Loccumer Pelikan 1/2016
Religion und Musik
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18<br />
praktisch<br />
auf kognitive Lernformen zu beschränken, sondern die<br />
Möglichkeiten des emotionalen Lernens zu nutzen und<br />
dies bewusst in die Unterrichtsplanung einzubeziehen.<br />
Allerdings ist dabei darauf zu achten, dass nicht bestimmte<br />
Gefühle und daraus resultierende Wertungen provoziert<br />
werden. Vielmehr soll das einzelne Kind mit seinen je<br />
eigenen Gefühlen wertgeschätzt und in einem wertschätzenden<br />
Umgang mit den Kindern seiner Umgebung unterstützt<br />
werden.<br />
Durch Übungen zur Empathie (z. B. Spiele mit Mimik<br />
und Gestik, Standbildbau und Doppeln, …), in denen<br />
auch Gefühlslagen anderer Menschen betrachtet werden,<br />
kann die Wahrnehmung der eigenen Situation sowie der<br />
Situation anderer gefördert werden. Es kann unterstützt<br />
werden, verschiedene Worte für das Wahrgenommene<br />
zu finden und dadurch den Bewusstseinsprozess und das<br />
Einfühlungsvermögen zu entwickeln.<br />
Motive der Jonageschichte<br />
musikalisch gestalten<br />
Auch Musik wirkt auf die Gefühle von Menschen und<br />
lässt sich in unterschiedlicher Weise wahrnehmen. Kinder<br />
können darin geschult werden, der Wirkung der Musik<br />
nachzuspüren und musikalische Elemente selbst einzusetzen,<br />
um eigene Gefühle und Stimmungen auszudrücken.<br />
Musik berührt den Menschen anders als Worte und kann<br />
eine große Ausdrucks- und Wirkkraft haben. Deshalb<br />
kann das „Gut- oder nicht gut“-Fühlen in unterschiedlichen<br />
Klängen differenzierter ausgedrückt werden: Für<br />
Angst lassen sich andere Klänge finden als für Traurigkeit<br />
oder Wut. Freude hört sich anders an als sich geborgen<br />
zu fühlen oder ausgelassen zu sein. Stimmungen und die<br />
Atmosphäre können in der Musik in einer Weise ausgedrückt<br />
werden, die über sprachliche Möglichkeiten hinausgeht<br />
(z. B. das Thema in der romantischen Musik Peer<br />
Gynt „Morgenstimmung“ von Edvard Grieg). Ebenso<br />
können Gefühle und Stimmungen in der Musik in besonderer<br />
Weise wahrgenommen werden, an bereits erlebte<br />
Momente erinnern und diese bewusst zu machen und ggf.<br />
zu verarbeiten helfen.<br />
Im Folgenden werden auszugsweise Bausteine einer<br />
Unterrichtseinheit zur Jonageschichte vorgestellt, in denen<br />
musikalische Elemente eine besondere Rolle spielen. Diese<br />
übernehmen folgende Funktionen:<br />
• Sie unterstützen das Eintauchen in die Ebene der<br />
Geschichte;<br />
• sie drücken Gefühle aus;<br />
• sie machen verschiedene Gefühlslagen hörbar.<br />
Kinder in Jonas Welt einsteigen lässt. Lediglich die ersten<br />
Stunden der Einheit weichen davon ab:<br />
Bevor die Kinder mit der Geschichte konfrontiert werden,<br />
wird eine Stunde vorangestellt, die sie an die Aufgabe<br />
heranführt, Gefühle bei sich und anderen wahrzunehmen<br />
und zu benennen. Als Einstieg wähle ich eine Auswahl<br />
der auch schon bei den Kindern bekannten Smileys und<br />
Emoticons, die wortlos Auskunft über die Gefühlslagen<br />
des Absenders vermitteln oder verdeutlichen sollen, in<br />
welcher Stimmung die Information gesagt ist.<br />
Nachdem die Kinder die Bilder beschrieben und erklärt<br />
haben, folgt eine Gruppenarbeit, in der sie sechs Gefühlslagen<br />
(z. B. fröhlich, ängstlich, stolz, erschrocken, wütend,<br />
zufrieden) unterschiedlich darstellen sollen. Die Kinder<br />
können wählen, ob sie mit Instrumenten, pantomimisch<br />
oder an Elfchen arbeiten bzw. eigene Smileys erfinden<br />
wollen. Dabei können die Gruppen entweder nach dem<br />
zu bearbeitenden Gefühl oder nach der Methode eingeteilt<br />
werden. Geht man nach den Methoden vor, kann bei<br />
der Präsentation eine Art Quiz entstehen: Welcher Klang,<br />
welches Gedicht, welche Statue und welcher Smiley stellt<br />
welches Gefühl dar? Oder aber man gestaltet für jedes<br />
Gefühl eine Art Theaterstück mit Musik, Bühnenbild,<br />
Pantomime und Gedichtvortrag. Für den Abschluss eignet<br />
sich das Lied „Wenn du glücklich bist …“.<br />
Eine Stadt im Wohlstand musikalisch darstellen<br />
Die zweite Stunde (nach Möglichkeit eine Doppelstunde)<br />
stellt den Kindern Ninive vor als eine Stadt, die wirtschaftlich<br />
blüht und in der Wohlstand regiert. Verschiedene orientalische<br />
Gewürze, Pfefferminztee, feine Stoffe, glitzernde<br />
„Edelsteine“ und Früchte wie Granatapfel und Datteln<br />
in einer gestalteten Mitte helfen den Kindern, sich auf<br />
einer Phantasiereise in diese fremde Welt und Zeit einzufinden.<br />
Um das Bild der harmonischen und reichen Stadt<br />
zu verstärken, erhalten die Kinder nun Glockenspiele,<br />
Metall- und Xylophone sowie Bassklangstäbe, die pentatonisch<br />
gestimmt sind. 4 Zunächst probiert nur ein Kind<br />
eine Melodie mit den fünf Tönen auf dem Glockenspiel<br />
zu spielen, ein anderes Kind antwortet darauf, das nächste<br />
spinnt die Melodie weiter. Die Bassklangstäbe kommen<br />
dazu und geben den hohen Tönen einen Grundschlag,<br />
die mit den Metallophonen in Quintklängen gefüllt werden.<br />
Schließlich stimmen die Xylophone hintereinander<br />
als eine zweite Melodie mit ein. Dazu kann ein Dirigent<br />
oder eine Dirigentin gewählt werden, die den einzelnen<br />
Musikerinnen, Musikern und Instrumentengruppen<br />
die Einsätze gibt. Im Anschluss wird aus gleich großen<br />
Ablauf der Unterrichtssequenz<br />
Der Aufbau der Einheit folgt im Wesentlichen der Chro -<br />
no logie der Geschichte und ist geprägt von einer Lehrerinnenerzählung<br />
(M 1; vier Bausteine für die Lehrerinnenerzäh<br />
lung finden Sie im Internet als Download), die die<br />
4<br />
Mir ist bewusst, dass pentatonische Klänge eher in der asiatischen<br />
Musik beheimatet sind, mir liegt aber nicht daran, den<br />
Kindern ein historisch korrektes Bild von Ninive im 5. Jhd. v.<br />
Chr. zu vermitteln, sondern ihnen zu ermöglichen, den Reichtum<br />
und die Schönheit einer „goldenen Stadt“ als ganze Klasse zu verklanglichen<br />
und symphonisch zu beschreiben. Dazu eignet sich<br />
die Pentatonik hervorragend – auch um dann mit ganz wenigen<br />
„Störtönen“ eine Disharmonie zu erzeugen und die Fragilität der<br />
goldenen Fassade Ninives zu verdeutlichen (s. Folgestunde).<br />
<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> 1/<strong>2016</strong>