburg sehr verbunden.<br />

Die Fotografie entdeckte sie als Leidenschaft im Alter von 14<br />

Jahren. Ihr Spezialgebiet? „Inszenierte Portraits, die provokativ<br />

und kontrastreich sind“, so Thienel. Und sie fragt sich: „Wie<br />

würde ein Schwarzwaldmädel heutzutage aussehen?“ Hanna<br />

Thienels Bilder werden im 2016 von Anja Catil und Barbara<br />

Jüngst eröffneten Laden „Schwarzwaldmädels“ in Baden-Baden<br />

vertrieben.<br />

www.schwarzwaldmaedels.com<br />

Das WIR<br />

schafft<br />

Energie<br />

#ischso<br />

20 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MYTHOS SCHWARZWALDMÄDEL<br />

Tina Necker (42) ritzt ihren Kunden mit Vorliebe<br />

Schwarzwaldmädels in die Haut. Schon<br />

mit acht Jahren<br />

verkaufte<br />

sie selbstgemalte<br />

Bilder<br />

für Pfennigbeträge<br />

zur Aufbesserung<br />

des<br />

Taschengeldes.<br />

Heute<br />

betreibt<br />

die gelernte<br />

Apothekenhelferin ihr eigenes Tattoo-Studio<br />

„Nadelwald“ in der Freiburger Schwarzwaldstraße,<br />

auf Höhe des Einkaufszentrums 'ZO'.<br />

Zu ihren Kunden gehört auch die Zahnarzthelferin<br />

Vanessa (38), für die das 30 Zentimeter<br />

hohe Schwarzwaldmädel auf dem linken<br />

Oberschenkel Tattoo Nr. 18 ist. Bei Gesundheitsberater<br />

Sascha (36) setzte die Bollen dame<br />

auf dem rechten Unterarm zur Landung an.<br />

Ehefrau Simone meint: „Am Anfang war das<br />

für mich gewöhnungsbedürftig, dass mein<br />

Mann Malerei trägt wie sie bei meiner Oma in<br />

der Stube hängt. Wichtig ist mir, dass die Figur<br />

keine Augen hat; ich möchte nicht von einer<br />

anderen Frau angeschaut werden, wenn mein<br />

Mann mich in den Arm nimmt.“<br />

www.tattoo-nadelwald.de<br />

STICHTAG<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

21


MEDIEN<br />

Katja Hackmann, Vinnie Richter und Gregor Lischka (v.l.)<br />

im Sendestudio des Freiburger Uni-Radios „uniFM“<br />

MEDIENNACHWUCHS<br />

uniCROSS<br />

Kennen Sie ‚Brunch Break‘, ‚Soundcheck‘ oder ‚Krachschicht‘?<br />

Das sind Sendungen des Freiburger Uni-Radios ‚uniFM‘ (früher<br />

‚echoFM‘). Vor den Mikrofonen stehen Freiburger Studenten;<br />

sie machen auf der 88,4 ein 24-Stunden-Radioprogramm für<br />

ihre Kommilitonen und andere Zeitgenossen, die sich für die<br />

junge Musikauswahl sowie Campus- und Forschungsthemen<br />

interessieren. Das Kulturmagazin Zett. durfte sich im Medienzentrum<br />

der Universität, das im dritten Stock der Uni-Bibliothek<br />

beheimatet ist, umsehen.<br />

Gründer und Chef der 19 Jahre alten Einrichtung mit zwölf<br />

hauptamtlichen Mitarbeitern und zehn Tutoren ist Franz Leithold<br />

(62), Doktor der Slawistik und Germanistik. Seit 2014<br />

nennt sich die nach außen sichtbare Plattform für Inhalte<br />

„uniCROSS“. Das steht für den medienübergreifenden – eben<br />

crossmedialen – Mix aus uniFM, uniTV und uniONLINE.<br />

Einzelne Themenschwerpunkte wie ‚68er Kulturrevolution‘,<br />

‚Völkerstrafrecht‘, ‚Heideggers schwarze Hefte‘ oder ‚Soziale<br />

Marktwirtschaft‘ tauchen manchmal in nur einem, manchmal<br />

in allen drei Kanälen auf – je nach Gewichtung und Darstellbarkeit.<br />

Produziert wird alles von Studenten verschiedenster<br />

Fakultäten, unter Anleitung erfahrener Redaktionsleiter und<br />

Tutoren.<br />

Drei Standbeine habe das Medienzentrum, das man auf gar<br />

keinen Fall mit der dem Rektorat angeschlossenen Pressestel-<br />

22 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


Uni-TV-Studio mit Crew.<br />

Fotos: Arne Bicker<br />

le der Universität verwechseln dürfe, erklärt Leithold: „Wir bieten<br />

einen Medienservice für Studierende und Wissenschaftler,<br />

produzieren verschiedenste Medien und fördern Medienkompetenz“.<br />

Im Klartext heißt das: Hier werden 1.) Medien-Produktionsmöglichkeiten<br />

und -technik wie Kameras oder Schnittplätze<br />

bereitgestellt, 2.) Imagefilme für Uni-Institute, Vorlesungsmitschnitte<br />

und E-Learning-Inhalte produziert und 3.) Einsteigerkurse<br />

in journalistisches Arbeiten, multimediale Darstellung<br />

von Forschungsthemen und Moderationstraining<br />

angeboten sowie Kenntnisse in Audio- und Videoschnitt vermittelt.<br />

Im Medienzentrum ist auch ein praktischer Teil des Master-Studiengangs<br />

für Deutsch-Französische Journalistik angesiedelt<br />

– eine Kooperation des Frankreich-Zentrums der Uni<br />

mit der Université de Strasbourg. Auch für andere Fächer bietet<br />

das Medienzentrum regelmäßig Kurse an.<br />

Dr. Franz Leithold, Leiter des Medienzentrums (rechts)<br />

und Themenkoordinator Wolfgang Krause.<br />

Das Interesse der Studierenden an all diesen Angeboten<br />

ist groß – wer einmal eine Radiosendung moderiert oder ein<br />

TV-Interview geführt hat, vergisst das so schnell nicht. Auch<br />

wenn nicht jeder Student später Journalist wird. „Die Studenten<br />

suchen sich ihre Themen selber aus“, betont Franz Leithold.<br />

„Und wir wollen, dass sie durch die praktische Medienarbeit<br />

einen kritischen Blick entwickeln und ruhig auch mal die<br />

Kontroverse suchen.“<br />

Insgesamt seien ihm viele Studenten journalistisch „noch zu<br />

brav“, so Leithold. Sein Credo: „Wir diskutieren viel zu wenig in<br />

diesem Land.“<br />

www.unicross.uni-freiburg.de<br />

Masterstudiengang Deutsch-Französische Journalistik mit den Dozenten<br />

Karsten Kurowski (hinten links) und Wolfgang Krause (Mitte rechts).<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

23


DER SINN DES LEBENS<br />

Heinrich Heine – Fragen<br />

Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer<br />

Steht ein Jüngling-Mann,<br />

Die Brust voller Wehmut, das Haupt voll Zweifel,<br />

Und mit düstern Lippen fragt er die Wogen:<br />

DER SINN DES LEBENS<br />

Im Kernfragennebel<br />

Grafik: Andreas Verstappen<br />

von Arne Bicker<br />

„O löst mir das Rätsel des Lebens,<br />

Das qualvoll uralte Rätsel,<br />

Worüber schon manche Häupter gegrübelt,<br />

Häupter in Hieroglyphenmützen.<br />

Häupter im Turban und schwarzem Barett,<br />

Perückenhäupter und tausend andre<br />

Arme, schwitzende Menschenhäupter -<br />

Sag mir, was bedeutet der Mensch?<br />

Woher ist er kommen? Wo geht er hin?<br />

Wer wohnt dort oben auf goldenen Sternen?“<br />

Es murmeln die Wogen ihr ewges Gemurmel,<br />

Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,<br />

Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt,<br />

Und ein Narr wartet auf Antwort.<br />

2<br />

1<br />

Auf dieses Thema kam ich beim Lesen einiger Nachrufe auf<br />

den am 1. Oktober letzten Jahres in Folge eines Verkehrsunfalls<br />

auf Sizilien verstorbenen Boxers Graciano Rocchigiani.<br />

Etliche Medien ließen in den folgenden Tagen das Leben<br />

des schillernden Sportlers Revue passieren und übermittelten<br />

gleich mehrfach dieses Zitat von ihm: „Wat braucht der<br />

Mensch außer Glotze gucken, een bisschen bumsen und een<br />

bisschen Anerkennung.“<br />

Wow, der traute sich was,<br />

dachte ich. Aber was ist eigentlich<br />

mein Lebensmotto, fragte<br />

ich mich plötzlich. Die Frage<br />

nach dem Sinn des Lebens<br />

steckte latent in mir drin; der<br />

Tod Rocchigianis hatte eine<br />

Tür aufgestoßen. Eine schnel-<br />

le Antwort fand ich nicht.<br />

Nachdem am 16. Februar<br />

Bruno Ganz verstorben war,<br />

fand ich in einem Interview<br />

in dem evangelischen Magazin<br />

‚Chrismon‘ einen Absatz,<br />

in dem der großartige<br />

Schauspieler die explizite<br />

Frage beantwortet hatte, ob<br />

das Leben einen Sinn habe.<br />

Ganz: „Nein. Aber mich beschäftigt das auch nicht so. Ich frage<br />

mich eher: Was machst du mit der Zeit, die dir gegeben ist<br />

von Geburt bis Tod? Was machst du mit deiner Begabung? […]<br />

Ich bin froh, wenn ich sagen kann: Ich habe wirklich getan,<br />

was ich konnte, mehr war nicht drin.“<br />

Und wieder fragte ich mich: Was wäre meine Antwort<br />

gewesen? Ich fand die Antwort wieder nicht, dafür ein verständliches<br />

Taschenbuch des<br />

renommierten, britischen Gegenwarts-Philosophen<br />

Julian<br />

Baggini (50) mit dem Titel „Der<br />

Sinn des Lebens“. Die Frage<br />

nach dem Sinn sei eigentlich ein<br />

Platzhalter für mehrere Fragen,<br />

schreibt Baggini, nach dem Warum,<br />

dem Glück, einem höheren<br />

Zweck, dem Eigensinn oder der Hilfe für andere, unter anderem.<br />

Das klingt zumindest nicht allzu geheimnisvoll. Worum<br />

geht es also? Um Erfolg, Glück, Reichtum? Für mich oder ein<br />

paar oder alle Menschen oder auch für andere Lebewesen?<br />

Oder vielleicht um Selbständigkeit oder das Streben nach<br />

Wahrheit? Oder ergibt sich der Sinn allein aus einem gesunden<br />

Selbstvertrauen? Geht es um einen schönen Körper, tollen<br />

Sex? Oder ist das Leben per se sinnlos, weil wir ja eh alle<br />

irgendwann sterben?<br />

Je länger ich las, desto mehr entfernte ich mich von einer<br />

einfachen Antwort. Die Frage lasse sich nicht durch die Entdeckung<br />

neuer Fakten beantworten, so Baggini, vielmehr durch<br />

pures Nachdenken. Und der französische Philosoph Jean-Paul<br />

Sartre meinte, dem menschlichen Leben wohne nicht per se<br />

ein im Voraus festgelegter Sinn inne. Deshalb müsse sich jeder<br />

einzelne der Verantwortung stellen, sich einen Sinn zu<br />

schaffen.<br />

Ist es vielleicht das, was die vielen Flüchtlingshelfer in<br />

Deutschland antreibt? Aber was ist dann der Lebenssinn radikaler<br />

Nationalisten ?<br />

Und was wäre mit einer Maxime, frei nach Kant: Tu, was zu<br />

einem besseren Leben für alle führt? – der maximale Anspruch.<br />

Er ließe sich problemlos in eine Säulenhalle einsortieren zwi-<br />

24 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


4<br />

1 Erhellend: Julian Bagginis „Der<br />

Sinn des Lebens – Philosophie im<br />

Alltag“ (Piper-Verlag 2005)<br />

2 Alain de Botton – Kluge Ideen für<br />

ein gutes Leben (SZ-Edition / 480 S.<br />

/ 28 Euro)<br />

Foto: Arne Bicker<br />

3 Das Magazin „GEO kompakt“<br />

Nr. 58/2019 (10 Euro) bietet<br />

Informationen rund um „das<br />

höchste der Gefühle“.<br />

4 Das Leben, ein Mischpult:<br />

Der Sinn lässt sich einpegeln.<br />

schen Artikel 14 unseres Grundgesetzes,<br />

dem Gebot der Nächstenliebe<br />

und etlichen anderen wohlmeinenden<br />

Anregungen.<br />

Der Glaube an einen höheren Zweck<br />

jedenfalls sei wohl vergebens, wenn<br />

auch verführerisch, schreibt Baggini.<br />

Und auch mit Blick in die Niederungen<br />

des Alltags hält er fest: „Für die meisten<br />

von uns verbessert sich das Leben nicht<br />

wesentlich, wenn wir unsere CDs mit<br />

einer besseren Stereoanlage abspielen<br />

oder statt eines Ford einen Jaguar fahren.“<br />

Der altgriechische Philosoph Aristoteles<br />

betonte den Unterschied zu anderen n<br />

Lebewesen: Der Sinn des menschlichen n<br />

Lebens sei es, Mensch zu sein und seine e<br />

Vernunft auszubilden. In eine ähnlich h<br />

Richtung dachte auch der niederländi-ische<br />

Philosoph Baruch de Spinoza: „Sein,<br />

was wir sind, und werden, was wir werden en<br />

können, das ist das Ziel unseres Lebens.“<br />

Schon sehr viel früher hatte der Römer<br />

Seneca den zeitlichen Aspekt der Fragestellung<br />

untersucht: „Wir haben nicht zu wenig Zeit,<br />

wir verschwenden zu viel davon. Auch zur Vollbringung der<br />

größten Dinge ist das Leben lang genug, wenn es nur gut<br />

angewendet wird.“ Wie zeitgemäß! Die durchschnittliche Lebenserwartung<br />

seiner Zeit lag deutlich unter fünfzig Jahren.<br />

Dafür gab es damals weder Fernsehen noch Handys.<br />

Als am 19. Februar dieses Jahres der Modezar Karl Lagerfeld<br />

85-jährig das Zeitliche segnete, fand ich in einem älteren Interview<br />

des ‚Tagesspiegels‘: „Es wird Milliarden von Leuten vor<br />

uns oder Milliarden nach uns geben, man soll seinen persönlichen<br />

Fall nicht so dramatisieren. Denn der Sinn des Lebens ist<br />

das Leben, und damit hat sich‘s.“ So ähnlich hatte sich schon<br />

Goethe geäußert.<br />

3<br />

Zuletzt zog ich noch den dänischen<br />

Philosophen Søren Kierkegaard<br />

zu Rate. Er soll gesagt<br />

haben: „So viel ich das Leben betrachte,<br />

ich kann keinen Sinn hineinbringen.<br />

Ich glaube, mir hat<br />

ein böser Geist eine Brille auf die<br />

Nase gesetzt, von deren Gläsern<br />

das eine in ungeheurem Maßstab<br />

vergrößert, während das<br />

andere im selben Maßstab verkleinert.“<br />

Mein Fazit: Es bleibt schwierig.<br />

Wenn ich sage, der Sinn<br />

des Lebens sei es, ein erfülltes<br />

Leben zu haben oder zu tun,<br />

was mir wirklich wichtig ist,<br />

dann druckse ich nur rum. Der<br />

Sinn des Lebens ist vielleicht<br />

am Ende so etwas wie eine<br />

Matrix, ein Puzzle, das ich mir<br />

selbst aus fast unendlich vielen<br />

Faktoren in individueller<br />

Gewichtung zusammensetze<br />

in einem mir persönlich menschenwürdig<br />

erscheinenden Wertesystem.<br />

Dazu können gehören: Glück- und Freiheitssuche, Hedonismus<br />

und Altruismus, Fortpflanzung, Verantwortung, göttliche<br />

Bestimmung. Meine Mischpultregler kann ich einstellen zwischen<br />

Großzügigkeit und Gier, Engstirnigkeit und Toleranz,<br />

Verzicht und Konsum, Ehrlichkeit und Desinformation, Hass<br />

und Liebe, Wissenschaft und Transzendenz, E-Batterie und<br />

Diesel usw.. Mein Mastersinn ist dann ein Sinnbündel, wie ein<br />

Überseekabel mit unterschiedlich dicken Teilfasern.<br />

Den mutigen Versuch einiger Freiburgerinnen und Freiburger,<br />

die Frage nach dem Sinn des Lebens in nur wenigen<br />

Worten zu beantworten, haben wir auf den folgenden Seiten<br />

dokumentiert. Ihnen gilt unser herzlicher Dank!<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

25


WAS IST FÜR SIE DER SINN DES LEBENS?<br />

Ellen Pieper (50)<br />

Physiotherapeutin<br />

„Für mich ist das Wichtigste, Menschen zu entdecken.<br />

Im Leben geht es für mich um eine innerliche<br />

Fortbewegung durch Beziehungen zu anderen.“<br />

„Ich möchte mich persönlich dafür einsetzen,<br />

dass die Welt ein besserer Ort ist,<br />

wenn ich wieder weg bin.“<br />

Graham Smith (46)<br />

Leiter Junges Theater Tanz Freiburg<br />

Martin Horn (35)<br />

Oberbürgermeister<br />

„Neben meiner christlichen Sichtweise ist für mich ein<br />

erfülltes Leben vor allem ein individuell erfülltes Leben.<br />

Und dafür gibt es keinen Masterplan. Meine maßgeblichen<br />

Pfeiler sind Lebensfreude, Dankbarkeit und Freiheit.“<br />

„Die Frage sollte man sich jeden Morgen neu stellen,<br />

weil die Gefahr sehr groß ist, dass das Leben ins Sinnlose abrutscht.<br />

Wir sollten das Leben einfach als ein Geschenk annehmen<br />

und ehrfurchtsvoll und dankbar damit umgehen.“<br />

Pál Mathias (68)<br />

Bildhauer<br />

Josephine Ganswindt (41)<br />

Selbständige Sportwissenschaftlerin<br />

„In der kurzen Vorstellung,<br />

die wir hier auf Erden geben dürfen,<br />

geht es mir persönlich vor allem darum,<br />

Liebe zu geben und zu empfangen.“<br />

26 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


„Der Sinn des Lebens ist zu leben,<br />

der Moment, die Existenz an sich.<br />

Ich glaube, es gibt keinen tieferen Sinn.“<br />

Christian Streich (54)<br />

Fußballtrainer<br />

Simone Harrer (47)<br />

Glücksforscherin und Schriftstellerin<br />

„Ich denke, wir sind alle auf der Welt, weil wir die Aufgabe haben,<br />

etwas Positives zu bewegen.<br />

Auch müssen wir das Unglück akzeptieren, dann sind wir<br />

schon nahe am Glück dran, und das ist in uns selbst.“<br />

„Wir Menschen sind halt da, das hat keinen bestimmten Zweck.<br />

Der Sinn liegt für mich darin, wie man sein Leben lebt,<br />

womit man es füllt. Wichtig ist mir, dass ich für etwas brenne.“<br />

Dr. Anja Agyemang (45)<br />

Psychiatrie-Oberärztin<br />

„Neugier!“<br />

Peter Carp (63)<br />

Theaterintendant<br />

„Der Sinn des Lebens ist für mich,<br />

wirklich in einem klaren Bewusstsein, im Hier und Jetzt zu leben,<br />

seinen eigenen Körper, die Seele und den Geist wahrzunehmen und<br />

in der Umgebung und Umwelt gut zu sein.“<br />

Hanna Böhme (42)<br />

FWTM-Geschäftsführerin<br />

Porträtfotos: Arne Bicker<br />

Hintergrundbild: Johannes Plenio, Pixabay<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

27


DER SINN DES LEBENS<br />

HERAUSGEPUTZT<br />

Alain Stockmayr (52)<br />

Bächleputzer<br />

„Der Sinn des Lebens liegt für mich in Gesundheit,<br />

Sport und Spaß am Leben und einem guten Arbeitsplatz.<br />

Man sollte Anstand, Respekt und einen guten Willen haben<br />

und seine Chancen nicht verstreichen lassen.“<br />

Vier hauptberufliche Bächleputzer gibt es in Freiburg und,<br />

wenn man so will, als fünften noch eine gleichnamige Narrenzunft.<br />

Doch die Narren sind der jüngste Faktor in dieser<br />

Rechnung, wurden sie doch erst 1935 gegründet – da waren<br />

die Bächle schon rund 750 und die echten Bächleputzer über<br />

200 Jahre alt.<br />

Einer der modernen Stadtwassermänner ist Alain Stockmayr<br />

(52), den es als zweijährigen Bub vom lothringischen Sarreguemines<br />

in den Breisgau verschlug. Mit einem langen Stahlbesen<br />

und einem Haken zum Öffnen von Gitterabdeckungen<br />

patrouilliert der Mitarbeiter der ‚Abfallwirtschaft und Stadtreinigung<br />

Freiburg‘ (ASF) durch die Altstadt und sorgt für einen<br />

guten Durchfluss in den markanten Steinrinnen.<br />

„Es wird von Jahr zu Jahr mehr“, sagt Stockmayr und meint<br />

damit vor allem Scherben und Kartonagen, die er zuhauf aus<br />

dem 10,5 Kilometer langen Bächlenetz pflückt. Und das liegt<br />

nicht allein daran, dass die Stadt auf mittlerweile 230.000<br />

Einwohner angewachsen ist und mit dem neu gestalteten<br />

Rotteck- und Friedrichring 600 Meter offener Plätscherkanäle<br />

hinzugewonnen hat.<br />

„Die Leute werden nachlässiger“, hat der ASF-Mann beobachtet.<br />

„Gerade junge Betrunkene laufen oft noch nicht mal<br />

zwei Meter bis zum nächsten Abfalleimer. Die lassen ihre<br />

Flaschen einfach stehen, werfen sie fort oder platzieren sie<br />

absichtlich auf Brunnenrändern.“ Besonders schlimm sei es<br />

traditionell im Bermudadreieck zwischen Kaiser-Joseph- und<br />

Niemensstraße sowie am Augustinerplatz.<br />

Und jetzt ist noch der 100 x 60 Meter große Platz der alten<br />

Synagoge hinzugekommen: „Wenn wir morgens zwischen<br />

5 und 6 Uhr unsere Schicht beginnen, ist das oft eine halbe<br />

Müllhalde, speziell am Wochenende.“ Trotzdem macht ihm<br />

der Job Spaß, auch, weil er so vielen, freundlichen Menschen<br />

begegne.<br />

Rund 50 Geldbeutel hat Alain Stockmayr in den neun Jahren<br />

seiner Arbeit als Bächleputzer gefunden, 15 Handys, einen echten<br />

Ferkelkopf, eine luftlose Gummipuppe und eine lebende<br />

Forelle. Von den Touristen, die der Legende nach eine Freiburgerin<br />

oder einen Freiburger heiraten müssen, wenn sie in ein<br />

Bächle treten, wird er mehrmals am Tag fotografiert, gefilmt<br />

und angesprochen.<br />

Unfreundlich seien, wenn, dann vor allem Einheimische,<br />

meint Stockmayr: „Manchmal beschimpfen mich Radfahrer,<br />

weil ich ihnen angeblich im Weg bin, oder Betrunkene bringen<br />

dumme Sprüche“. All das erträgt Alain Stockmayr mit<br />

stoischer Ruhe, denn er weiß genau: Morgen früh geht alles<br />

wieder von vorn los.<br />

28 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


Leckerer Hauswein<br />

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<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

29


LITERATUR<br />

das schöne bild<br />

Der in Freiburg lebende Künstler Piotr Iwicki erinnert mit<br />

seiner Arbeit „das schöne bild“ an das gleichnamige Gedicht<br />

Ernst Jandls aus dem Jahr 1979. Technik: Diasec. Format: 67,5<br />

x 50 cm. Sein Atelier mit fantastischen, fesselnden, rhythmischen<br />

und zumeist an „der Maschine Computer“ generierten<br />

Bildern hat der im polnischen Gdynia geborene Iwicki im Freiburger<br />

E-Werk.<br />

www.iwicki.com<br />

30 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


LITERATUR<br />

Es ist stark anzunehmen,<br />

dass Franz Marcs Ölbild ‚Der<br />

Turm der blauen Pferde‘ irgendwo<br />

bei einem Sammler<br />

versteckt gehalten wird. Das<br />

weltberühmte Bild mit den<br />

vier blauen Rössern entstand<br />

1913 – und verschwand 1945,<br />

gegen Ende des zweiten Weltkriegs.<br />

Wo steckt dîeses immerhin<br />

zwei Meter hohe Bild?<br />

Foto: Heike Bogenberger<br />

Rund um diese reale Ausgangslage entwickelte der Autor<br />

Bernhard Jaumann (62) eine spannende, vertrackte Geschichte<br />

um einen Kunstraub, der dem Leser den Atem verschlägt. Das<br />

Buch ‚Der Turm der blauen Pferde‘ erschien im Februar und<br />

bereichert auf spektakuläre Weise das dünn gesäte Genre des<br />

Kunstkrimis.<br />

Neben einer spannenden Kriminalgeschichte um Kunstraub,<br />

Fälscher und Mörder erfährt der Leser sehr viele Details über<br />

Abläufe und Mechanismen der internationalen Kunstszene.<br />

Wie entstehen Echtheitszertifikate, wie bemisst sich der Wert<br />

eines Kunstwerks und was ist das überhaupt, Authentizität?<br />

Der mit mehreren Krimipreisen ausgezeichnete Autor Jaumann<br />

versteht sein Handwerk: Die furiose Jagd seiner Münchner<br />

Kunstdetektei von Schleewitz nach verschollener Nazi-Beutekunst<br />

vermischt packende Zeitgeschichte mit einer<br />

frei erfundenen Wiederentdeckung, die diverse Tücken in sich<br />

birgt. Freiburger Leser erinnert das vielleicht an die Geschichte<br />

des hier einige Jahre lang beheimateten Meisterfälschers Wolfgang<br />

Beltracchi.<br />

In Jaumanns Story entdecken zwei Jungen in den letzten Tagen<br />

des Zweiten Weltkriegs in einem verlassenen Tunnel im<br />

bayerischen Hinterland einen Zug voller Kunstschätze, darunter<br />

Franz Marcs ‚Der Turm der blauen Pferde‘ – und dann verschwindet<br />

das Bild für Jahrzehnte.<br />

1913 malte Franz Marc den „Der Turm der blauen Pferde“.<br />

Das 2 x 1,3 Meter große Bild gilt seit 1945 als verschollen.<br />

Quelle: Wikipedia<br />

DER TURM DER BLAUEN PFERDE<br />

In der Gegenwart beginnen drei Münchner Detektive mit<br />

Nachforschungen. Sie finden falsche und echte Spuren, und am<br />

Ende gibt es gleich mehrere Exemplare des gesuchten Bildes.<br />

Doch ist das echte darunter?<br />

Und welches ist es? Nicht nur<br />

für Kunstfreunde entwickelt<br />

diese Mischung aus Spannung<br />

und Hintergrundinformationen<br />

ein intensives Prickeln.<br />

von Arne Bicker<br />

Bild: Screenshot BR<br />

336 S., 15 Euro,<br />

Galiani Verlag Berlin<br />

In der TV-Doku „Wo ist der Turm der blauen Pferde“<br />

geht der Bayerische Rundfunk auf Spurensuche.<br />

Mediathek-Abruf über unseren QR-Code.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

31


FREIBURGER AUTOREN<br />

Simone Regina Adams<br />

Flugfedern<br />

Simone Regina Adams, 1967 im Saarland geboren, lebt in Freiburg als Schriftstellerin<br />

und Psychotherapeutin mit eigener Praxis. In ihrer Novelle „Flugfedern“<br />

schickt sie ihren Protagonisten Thibaut auf eine lange Reise zu sich<br />

selbst. Als junger Mann rettet Thibaut die junge Sophie aus einer Vergewaltigungssituation<br />

nach einem Sommerfest. Jahre später – Thibaut ist verheiratet<br />

und wie Sophie Vater einer Tochter – will diese ihn wiedersehen. Schreibt sich<br />

die schicksalhafte Amour fou hier fort oder ist alles doch nicht so einfach?<br />

[160 Seiten, 20 Euro, Verlag Klöpfer & Meyer]<br />

Thomas Erle<br />

Das Lied der Wächter / Das Erwachen<br />

Thomas Erle arbeitete 30 Jahre als Lehrer, zuletzt als Inklusionspädagoge. In<br />

seiner Freizeit erkundet er mit Vorliebe den Schwarzwald; 2010 gehörte er zu<br />

den Preisträgern beim Freiburger Krimipreis, 2011 folgte die Nominierung zum<br />

Agatha-Christie-Krimipreis. In seiner neuen Romantrilogie „Das Lied der Wächter“<br />

beschwört der Emmendinger Autor die geheime Kraft des Schwarzwaldes.<br />

Der erste Teil der Reihe, „Das Erwachen“, beschreibt ein Reaktorunglück, das<br />

den Schwarzwald seit 16 Jahren unbewohnbar macht – die Bevölkerung wurde<br />

evakuiert und die gesamte Region zur Sperrzone erklärt…<br />

[380 Seiten, 15 Euro, Verlag Gmeiner]<br />

Mad Köninger<br />

My hort will go on<br />

Mad Köninger ist 31 Jahre alt und lebt in einer WG in Freiburg, „der Stadt in<br />

Deutschland mit der höchsten Therapeutendichte pro Kopf“ wie er sagt. Als<br />

Kind wollte Köninger Polizist werden, später Meisterdieb, und nun macht er<br />

folgerichtig eine Ausbildung zum Erzieher. Sein Hobby: Galgenhumor. „My<br />

hort will go on” ist der Nachfolger seines Erstlingswerks „Ich bin dann mal was<br />

Blödes tun“. Auch diesmal zieht Köninger die ganze Welt um ihn herum durch<br />

den Kakao. Egal ob im Kinderhort, in der Straßenbahn oder beim Fernsehen,<br />

seinen urwitzigen Gedanken zu folgen ist schlicht und einfach ein Riesenspaß.<br />

Humor auf 200 Seiten, für 10.90 Euro im Verlag Telegonos.<br />

Ulrich Land<br />

Krätze eiskalt<br />

Ulrich Land stammt aus Köln und arbeitet seit 1987 als freier Autor. Der<br />

Wahl-Freiburger ist zudem Dozent für „Creative Writing“ an den Unis Witten /<br />

Herdecke und Freiburg. „Krätze eiskalt“ ist sein achter Roman, in dem es einen<br />

reichen Fabrikantenspross in die Einsamkeit der Blockhütte seines Großonkels<br />

nach Finnland verschlägt. Wo sonst kann man sich besser auf eine Magisterarbeit<br />

über Stuhldesign konzentrieren? Aber nein, dort nicht, solange man als<br />

Entführer des Großonkels von Interpol gesucht wird – ein veritables Drama,<br />

welches ab Seite 269 Nachschlag in Form von 13 Rezepten erfährt. Denn wer<br />

würde sich nicht bei PimPam Nakkit, Poromkäristys oder Kalakukko bestens<br />

erholen? [301 Seiten, 16.90 Euro, Oktober Verlag]<br />

Annette Pehnt<br />

Café Augenblick<br />

Annette Pehnt studierte und arbeitete in Irland, Schottland, Australien und<br />

den USA. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Freiburg. An der Universität Hildesheim<br />

lehrt sie Kreatives Schreiben. Ihre psychologischen Texte wurden<br />

bekannt durch die Kolumne „Pehnts Alltag“ in der Zeitschrift „Psychologie<br />

Heute“. In „Café Augenblick“ erzählt sie 40 kurze, psychologisch-literarische<br />

Geschichten „über das Leben im Hier und Jetzt“. Es geht um kleine und große<br />

Glücksmomente im Alltag ebenso wie um Momente des Scheiterns. Ein Buch<br />

zum In-die-Tasche-Stecken und Zwischendurch-Lesen im Café oder auf einer<br />

Parkbank in der Sonne. [169 Seiten, 14,95 Euro, Beltz Verlag]<br />

32 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


DAS UC CAFÉ BEFINDET SICH IM HERZEN<br />

DER STUDENTENSTADT FREIBURG<br />

UND IST MIT SEINER LAGE EINMALIG!<br />

Mit seinen 160 Sitzplätzen auf der wunderschönen Außenterrasse<br />

und 120 Sitzplätzen im Cafe bietet das UC Café<br />

alles, was das Herz begehrt. Egal ob nach einer anstrengenden<br />

Shopping-Tour, Unistress oder einfach nur so.<br />

Genieße unsere große Auswahl an leckeren Speisen und<br />

Getränken. Unsere Kaffeespezialitäten werden von unserem<br />

ausgebildeten Barista mit Liebe zubereitet, aber auch<br />

unsere Cocktails werden alle frisch für jeden Gast zubereitet<br />

und liebevoll dekoriert! Überzeuge dich selber von<br />

unserem freundlichen Personal und hole dir etwas Urlaub<br />

in den Alltag!<br />

WIR FREUEN UNS AUF DICH!!<br />

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Exzellenter italienischer Kaffeegenuss<br />

Reichhaltiges Angebot an Frühstück, Crêpes, frischen Salaten u.v.m.<br />

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Der berühmte UC-Toast<br />

Durchgehend warme Küche bis 23 Uhr<br />

Niemensstr. 7 . 79098 Freiburg<br />

Tel. 0761 38 33 55<br />

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<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

33


KUNST<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Aufgeweckt, mit größter Freude am Malen:<br />

Der kleine Denny verzaubert Leinwände.<br />

Dennys Pferd<br />

Dennys Taube<br />

Dennys Oma<br />

KLEINKUNST<br />

Dennys Blumen<br />

www.dennys-art.com<br />

Lisa Gross weiß, was sie an ihrem Jungen hat: „Der Denny<br />

malt halt gerne, immer schon. Vor allem, wenn wir unterwegs<br />

waren, dann greift er nach der Rückkehr gleich zu seinen Malsachen.“<br />

Die Malsachen sind: Hunderte Farbtuben, mehrere<br />

Behälter mit Pinseln, bespannte Leinwände. Das große Besteck<br />

also, und dabei ist Denny gerade mal vier Jahre alt. Und er malt<br />

beidhändig, im Alter von zwei Jahren meist sogar gleichzeitig.<br />

Und dann geht’s los: Farben, Formen, Kompositionen – alles<br />

scheint zu fließen, wenn Denny malt. Auf den Leinwänden in<br />

einer Wohnung im ersten Stock im Freiburger Stadtteil St. Georgen<br />

finden sich inzwischen auch Tiere und Blumen als Elemente<br />

in den abstrakten Farbexplosionen des jungen Malers<br />

ein. Da werden Eindrücke verarbeitet und festgehalten, verformt<br />

und ausgedrückt. „Dennys Art“ eben.<br />

Soll man diesen Jungen überhaupt medial darstellen? „Zett.“<br />

meint, solange das mit Augenmaß und mit Zustimmung von<br />

Mutter und Sohn geschieht – warum nicht? Die Freiheit der<br />

Kunst gilt auch für Kinder. „Solange es ihn glücklich macht,<br />

soll er ruhig malen“, sagt Mutter Lisa. „Und die Bilder zeigen<br />

wir gern her. Wir haben das Malen aber inzwischen auf etwa<br />

zwei Stunden am Tag beschränkt – sonst reichen die Leinwände<br />

nicht.“<br />

34 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


KUNST<br />

DIE<br />

MONA LISA<br />

vom Schwarzwald<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Joseph Henri François van Lerius, Mädchen aus dem Hotzenwald, 1852/53.<br />

© Augustinermuseum – Städtische Museen Freiburg.<br />

Da hängen sie, die Schwarzwälder<br />

Schinken: Das Augustinermuseum<br />

in Freiburg<br />

zeigt bis Sonntag, 6. Oktober<br />

2019, die Ausstellung<br />

„Schwarzwald-Geschichten“<br />

inklusive einer digitalen Instagram-Schau<br />

„#blackforeststories“.<br />

70 Gemälde von der<br />

Landschaft, den Menschen<br />

und ihren Traditionen sowie<br />

unzählige vom Publikum<br />

eingereichte Instagram-Fotos<br />

zeichnen ein Bild vom<br />

Schwarzwald. Besucherinnen<br />

und Besucher sind eingeladen,<br />

die Schau zu entdecken<br />

und eigene Fotos zu posten.<br />

Ins Auge sticht das faszinierende<br />

Öl-auf Holz-Gemälde<br />

„Junges Mädchen aus<br />

dem Hotzenwald“ (1952/53)<br />

des Belgiers Josef Henri<br />

François van Lerius (1823 –<br />

1876), das frappant an Leonardo<br />

da Vincis Mona Lisa<br />

aus der italienischen Renaissance<br />

des 16. Jahrhunderts<br />

erinnert. Auch Wilhelm Hasemanns<br />

zwangsverheiratete<br />

„Magdalena unter dem<br />

Kreuz“ (1905) und Franz Xaver<br />

Winterhalters „Briefleserin“<br />

(1860-65) fesseln den Blick.<br />

Und so scheinen es neben<br />

den Landschaften vor allem<br />

die Bildnisse starker Frauen<br />

zu sein, die diese Schwarzwaldausstellung<br />

dominieren.<br />

„Wir haben versucht,<br />

die Bilder zum Sprechen zu<br />

bringen“, sagte Tilmann von<br />

Stockhausen, Leitender Direktor<br />

der Städtischen Museen<br />

Freiburg. (Eintritt 5 – 7<br />

Euro)<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

35


Foto: Arne Bicker<br />

Gela Samsonidse stammt<br />

aus Georgien. „Face to Face“<br />

nennt der Maler seine streng<br />

inszenierten Doppelporträts<br />

im Vis-à-vis-Modus. Seit<br />

1994 lebt Samsonidse (53) in<br />

Merzhausen bei Freiburg. Ab<br />

2011 entstand die inzwischen<br />

gut 20 Werke umfassende<br />

Face-to-Face-Serie, darunter<br />

auch ein Doppel-Selbstporträt.<br />

Die Bilder sind allesamt<br />

lebensgroß im Format 2 x 2,4<br />

Meter. ‚Wer bin ich und was<br />

passiert gerade‘ scheinen<br />

sich Samsonidses Figuren zu<br />

fragen. Der Künstler lässt die<br />

Antwort offen, verrät aber:<br />

„Zufälle gibt es in meinen Bildern<br />

nicht.“ Kunst ist für den<br />

Merzhauser „eine Art zu leben,<br />

Forschung zu betreiben,<br />

Dinge anders zu betrachten<br />

und sie dabei auch mal umzudrehen.“<br />

www.gela-samsonidse.de<br />

36 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


KUNST<br />

SCHAU‘<br />

MIR IN<br />

DIE AUGEN<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

37


KULTUR AM START<br />

Foto: Herbert Mark<br />

SCHÖNER FLIEGEN<br />

von Jennifer Reyes<br />

Wie ist das möglich?<br />

Auerbach schwebt auf diesem Probenfoto durch die Luft.<br />

Willi Auerbach aus Kollnau ist<br />

„The Magic Man“.<br />

www.magic-man.de<br />

Foto: Jennifer Reyes<br />

Freiburg | Stadttheater | So., 15.9.2019 | 18 Uhr<br />

Die Magie kommt aus dem Elztal: Willi<br />

Auerbach (38) nennt sich „The Magic Man“.<br />

Er ist Zauberer, Magier, Illusionist – und das<br />

im Hauptberuf. Sein Lieblingseffekt ist das<br />

Schweben. Wenn Auerbach nicht gerade<br />

Schmuck verschwinden lässt, gleiten in seinen<br />

Shows Tische und andere Gegenstände<br />

durch die Luft. Besonders gern hebt der Magier<br />

auch selbst auf der Bühne ab.<br />

Der Waldkircher ist ein Allroundtalent, das<br />

nicht nur seine Zaubertricks selbst kreiert, die<br />

Installationen dafür baut und als Entertainer<br />

sein Publikum begeistert. Er nutzt seine magischen<br />

Fähigkeiten auch, um als Botschafter<br />

der Afrika-Organisation „Menschen für Menschen“<br />

Benefiz-Veranstaltungen zu organisieren<br />

und den Leuten für eine gute Sache Geld<br />

aus der Tasche zu ziehen – Moment – natürlich<br />

zu zaubern.<br />

Seit über zehn Jahren steht Willi Auerbach<br />

als „The Magic Man“ erfolgreich auf Bühnen<br />

in Deutschland, der Schweiz und in Italien. Er<br />

lebt mit seiner Frau Elena in Kollnau bei Waldkirch.<br />

Dort ist Willi Auerbach auch aufgewachsen.<br />

Elena ist Tänzerin und unterstützt<br />

Willi bei den Choreographien für die Shows<br />

und als Assistentin.<br />

Im Wohnzimmer der Auerbachs liegt zwar<br />

ein silberner Zauberkoffer auf dem Sofa, aber<br />

sonst ist weit und breit nichts von Zauberumhängen,<br />

weißen Kaninchen oder Zaubertrophäen<br />

zu sehen.<br />

Dabei hat Willi 2018 bei den Weltmeisterschaften<br />

in Südkorea mit der Großillusion eines<br />

schwebenden Würfels, in dem eine seiner<br />

Assistentinnen auftauchte, teilgenommen.<br />

Qualifiziert hatte er sich hierfür mit einem<br />

zweiten Platz in der Sparte ‚Großillusion‘ bei<br />

den Deutschen Meisterschaften der Zauberkunst<br />

im Mai 2017 in Saarbrücken.<br />

38 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


KULTUR AM START<br />

Foto: Tom Lichtenwalter<br />

Willi Auerbachs zauberhafte Show.<br />

Seither kennt Auerbach keine Lücken im Terminkalender. Es<br />

gibt Wochen, in denen er mit seiner Show-Crew mehrere Auftritte<br />

hat. Mal sind es große Firmenevents, mal die Geburtstagsfeier<br />

von Oma Hilda. „Durch meine Projekte als Großillusionist<br />

trauen sich viele gar nicht, mich anzusprechen. Dabei<br />

mache ich wirkliche gerne auch kleinere Auftritte“, sagt Willi.<br />

Auf dem Teppich ist er trotzdem geblieben: Als gelernter Industriemechaniker<br />

baut er die Materialien für seine oder die<br />

Tricks anderer Zauberer in seiner eigenen Werkstatt zusammen.<br />

Das Einmaleins der Zauberei beherrscht Auerbach, seit<br />

er als 15-Jähriger bei einem Besuch seines Onkels in Florida<br />

eine Zaubervideokassette geschenkt bekommen hat. Die Faszination<br />

blieb.<br />

Während seines Studiums zum Medieningenieur verdiente<br />

er sich mit der Zauberei das nötige Kleingeld dazu und machte<br />

seine Leidenschaft schließlich zum Beruf. Sein großes Zaubervorbild<br />

ist: Tataaa – David Copperfield natürlich; wer auch<br />

sonst? Hier im Ländle kennt man auch die Ehrlich Brothers.<br />

Diese schätzt Willi sehr: „Die beiden haben die Zauberei wieder<br />

richtig salonfähig gemacht.“<br />

Eine weitere Person inspiriert ihn sehr: Karlheinz Böhm. Der<br />

2014 verstorbene Schauspieler ist vielen noch als Kaiser Franz<br />

in der Sissi-Film-Reihe mit Romy Schneider in glänzender Erinnerung.<br />

Neben seiner Karriere als Schauspieler rief Böhm 1981<br />

die Organisation „Menschen für Menschen“ ins Leben, die<br />

durch Hilfe zur Selbsthilfe Projekte in Äthiopien unterstützt.<br />

Seit 2017 ist Willi Auerbach für die Organisation als Botschafter<br />

tätig: „Ich finde es wichtig, dass jeder in seinem Rahmen<br />

irgendwas auf dieser Welt bewegt. Sei es auch einfach nur für<br />

jemanden da zu sein.“<br />

Dieses Potenzial der Zauberei nutzt Willi gerne, und so hat<br />

er auch schon Menschen in Äthiopien mit seinen Zauberkünsten<br />

beeindruckt: „Durch die Zauberei schaffe ich es, Menschen<br />

mitzureißen und dass sie einfach eine gute Zeit haben.“. Um<br />

gerade diese Menschen zu unterstützen und Gelder für die<br />

Organisation zu sammeln, plant Willi Auerbach neben seinen<br />

vielen anderen Auftritten im Herbst eine zweite große Benefiz-Gala<br />

in Freiburg, die elfte insgesamt.<br />

Die Varieté-Benefiz-Gala „Menschen für Menschen“ findet<br />

am Sonntag, 15. September 2019, ab 18 Uhr, im Großen Haus<br />

des Freiburger Stadttheaters statt. Der gesamte Erlös fließt in<br />

die Karl-Heinz-Böhm-Stiftung. Das Programm besteht aus einer<br />

bunten Mischung aus Akrobatik, Zauberei, Tanz und Musik.<br />

Dieses Mal gilt es die Spendenmarke von 11.111 Euro von der<br />

Premiere am 17. September 2017 zu knacken. Vielleicht wird es<br />

wieder eine magische Zahl?<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

39


KULTUR AM START<br />

Foto: Bálint Rádóczy<br />

Blanka Rádóczy Christina Tscharyiski Ewelina Marciniak Miriam Götz<br />

Foto: William Minke<br />

Foto: Bartosz Barczyk<br />

Foto: Theater Freiburg<br />

AUF ENTDECKUNGSFAHRT<br />

Das Theater Freiburg versteht sich als „Weltempfänger“. Das<br />

zeigt sich zum Beispiel darin, dass Künstler aus verschiedensten<br />

Ländern und Theatertraditionen dazu eingeladen werden,<br />

mit den Freiburger Theaterensembles zu arbeiten. Im Freiburger<br />

‚Haus für Entdeckungen‘ dürfen sich in dieser Spielzeit besonders<br />

viele junge Regisseurinnen austoben.<br />

Bereits im Mai stand die junge Polin Malgorzata Warsicka<br />

einer Schauspielproduktion mit Musik vor. Am 29. September<br />

steht die Premiere des Horvath-Stücks „Kasimir und Karoline“<br />

unter der Leitung der 30-jährigen Wienerin Christina<br />

Tscharyiski an. Miriam Götz wiederum war bereits von 2016<br />

bis 2019 Regieassistentin am Theater Freiburg und bringt am<br />

24. November das Paul-Maar-Weihnachtsstück „In einem tiefen,<br />

dunklen Wald…“ auf die Bühne.<br />

Die in Ungarn geborene und in der Schweiz aufgewachsene<br />

Blanka Rádóczy führt Regie bei Luis Buñuels „Der Würgeengel“<br />

(Premiere am 24. Januar 2020), und die in Polen gefeierte Regisseurin<br />

Ewelina Marciniak leitet ab der Premiere am 13. März<br />

2020 Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ an.<br />

Schauspiel-Fans können in Freiburg also gleich mehrere ästhetisch<br />

ungewöhnliche Arbeiten junger Regisseurinnen entdecken.<br />

Mit „Wut und Wahn“ überschreibt das Theater Freiburg<br />

derweil seine neue Spielzeit – in Anlehnung an aktuelle<br />

Zeitgeistphänomene.<br />

FRITZ‘ GALERIE<br />

Raum für Kunst, Events<br />

und Biergarten<br />

Freiburg, Bahnweg 4<br />

(hinter der Schwarzwaldmilch)<br />

• 13. – 27.07.2019<br />

Yana Ilieva (Bulgarien)<br />

art naïve | Illustrationen<br />

• 24.08. – 07.09.2019<br />

Eva Kneipp | Afrikanische<br />

Schönheiten | Malerei<br />

• 05. – 26.10.2019<br />

Jindra Čapek | Märchen |<br />

Illustrationen<br />

• 16.-30.11.2019 |<br />

Ina Krotz | Ansichten von<br />

Empfindsamkeiten |<br />

Acrylspachtel-Malerei<br />

Die Galerie ist geöffnet während der Ausstellungszeiten<br />

dienstags, donnerstags und samstags<br />

17 – 20 Uhr.<br />

Biergarten und Galerie sind geöffnet bei schönem<br />

Wetter von Mai bis Oktober mittwochs bis<br />

sonntags 17 – 22 Uhr.<br />

40 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


KULTUR AM START<br />

MUSEUMSNACHT<br />

SAMSTAG,<br />

20. JULI 2019<br />

18 – 1 UHR<br />

Foto: Rita Eggstein<br />

Unter dem Motto „anders“ öffnen die Städtischen Museen<br />

Freiburg am 20. Juli ihre Türen zur ungewöhnlichen Nachtzeit.<br />

Das jährliche Event für entdeckungsfreudige Nachtschwärmer<br />

verspricht eine einmalige Atmosphäre mit in buntes Licht<br />

getauchten Museen. Zahlreiche Live-Acts von Jazz bis Klassik,<br />

von Breakdance bis Lindy Hop warten auf die Besucher ebenso<br />

wie die Möglichkeit, Streifzüge durch Geschichte, Kunst und<br />

Naturwissenschaften zu unternehmen oder persönliche Begegnungen<br />

mit den Museumsmachenden zu haben.<br />

Mit dabei sind in diesem Jahr auch das Adelhauser Kloster,<br />

das Uniseum, der Kunstverein, das Fasnetmuseum, die Münsterbauhütte<br />

und das Planetarium – inspirierende Momente<br />

sind garantiert. Dazu hat diese besondere Freiburger Sommernacht<br />

auch kulinarisch einiges zu bieten: Bei Schwarzwälder<br />

Flammkuchen oder türkischen Delikatessen kommen auch<br />

Gaumengenussmenschen auf ihre Kosten.<br />

Tickets im Vorverkauf für 10, an der Abendkasse für 12 Euro.<br />

Unter 18 Jahren Eintritt frei.<br />

PARKSIDE FESTIVAL<br />

Niederrimsingen | Birkenmeier Forum | Sa., 13.07.2019 | 19 Uhr<br />

Im Ausstellungspark „Birkenmeier Forum“ am ‚Niederrimi‘<br />

genannten Baggersee Niederrimsingen steigt am Samstag, 13.<br />

Juli, ein abendliches ‚Parkside-Festival‘ unter dem Motto ‚Musik<br />

und Tanz im Park‘ mit verschiedenen Live-Bands und dem<br />

‚Brooklyn Burger Foodtruck‘ aus Bad Krozingen.<br />

Aus Köln kommt die angesagte Funk-Soul-Pop-Formation<br />

Pimpy Panda (unser Foto) und aus Hamburg wird das deutsche<br />

Blues-Urgestein Abi Wallenstein erwartet. Dazu treten<br />

die beiden Freiburger Bands Blossbluez und Gangster of Love<br />

auf.<br />

RADIO-SENDUNG<br />

Moderner Blues bei<br />

Radio Dreyeckland / Freiburg 102,3<br />

Immer donnerstags von 23.30 bis 0.30 Uhr<br />

und 7-Tage-Download im Internet:<br />

www.bluesclubradio.de<br />

★ Nominiert für den »German Blues Award 2019« ★<br />

„Pimpy Panda“<br />

Foto: Simona Klimpke<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

41


KULTUR AM START<br />

KOKOSNUSS<br />

UND MEERESMÜLL<br />

8.6.2019 bis 2.2.2020<br />

AUSSTELLUNG<br />

„SÜDSEE – TRAUM UND WIRKLICHKEIT“<br />

MUSEUM NATUR UND MENSCH<br />

Vaka Moanas (Boote des Ozenas) vor Bora Bora.<br />

Foto: Natalia Tsoukala / Okeanos Foundation für the Sea<br />

Sonne, palmengesäumte Strände und azurblaues Meer: Reiseberichte<br />

und Gemälde prägen bis heute unsere Vorstellung<br />

von der Südsee als Paradies auf Erden. Ein Klischee? Wie erleben<br />

die Bewohner ihre Inselwelt und die Folgen von Kolonialismus<br />

und Globalisierung? Die interdisziplinäre Ausstellung<br />

„Südsee – Traum und Wirklichkeit“ vermittelt ein vielfältiges<br />

Bild Ozeaniens und eines fragilen Ökosystems.<br />

Ethnologische Objekte geben Einblicke in die komplexe Geschichte<br />

und die Kulturen der Region. Naturkundliche Exponate<br />

dokumentieren die Herausforderungen durch global verursachte<br />

Umweltprobleme. Aktuelle Themen wie Klimawandel,<br />

Vermüllung der Meere oder Korallensterben sind gerade in<br />

der Südsee von hoher Brisanz. Durch die Erderwärmung steigt<br />

der Meeresspiegel und bedroht die Lebensgrundlage der Menschen.<br />

Begleitend gibt es Tanz-Workshops, Theater,<br />

Abendvorträge und die Aktion „Plastikfasten“<br />

– wer mag, kann seine Ideen und<br />

persönlichen Strategien zur Plastikmüllvermeidung<br />

vom 1. bis 31. August 2019 auf der<br />

Facebook-Seite des Museums teilen.<br />

STADTWANDFORSCHUNG<br />

‚Stadtwandforschung‘ nennt sich ein Experiment, dass die<br />

Uni Freiburg zusammen mit dem Freiburger Künstlerkollektiv<br />

„kulturaggregat e.V.“ im Zeitraum von Juni bis November 2019<br />

anstößt. Im Geiste Leonardo da Vincis werden in Freiburg Kunst<br />

und Forschung verknüpft.<br />

Beheimatet ist das Projekt im Bereich „Nexus Experiments“<br />

der „Brainlinks-Braintools“ an der Freiburger Uni – es geht darum,<br />

das Thema Künstliche Intelligenz (KI) im öffentlichen Raum<br />

zu visualisieren. Bekannte Streetart-Künstler bilden Tandems<br />

mit KI-Forschern; sie lassen ihre Ideen großformatig zum Beispiel<br />

auf einer Straßenbahn, im Durchgang der Fabrik in der<br />

Habsburgerstraße, oder auf dem Sonnensegel der UB in vertikale<br />

Flächen fließen – immer versehen mit einem QR-Code für diejenigen<br />

Passanten, die ihrerseits selbst weiterforschen wollen.<br />

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

(BMBF) und immer begleitet von namhaften KI-Forschern nehmen<br />

sich die Sprayer Smy und<br />

Fritz Boogie eine ‚KI-Straßenbahn‘<br />

vor. Den Wänden widmen<br />

sich Innerfields, Marc C.<br />

Woehr, Mr. Woodlands und<br />

Sare. Dazu gibt es ‚Wandgespräche‘,<br />

einen ‚Graffiti- und<br />

KI-Workshop‘, ‚Wandexpeditionen‘<br />

und eine Ausstellung im<br />

‚kulturaggregat‘, Hildastraße<br />

5, vom 14. September bis 12.<br />

Oktober.<br />

Foto: minz und kunst<br />

42 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


GESELLSCHAFT<br />

Fotos: Arne Bicker<br />

HOLBEINPFERD<br />

Nur kurz nach<br />

seiner Aufstellung<br />

schaute das<br />

Holbeinpferd in<br />

seinem originalen<br />

Betonblick<br />

nach vorn.<br />

Nach dreieinhalbmonatigen Restaurierungsarbeiten<br />

kehrte Anfang<br />

Juni das Freiburger Stadtwahrzeichen<br />

„Holbeinpferd“ auf seinen angestammten<br />

Platz im Freiburger<br />

Stadtteil Wiehre an der Günterstalstraße<br />

zurück.<br />

180 Kilogramm an Farb- und Gipsschichten<br />

waren abgekratzt, Risse<br />

im Betonkörper geflickt worden.<br />

Das stehende Fohlen wurde 1936<br />

von dem Bildhauer Werner Gürtner<br />

geschaffen und wird seit den 70er<br />

Jahren regelmäßig und meist nachts<br />

von verschiedenen Unbekannten bemalt<br />

und umdekoriert, zum Beispiel<br />

zu einem Zebra oder Einhorn – was<br />

die Skulptur zu einem beliebten Postkartenmotiv<br />

machte. Unser Grafiker<br />

hat das Fohlen mit einem Zett.-Motiv<br />

versehen – tagsüber, und zeitgemäß<br />

rein digital.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

43


GESELLSCHAFT<br />

SCHÖNER SCHWEBEN<br />

Eine Seilbahn für Dietenbach?<br />

Vater und Sohn Joachim und Hans Brinkmeier<br />

träumen von einer urbanen Seilbahn in Freiburg.<br />

Foto: Arne Bicker<br />

„Ich habe einen Traum“, sagt der Freiburger Unternehmer Joachim<br />

Brinkmeier (55): Als Verkehrsanbindung für den neu zu bauenden<br />

Freiburger Stadtteil Dietenbach wünscht sich der studierte<br />

Wirtschaftswissenschaftler eine urbane Seilbahn. Auslöser für die<br />

Idee war Sohn Hans (11), ein großer Seilbahnfan und kleiner Experte<br />

im Thema.<br />

Nicht viele Dinge tut Hans lieber, als mit Seilbahnen zu fahren und<br />

neue zu entdecken. Im Mai dieses Jahres besuchten Vater und Sohn<br />

zum zweiten Mal die ‚Seilbahnmesse‘ INTERALPIN in Innsbruck. Das<br />

österreichische Unternehmen Doppelmayr baute z.B. im bolivianischen<br />

La Paz ein Nahverkehrsnetz aus zehn Seilbahnlinien auf.<br />

In Deutschland gibt es bislang erst drei urbane Seilbahnen in Berlin,<br />

Koblenz und Köln. In Hamburg wurde eine geplante Elbseilbahn<br />

im August 2014 per Bürgerentscheid mit 63,4 Prozent der Stimmen<br />

abgelehnt. Die ZDF-Reportage „planet e: Seilbahn und Flugtaxi –<br />

Wege aus dem Verkehrskollaps?“ listet derweil weitere Planungen<br />

in Bonn, Bremen, Düsseldorf, München, Reutlingen, Siegen, Stuttgart<br />

und Wuppertal auf.<br />

44 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


Heimatgemeinde Merzhausen hatte der Medizintechnik-Unternehmer<br />

bereits 2017 die Idee seines Sohnes für eine urbane Seilbahn<br />

als Nahverkehrskonzept für das Hexental geprüft. Dort waren die<br />

Rahmenbedingungen allerdings ungeeignet. Jetzt kommt ihm der<br />

neue Stadtteil Dietenbach wie gerufen, denn dort stimmten die<br />

Rahmenbedingungen perfekt.<br />

Mit ihrer Idee wollen Joachim Brinkmeier und sein Sohn Hans nun<br />

die Freiburger anstecken: „Eine Seilbahn ist das umweltfreundlichste<br />

und energiesparendste Verkehrsmittel überhaupt. Sie ist schnell<br />

und einfach baubar, verkehrsabhängig, ein flexibles, elegantes und<br />

leises System – und man braucht noch nicht mal einen Fahrplan.“<br />

„Kommt die Seilbahn im Stadtverkehr?“ fragt die ZDF-Reportage „planet e“.<br />

Über den QR-Code im Bild gelangen Sie direkt zur TV-Doku (28 Min.).<br />

Bild: Sreenshot ZDF-Mediathek.<br />

Und jetzt Freiburg? „Wenn man auf der grünen Wiese einen<br />

neuen Stadtteil anlegt, wäre eine gleich mit eingeplante Seilbahn<br />

die beste Anbindung“, schwärmt Joachim Brinkmeier. Er schätzt,<br />

dass eine 2,5 Kilometer lange Seilbahnlinie zwischen den Straßenbahn-Endhaltestellen<br />

Rieselfeld und Paduaallee (Linien 5 und 1)<br />

über den neuen Stadtteil Dietenbach, die Dreisam und den Zubringer<br />

Mitte ab 30 Millionen Euro realisierbar wäre.<br />

„Kostengünstig, platzsparend und beispielgebend“, wäre das, so<br />

Brinkmeier. Als beratendes Mitglied im Haushaltsausschuss seiner<br />

Illustration: Jonatan Alcina Segura.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

45


GESELLSCHAFT<br />

ZAUBERTRANK<br />

Eine Mischung aus Wein und Bier –<br />

geht das überhaupt? Etwas skeptisch trudelte<br />

unsere kleine Mittagspausen-Verkostungsrunde<br />

in der Alten Wache am<br />

Münster ein. Hier sollte es ein noch junges<br />

Hexengebräu namens „Wier“ geben.<br />

Die Wache-Geschäftsführerin und<br />

Wier-Miterfinderin Alixe Winter blickte<br />

fröhlich in die Runde: „Denken Sie bloß<br />

nicht, wir hätten uns das nur aus Jux und<br />

Tollerei ausgedacht!“<br />

Tatsächlich ist „Wier“ kein Mischgetränk,<br />

sondern Traubenmost und Stammwürze<br />

– die Ausgangsprodukte von Wein<br />

und Bier – zusammen vergoren, hergestellt<br />

im Badischen Winzerkeller Breisach<br />

und vertrieben von der Ganter-Brauerei.<br />

Das Ergebnis ist mit 6.000 Flaschen 2018<br />

das meistverkaufte Einzelgetränk der Alten<br />

Wache. „Ein super-spannendes Produkt“,<br />

nennt das Winter, da es besser den<br />

Durst lösche als Wein und „gefährlich<br />

süffig“ sei.<br />

Unsere Verkostungsrunde war nach<br />

Geruchs- und Geschmackstest positiv<br />

überrascht. „Es riecht zunächst wie ein<br />

Pale Ale, ist aber süffig wie eine Weinschorle“,<br />

meinte jemand in der Runde,<br />

„fruchtig und prickelnd, mit einem Hauch<br />

von Hugo, nur nicht so süß“ ein anderer.<br />

Fazit: „Wier“ ist ein sorgfältig erprobtes<br />

Sommergetränk ‚Made in Freiburg‘ und<br />

verdient doppelt Beachtung: Mit 12 Prozent<br />

Alkoholgehalt hat „Wier“ deutlich<br />

mehr Dampf unter der Haube als ein Freiburger<br />

Pils. www.alte-wache.com<br />

GRÜSSE VON KARL MAY<br />

Ein Hauch von Karl May erfasste unsere<br />

kleine Mittagspausen-Verkostungsrunde,<br />

als wir den „Black Forest Concept<br />

Store“ in der Konviktstraße 10 betraten.<br />

Hier sollte es jenes legendäre Trockenfleisch<br />

geben, das einst Old Shatterhand<br />

aus seiner Satteltasche zog, um im wilden<br />

Westen Amerikas nicht zu verhungern.<br />

Black Forest Beef Jerkey heißt die<br />

Rindfleisch-Spezialtität, die der Gundelfinger<br />

Metzger Christian Rückert komplett<br />

von Hand herstellt.<br />

46 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Geschäftsführerin Alexandra Iannotti<br />

bat unsere Runde an die speziell<br />

eingerichtete Verkostungstheke: „Wir<br />

verwenden nur natürliche Zutaten. Das<br />

Rouladenfleisch stammt vom Weiderind,<br />

wird getrocknet, mariniert und<br />

noch kurz geräuchert.“ Die Runde war<br />

sich schnell einig: Es schmeckt. Das Geheimnis<br />

war wohl in den selbstgemachten<br />

Marinaden zu suchen.<br />

Jeder fand schnell seinen Favoriten,<br />

von „Classic BBQ“ über „Magic Mustard“<br />

und „Dazling Blonde“ bis „Supreme Pepper“.<br />

Keiner kannte die Spezialität bis dahin,<br />

aber einen erinnerte es an das südafrikanische<br />

Trockenfleisch „Biltong“.<br />

Seit 2016 gibt es das „Black Forest Beef<br />

Jerkey – den ältesten Snack der Welt“.<br />

Inzwischen klopfen viele Fitness-Studios<br />

an; kein Wunder, der Snack ist proteinreich<br />

und kalorienarm. Das wusste<br />

schließlich schon Karl May.<br />

www.blackforestsnacks.com


GESELLSCHAFT<br />

Fotos: Beta Film / Deutsches Filminstitut, Frankfurt-KINEOS Sammlung<br />

Wiederaufführungsplakat des US-Films „Gone With The Wind“<br />

Wiederaufführungsplakat des erfolgreichsten deutschen Films aller Zeiten.<br />

SCHMACHTVERGLEICH<br />

Spielen wir eine Runde Quartett. Der<br />

Film „Schwarzwaldmädel“ gegen den<br />

Streifen „Vom Winde verweht“. Sonja<br />

Ziemann und Rudolf Prack gegen Vivien<br />

Leigh und Clark Gable. Der US-Streifen<br />

stammt aus dem Jahr 1939, kam aber<br />

erst 1953 in deutsche Kinos, und ist 220<br />

Minuten lang. Der deutsche Berolina-Film<br />

wurde 1950 gedreht und läuft<br />

nur 104 Minuten. Erster Punkt für Scarlett<br />

O’Hara und Rhett Butler.<br />

Im fiktiven Ort Tara bei Atlanta /<br />

Georgia weht der Wind allerdings nicht<br />

halb so stark wie auf den Höhen des<br />

Schwarzwaldes, weshalb hier ja auch<br />

Windräder stehen: 1:1. Kategorie Tugendhaftigkeit:<br />

Die Figur Scarlett war<br />

schon zwei Mal verheiratet, bevor sie<br />

vom Butler geehelicht wurde; Bärbel<br />

hingegen sitzt als Unverheiratete, weithin<br />

erkennbar am roten Bollenhut, auf<br />

der Wiese und wehrt zunächst neckisch<br />

gleich mehrere Annäherungsversuche<br />

ihres Zukünftigen ab. Das ist zwar halbherzig,<br />

dennoch: 2:1 für das Schwarzwaldmädel.<br />

Kommen wir zum Schmachtfaktor.<br />

Bei den Amis herrscht im Film Bürgerkrieg,<br />

da wird geheiratet und gestorben,<br />

dass sich die Balken biegen. Und es gibt<br />

kein Happy-End. Im Schwarzwaldmädel<br />

hingegen wird fortdauernd getanzt, es<br />

gibt lediglich eine kleinere Volksfestschlägerei,<br />

und die Männer spazieren in<br />

Schlips und Kragen wie Pfaue und noch<br />

dazu Pfeife rauchend durch die Landschaft,<br />

was leidenschaftliche Kussszenen<br />

immens erschwert. Auch, wenn sich<br />

die beiden am Ende hier doch kriegen.<br />

Aber: Der Schmachtwinkel auf dem<br />

Filmplakat ist beim verwehten Wind<br />

deutlich steiler als beim Mädel, weil<br />

Gable, mit weit offenem Hemd, die fast<br />

halbnackte Leigh auf Händen trägt,<br />

während der ungleich steifere Prack<br />

Ziemann bestenfalls anlächelt wie ein<br />

Staubsaugervertreter. 2:2, der Wind<br />

gleicht aus.<br />

Jetzt zur letzten, alles entscheidenden<br />

Kategorie: Die selbstgerühmte<br />

Berühmtheit der Wiederaufführungsplakate.<br />

Das Filmplakat des Schwarzwaldmädels<br />

wirbt mit: „Unübertroffen!<br />

Weltbekannte Melodien – Farbenprächtige<br />

Ausstattung – Ein volkstümlicher<br />

Farbfilm.“ Bei „Gone With The Wind“<br />

heißt es: „In new screen splendor…The<br />

most magnificent picture ever! Winner<br />

of Ten Academy-Awards“, sprich:<br />

Oskars. Es hilft alles nichts: 2:3, Scarlett<br />

schlägt Bärbel. Aber nur knapp,<br />

und deshalb steht fest: Der deutsche<br />

Schmachtfetzen ist zwar kulturbedingt<br />

etwas leidenschaftsreduziert, aber beziehungswindmäßig<br />

doch mehr als nur<br />

ein Pups im schwarzen Walde.<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

47


GESELLSCHAFT<br />

Foto: Martin Koswig.<br />

RETRO CRUISER<br />

Der Stromverteiler<br />

Ganz schön flott: Grafiker Sören Comes cruiste für Zett. über den Rotteckring.<br />

www.stromrider.de<br />

48 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Als mich kürzlich ein auf alt getrimmter<br />

Fahrrad-Chopper, offensichtlich mit Elektromotor,<br />

am Schlossbergring überholte, staunte<br />

ich nicht schlecht. Eine schnelle Online-Suche<br />

führte mich zu einem Bikedealer namens<br />

Sven Venohr (37). “Fahrräder mit Elektromotor<br />

müssen nicht hässlich sein”, sagte mir der gelernte<br />

Fertigungsmechaniker aus Buggingen.<br />

Seit 2017 verkauft Venohr hauptberuflich Vintage-Pedelecs,<br />

sogenannte ‚Retro-Cruiser‘.<br />

Diese auf Oldstyle getrimmten Fahrräder<br />

mit Elektrohilfsmotor heißen “Ariel Rider”,<br />

“The Ruffian“ oder „Bad Bike“ und sehen aus<br />

wie eine Mischung aus Moped und Fahrrad.<br />

Ich bat den Freiburger Profi-Fotografen Martin<br />

Koswig und Grafikdesigner Sören Comes<br />

um Unterstützung für ein Fotoshooting für<br />

das Zett.-Magazin.<br />

Große Scheinwerfer, breite Reifen, der Akku<br />

in einem tankähnlichen Gehäuse oder sogar<br />

mit Seitenwagen für Kinder – es ist der Look,<br />

der Retro-Cruiser deutlich von herkömmlichen<br />

Pedelecs unterscheidet. „Ich suche<br />

weltweit nach Bikes, die ich dann zum Teil<br />

ins Blaue hinein für meine Kunden bestelle“,<br />

erzählte Sven Venohr. In seinem ungewöhnlichen<br />

Bikegeschäft namens ‚stromRider‘ in<br />

Freiburg St. Georgen bietet er die zweirädrigen<br />

Blickfänge an – und findet immer mehr<br />

Kunden.<br />

Zwischen 1.300 („BAT Bike“ für Kinder)<br />

und 10.600 Euro (schweizer Speed-Pedelec<br />

„Stromer ST5“) kosten seine Räder mit einem<br />

E-Motor, der den Fahrer entweder bis 25 km/h<br />

(fahrradähnliches Pedelec mit 250-Watt Leistung)<br />

oder bis 45 km/h (S-Pedelec mit Helmund<br />

Versicherungspflicht, 500-Watt-Motor<br />

und Straßenpflicht) beim Pedalen unterstützt.<br />

Rund 100 Retro-Bikes verkauft Sven Venohr<br />

im Jahr und das meist ins Freiburger Umland<br />

oder in andere Städte. Mehr als 15 bis 20 solcher<br />

Cruiser seien in Freiburg noch nicht unterwegs,<br />

schätzt er. Der vom Zett. ausgeliehene<br />

und in Regensburg handgefertigte ‚Ruffian‘<br />

sorgte beim Fotoshooting vor dem Theater für<br />

einige Aufmerksamkeit. „Wenn man damit<br />

zum Kaffeetrinken fährt, bleibt man nicht<br />

lange allein“, schmunzelt Venohr. Deshalb<br />

hat er mit einigen Kunden eine samstägliche<br />

Ausflugsrunde gegründet: „Eine bessere Werbung<br />

gibt’s nicht.“ Fotos auf Insta gram unter<br />

„Stromrider_“.


MUSIK<br />

FRANK VINCENT ZAPPA<br />

Sehenswert:<br />

Link zur SWR-TV-<br />

Doku über Frank<br />

Zappa „Eat That<br />

Question“.<br />

Elisabeth Bereznicki stammt<br />

aus Warschau und lebt seit<br />

1990 in Freiburg. An einem<br />

Tag voller strahlenden Sonnenscheins<br />

sitzt die Malerin<br />

und PH-Dozentin in ihrem<br />

Atelier im Freiburger E-Werk<br />

und zeigt ihre Bilder: „Mich interessiert<br />

Malerei pur. Die Frage,<br />

ob figürlich oder abstrakt,<br />

interessiert mich gar nicht<br />

so sehr; ich lasse Farben die<br />

wichtigste Rolle spielen und<br />

schaue dann, was passiert.“<br />

Man könnte also sagen,<br />

Bereznickis Bilder entstehen,<br />

während sie entstehen. Ihre<br />

Porträts, wie das von Frank<br />

Zappa, malt sie zwischendrin,<br />

„zur Erholung“. Den 1993 verstorbenen<br />

US-Musiker hat sie<br />

auf eine Alu-Dibond-Platte<br />

(60 x 50 cm) gebannt, weil<br />

diese „dem Pinsel mehr Widerstand“<br />

böte als weiche<br />

Leinwand. Zappas Gesicht ist<br />

hier absolut fotorealistisch,<br />

während man Haare und Jackett<br />

auch mit den Fingern<br />

ertasten kann.<br />

Elisabeth Bereznicki liebt<br />

Zappas Klangwerke: „Seine<br />

Musik schöpft sich aus vielen<br />

Quellen, sie ist für mich<br />

wie eine Collage.“ Die Zappa-Scheibe<br />

„The Yellow Shark“<br />

und andere hätten sie „ständig<br />

begleitet“, so die Malerin,<br />

da sei eine unglaubliche Nähe<br />

entstanden und ein intensiver<br />

Einblick in die Details der<br />

akustischen Schöpfungen der<br />

Musik-Ikone.<br />

www.elisabeth-bereznicki.de<br />

Lesenswert:<br />

Britta Boerdner -<br />

Am Tag, als<br />

Frank Z. in den<br />

Grünen Baum<br />

kam.<br />

50 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


MUSIK<br />

Foto: Sara Bertschinger<br />

Foto: Philipp Gladsome<br />

FREIBURG | WALDSEE | DONNERSTAG, 03.10.2019 | 20 UHR<br />

Antiheld<br />

Henry (Tasten), Luca (Gesang), Arne (Schlagzeug), André (Gitarre)<br />

und Matze (Bass) nennen sich Antiheld, und zusammen<br />

fabrizieren die fünf Stuttgarter Jungs waschechten „Straßenköterpop“.<br />

Der CD „Keine Legenden“ (2017) folgten die drei<br />

Singles „Ficken für den Weltfrieden“ (2018), „Berlin am Meer“<br />

(2017) und „Hey Du“ (2018). Jetzt erscheint das neue Album<br />

„Goldener Schuss“, und die zugehörige Tour führt das schwäbische<br />

Quintett auch ins Freiburger Waldsee. Die zunehmend<br />

persönlichen Texte brächten die Stimmung einer beziehungsunfähigen,<br />

politisch brüchigen Generation auf den Punkt. Jeder<br />

Song sei dabei wie ein Schlag ins Gesicht mit Zungenkuss<br />

und jede Zeile eine Umarmung mit Messer im Rücken.<br />

FREIBURG | JAZZHAUS | MONTAG, 04.11.2019 | 20 UHR<br />

Madeline Juno<br />

Madeline Juno steht für beste Singer-Songwriter-Mukke.<br />

Die 23-jährige Sängerin aus Offenburg<br />

erzählt Geschichten und Gefühle so, dass<br />

es leichtfällt, darin einzutauchen: Eindringlich,<br />

natürlich, sprachgewandt – in starken Bildern<br />

und Songs. Ihr Album „DNA“ bescherte Madeline<br />

Juno millionenfache Views und Streams.<br />

Jetzt steht das vierte Studio-Album „Was<br />

bleibt“ an. “Es fühlt sich an, als wäre das noch<br />

mal mehr ich“, sagt Juno über ihre neue Scheibe.<br />

In Freiburg wird sie die Bühne mit ihrer<br />

kompletten Live-Band teilen.<br />

18. – 25.10.2019<br />

6. Freiburger Blues-Festival<br />

Die Bluesfreunde Freiburg e.V., haben für das<br />

für 6. Freiburger das 6. Freiburger Blues-Festival Blues-Festival Ende Oktober Ende 2019 ein paar<br />

Oktober herausragende 2019 ein Musiker paar ganz und dicke Bands Fische<br />

an Land gezogen:<br />

an Land gezogen:<br />

• Fr., 18.10.2019, 20 Uhr, Jazzhaus:<br />

Henrik Freischlader Band (D)<br />

• Sa., 19.10.2019, 20 Uhr, Schloss Reinach:<br />

Ramon Goose (UK)<br />

• So., 20.10.2019, 20 Uhr, Jazzhaus:<br />

Brian Auger’s Oblivion Express (UK)<br />

• Mo., 21.10.2019, 20 Uhr, Wodan Halle:<br />

Dr. Feelgood (UK) / Victor Wainwright & The Train (USA)<br />

• Mo., 21.10.2019, 20 Uhr, Jazzhaus:<br />

John Mayall (UK)<br />

• Di., 22.10.2019, 20 Uhr, Wodan Halle:<br />

Black Cat Biscuit (BEL) / Kyla Brox Quartet (UK)<br />

• Mi., 23.10.2019, 20.30 Uhr, ChaBah Kandern:<br />

Ulrich Ellison & Tribe (A/USA) Eintritt frei<br />

• Do., 24.10.2019, 20 Uhr, Wodan Halle:<br />

Mick Kolassa (USA) / Archie Lee Hooker & The Coast to Coast Blues<br />

Band (USA)<br />

• Fr., 25.10.2019, 20 Uhr, Markthalle Freiburg:<br />

Williams Wetsox (D) Eintritt frei<br />

• Fr., 25.10.2019, 20 Uhr, Birkenmeier Forum, Niederrimsingen:<br />

T.B.A.<br />

Kyla Brox<br />

Foto: Phil Melia<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

51


MUSIK<br />

AND THE BEAT GOES ON<br />

Das 37. ZMF<br />

Chick Corea<br />

Foto: Mikolaj Rutkowski<br />

Madeleine<br />

Peyroux<br />

Foto: Yann Orhan<br />

Mine<br />

Foto: Simon Hegenberg<br />

Igor Andreev<br />

Foto: Daniil Rabovsky<br />

Lea<br />

Foto: Jens Koch<br />

52 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Das Freiburger Zelt Musik Festival (ZMF) geht<br />

in seine 37. Runde: Vom 17. Juli bis zum 4. August<br />

2019 steht auf dem Freiburger Mundenhofgelände<br />

alles im Zeichen des Storchs – diese Tierfigur<br />

hat sich das Kultfestival im Staub vor den Toren<br />

Freiburgs neuerdings als Wappentier angelacht.<br />

Musikalische Highlights werden wohl etliche geboren,<br />

wenn auch die Künstler mutmaßlich nicht<br />

aus dem Himmel fallen.<br />

Mittelfristig will ZMF-Chef Marc Oßwald Gelänge,<br />

Zelte und Nahverkehr erweitern, sprich wachsen,<br />

„um unsere Programmmöglichkeiten zu öffnen“.<br />

Das große Viermast-Zirkuszelt fasst bislang<br />

unbestuhlt 2.800 Menschen; in einen größeren<br />

Sechs- oder Achtmaster mit bis zu 5.000 Plätzen<br />

würde er auch Namen wie Tears for Fears, George<br />

Ezra oder Iggy Pop locken können, glaubt Oßwald.<br />

Noch aber bleibt das 37. ZMF, erstmals ohne<br />

den langjährigen Sponsor Mercedes, mit einem<br />

1,7-Millionen-Euro-Etat. Eröffnet wird der Konzertreigen<br />

von der Kanadierin Loreena McKennitt –<br />

oder auch nicht, denn erstmals gibt es in diesem


Foto: Klaus Polkowski<br />

Wolfgang Niedecken<br />

Foto: Photogroove<br />

Namika<br />

Foto: David Daub<br />

Gisbert zu Knyphausen<br />

Foto: Dennis Williamson<br />

John Butler<br />

Foto: Promo<br />

Loreena McKennitt<br />

Foto: Richard Haughton<br />

Joris<br />

Foto: Klaus Sahm<br />

Jahr ein Pre-Opening: Am Montag, 15. Juli, steigt<br />

im Zirkuszelt ein Doppelkonzert mit dem Ausnahmesaxofonisten<br />

Kamasi Washington und<br />

der Samtstimme von Madeleine Peyroux, was<br />

die Zeltdorf-Erbauer um Technikchef Dieter Pfaff<br />

massiv unter Zeitdruck setzt.<br />

Ansonsten geben sich mit Chick Corea (18. Juli),<br />

Max Herre (19. Juli), Samy Deluxe (26. Juli), BAP (27.<br />

Juli), Sophie Hunger (1. August), Namika (4. August)<br />

und dem unvermeidlichen Dieter Thomas<br />

Kuhn (24. Juli und 3. August) äußerst arrivierte<br />

Ton artisten die Zeltleinen in die Hand. Die ebenso<br />

unvermeidliche Großeltern-Reihe des ZMF setzen<br />

in diesem Jahr die Beach Boys (22. Juli) fort; als<br />

lokaler Statthalter geht die Freiburger Funk- und<br />

Soul-Band FATCAT (3. August) ins Rennen. Und<br />

hier noch vier ungemein ungeheime Geheimtipps<br />

der Zett.-Redaktion: Wir freuen uns auf die Konzerte<br />

vom John Butler Trio (17. Juli), auf Curtis Harding<br />

(21. Juli), Laing (22. Juli) und Lea (29. Juli).<br />

Das komplette Programm finden Sie auf<br />

www.zmf.de.<br />

Max Herre<br />

Foto: Mika Väisänen<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

53


MUSIK AUS FREIBURG<br />

Leopold Kraus Wellenkapelle<br />

So geht Musik<br />

Die Legende lebt: Die Leopold Kraus Wellenkapelle<br />

hat nach „No Parking On The Dancefloor“<br />

und „Schwarzwaldfieber“ ihr drittes<br />

Ding gedreht, denn so geht Musik, und nicht<br />

anderst! Torpedo Tom, Manni Mabuse, Willi<br />

del Mare und Bröngo sind die ‚Kings of Black<br />

Forest Surf‘ – und die sind „zu klein, um zu<br />

Scheitern“, denn „nach Berlin, Turin, Paris und<br />

Wien kann jeder, aber dieser Hidden Champion<br />

kann eben auch Titisee, Oslip, Frick und<br />

Lütschenbach!“ Ungeniert spielt die Wellenkapelle<br />

seit zwei Jahrzehnten abseits der Metropolen<br />

ihre eigene Version der Teenager-,<br />

Halbstarken- und sonstiger Außenseiter-Musik<br />

des letzten Jahrhunderts, nun auch mit 13<br />

brandneuen Tracks. Und jetzt kommst du.<br />

Otto Normal<br />

Puls<br />

Vier Freiburger, drei Alben in acht Jahren,<br />

hunderte Live-Shows und immer noch unendlich<br />

viel Bock: Otto Normal haben das verflixte<br />

siebte Jahr ihrer Bandgeschichte hinter<br />

sich gebracht und stellen nun ihre EP „Puls“<br />

vor: Sechs Tracks mit satten Beats und klugen<br />

Texten warten auf dem Silberling. Besonders<br />

tanzbar kommen die Songs „Eins Eins Null“<br />

und „Und dann kommst du“ daher. Otto Normal<br />

gibt es in diesem Jahr häppchenweise,<br />

denn mit „Lava“ wollen Sänger Peter Stöcklin<br />

und seine musikalischen Mitstreiter noch<br />

in diesem Jahr eine weitere EP an den Start<br />

schieben – und dann geht es im Dezember<br />

wieder mal ab auf große Tour.<br />

Michael Oertel Band<br />

A Little Faith<br />

Nach „Soul Sailor“ präsentiert der Freiburger<br />

Michael Oertel seine zweite CD „A Little<br />

Faith“ (Artfarm Records, Köln / Roughtrade<br />

Publishing). Gnadenlos guter Blues-Soul<br />

und elf überwiegend einfühlsame Songs hat<br />

der 31-jährige Ausnahmemusiker hier versammelt.<br />

„Think Of You“, „Aunt Leonie“ und<br />

„Stormy Weather Blues“ tropfen gefällig ins<br />

Ohr, während “Shoe Store Man” und “All Gonna<br />

Be Better” beweisen, was Oertel von einem<br />

seiner Vorbilder namens Jimi Hendrix gelernt<br />

hat. Das fast durchweg analog und live aufgenommene<br />

Album zeigt die Vielseitigkeit der<br />

Michi-Oertel-Band, die mit echter handgemachter<br />

Musik ein ständig wachsendes Publikum<br />

erobert.<br />

Seven Purple Tigers<br />

Seven Purple Tigers<br />

Seven Purple Tigers nennt sich eine neue<br />

Freiburger Indie-Rock-Band. Ende 2015 prallten<br />

der US-Sänger Austin Horn (24) aus Ann<br />

Arbor / Michigan und der deutsche Gitarrist<br />

Philip Dyszy (24) im polnischen Krakau als<br />

Erasmus-Studenten aufeinander – es war<br />

eine musikalische Liebe auf den ersten Ton.<br />

„Wir sind wie Brüder“, nannte das Dyszy gegenüber<br />

‚Zett.‘. „Das war wie der Schlüssel zu<br />

einer Tür, die sich öffnet“. Nun legen die Seven<br />

Purple Tigers mit Felix Schär (Drums) und<br />

Sebastian Heyeck (Bass) ihr gleichnamiges<br />

Debütalbum vor: Mit elf meist sehr tanzbaren<br />

Tracks beweisen Sie eine ungewöhnliche Reife<br />

– unser Geheimtipp!<br />

Bernadette La Hengst<br />

Wir sind die Vielen<br />

Mit „Wir sind die Vielen“ legt die Wahl-Freiburgerin<br />

Bernadette La Hengst ihr sechstes<br />

Studioalbum vor. Die 13 Songs heißen „I Need<br />

Air“, „Der Affe fällt nicht weit vom Stamm“<br />

oder „Das Leben muss Scheitern“ – die 1967 in<br />

Bad Salzuflen geborene Sängerin bewegt sich<br />

diesmal zwischen Songwriting und Elektropop<br />

mit arabischen Einflüssen. Der Titelsong<br />

„Wir sind die Vielen“ entstand 2018, als sie<br />

zusammen mit anderen Berliner Künstlern<br />

in der Gruppe „Die Vielen“ Strategien gegen<br />

Rechts entwickelte. Bernadette La Hengst beschreibt<br />

das so: „Raus aus den Komfortzonen,<br />

rein in die Welt, lasst uns viele sein, nur so<br />

können wir gewinnen gegen Populismus, Rassismus,<br />

die Beschneidung der Kunstfreiheit,<br />

den Klimawandel, eine Welt ohne gute Musik<br />

und im besten Falle gegen den Tod.“<br />

54 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


KRIMINALSZENE SÜDBADEN<br />

KURIOSE<br />

POLIZEIMELDUNGEN<br />

aus Südbaden<br />

Rund 600 Polizeimeldungen<br />

veröffentlicht die Polizeidirektion<br />

Freiburg – pro<br />

Monat. Für all jene, die gerade<br />

keine Lust auf Mord und<br />

Totschlag haben, fischt die<br />

Zett.-Redaktion kuriose Geschehnisse<br />

heraus zum Staunen<br />

und Schmunzeln. Hier<br />

eine Auswahl – alle Meldungen<br />

finden Sie online unter<br />

„www.zett-magazin.de“<br />

Tote schlafen fest<br />

Ach, waren das Zeiten…<br />

Kennen Sie den Film „Tote<br />

schlafen fest“ mit Lauren<br />

Bacall und Humphrey Bogart,<br />

die damals, 1946,<br />

frisch verheiratet waren?<br />

Der Film basiert auf einem<br />

Raymond-Chandler-Krimi<br />

mit dem Titel „Der große<br />

Schlaf“. Wiederholung offenbar<br />

nicht ausgeschlossen:<br />

Ein angeblicher Toter in<br />

einem Linienbus hatte am<br />

Abend des Freitag, 15. März,<br />

in Weil am Rhein einen Einsatz<br />

ausgelöst: Rettungsdienst<br />

und Polizei eilten<br />

gegen 19.30 Uhr schnell zu<br />

einem stehenden Bus in<br />

die Steinackerstraße. Nur<br />

durch die Setzung eines<br />

‚Schmerzreizes‘ erwachte<br />

dort ein Fahrgast aus<br />

seinem Tiefschlaf. Er war<br />

wohlauf. Der Bus konnte<br />

seine Fahrt fortsetzten,<br />

die Rettungskräfte rückten<br />

wieder ein.<br />

Frau rammt Auto<br />

Es gibt Polizeimeldungen,<br />

die sind auch für phantasiebegabte<br />

Menschen schwer<br />

im kopfeigenen Heimkino<br />

zu visualisieren. Angesichts<br />

des fraglichen Tatdatums<br />

stellt sich hier gar die Frage,<br />

ob es sich um einen Aprilscherz<br />

handelte? Lesen Sie<br />

bitte selbst:<br />

Erst nachträglich erfuhr<br />

die Polizei von einem doch<br />

etwas ungewöhnlichen<br />

Verkehrsunfall, was die<br />

Ermittlungen deutlich erschwerte.<br />

Am Montag, 1.<br />

April, gegen 19.45 Uhr, fuhr<br />

ein Autofahrer auf der Langestraße<br />

in Waldkirch in<br />

Richtung Kollnau. Etwa in<br />

Höhe der Einmündung Bismarckstraße<br />

rannte eine<br />

Frau, die vermutlich am<br />

Joggen war, zwischen den<br />

parkenden Autos hindurch<br />

von rechts auf die Langestraße<br />

und prallte seitlich<br />

gegen das Heck des vorbeifahrenden<br />

Autos. Weil die<br />

Frau angab, dass ihr nichts<br />

geschehen war, verabschiedete<br />

man sich voneinander,<br />

ohne die Polizei zu rufen.<br />

Zuhause stellte der Autofahrer<br />

jedoch einen erheblichen<br />

Sachschaden an seinem<br />

Subaru fest. Die Polizei<br />

war daraufhin bemüht, die<br />

Personalien der Unfallverursacherin<br />

herauszufinden.<br />

Sie wurde als ca. 50<br />

Jahre alt, eher von kleinerer<br />

Statur und schlank beschrieben.<br />

EISIG & SINNLICH<br />

Veranstaltungshinweise unter<br />

www.kalte-sofie.de und Alte Wache Freiburg<br />

Münsterplatz 38, 79098 Freiburg<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

55


BOLLENKULT<br />

Obwohl der Bollenhut ein wenig<br />

aus der Mode gefallen ist, müssen<br />

junge Schwarzwälderinnen wie<br />

Lena und Jenny nicht auf die<br />

Signalwirkung der Bollen (schwarz<br />

= verheiratet, rot = unverheiratet)<br />

verzichten. Moderne Wollmützen<br />

mit multiplen Bommeln wie diese<br />

vom Friesenheimer Unternehmen<br />

„Schneewolle“ erfüllen heute den<br />

gleichen Zweck wie die traditionellen<br />

Hüte vor über 200 Jahren.<br />

www.schneewolle.de<br />

WOLLE ROSEN?<br />

222 Jahre Bollenhut – eine bebilderte Festschrift<br />

von Arne Bicker<br />

Foto: Martin Koswig<br />

„Die Zeiten waren schlecht im<br />

Schwarzwald…“ – Mit diesen Worten leitete<br />

ARD- Tagesthemen-Moderator Ingo<br />

Zamperoni am 18. Februar<br />

dieses Jahres einen Bericht<br />

mit dem Titel „222<br />

Jahre Bollenhut – Spurensuche<br />

im Schwarzwald“<br />

ein. Der ursprünglich rund<br />

500 Gramm, heute aus Stabilitätsgründen<br />

eingegipste und deshalb bis zu zwei<br />

Kilogramm schwere Strohhut mit seinen<br />

vierzehn ovalen Bollen ist neben dem<br />

amerikanischen Cowboyhut, der britischen<br />

Melone, der Krankenschwesternhaube, Safarihelm<br />

und Bärenfellmütze eine der bekanntesten<br />

Kopfbedeckungen der Welt.<br />

In Freiburg stülpen sich Hobbysportler eine einfache Strohvariante<br />

mit tennisballgroßen Ultraleichtbommeln über und<br />

laufen den Halbmarathon. Touristen sacken den Kugeldeckel<br />

in Plastiktüten ein; er ziert Werbegrafiken für Milch, Gin oder<br />

Schinken. Der Bollenhut ist heute das Sinnbild schlechthin für<br />

den Schwarzwald. Warum?<br />

56 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

Da ist Musik drin: Alte Polydor-Single.<br />

„Das ist einfach der geilste Hut der<br />

Welt“, sagt die Freiburger Künstlerin<br />

Anne Deutsch, die auch für den Tagesthemen-Bericht<br />

befragt wurde.<br />

Als gebürtige Engländerin ist Anne<br />

Deutsch Hutfachfrau per se. Ihre Arbeiten<br />

zeigen wir, neben vielen anderen,<br />

hier im Kulturmagazin Zett.<br />

Überhaupt scheinen die künstlerischen<br />

Hutnachmacher das Bommelwerk<br />

förmlich zu verehren – wie<br />

unsere Bilderstrecke anschaulich<br />

zeigt.<br />

Die ollen Bollen haben es weit<br />

gebracht. Dabei entsprang der ausdrucksstarke<br />

Kopfschmuck einer von oben verordneten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />

im bitterarmen Schwarzwald<br />

des 18. Jahrhunderts. 1797 wurde durch einen württembergischen<br />

Handstreich verfügt, dass die Dekoration der Strohhüte<br />

rot und schwarz zu sein habe. Das ist jetzt 222 Jahre her. Die<br />

drei Heimatdörfer des Hutes, Gutach, Kirnbach und Reichenbach,<br />

waren seinerzeit noch schwäbisch. Vielleicht war das ein<br />

Glück, weil die jungen Damen sonst vielleicht 27 Bowlingku-


geln auf einem Hut in mexikanischen<br />

Dimensionen mit sich herumschleppen<br />

müssten?<br />

Doch vorurteilsbeladene Revanchegedanken<br />

wie dieser sind kaum angebracht.<br />

Ohne Schwaben keine Bollenhüte<br />

– so sieht’s aus. Die Badener<br />

dürfen dafür heute Ruhm und Reichtum<br />

einheimsen für eine Kopfbedeckung,<br />

die aussieht wie ein schockgefrosteter<br />

Billardtisch. Tatsächlich erinnern die roten<br />

Pompons an rote Rosen, die einen<br />

Vorgänger des Hutes schmückten. Nur leisten konnte sich das<br />

seinerzeit kaum einer.<br />

Schwarzwaldente mit Hut von badenova<br />

Foto: Arne Bicker<br />

In der Tracht stehen die roten Bommeln für unverheiratete,<br />

der schwarzen für verheiratete Schwarzwalddamen. Einheimische<br />

fassen die Dinge gern<br />

griffig zusammen; sie sprechen<br />

vom „verheirateten Hut“ und vom<br />

„unverheirateten Hut“. Unseren<br />

modernen Zeiten wird das natürlich<br />

nicht mehr gerecht. Abhilfe<br />

schafft die Kunst. Vielleicht<br />

steht ja der türkisfarbene Hut<br />

für gleichgeschlechtlich orientierte<br />

Damen und der bunte für<br />

eine grundsätzliche Offenheit<br />

in alle Richtungen?<br />

Denkbar auch, die Bommeln grundsätzlich rot zu belassen<br />

und für jede begonnene Ehe einen schwarzen reinzutauschen<br />

– vierzehn Versuche dürften ausreichen. In der Esoterik steht<br />

die Zahl „14“ übrigens für Disziplin, Zuverlässigkeit, Geduld,<br />

Güte und Barmherzigkeit. Wer wollte da widersprechen?<br />

Bild: Bild: Josef Marco Weis Sorrentino<br />

Bild: Petra Kneipp<br />

Bild: Sarah von der Geest – Eiszeit<br />

Bild: Siegfried Zey<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

57


BOLLENKULT<br />

ERLEUCHTET<br />

Sebastian Wehrle ist selbst<br />

fast schon eine Kultfigur.<br />

Dem gelernten Kachelofenbaumeister<br />

aus Freiamt, dem<br />

der Zeitenwandel in seinen<br />

Fotografien so locker von<br />

der Hand zu gehen scheint,<br />

widmete „Zett.“ schon in<br />

seiner Erstausgabe eine ausführliche<br />

Bilderstrecke. Aber<br />

auch hier darf der 33-Jährige<br />

nicht fehlen: Seine Damen in<br />

Tracht sind stets eine Wucht.<br />

www.sebastian-wehrle.de<br />

SCHWARZWALDMUFFIN<br />

Fotos: Arne Bicker<br />

Konditorin Deborah Kuevi (33) und Gastro-Wissenschaftler<br />

Leonhard Reindl (35) backen Hüte zum Essen. Nach langen<br />

Experimenten liegt nun ein Mini-Bollenhut gut auf der Hand.<br />

Der Biss in den verlockend duftenden Hut zaubert einen käsekuchenerdbeerfruchtigen<br />

Geschmack auf den Gaumen.<br />

„Wir verwenden nur rein natürliche Zutaten“, erklärt Reindl.<br />

Gefriergetrocknete Erdbeeren geben dem Minikuchen in Bollenhutform<br />

die leuchtend-rote Farbe; das Innere besteht aus<br />

Käsekuchenteig.<br />

Die beiden Startupper haben zu ihrem Geschäftsstart mal<br />

eben einen Schwarzwaldmuffin erfunden. „Unser Kuchenhut<br />

hat aber gar nichts mit der Kirschtorte zu tun“, so Kuevi. Das<br />

Gebäckstück sei alkoholfrei und auch als kleine Nascherei für<br />

Kinder bestens geeignet. Ihren Bollenhutmuffin wollen die<br />

beiden Freiburger über Gastronomie und Handel vertreiben,<br />

aber auch in einem eigenen Foodtrailer. Unter der Marke<br />

„Milch trifft Honig“ wollen sie vor allem frische Kuchen und<br />

Pizza unters Volk bringen. www.milch-trifft-mehl.de<br />

58 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

Sarah von der Geest ist ausgebildete Fotografin und hat zudem<br />

ein Grafik-Design-Studium in Freiburg absolviert. In ihren<br />

Designs spielen traditionelle, folkloristische Motive eine<br />

wichtige Rolle; ihre Fotografien entstehen zumeist bei rein<br />

natürlichem Licht. In der Weiterverarbeitung verwendet die<br />

Künstlerin Tinte, Bleistift, Aquarell oder Vektorgrafiken; so<br />

entstehen mit viel Gespür für das Besondere modern-freche<br />

oder verträumt-melancholische Bilder. Mit ihrer Mutter Gloria<br />

betreibt Sarah von der Geest das Kunsthandwerk-Atelier „papercutdesign“<br />

in Titisee-Neustadt.<br />

www.papercutdesign.de<br />

DIE ZEICHNERIN<br />

„Uff gohts“<br />

Anne Mary Deutsch hat den Schwarzwald<br />

mit ihrer jungen poppigen Kunst bereichert.<br />

Die Malerin, Fotografin, Illustratorin und Designerin<br />

beschäftigt sich mit Themen wie<br />

Heimat, Ankommen und Abreisen. „Originalität<br />

und eine Message braucht ein gutes Bild“<br />

und „Eine Idee haben und umsetzen ist meine<br />

Herausforderung an ein Werk“, sagt die in<br />

Freiburg arbeitende Künstlerin. Zum Thema<br />

„222 Jahre Bollenhut“ berichteten die ARD-Tagesthemen<br />

am 18. Februar 2019 über Anne<br />

Deutschs Arbeiten. „Ein tolles Ding“ sei der<br />

Bollenhut, so die Freiburger Künstlerin. Ihre<br />

Begründung: „Dieser Hut mit seinen roten<br />

Kugeln ist einfach der geilste Hut der Welt“.<br />

www.planet-schwarzwald.de<br />

„Big Bang Black Forest“<br />

BIG BANG<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

59


BOLLENKULT<br />

NEUSTART<br />

„Große Berge, feuchte Täler<br />

und jede Menge Wald“ – wer<br />

hat’s erfunden? Selina Haas<br />

(29). 2014 hatte die waschechte<br />

Schwarzwälderin aus<br />

Schonach mit diesem sexistisch<br />

angehauchten Schwarzwald-Werbeclaim<br />

für mächtigen<br />

Medienwirbel gesorgt.<br />

Doch die ehemalige Studentin<br />

der HKDM-Grafikschule<br />

in Freiburg bereut das nicht:<br />

„Ach was, ich war zwar etwas<br />

überrascht über die vielen Reaktionen,<br />

aber die allermeisten<br />

waren ja positiv, auch die<br />

von meinen Eltern.“<br />

Und Conny und Ingolf Haas<br />

verstehen einiges vom Thema,<br />

stellen in langer Familientradition<br />

Kuck ucksuhren<br />

her und suchen auch hier den<br />

Spagat in die Moderne.<br />

„Frisch, lebhaft und Freude<br />

ausstrahlend“, so sieht die<br />

junge Mutter Selina Haas ihren<br />

künstlerischen Ansatz,<br />

für den sie auch schon mal<br />

eine Kuckucksuhr oder ein<br />

Baby unter den berühmten<br />

Bollenhut steckte. Wir zeigen<br />

hier im Zett.-Magazin Ihre<br />

Fotografie „Kriegsbemalung<br />

I“ aus der Serie „Neustart<br />

Schwarzwald“ – eine Arbeit,<br />

mit der Haas den kriegerischen<br />

Stolz afrikanischer<br />

Ureinwohner in den Schwarzwald<br />

überträgt. Mit neongrellen<br />

Fingerfarben bemalt<br />

sie ihr Modell und löst dann<br />

die Kamera bei Schwarzlicht<br />

aus. Heraus kommt eine<br />

schwarz wilde Arbeit mit prallen<br />

Leuchtfarben.<br />

www.selina-haas.de<br />

IM TIEFEN WALDE<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Jochen Scherzinger (37) ist<br />

ein waschechter Schwarzwaldbub.<br />

Um mit dieser kernigen<br />

Geburtsbiographie<br />

Modedesign in Mannheim zu<br />

studieren, braucht es schon,<br />

sagen wir: Tannenzapfen in<br />

der Hose. Inzwischen macht<br />

die Mode nur noch einen kleinen<br />

Teil von Scherzingers Arbeit<br />

aus. Ein Kunstatelier mit<br />

Werbeagentur in Gütenbach<br />

bei Furtwangen ist jetzt das<br />

Maß der Dinge. Ein wachsendes<br />

Renomee und gefragte<br />

Ausstellungen geben ihm<br />

Recht. Unter dem Titel „Artwood“<br />

wirft Scherzinger ein<br />

kunstvoll-düsteres Bild auf<br />

seinen „nasskalten“ Schwarzwald:<br />

„Ich bin aufgewachsen<br />

wie Mogli im Wald. Mit einem<br />

halben Jahr Schnee und<br />

einem halben Jahr Nebel.“<br />

Kein Wunder, dass es ihm<br />

das Mythische besonders angetan<br />

hat: „Als Kind habe ich<br />

beim Spiel Gut gegen Böse<br />

immer das Böse gewählt – das<br />

hat mehr Hintergrund und<br />

Tiefe.“ Scherzingers Bilder,<br />

die er gern auch auf Wandverschalungsbretter<br />

aus der<br />

Räucherkammer des Hofs<br />

seines Großvaters druckt, erstrahlen<br />

umso mehr. Sein Geheimnis:<br />

„Der Schwarzwald<br />

ist alles für mich.“<br />

Info: www.artwood.de<br />

60 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

Siegfried Zey (67) ist seit langem im Schwarzwaldverein aktiv.<br />

Und natürlich haben es ihm die Schwarzwaldmädle mit<br />

Bollenhut als Motive angetan, zumal der Hut ganz in der Nähe<br />

seiner Heimatgemeinde Lauterbach erfunden wurde. Der pensionierte<br />

Berufsschullehrer malt schon seit seiner Jugendzeit<br />

unterschiedliche Motive mit verschiedenen Techniken. Zey ist<br />

Mitglied in den Kunstvereinen „Art Baden-Baden“ und „Wilhelm<br />

Kimmich“ in Lauterbach. „Ich habe mich ganz bewusst<br />

für die romantischen Schwarzwaldmädels entschieden“, so<br />

Zey. „Malen ist für mich sich zurücknehmen, entspannen, ein<br />

Ausgleich mit Spaßfaktor.“<br />

www.zey-art.de<br />

DAMENWAHL<br />

Original<br />

INDIANERSCHMUCK<br />

aus Nordamerika der Indianerstämme:<br />

NAVAJO, HOPI, ZUNI in reinem Sterlingsilber<br />

Seit 1993 in Freiburg<br />

Mit großer Auswahl an original Indianerschmuck der HOPI-,<br />

ZUNI- UND NAVAJO Indianer in Sterling Silber<br />

sowie: Pendleton-Wolldecken<br />

T-Shirts »The Mountain«<br />

Original Indianermusik CD’s<br />

Moccasins aus Hirschleder<br />

indianische Postkarten/Poster<br />

ORIGINAL INDIANERSCHMUCK<br />

Erika Wehrle<br />

Konviktstraße 13<br />

79098 Freiburg<br />

Telefon (0761) 22849<br />

Täglich ab 10.00 durchgehend<br />

geöffnet<br />

Montag - Freitag bis 19.00 Uhr<br />

Samstag bis 18.00 Uhr<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

61


BOLLENKULT<br />

TROTZKÖPFE<br />

Uwe Merz (56) stammt aus Recklinghausen im Ruhrgebiet. Nachdem er sich und seinen Humor<br />

vor nunmehr 29 Jahren freiwillig ins badische Exil versetzte, entsprudeln dem gelernten<br />

Grafikdesigner, Musiker und Lebenshilfetherapeuten kreative Ideen am laufenden Band. „Der<br />

Schwarzwald darf auch mal unkonventionell, humorvoll, lebendig und etwas selbstironisch<br />

sein“, sagt Merz, wenn er mal wieder einen seiner Trotzköpfe zu Papier bringt. Die „Grätige<br />

Bolle“ aus dem Atelier auf dem Schenkenzeller Fräulinsberg versprühen launiges Temperament<br />

mit Augenzwinkern und spiegeln dabei zutiefst menschliche Gemütszustände wider. „Mir persönlich<br />

ist eine Immer-gut-drauf-Mentalität suspekt“, sagt Merz. „Mal so richtig grätig zu sein<br />

hat auch etwas befreiendes, wenn wir sagen oder zeigen was uns ärgert.“ Auf eine Idee ist Merz<br />

indes noch nicht gekommen: Einen „Grätie“, wie er sie nennt, auf eine gelbe Karte zu drucken.<br />

Für das nächste Foulspiel des Lebens und den Schiedsrichter in uns allen. www.merzolio.com<br />

BOLLENGUT<br />

„Komm‘ auf die dunkle Seite des Waldes“ lockt Birgit Hepting mit ihrer Marke Bollengut.<br />

Doch Kinder müssen sich nicht unterm Bett verstecken, denn hier geht es fröhlich und bunt<br />

und tierlieb zu: Die 29-jährige Grafikdesignerin betreibt mit ihrem Partner Lutz Augspurger in<br />

Furtwangen eine Werbeagentur, aus deren Zwängen sie gerne mal abtaucht, um ihre Heimatverbundenheit<br />

künstlerisch auszuleben. So entstehen Schwarzwaldgiraffen, Wassernixen, Titiseepferdchen<br />

oder ein Schwarzwaldmädel mit den Worten „Mir könne des!“ auf den Lippen.<br />

Chapeau!<br />

www.bollengut.de<br />

62 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

Ruth Gast malt. Und spielt<br />

Trompete. Die Freiburger<br />

Künstlerin stammt aus<br />

Gehrden bei Hannover, studierte<br />

bei den Professoren<br />

Hans-Jürgen Diehl und Herbert<br />

Kaufmann in Berlin freie<br />

Malerei.<br />

Seit 1997 lebt die Malerin<br />

und Musikerin in Freiburg,<br />

fertigt in ihrem Atelier in der<br />

Basler Straße Bilder, Grafiken<br />

und Skulpturen. Die hier gezeigte<br />

Arbeit „Huckepack“ ist<br />

ein neueres Bild. Es zeige „das<br />

Gegenteil eines Schwarzwaldmädels“,<br />

kommentiert<br />

Ruth Gast.<br />

Das Bild ist förmlich geladen<br />

mit Figuren, Formen, Farben,<br />

Energie und Sarkasmus.<br />

Gast zeigt auf die Leinwand:<br />

„Die Frau sieht einen gar<br />

nicht.“ Tatsächlich hat die Figur<br />

mit dem Bollenhut keine<br />

Pupillen, wirkt entfremdet,<br />

scheint sich selbst zu verhöhnen,<br />

während sie den Herrn<br />

ihrer Wahl huckepack mit<br />

sich herumschleppt.<br />

HUCKEPACK<br />

www.atelier-gast.de<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

63


BOLLENKULT<br />

Hansjörg „Hardy“ Kleiser<br />

ist ein echter Schwarzwälder:<br />

Als Kind fuhr der gebürtige<br />

Titiseer auf Skiern zur Schule;<br />

heute lebt Kleiser in Staufen,<br />

wo er eine kleine Galerie betreibt.<br />

Seine Quadriga „Bollero“<br />

entstand als Geschenk<br />

zum 21. Geburtstag seiner<br />

Tochter; Andy Warhol und<br />

Maurice Ravel standen Pate.<br />

Seine Arbeiten druckt Kleiser<br />

auf Leinwand oder – wunderschön<br />

exzentrisch – auf Glas.<br />

www.hardy-pop-art.de<br />

BOLLERO<br />

64 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

Würfelspiele<br />

BOLLENQUADER<br />

Maidli mit Geranie<br />

Silke Gerfen (50) malt Menschen, die sie wie durch ein Prisma<br />

zu betrachten scheint. Mit ihrer Vorliebe zu Geometrie und<br />

Kubismus scheint die ausgebildete Textilveredlerin ihre Motive<br />

erst zu zerlegen und dann wieder zusammenzusetzen, wobei<br />

spannende Verschiebungen, neue Formen, Flächen und Strukturen<br />

entstehen. Dies entspringe ihrem „Gefühl von Freiheit“,<br />

so Gerfen. Seit 2013 widmet sich die im Glottertal aufgewachsene<br />

und in Freiburg lebende Künstlerin verstärkt ihrer Heimat,<br />

dem Schwarzwald, der Glottertäler Tracht und dem Bollenhut,<br />

der in ihren Arbeiten seine kraftvolle Wiedererkennbarkeit voll<br />

zur Entfaltung bringen darf.<br />

www.ars-matrona.de<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

65


BOLLENKULT<br />

OVERFLOW<br />

Foto: privat<br />

Je weiter man sich wegbewegt,<br />

desto schärfer wird der<br />

Blick auf die Heimat. Diese<br />

Erfahrung machte die Freiburger<br />

Künstlerin und Fotografin<br />

Michaela Kindle (44).<br />

Sie verbrachte zwölf Jahre im<br />

Schmelztiegel USA. Oktoberfest<br />

mit Bollenhut? Black Forest<br />

mit Cinderella Castle?<br />

Das Leben in Los Angeles<br />

habe ihr „im positivsten Sinne<br />

künstlerischen Anlass geboten,<br />

ihre Heimat mal von<br />

einer anderen Seite zu betrachten“,<br />

sagt sie. Seit ihrer<br />

Rückkehr ordnet Kindle die<br />

Dinge diesseits des großen<br />

Teichs neu: „Schwarzwald.<br />

Anders.“ heißt ihr Mashup.<br />

Kindles Kollagen erzählen<br />

märchenhafte Geschichten<br />

und schlagen Brücken von<br />

der Historie zur Moderne.<br />

Die Künstlerin vermischt<br />

(links die Werke „Bounce“,<br />

oben, und „All Together“,<br />

unten) das mystische Narrativ<br />

mit einer Liebe zum Kontrastreichtum.<br />

Man könnte<br />

auch sagen: Da ist Bewegung<br />

drin.<br />

www.kindle-photography.de<br />

66 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

IM LETTERWALD<br />

Der Grafik-Designer, Illustration<br />

und Maler Heinz Wendling<br />

(68) lebt in Ottersweier.<br />

Nach Jahren der Werbearbeit<br />

fokussiert sich Wendling nun<br />

auf freie künstlerische Arbeiten.<br />

Einen besonderen Raum<br />

widmet er dabei dem Entdecken<br />

und Zusammenfügen<br />

verschiedenster Motive unter<br />

anderem zur „Freiwildzone<br />

Schwarzwald“. So entstehen<br />

universelle Monotypien in<br />

Acryl und zeitgemäße Arbeiten<br />

mit Hilfe modernster<br />

Computer-Technik wie diese<br />

maskierte Bollendame im<br />

Letterwald.<br />

www.galerie-wendling.de<br />

IM UNTERHOLZ<br />

Eigentlich erweckt der Holzbildhauer Simon Stiegeler Figuren<br />

und Masken aus seinem Lieblingswerkstoff zum Leben.<br />

Doch nachdem Anfang 2015 zunächst aus privatem Spaß das<br />

Label „[:blackest-forest:]“ entstand, entwickelte sich im beschaulichen<br />

Grafenhausen schnell ein Hype um eine Vielzahl<br />

neuer Produkte im ‚Schwarzwald Underground Style‘, wobei<br />

man Underground in diesem Fall sehr frei wohl auch mit Unterholz<br />

übersetzen darf. Neben dem Künstlerpaar Lillian und<br />

Simon Stiegeler strickt auch der Waldshuter Fotograf Michael<br />

Steck an der Legende mit.<br />

www.blackest-forest.de<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

67


BOLLENKULT<br />

Schneiderei: Manado / Indonesien; Model: Kuci Rino (41).<br />

Reisfeld: Bohol / Philippinen; Model: Lorina Riess, (23).<br />

BOLLYHOOD<br />

Die Biologin und Kognitionwissenschaftlerin<br />

Flora Wenczel (30) und der selbständige<br />

Schreinermeister Josef Weis (36) aus Simonswald<br />

haben einem original Kirnbacher Bollenhut<br />

vierzehn Monate lang auf einer Asienreise<br />

die halbe Welt gezeigt. Als „kulturübergreifendes<br />

Fotoprojekt“ beschreibt Weis seine in<br />

weiter Ferne entstandenen Bilder, die zeigen,<br />

dass Heimat einfach überall sein kann und ist.<br />

Der „Bollyhood“ repräsentiert hier nicht eine,<br />

sondern verbindet viele Kulturen. Weitere tolle<br />

Fotos finden sich auf der Webseite.<br />

www.bolly-hood.com<br />

UND ACTION!<br />

Der Schwarzwälder Thomas<br />

Zipfel, geboren 1955 in Freiburg,<br />

war jahrelang aktiver<br />

Leistungssportler und mehrfacher<br />

Deutscher Meister im<br />

Skilanglauf. Heute widmet<br />

er sich neben dem Sport und<br />

der Musik vor allem seiner<br />

großen Begeisterung fürs<br />

Zeichnen und Malen. Seit<br />

1980 fertigt der in Kirchzarten<br />

wohnhafte Künstler vielfach<br />

veröffentlichte Cartoons,<br />

Karikaturen, Zeichnungen<br />

und Aquarelle.<br />

www.thomaszipfel.de<br />

68 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


BOLLENKULT<br />

Bollizei<br />

Bollywood<br />

Bollonese<br />

Bollympisch<br />

Bollwerk<br />

Bollwerk<br />

SCHWARZWALD<br />

Oh Heimat<br />

Bollimie<br />

Bollen<br />

<br />

Bollitik<br />

<br />

(Rotkappe)<br />

<br />

Bollero<br />

Bolli + Stan<br />

Klaus Karlitzky malt schlitzohrige<br />

Cartoons und betreibt<br />

ein virtuoses Spiel mit<br />

Heimatbegrifflichkeiten. Sein<br />

Poster stöhnt förmlich auf:<br />

„Schwarzwald, Oh Heimat…“,<br />

denn alles ist denkbar und<br />

nichts zu absurd. Der Kunsthistoriker<br />

und Diplom-Designer<br />

Karlitzky lebt im Örtchen<br />

Freiamt, das offensichtlich<br />

vor allem eines zu bieten hat:<br />

Die Freiheit zu denken, und<br />

zwar in alle Richtungen. Von<br />

Karlitzky stammt das launige<br />

Buch „Schwarzwälder<br />

Hirschwasser“.<br />

www.kk-cartoon.de<br />

<strong>ZETT</strong>. JULI 2019<br />

69


„Kompliment! Zett ist ein modernes und offensives<br />

Magazin. Ein wenig frech und bohrend in der<br />

Fragesetzung; genau das erwartet man von einem<br />

Magazin über Kunst und Kultur.“<br />

- S.K.<br />

„Echt gut gemacht!<br />

Tolle Stories, Klasse Layout, gutes Verhältnis<br />

von Text und Bildern und schöne Hinweise<br />

auf Veranstaltungen in der Region.“<br />

– M.L.<br />

STIMMEN ZUR ERSTEN AUSGABE<br />

<strong>ZETT</strong>. Das Kulturmagazin für Freiburg<br />

„Gut geschrieben, tolle Fotos, super Cartoons,<br />

informativ und unterhaltsam, zum Lächeln<br />

und auch ernsthafte Themen,<br />

interessante Interviews und Gastbeiträge.<br />

Das Zett. ist ein echter Hingucker.“<br />

– B.F.<br />

1.2018<br />

Sehr engagiert,<br />

aber leider verdeckt das<br />

nervöse Layout einige der<br />

entdeckungswürdigen Artikel.“<br />

– T.F.<br />

„Das Zett Magazin habe ich durchgelesen.<br />

Es gefällt mir sehr gut, ich finde es informativ<br />

und auch sehr erfrischend geschrieben.“<br />

– S.K.<br />

„Zett kommt ganz anders daher,<br />

nicht im Schmeichel-Look, raus aus der<br />

Komfortzone, eher städtisch-plakativ<br />

mit ein bisschen Zypresse-Style.<br />

Freiburg ist eine tolle Stadt und sie<br />

hat eine Stadtkultur, die zu entdecken<br />

sich lohnt. Und so etwas braucht<br />

Entdecker, Mittler, Medien!“<br />

– K.K.<br />

Das Kulturmagazin für Freiburg<br />

„Das ist ein sehr gelungenes<br />

Magazin! Nicht nur interessante<br />

Beiträge sondern auch gelungenes<br />

Layout, tolle Bilder, hochwertiges<br />

Papier. Die Trennung von Werbung<br />

und Information ist super.“ – P.H.<br />

„Gute Fotos. Formate und Gewichtung gefallen<br />

mir sehr gut. Während des Lesens der zunächst<br />

herausgesuchten Artikel wuchs das Interesse<br />

an den nicht zum sofortigen Verzehr<br />

bestimmten Beiträgen. Die Folge war<br />

die komplette Lektüre. Als absoluten<br />

Gewinn sehe ich die Darstellung der<br />

Autoren und Künstler. Das kann sehr gerne<br />

so fortgesetzt werden.“<br />

– M.K.<br />

Danke für die erste Ausgabe, die Artikel rund um Kultur<br />

und Kunst im Freiburg sind sehr ansprechend und machen<br />

Spaß zu lesen. Die Artikel zusammen mit den ausdrucksstarken<br />

Fotografien lassen einen immer wieder in neue<br />

Kosmen der kulturell so vielfältigen Stadt Freiburg blicken.<br />

Das kunterbunte Magazin bildet die lebendigen<br />

Szenen treffend und auch sehr persönlich ab – toll!<br />

Hoffentlich gibt es bald weitere Auflagen.“<br />

– A.V.<br />

EMPÖRUNG<br />

Nackte Kunst in Freiburg<br />

LEIDKULTUR<br />

Integration paradox<br />

JUBILÄUM<br />

50 Jahre Kulturrevolution<br />

utio<br />

SATIRE<br />

Freiburger er Gipfelstürmer<br />

+ Literatur + Musik + Theater er +K<br />

Kriminalszene<br />

inalsz<br />

Aus dem Zypresse-Verlag<br />

www.zett-magazin.de<br />

Das sieht ja nun mal<br />

wirklich wie eine richtig<br />

erwachsene Zeitschrift aus.<br />

Kultur kann man nun mal<br />

nicht im Billigkleid verkaufen.<br />

Habe nur eine Kritik: Der Abgang:<br />

Es fehlt der sanfte oder elegante Ausstieg<br />

mit Hinweis auf ein nächstes Heft.“<br />

– G.B.<br />

Ein tolles Magazin. Sehr schönes Layout,<br />

sehr hochwertig, gut geschriebene Artikel,<br />

auch mit etwas Ironie gewürzt.<br />

Nicht zu lang und dröge. Weiter so!<br />

Wäre ja schön, wenn sich das in<br />

Freiburg institutionalisiert.“<br />

– W.D.<br />

<strong>ZETT</strong>. #3 erscheint im November 2019<br />

70 <strong>ZETT</strong>. JULI 2019


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