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BGH stärkt Gläubigerrechte!<br />

Eigentumsvorbehaltslieferanten künftig<br />

im Insolvenzfall besser geschützt<br />

Foto: Shutterstock<br />

16. BvCM Bundeskongress 09. / 10. Oktober 2019 in München


Eigentumsvorbehaltslieferant in der Kundeninsolvenz<br />

‣ Kunde stellt Insolvenzantrag<br />

‣ Waren wurden unter Eigentumsvorbehalt mit allen Erweiterungsformen geliefert<br />

‣ Hausbank verfügt über Globalzession und Raumsicherungsvertrag<br />

‣ Warenlieferant widerruft Einzugsermächtigung gegenüber dem Kunden<br />

‣ der vorläufige (schwache) Insolvenzverwalter zieht dennoch alle Forderungen ein<br />

und verwertet den Lagerbestand<br />

Welche Rechte hat der Warenlieferant?


Eigentumsvorbehalt – Arten<br />

einfacher Eigentumsvorbehalt<br />

Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Verkäufers<br />

verlängerter Eigentumsvorbehalt<br />

Käufer darf Ware weiterverkaufen und tritt seine Forderungen gegen<br />

Endkunden an seinen Verkäufer zur Sicherheit ab<br />

erweiterter Eigentumsvorbehalt<br />

Käufer erwirbt erst dann Eigentum, wenn alle Rechnungen aus der<br />

Geschäftsbeziehung ausgeglichen sind


Verlängerter Eigentumsvorbehalt<br />

Gläubiger<br />

EIGENTUM<br />

Einbau /<br />

Weiterveräußerung<br />

Abtretung Forderung<br />

gegen Dritten<br />

Schuldner<br />

FORDERUNG<br />

GEGEN GELD DEN<br />

DRITTSCHULDNER


Erweiterter Eigentumsvorbehalt<br />

Gläubiger<br />

Schuldner<br />

EIGENTUM<br />

GELD


Eigentumsvorbehaltslieferant in der Kundeninsolvenz<br />

‣ Wirksame Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts prüfen<br />

❖ AGB wirksam einbezogen?<br />

❖ Was gilt bei Abwehrklausel in Einkaufs-AGB?<br />

❖ einfacher Eigentumsvorbehalt trotz Abwehrklausel (BGH VIII ZR 316/80)<br />

❖ verlängerter und erweiterter Eigentumsvorbehalt nicht bei Abwehrklausel<br />

❖ einfacher Eigentumsvorbehalt ausnahmsweise auch ohne AGB<br />

‣ Abtretungsverbot in den AGB des Drittschuldners<br />

❖ gemäß § 354 a HGB unwirksam


Eigentumsvorbehaltslieferant in der Kundeninsolvenz<br />

‣ Was gilt bei Konkurrenz mit Globalzession und Raumsicherungsvertrag?<br />

❖ Vertragsbruchentscheidung: verlängerter Eigentumsvorbehalt geht<br />

Globalzession vor<br />

(BGH, Urteil vom 8. Dezember 1998 – XI ZR 302/97)<br />

❖ einfacher Eigentumsvorbehalt geht Raumsicherung vor<br />

‣ Was gilt bei Factoringvertrag?<br />

❖ echtes Factoring hebelt verlängerten Eigentumsvorbehalt aus<br />

(BGH, Urteil vom 7. Juni 1978 – VIII ZR 80/77)


Der Ausgangsfall – BGH IX ZR 110/17 vom 24. Januar 2019<br />

‣ Getränkegroßhändler mit 64 Filialen gerät in Insolvenz<br />

‣ Verschiedene Lieferanten haben im Streckengeschäft unter Eigentumsvorbehalt<br />

mit allen Erweiterungsformen geliefert<br />

‣ Hausbank hatte Globalzession und Raumsicherungsvertrag<br />

‣ Der vorläufige (schwache) Insolvenzverwalter zieht alle Forderungen ein,<br />

verwertet den Lagerbestand und zeigt dann Masseunzulänglichkeit an !<br />

‣ Die Bank macht in eigenem Namen und aus abgetretenem Recht der<br />

Eigentumsvorbehaltslieferanten Ansprüche in Höhe von über 4 Millionen Euro<br />

gegen den Verwalter geltend<br />

Hat die Klage Erfolg?


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Der Ersatzab- und Ersatzaussonderungsanspruch nach § 48 InsO hat<br />

folgende Voraussetzungen:<br />

‣ Unberechtigte Veräußerung/Verfügung durch den Schuldner vor Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens<br />

oder<br />

‣ Unberechtigte Veräußerung/Verfügung durch den Insolvenzverwalter nach<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

‣ Gegenleistung muss noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse<br />

vorhanden sein<br />

oder<br />

‣ Gegenleistung muss noch ausstehen


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Der Bundesgerichtshof klärt im Rahmen dieser Grundsatzentscheidung eine<br />

Vielzahl offener Fragen zu Sicherungsrechten, zur Einziehungsbefugnis des<br />

vorläufigen Insolvenzverwalters und zu Aus- und Absonderungsrechten<br />

(§ 48 InsO)<br />

‣ Wann erlischt die Einziehungsbefugnis beim verlängerten Eigentumsvorbehalt?<br />

‣ Wann erlischt die Veräußerungs- bzw. Verwertungsbefugnis beim einfachen<br />

Eigentumsvorbehalt bzw. Sicherungseigentum?<br />

‣ Wann ist die Gegenleistung noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse<br />

vorhanden?<br />

‣ Wer trägt hierfür die Beweislast?


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Wann erlischt die Einziehungsbefugnis beim verlängerten<br />

Eigentumsvorbehalt = unberechtigte Veräußerung?<br />

‣ § 48 InsO ist auf Absonderungsrechte entsprechend<br />

anwendbar<br />

‣ Einziehung einer als Sicherheit abgetretenen Forderung<br />

stellt sich als Veräußerung i.S.d. § 48 InsO dar<br />

‣ Einziehungsbefugnis erlischt nicht mit vorläufiger<br />

Insolvenz, sondern erst mit Widerruf<br />

‣ Einzug im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr ab Anordnung der<br />

vorläufigen Insolvenz aber nur, wenn der Einzug auf ein offenes<br />

Treuhandkonto zugunsten des Sicherungsnehmers (Gläubiger) erfolgt


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Wann entsteht ein Ersatzabsonderungsrecht nach § 48 InsO?<br />

‣ Sobald der Verwalter nach Widerruf der Einzugsermächtigung Forderungen<br />

einzieht<br />

oder<br />

‣ Sobald der Verwalter Forderungen nicht auf ein separates Treuhandkonto<br />

einzieht<br />

Achtung!<br />

• wenn das Gericht nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO anordnet, dass nur der vorläufige<br />

(schwache) Verwalter zur Sicherheit abgetretene Forderungen einziehen darf,<br />

entsteht kein Ersatzabsonderungsrecht<br />

• in diesem Fall gelten die §§ 170,171 InsO<br />

• Verwalter erhält für Einzug Feststellungs- und Verwertungspauschale von 9 %


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Wann entsteht ein Ersatzaussonderungsrecht nach § 48 InsO?<br />

‣ Sobald die Befugnis zur Veräußerung oder Verarbeitung von<br />

Sicherungsgut widerrufen ist<br />

oder<br />

‣ Sobald der Verwalter die Erlöse aus der Verwertung von<br />

Sicherungsgut nicht auf ein separates Treuhandkonto<br />

einzahlt – kein ordnungsgemäßer Geschäftsgang!<br />

Achtung!<br />

• Wenn Vermieterpfandrecht besteht, kommt Raumsicherungsvertrag nicht<br />

zum Tragen ( BGH 12. Februar 1992 – XII ZR 7/91)<br />

• Mehrere Eigentumsvorbehaltslieferanten gleichartiger Ware erwerben nach<br />

§§ 948,947 BGB Miteigentum – Sicherungsrecht geht also in diesem Fall<br />

nicht unter!


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Wann entsteht ein Ersatzaussonderungsrecht nach § 48 InsO?<br />

Gegenleistung muss noch unterscheidbar in der Masse vorhanden sein<br />

‣ Nicht der Fall bei Bargeld, das in Kasse eingezahlt wurde<br />

‣ In diesem Fall auch kein Miteigentum der Sicherungsgläubiger<br />

‣ Bei Zahlungen auf Konten, nur wenn diese kreditorisch geführt wurden<br />

Achtung: Bodensatztheorie (BGH 11.3.99 - IX ZR 164/98)<br />

‣ Kein alternativer Anspruch nach § 55 Abs. 2 InsO,<br />

weil nicht durch starken Verwalter begründet


Grundsatzentscheidung vom 24. Januar 2019 – IX ZR 110/17<br />

Gegenleistung muss noch unterscheidbar in der Masse vorhanden sein –<br />

die Beweislast hierfür liegt beim Gläubiger<br />

Sekundäre Darlegungslast liegt beim Verwalter<br />

‣ Dieser muss vortragen, wie gezahlt wurde – bar oder Überweisung<br />

‣ wohin überwiesen wurde (auf welche Konten)<br />

‣ ob die Konten debitorisch oder kreditorisch geführt wurden<br />

‣ Kontostände bis zur Geltendmachung der Ersatzab- und<br />

Ersatzaussonderungsansprüche<br />

‣ Grenze: Zumutbarkeit<br />

‣ dann Einsichtsrecht des Gläubigers: § 167 Abs. 2 InsO


Praktische Tipps<br />

‣ Einzugsermächtigung und Weiterveräußerungsbefugnis schnellstens<br />

widerrufen<br />

‣ Widerruf gegenüber Insolvenzschuldnerin und<br />

Verwalter erklären<br />

‣ AGB-Regelung: Einzugsermächtigung erlischt,<br />

sobald Insolvenzantrag gestellt wird<br />

‣ gleichlautende Regelung für Veräußerungsund<br />

Verarbeitungsbefugnis<br />

‣ bei Masseunzulänglichkeit: persönliche Haftung<br />

des Verwalters (§§ 60, 61 InsO) prüfen


Für Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung!<br />

PASCHEN Rechtsanwälte PartGmbB<br />

Kaiserin-Augusta-Allee 113<br />

10553 Berlin<br />

www.paschen.cc<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

Michael <strong>Schmidt</strong><br />

Partner in Berlin<br />

Telefon: 030 / 34 67 56-0<br />

Telefax: 030 / 34 67 56-22<br />

E-Mail: m.schmidt@paschen.cc

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