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Loccumer Pelikan 1/2016

Religion und Musik

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nachgefragt<br />

14<br />

Welche Rolle spielt die evangelische<br />

Tradition in aktuellen Liederbüchern?<br />

nachgefragt<br />

Zwei neue Liederbücher sind im vergangenen Jahr für<br />

die Arbeit in Schule und Gemeinde herausgegeben worden:<br />

„Kommt und singt. Liederbuch für die Jugend“<br />

und „Popkantor Songbook“ (inkl. Doppel-CD). Die<br />

Liederbücher sind in der Liedauswahl durchaus unterschiedlich.<br />

Wir haben für den <strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> bei<br />

den Herausgebern Thomas Ebinger und Til von Dom -<br />

bois insbesondere nach der Rolle der Tradition gefragt.<br />

Thomas Ebinger:<br />

Früher gab es im Religionsunterricht – sicher nicht nur in<br />

Baden-Württem berg – verpflichtende Lernlieder. Jedes<br />

Kind musste diese auswendig lernen. Ich selbst habe noch<br />

als Vikar brav „Jesu geh voran“ mit meinen Grundschülern<br />

gesungen und bin dabei wie vom Ausbildungspfarrer gelernt<br />

über Tische und Bänke gestiegen. Dabei habe ich die<br />

Erfahrung gemacht, dass dieses Lied gut ankommt und die<br />

Kinder es auch bei Beerdigungsfeiern mitsingen können.<br />

Lebendige Tradition, auf der Gitarre gepflegt.<br />

Irgendwann wurden die Lernlieder abgeschafft, jeder<br />

greift heute zu seinen Lieblingsliedern und legt sie<br />

auf den Kopierer. Kallauch und Co. lassen grüßen mit<br />

sympathischen und gut produzierten Liedern. Die große<br />

pädagogische Freiheit begann und sie hat tatsächlich<br />

viele Vorzüge. Nur gibt es beim Singen ein immer größer<br />

werdendes Problem: Die Schnittmengen von vertrauten<br />

Liedern werden kleiner, schon zwischen verschiedenen<br />

Klassen und Konfi- oder Jugend-Gruppen, erst recht zwischen<br />

den Generationen. Bibel und Gesangbuch galten<br />

einmal als die zwei wichtigsten Bücher eines evangelischen<br />

Christenmenschen. Tempi passati. Die gefühlte<br />

Halbwertszeit vieler Lieder, die heute gesungen werden,<br />

ist dreieinhalb Jahre.<br />

Zumindest in Württemberg wollten wir diesem Trend<br />

etwas entgegensetzen. Ausgehend vom Arbeitsbereich<br />

Gemeindepädagogik im PTZ Stuttgart entstand die Idee, eine<br />

Liste mit Kernliedern zu definieren. Diese 33 Kernlieder<br />

wurden 2006 beschlossen, die Idee hat Nachahmer in ganz<br />

Deutschland gefunden bis in die Schweiz hinein. Und tatsächlich<br />

hat sie orientierend gewirkt: „Das Liederbuch“<br />

(Hg. Gottfried Heinzmann, Hans-Joachim Eißler) bietet<br />

genauso fast alle Kernlieder wie das 2015 erschienene<br />

Liederbuch für Kinder „Kommt und singt“.<br />

Für die Überarbeitung des Kinder-Liederbuch-Klassikers<br />

„Liederbuch für die Jugend“, der noch aus einer Zeit<br />

stammt, als die Jugend mit der Konfirmation endete, haben<br />

wir uns viele Liederbücher angeschaut und gemerkt, dass<br />

die Tradition in ihnen keine besonders große Rolle spielt.<br />

Am Ende haben wir uns immer mehr am großen, evangelischen<br />

Liederbuch orientiert. Noch enger als bisher ist der<br />

Aufbau an das große Vorbild angelehnt. Zu jedem Thema<br />

sind klassische Choräle enthalten. Tradition braucht Pflege<br />

und Konservation. Das schließt neue Lieder gar nicht aus,<br />

aber es beinhaltet die Pflicht, alles aus früheren Zeiten zu<br />

prüfen und das jeweils Beste zu erhalten.<br />

Natürlich muss das Alte jeweils neu erschlossen werden.<br />

Dafür gibt es in unserem Liederbuch kleine erklärende<br />

Texte. Und zu den Kernliedern ist schon 2009 ein<br />

umfangreiches Werkbuch zu allen Kernliedern erschienen<br />

mit Ideen, wie diese eingeführt und fruchtbar gemacht<br />

werden können. Wie die Denkmalpflege hat auch die<br />

Liedgutpflege ihren Preis. Ein Buch ist teurer als Kopien.<br />

Aber ein Buch kann ein Lebensbegleiter werden, Kopien<br />

können das nicht. Ausgebildete Kantoren, die mit Kindern<br />

singen, kosten mehr als Ehrenamtliche, die nur CDs vorspielen<br />

können. Fortbildungen haben ihren Preis. Sie kosten<br />

Zeit und Geld. Aber die evangelischen Kern-Lieder,<br />

die Generationen überdauert haben, sind es wert, dass man<br />

in sie investiert.<br />

Dr. Thomas Ebinger ist Dozent für Konfirmandenarbeit<br />

am Pädagogisch-Theologischen Zentrum Stuttgart.<br />

Thomas Ebinger, Damaris Knapp,<br />

Andreas Lorenz und Frank<br />

Widmann (Hg.)<br />

Kommt und singt.<br />

Liederbuch für die Jugend<br />

Völlig überarbeitete und ergänzte<br />

Neuauflage, Gütersloher<br />

Verlagshaus, Gütersloh 2015,<br />

ISBN 978-3-579-03423-2,<br />

752 Seiten, 17,99 Euro<br />

<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> 1/<strong>2016</strong>

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