16.10.2019 Aufrufe

recke:in - Das Magazin der Graf Recke Stiftung Ausgabe 2/2018

Beständig im Wandel! In der dieser recke:in geht es um wichtige Entwicklungen in unserer Arbeit & deren Hintergründe, es kommen erfahrene Fachleute ebenso zu Wort wie eine junge FSJ'lerin, die einen Jungen mit Autismus an seiner Schule begleitet.

Beständig im Wandel!

In der dieser recke:in geht es um wichtige Entwicklungen in unserer Arbeit & deren Hintergründe, es kommen erfahrene Fachleute ebenso zu Wort wie eine junge FSJ'lerin, die einen Jungen mit Autismus an seiner Schule begleitet.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

8 Erziehung & Bildung<br />

Beständig im Wandel<br />

Von Roelf Bleeker<br />

In kaum e<strong>in</strong>em gesellschaftlich wichtigen Bereich än<strong>der</strong>n sich<br />

die politischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen so oft so radikal wie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bildungspolitik. Sie unterliegt weitgehend dem Gestaltungsraum <strong>der</strong><br />

Landesregierungen. Regierungswechsel sorgten immer wie<strong>der</strong> für<br />

abrupte Kehrtwenden, denen sich nicht nur die betroffenen K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

und Eltern immer neu anpassen müssen. Auch Erziehungs- und<br />

Bildungsträger stehen immer wie<strong>der</strong> vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Michael Mertens, Leiter <strong>der</strong> <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> Erziehung & Bildung,<br />

sieht die <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> <strong>Stiftung</strong> hierfür aber gut aufgestellt.<br />

Als die Leitung des Geschäftsbereiches Erziehung &<br />

Bildung die anstehende Schließung des Schulstandortes<br />

»Quellengrund« bei Wuppertal ankündigte,<br />

war das für e<strong>in</strong>ige e<strong>in</strong> Alarmsignal. Schließung von<br />

Standorten, das kl<strong>in</strong>gt nach Abbau von Angeboten und Verlust<br />

von Arbeitsplätzen. Diana Seng, Leiter<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule II mit e<strong>in</strong>er<br />

großen Schule <strong>in</strong> Düsseldorf-Wittlaer und kle<strong>in</strong>eren Standorten<br />

an mehreren Orten, unter an<strong>der</strong>em dem »Quellengrund«, macht<br />

jedoch deutlich: »<strong>Das</strong> Personal bleibt erhalten – wir werden<br />

ke<strong>in</strong>e Lehrerstellen verlieren!« Für die Schulk<strong>in</strong><strong>der</strong> werde es<br />

Schulen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe geben, übergangsweise kann auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>schule <strong>in</strong> Wittlaer beschult werden.<br />

Früher <strong>in</strong>novativ, heute umstritten<br />

Warum aber die Schließung? Der Quellengrund ist e<strong>in</strong>e Wohngruppe<br />

mit angeschlossener Schule für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />

mit e<strong>in</strong>er geistigen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung und herausfor<strong>der</strong>nden Verhaltensweisen<br />

<strong>in</strong> Wuppertal. »Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d 24 Stunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gebäude«, erläutert Schulleiter<strong>in</strong> Seng. »Konfliktpotenziale<br />

entwickeln dadurch e<strong>in</strong>e dramatische Alltagsrealität.« Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus hatte aber auch das Landesjugendamt angemahnt,<br />

dass das Konzept des <strong>in</strong>tegrierten Wohn- und Lernortes vor<br />

den Toren Wuppertals längst nicht mehr zeitgemäß sei. »Aus<br />

heutiger Sicht ist die absolute räumliche Isolation nicht mehr<br />

zu unterstützen«, drückt Diana Seng es bewusst drastisch aus.<br />

Wohnen und Lernen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebäude, an e<strong>in</strong>em geschützten<br />

Ort: Was früher e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>novativ war, ist heute umstritten.<br />

Teilhabe und Inklusion s<strong>in</strong>d auch aus Sicht <strong>der</strong> Kostenträger so<br />

nicht zu verwirklichen.<br />

»Im Quellengrund hat die UN-Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

gleich doppelt durchgeschlagen«, stellt Michael Mertens fest. Der<br />

Leiter des Geschäftsbereiches Erziehung & Bildung und Schulträgervertreter<br />

für die <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> <strong>Stiftung</strong> nennt die Meilen ste<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong> Entwicklungen, die heute unter dem Schlagwort »Inklusion«<br />

reichlich diskutiert werden: 2009 ratifizierte die Bundesregierung<br />

die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen (UN).<br />

Im Herbst 2013 beschloss die nordrhe<strong>in</strong>-westfälische Landesregierung<br />

das 9. Schulrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz, das zum Schuljahr<br />

2014/2015 <strong>in</strong> Kraft trat. »Dar<strong>in</strong> wurde erstmals <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

Inklusion genannt«, sagt Michael Mertens. In <strong>der</strong> Begründung des<br />

Entwurfs <strong>der</strong> damaligen rot-grünen Landesregierung heißt es:<br />

»Der Begriffswandel von <strong>der</strong> Integration zur Inklusion bedeutet,<br />

dass es nicht mehr darum gehen kann, Menschen zur Teilhabe an<br />

e<strong>in</strong>em Regelsystem zu befähigen, son<strong>der</strong>n dieses Regelsystem so<br />

e<strong>in</strong>zurichten, dass es gleichermaßen den Bedürfnissen aller Menschen<br />

mit allen ihren Unterschieden gerecht wird.« Für die Schule<br />

hieß das: »Nicht die Schüler<strong>in</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schüler muss sich an das<br />

Bildungsangebot <strong>der</strong> Schule anpassen, son<strong>der</strong>n umgekehrt das<br />

Angebot <strong>der</strong> Schule sich an den Bedürfnissen <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong> o<strong>der</strong><br />

des Schülers orientieren.«<br />

Doch nicht nur die Schule sah sich verän<strong>der</strong>ten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

ausgesetzt. Auch habe sich die Zuweisungspraxis des<br />

Landschaftsverbandes Rhe<strong>in</strong>land für die Wohngruppe Quellengrund<br />

verän<strong>der</strong>t. »Beim Landschaftsverband hat man schon 2008<br />

gute Erfahrungen damit gemacht, K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit geistigen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />

verstärkt <strong>in</strong> Familien unterzubr<strong>in</strong>gen«, erklärt Mertens.<br />

In <strong>der</strong> Wohngruppe führte das dazu, dass sich das Aufnahmekonzept<br />

schleichend verän<strong>der</strong>te: Immer weniger jüngere K<strong>in</strong><strong>der</strong> wurden<br />

angefragt, dafür erhöhte sich unter dem Nachfragedruck bei<br />

<strong>recke</strong>: <strong>in</strong> 2/<strong>2018</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!