Beelitzer Nachrichten - Dezember 2019
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DIE WEIHNACHTSGESCHICHTE
Seite 5
such kommen, so wie in jedem Jahr.
Während er von seiner Odyssee durch
die Spielwarenabteilung und dem wiedergefundenen
Zettel berichtete, räumte
seine Frau alles in die Schränke.
„Du könntest es ja noch im Internet
bestellen – das erspart Dir auch die
Peinlichkeit, nochmal nachzufragen“,
riet sie ihm.
„Meinst Du, ich finde das?“
„Klar, probiere es doch mal. Und wenn
Du Overnight-Express bestellst, dann
kommt es sogar noch pünktlich an.“
„Ower-was?“ – Herr Krautschik kratze
sich nachdenklich das stoppelige Kinn.
„Übernacht. Express-Lieferung“, erklärte
seine Frau und seufzte. „Also
schön, ich helfe Dir.“
Weil Frau Krautschik in ihrem Beruf
schon immer viel mit Computern zu tun
hatte, kannte sie sich natürlich auch
besser damit aus als ihr Mann, der mit
einer Mischung aus Erleichterung und
Dankbarkeit seufzte.
Es dauerte auch nicht lange, bis sie die
beiden Wunschartikel auf der Seite des
großen Online-Versandhandels gefunden
haben. Er wollte schon jubeln, als
sie seine Freude dämpfte:
„Sieh doch mal, beides gibt es nicht als
Expressversand. Das wäre erst zwei
Tage nach Weihnachten hier.“
Herr Krautschik kam ins Grübeln. Sollte
er morgen noch einmal in die Stadt
fahren? Schon die Vorstellung, sich
wieder erst mit dem Auto in den Stau
und dann sich selbst im Kaufhaus in die
Kassenschlange zu stellen, verursachte
ihm Magenschmerzen.
„Nun lass doch“, bemerkte seine Frau,
die sah, wie es in seinem Kopf arbeitete,
„dann schenken wir in diesem Jahr
einfach Geld und etwas Süßes. Darüber
freuen sich die Kinder mindestens genauso.“
„Aber wir haben immer etwas geschenkt
und sie haben sich immer so
sehr gefreut“, bemerkte Herr Krautschik.
Abends berichtete er seiner Tochter am
Telefon von dem Dilemma und auch sie
war der Ansicht: „Die Kinder bekommen
so viel zu Weihnachten, mache Dir
bloß keinen Stress. Mit etwas Geld
für’s Sparschwein können sie auch etwas
anfangen und freuen sich genauso.
Es zählt doch, dass wir alle zusammen
sind. Das ist viel mehr wert als Geschenke.“
Am nächsten Tag begann es zu schneien.
Während Herr Krautschik die Tiere
versorgte und draußen alles für die Feiertage
in Ordnung brachte, dachte er
über die Weihnachtsfeste früher nach,
als seine Kinder noch klein waren. Ja,
es war nicht viel anders als heute. Alle
kamen zusammen, man ging am Heiligen
Abend in die Kirche, danach gab es
Kartoffelsalat mit Würstchen und die
lang ersehnte Bescherung. Und wieder
dachte er bei sich: Mit unseren Ideen
haben wir immer richtig gelegen.
Und wie er nun in den Schuppen ging,
um die Schneeschaufel zu holen, die
schon seit mehreren Jahren nicht zum
Einsatz kam, weil die Winter mild waren
und es keinen Schnee gab, stieß er
auf etwas, das noch viel länger in der
hintersten Ecke herumstand und nicht
benutzt wurde: Die beiden Schlitten
von Clara und ihrer älteren Schwester,
die mittlerweile mit ihrem Mann in Österreich
lebte und deshalb nur selten zu
Besuch kam. Herr Krautschik erinnerte
sich daran, wie die beiden gestrahlt
hatten, als der Weihnachtsmann ihnen
die nagelneuen Holzschlitten überreichte.
Die beiden waren damals in dem
Alter, wie Kay und Gerda heute. Und
so kam ihm die Idee, die beiden eingestaubten
und angerosteten Gefährte
wieder flott zu machen.
Die nächsten Stunden verbrachte er in
seinem Hobbyraum. Er schliff das
Holz, trug frischen Lack auf und schliff
die Kufen wieder blank. Abends präsentierte
er die nun wieder neuwertigen
Schlitten seiner Frau.
„Na, da werden sich die beiden aber
riesig freuen“, würdigte sie die Arbeit.
„Und so wie es draußen aussieht, können
sie die auch gleich ausprobieren!“
Am nächsten Tag verlief alles erwartungsgemäß
turbulent: Clara und ihre
Familie kamen am Nachmittag zu
„Oma und Opa“ Krautschik, die Kinder
nahmen Haus und Hof sogleich in Beschlag,
tollten herum, und endlich
herrschte wieder „Leben in der Bude“,
wie Herr Krautschik fand.
„Sieh mal Papa, was ich noch bekommen
habe“, sagte Clara und präsentierte
ihrem Vater eine „Star Wars Stormtrooper
Action Figur“ und eine „Barbie
Fashionistas Malibu Puppe“.
„Wo hast Du das denn noch bekommen“,
fragte er staunend.
„Im Internet bestellt. Bei uns kam tatsächlich
noch alles pünktlich an. Und
hätte es nicht geklappt, dann hätten wir
es bis Ostern liegenlassen.“
„Danke, mein Schatz“, sagte Herr
Krautschik und gab ihr einen Kuss.
„Mama wird es noch einpacken und
unter den Baum legen.“
Nachdem das übliche Feiertagsprogramm
mit Kirche und Kartoffelsalat
abgespielt war, kehrte zunehmend vorfreudige
Unruhe ein. Die Kinder waren
noch einmal draußen vor der Tür gewesen
und durch den Schnee getollt, der
mittlerweile fast einen halben Meter
hoch lag. Herr Krautschik, der mit seinem
Schwiegersohn den Gehweg vor
dem Haus freiräumte, hatte sogar mitbekommen,
wie die beiden sagten:
„Hätten wir einen Schlitten, könnten
wir jetzt ordentlich rodeln.“
Als nun die Tür zur guten Stube aufgetan
wurde und der Startschuss für die
Bescherung fiel, stürmten Kay und Gerda
sofort zum geschmückten Weihnachtsbaum,
unter dem die Geschenke
bereit lagen. Als allererstes schnappten
sie sich die beiden großen Kartons, die
Oma Krautschik liebevoll eingepackt
hatte. Und unter großem Jubel förderten
sie die Schlitten zutage.
„Hurra, jetzt können wir die ganzen
Ferien über rodeln“, freute sich Kay.
„Ich werde aber schneller sein als Du!“,
setzte seine Schwester hinzu.
Und während die Erwachsenen Kleinigkeiten
austauschten, die „der Weihnachtsmann
für Dich abgegeben hat“,
bettelten die Kinder, noch einmal vor
die Tür zu dürfen.
„Aber zieht Euch bloß warm an“, riet
ihr Vater noch, bevor sie hinausstürmten.
„Sag mal Papa, solche Schlitten hattest
Du uns doch damals auch schon geschenkt,
oder?“, überlegte seine Tochter.
„Was soll ich sagen – es sind Eure
Schlitten, die bis heute noch bei uns im
Stall standen.“
„Sie sehen wieder aus wie neu! Eine
tolle Idee. Aber Du hattest ja schon
immer die besten Geschenke ausgesucht“,
sagte Clara und umarmte ihren
Vater.
„Und was machen wir jetzt mit der
„Star Wars Stormtrooper Action Figur“
und der „Barbie Fashionistas Malibu
Puppe“, die sich die beiden so sehr gewünscht
haben?“
„Ich glaube fast, die werden heute nicht
mehr ausgepackt. Dann kannst Du die
den beiden zu Ostern schenken. Obwohl
ich mir sicher bin, dass Dir bis
dahin noch etwas Besseres einfällt.“
Ende
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kinder,
die Redaktion der Beelitzer Nachrichten
wünscht Ihnen und Euch mit
dieser Geschichte gesegnete und besinnliche
Feiertage mit lieben Menschen
und schönen Momenten sowie
alles Gute für das kommende Jahr
2020. Vielen Dank, dass Sie und Ihr
unserem Stadtblatt so gewogen sind.
Auch den vielen ehrenamtlichen Autorinnen
und Autoren sagen wir Danke
und freuen uns auf die Zusammenarbeit
und elf inhaltsreiche Ausgaben im
nächsten Jahr.