Loccumer Pelikan 1/2016
Religion und Musik
Religion und Musik
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zunächst sehr pessimistische Lebenseinstellung zu einer<br />
fast trotzigen „jetzt-erst-recht“-Haltung wandelt.<br />
• im Kontext der Pluralität einen eigenen Standpunkt zu<br />
religiösen und ethischen Fragen einnehmen und argumentativ<br />
vertreten (Urteilskompetenz). 4<br />
30<br />
praktisch<br />
Didaktische Überlegungen<br />
Die Unterrichtsstunde steht im Zusammenhang einer<br />
Unterrichtssequenz im Kompetenzbereich „Schuld und<br />
Vergebung“ für die Sekundarstufe II. Sie lässt sich verorten<br />
in der Unterrichtssequenz „Kreuz und Auferstehung –<br />
Für mich gestorben und auferstanden?“. Die Schülerinnen<br />
und Schüler in diesem Religionskurs auf grundlegendem<br />
Niveau wünschten sich lebensweltliche Bezüge,<br />
sodass der Grönemeyer-Song als ein Beispiel für die<br />
Verarbeitung des Todes eines geliebten Menschen ausgewählt<br />
wurde. Alternativ hätten sich auch eine vertiefende<br />
Auseinandersetzung mit Xavier Naidoos „Abschied<br />
nehmen“, Silbermonds „Kartenhaus“ oder Unheiligs<br />
„An deiner Seite“ angeboten. Die religiöse Symbolik im<br />
Grönemeyer-Song bietet jedoch analytisch die besten<br />
Anknüpfungspunkte. Zudem gehört dieser Song nicht<br />
zum „Kanon“ der Musik, die Schülerinnen und Schüler im<br />
11./12. Jahrgang als ihre eigene Musik bezeichnen würden.<br />
Ihnen wird also durch die Analyse des Songs nichts Eigenes<br />
bzw. Privates als Unterrichtsgegenstand entfremdet.<br />
Schülerinnen und Schülern ist – nicht nur in der gymnasialen<br />
Oberstufe – die „therapeutische“ Wirkung der<br />
Musik bewusst. Zudem gehört sie elementar zu ihrem<br />
Alltag. Die JIM-Studie 3 von 2013 hat herausgestellt, dass<br />
Musik zu hören für 90 Prozent der Jugendlichen (sehr)<br />
wichtig ist und gleichauf mit dem Internet (89%) an der<br />
Spitze der Lieblingstätigkeiten der Jugendlichen im Alter<br />
von zwölf bis 19 Jahren liegt.<br />
Mit Musik drücken Jugendliche sich, ihre Empfindungen<br />
und ihre Einstellungen aus. Musik kann somit nicht<br />
nur ein Gesprächsanlass sein, über den Tod und das Sterben<br />
zu sprechen, sondern ist auch ein „Seelentröster“ in<br />
schwierigen und unruhigen Zeiten, in denen Sprache an<br />
ihre Grenzen stößt.<br />
Kompetenzen und Unterrichtsziele<br />
Folgende Kompetenzen sollen mit der Unterrichtssequenz<br />
und der Unterrichtsstunde gefördert werden:<br />
Die Schülerinnen und Schüler können<br />
• Situationen erfassen, in denen letzte Fragen nach<br />
Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen<br />
(Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz),<br />
• religiöse Motive und Elemente in Texten, ästhetischkünstlerischen<br />
und medialen Ausdrucksformen identifizieren<br />
und ihre Bedeutung und Funktion erklären<br />
(Deutungskompetenz),<br />
3<br />
Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, Basisuntersuchung<br />
zum Medienumgang 12- bis 19-jähriger in Deutschland,<br />
13.<br />
Für die spezifische Unterrichtsstunde lassen sich folgende<br />
Ziele formulieren:<br />
• Die Schülerinnen und Schüler können die religiösen<br />
Anspielungen im Grönemeyer-Lied „Der Weg“ erkennen<br />
und deuten.<br />
• Die Schülerinnen und Schüler können die Perspektive<br />
des Filmhandelnden (Herbert Grönemeyer) einnehmen<br />
und in Bezug setzen zu religiösen Motiven.<br />
• Die Schülerinnen und Schüler können Unterschiede<br />
und Gemeinsamkeiten einer (glücklichen) Vorstellung<br />
vom Jenseits bzw. Leben nach dem Tod im Grönemeyer-<br />
Song und in der Johannes-Offenbarung benennen und<br />
Stellung dazu nehmen, mit welcher sie sich (stärker)<br />
identifizieren können.<br />
Unterrichtspraxis<br />
Zum Einstieg in die Stunde wird den Schülerinnen und<br />
Schülern eine Traueranzeige (M 1) präsentiert, die Verse<br />
aus dem Grönemeyer-Song zitiert. Sie hebt sich sowohl<br />
grafisch als auch inhaltlich deutlich von den üblichen<br />
Traueranzeigen ab: Es fehlen genaue Angaben zum Geburts-<br />
und Sterbedatum der Person, zudem ist sie durch<br />
die Darstellung von Himmel und Sonne mit religiösen<br />
Bezügen versehen, die u.a. in der Erarbeitungsphase erneut<br />
thematisiert werden. Die Schülerinnen und Schüler<br />
sollen sprachlich erfassen, dass es sich zunächst um eine<br />
Beschreibung von gemeinsamen glücklichen Momenten<br />
bzw. positiven Erinnerungen handelt (Fluten des Raumes<br />
mit Sonne, verdrießliche Momente werden durch<br />
Anwesenheit des anderen zu glücklichen Augenblicken).<br />
Zum Ende des Auszuges erfolgt mit dem Hinweis, dass<br />
das „Leben […] nicht fair (ist)“ jedoch der Verweis auf ein<br />
Unglück. Anhand eines Zitates von Grönemeyer (M 2),<br />
in welchem er seine Intention für die Komposition des<br />
Stückes beschreibt, kann diese Ambivalenz von Trauer<br />
und Hoffnung sowie Dank und Verzweiflung, die in dem<br />
Song deutlich wird, erörtert werden.<br />
In der nachfolgenden Erarbeitungsphase wird der<br />
Video-Clip zu „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer zweimal<br />
präsentiert. Folgende Arbeitsaufträge (M 3) werden für<br />
die Filmanalyse erteilt: Beschreiben Sie den Song, a) indem<br />
Sie die Beziehung der beiden Figuren anhand ausgewählter<br />
Textpassagen charakterisieren sowie b) die filmische<br />
Umsetzung und die Sprache zueinander in Bezug setzen.<br />
Durch die binnendifferenzierte Aufgabenstellung werden<br />
sowohl analytische als auch einfühlende Kompetenzen der<br />
Schülerinnen und Schüler geschult. Die Ergebnissicherung<br />
soll die Beziehung zwischen der besungenen Person und<br />
ihrem (Ehe-)Partner präzisieren, die durch eine tiefe Liebe<br />
zueinander geprägt ist. Die Textzeile „wär’n füreinander<br />
4<br />
Vgl. Niedersächsisches Kerncurriculum für das Gymnasium, 18.<br />
<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> 1/<strong>2016</strong>