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Inge Becher | Lautlose Stufen

Deutschland, 1939. Hella Arnold ist 10 Jahre alt, als sie eine rätselhafte Krankheit bekommt. Immer wieder muss sie für lange Zeit ins Krankenhaus, sie fehlt in der Schule und kann auch nicht, wie ihre Freundinnen, den Jungmädeln beitreten. Hella wird zur Außenseiterin, immer stärker wird ihre Lebenswelt eingeschränkt. Dabei möchte sie doch nur eines: dazugehören wie alle anderen. Mit 14 erfährt Hella von speziellen Kliniken, in denen schwerkranken Kindern wie ihr geholfen werden kann. Sie bittet den Chef­arzt des Krankenhauses um eine Überweisung dorthin. Als ihr Hausarzt und ihre Eltern davon hören, sind sie entsetzt: Denn aus diesen Kinderfachkliniken kam noch kein Kind lebendig zurück …

Deutschland, 1939. Hella Arnold ist 10 Jahre alt, als sie eine rätselhafte Krankheit bekommt. Immer wieder muss sie für lange Zeit ins Krankenhaus, sie fehlt in der Schule und kann auch nicht, wie ihre Freundinnen, den Jungmädeln beitreten. Hella wird zur Außenseiterin, immer stärker wird ihre Lebenswelt eingeschränkt. Dabei möchte sie doch nur eines: dazugehören wie alle anderen.
Mit 14 erfährt Hella von speziellen Kliniken, in denen schwerkranken Kindern wie ihr geholfen werden kann. Sie bittet den Chef­arzt des Krankenhauses um eine Überweisung dorthin. Als ihr Hausarzt und ihre Eltern davon hören, sind sie entsetzt: Denn aus diesen Kinderfachkliniken kam noch kein Kind lebendig zurück …

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sie es bei ihrer Mutter gesehen hat, wenn sie ihr Sonntagskleid<br />

trägt.<br />

»Die wohnen alle in Osnabrück.« Gerda weiß, wann<br />

eine Freundin ihre Unterstützung braucht.<br />

»Wer zuerst am Schultor ist!«, ruft sie und rennt los.<br />

In der Schule sitzt Hella neben Gerda. Während der Rechenstunde<br />

helfen sie sich gegenseitig. Lehrer Saller<br />

schreibt eine Aufgabe an die Tafel, und die Klasse hat<br />

zehn Minuten Zeit, um sie zu lösen. Währenddessen<br />

steht Lehrer Saller mit einem Blatt am Fenster und liest<br />

es halblaut vor. Er übt seine Rede, die er im Braunen Haus<br />

vor Parteigenossen halten will. In den oberen Klassen<br />

hält er schon mal eine Rede zur Probe in voller Lautstärke.<br />

Die Schüler müssen ihm dann sagen, wie er war.<br />

»Bravo, bravo!«, rufen sie dann immer, weil ihm das am<br />

meisten gefällt.<br />

Aber heute hat Lehrer Saller hinten Augen im Kopf. Er<br />

bemerkt, wie Gerda Hella ihr Heft rüberschiebt, damit sie<br />

abschreiben kann.<br />

»Arnold, Hartmann, auseinander«, donnert er. Hella<br />

beugt sich über die Rechenaufgabe:<br />

Ein Krüppel kostet den Staat 5,50 Reichsmark<br />

pro Tag, ein Lehrer bekommt 4 Reichsmark<br />

pro Tag. Rechne aus, wie viele Lehrer<br />

der Staat einstellen könnte, wenn es<br />

keine Krüppel gäbe.<br />

Hella kritzelt irgendwelche Zahlen aufs Papier und hofft,<br />

dass sie nicht an der Tafel vorrechnen muss. Rechnen<br />

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