Unser Papier 2019
Alles rund um Papier
Alles rund um Papier
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12., aktualisierte Auflage<br />
Eine Publikation von papierausösterreich<br />
unser papier<br />
Alles<br />
rund um<br />
<strong>Papier</strong><br />
unserpapier :: <strong>2019</strong>
So entsteht <strong>Papier</strong><br />
Vereinfachte Darstellung<br />
Durchforstungsholz<br />
Schleiferei<br />
Bütte<br />
Hackmaschine<br />
Hackgut aus<br />
Sägenebenprodukten<br />
Zellstoffwäsche<br />
Zellstoffballen<br />
Stofflöser<br />
Zellstoffkocher<br />
Feinsortierung<br />
Bütte<br />
Bleiche<br />
Altpapier<br />
Flüssigübernahme<br />
<strong>Papier</strong>maschine<br />
Vortrockenpartie<br />
Stoffaufbereitung<br />
Stoffauflauf<br />
Siebpartie<br />
Pressenpartie<br />
Leimpresse<br />
Prozessrechner<br />
Glättwerk<br />
Nachtrockenpartie Aufrollung<br />
Stoffzentrale<br />
Streichanlage<br />
Rollenverpackung<br />
Kalander<br />
Leimstoffe<br />
Füllstoffe<br />
Farbe und<br />
optische<br />
Aufheller<br />
Rollenschneidemaschine<br />
Verpackung<br />
Versand<br />
Quelle: Austropapier<br />
Formate
Intro :: 1<br />
<strong>Papier</strong> im täglichen Leben –<br />
jedes Blatt ist anders!<br />
Woher kommt<br />
der Name <strong>Papier</strong>?<br />
<strong>Papier</strong>produkte<br />
sind vielfältig<br />
<strong>Papier</strong><br />
hat viele Vorteile<br />
Die Bezeichnung <strong>Papier</strong> leitet sich von<br />
der Papyrusstaude cyperus papyrus ab.<br />
Wir unterscheiden vier Gruppen von<br />
<strong>Papier</strong>sorten:<br />
::: Grafische <strong>Papier</strong>e, Druckpapiere<br />
(Naturpapiere, gestrichene <strong>Papier</strong>e,<br />
Dünndruckpapiere)<br />
::: <strong>Papier</strong>, Karton und Pappe für<br />
Verpackungen<br />
::: Hygienepapier (Tissuepapier)<br />
::: Spezialpapiere und -pappen für<br />
technische Verwendungen<br />
(z. B. Isolierpapiere, Filterpapiere,<br />
Zigarettenpapiere)<br />
<strong>Papier</strong> ist der nachhaltige Ausgangsstoff<br />
für zahlreiche nützliche und schöne<br />
Produkte, ohne die wir unseren Alltag nur<br />
schwer bewerkstelligen könnten.<br />
Zeitungen, Magazine, Kataloge, Kalender,<br />
Hefte und Bücher begleiten uns durch den<br />
Tag, unterhalten uns oder vereinfachen<br />
unsere Arbeit. Kartons, Schachteln oder<br />
Tragetaschen verpacken unsere Produkte<br />
stabil, sicher und hygienisch. Taschentücher,<br />
Küchenrollen und Toilettenpapier<br />
sind unverzichtbare Hygieneprodukte.<br />
Aber <strong>Papier</strong> steckt auch in Produkten, in<br />
denen wir es nicht vermuten, z. B. in Innenverkleidungen<br />
von Autotüren, in Schuhsohlen,<br />
Lampenschirmen oder Filtern.<br />
Alle <strong>Papier</strong>produkte sind erneuerbar, ökologisch<br />
abbaubar und klimafreundlich,<br />
da sie CO 2 speichern. Auch wenn digitale<br />
Medien in gewissen Bereichen eine Alternative<br />
zu <strong>Papier</strong> darstellen: Die Haptik,<br />
also die Begreifbarkeit von <strong>Papier</strong>, ist und<br />
bleibt einzigartig und macht <strong>Papier</strong>produkte<br />
auch so beliebt.<br />
<strong>Papier</strong> funktioniert ohne Strom. Es ist<br />
leicht, gut zu bedrucken und zu verarbeiten<br />
und besteht zudem aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen. Es lässt sich sehr gut<br />
recyceln und kann nach mehrfacher Wiederverwertung<br />
am Ende noch immer zu<br />
Energie umgewandelt werden. Aufgrund<br />
der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten<br />
bei den Rohstoffen, der Fertigung<br />
und der Verarbeitung, gibt es rund 3.000<br />
verschiedene Sorten von <strong>Papier</strong>!<br />
Experimentiere<br />
mit verschiedenen<br />
<strong>Papier</strong>sorten<br />
Überlege:<br />
::: Welche <strong>Papier</strong>produkte<br />
kennst du?<br />
::: Wozu werden sie verwendet?<br />
::: Welche unterschiedlichen<br />
Eigenschaften haben sie?
Inhalt<br />
unserpapier :: <strong>2019</strong>
Inhalt :: 3<br />
4<br />
Nachhaltigkeit<br />
Rohstoffe<br />
20<br />
32<br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
5 :: <strong>Unser</strong> Ziel<br />
Nachhaltig produzieren im<br />
Sinne der Bioökonomie<br />
8 :: Umwelt<br />
Nachhaltige Forstwirtschaft,<br />
Recycling, Energie,<br />
Wasser, Reststoffe<br />
16 :: Menschen<br />
Arbeitssicherheit & Gesundheit,<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
19 :: Wirtschaft<br />
Wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />
21 :: Holz<br />
Holzfaserstoff, Holzstoff<br />
24 :: Zellstoffe<br />
Sulfitzellstoff, Sulfatzellstoff<br />
28 :: Altpapier<br />
31 :: Füll- und Hilfsstoffe<br />
33 :: <strong>Papier</strong>produktion<br />
40 :: Veredelung<br />
41 :: Ausrüstung & Automation<br />
42 :: <strong>Papier</strong>eigenschaften<br />
43 :: Verpackung & Transport<br />
44<br />
48<br />
Geschichte<br />
Informationen<br />
44 :: <strong>Papier</strong>macherhandwerk<br />
46 :: Industrielle Erzeugung<br />
50 :: <strong>Papier</strong> macht Schule<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Austropapier – Vereinigung der Österreichischen <strong>Papier</strong>industrie, Gumpendorfer Straße 6, 1060 Wien, Tel.: +43/1/588 86-0,<br />
www.austropapier.at Geschäftsführung: Dipl.-Ing. Gabriele Herzog Redaktion, Texte und Fotos: Julia Löwenstein, Nina Kainz und das Team<br />
der Austropapier Sondernummer: <strong>Unser</strong> <strong>Papier</strong> – Informationsbroschüre mit Wissenswertem rund um die <strong>Papier</strong>produktion<br />
Auflagen: Bisherige Auflagen: 1. (1959), 2. (1974), 3. (1984), 4. (1987), 5. (1992), 6. (1996), 7. (1999), 8. (2004), 9. (2009), 10. (2014), 11. (2015)<br />
P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1060 Wien Grafik: meierc grafik design, Obersdorf, www.meierc.at<br />
Druckerei: PRINT ALLIANCE, Bad Vöslau, www.printalliance.at <strong>Papier</strong>: Mit freundlicher Unterstützung von Lenzing <strong>Papier</strong> beigestellt<br />
Die im Heft angeführten männlichen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Nachhaltigkeit
<strong>Unser</strong> Ziel :: 5<br />
Nachhaltig produzieren im<br />
Sinne der Bioökonomie<br />
Angesichts der gesellschaftlichen und ökologischen<br />
Herausforderungen, wie zunehmender<br />
Globalisierung und Klimawandel,<br />
muss sich auch die Wirtschaft in ihrer<br />
Arbeitsweise umstellen. Das Hauptziel<br />
lautet Bioökonomie, eine Wirtschaftsform,<br />
die auf nachwachsenden Rohstoffen und<br />
Energieträgern basiert. Fossile Rohstoffe<br />
werden durch erneuerbare Ressourcen ersetzt,<br />
um die Nachhaltigkeit der Produkte<br />
und Prozesse zu verbessern. Oft wird vom<br />
Ziel des grünen Wachstums gesprochen.<br />
In einer funktionierenden Bioökonomie<br />
werden nur Rohstoffe aus nachhaltiger<br />
Produktion eingesetzt. Nachhaltig bedeutet,<br />
dass nicht mehr Rohstoff geerntet<br />
werden darf, als nachwächst. Umwelt/<br />
Menschen/Wirtschaft stehen im Einklang.<br />
Natürliche Rohstoffe wie Biomasse unterliegen<br />
naturbedingt einer begrenzten Verfügbarkeit.<br />
Umso wichtiger ist es, diese so<br />
effizient wie möglich zu nutzen und möglichst<br />
viele Produkte daraus herzustellen.<br />
Die Bioökonomie orientiert sich deshalb<br />
am Kreislaufprinzip der Natur und sieht<br />
den Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft<br />
als wesentliches Leitbild an. Im Sinne von<br />
Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit<br />
zielt sie auf die stufenweise (kaskadische)<br />
Verwertung und Mehrfachnutzung von<br />
Ressourcen ab, um möglichst viele wertvolle<br />
Produkte aus dem Rohstoff zu gewinnen<br />
–„to produce more with less“. Dieses<br />
Prinzip erhöht nicht nur die Versorgungssicherheit,<br />
sondern auch die Wirtschaftlichkeit<br />
der Bioökonomie. Das ist wichtig,<br />
da nur eine wirtschaftlich erfolgreiche<br />
Bioökonomie nachhaltig funktionieren<br />
und damit auch langfristig die Versorgung<br />
mit Produkten sowie die Sicherung von<br />
Arbeitsplätzen gewährleisten kann. Das<br />
Ziel ist deshalb, die höchstmögliche Wertschöpfung<br />
für Produzenten und Gesellschaft<br />
aus den zur Verfügung stehenden<br />
Rohstoffen zu gewinnen. Daraus ergeben<br />
sich auch die drei Säulen der Nachhaltigkeit:<br />
Umwelt, Menschen und Wirtschaft.<br />
Eine Faser –<br />
viele mögliche Produkte<br />
Zellstofffabriken arbeiten bereits heute als<br />
hocheffiziente Bioraffinerien und gelten<br />
damit bereits als Leitbranche der Bioökonomie.<br />
Wichtigster Rohstoff ist dabei<br />
Holz. Dieses stammt zum größten Teil von<br />
regionalen Waldbesitzern, die für die Wertschöpfung<br />
im ländlichen Raum wichtig<br />
sind. Die Zellstofffabriken spalten das<br />
Holz in seine unterschiedlichen Bestandteile<br />
auf und verfügen damit über eine<br />
Schlüsselkompetenz für die künftige Bioökonomie.<br />
Die aus der Zellulose erzeugten<br />
<strong>Papier</strong>- und Zellstoffprodukte können nach<br />
deren Gebrauch recycelt werden. Die Recyclingraten<br />
in Österreich sind bei Altpapier<br />
schon seit langem überdurchschnittlich.<br />
::: <strong>Papier</strong>fabrik Mondi Frantschach<br />
Die Wiederverwertung der von der Bevölkerung<br />
und Betrieben gesammelten<br />
Fasern findet dann in den <strong>Papier</strong>fabriken<br />
statt, die den Stoff auflösen, Störstoffe<br />
und zu kurze Fasern ausscheiden und<br />
die verbleibenden 80 Prozent zu neuem<br />
<strong>Papier</strong> verarbeiten. Die ausgeschiedenen<br />
Stoffe werden verbrannt und in Energie<br />
umgewandelt.<br />
Insbesondere steckt in jenen Holzkomponenten,<br />
deren Heizwert vergleichsweise<br />
gering ist, noch viel Potential zur Erzeugung<br />
hochwertiger Produkte. Schon heute<br />
reicht das Sortiment von der Herstellung<br />
von Textilfasern bis hin zu wichtigen Ausgangsmaterialien<br />
für die chemische und<br />
die Nahrungsmittelindustrie. So kommen<br />
etwa der Kaugummizucker Xylit, Vanillin<br />
als Vanilleschotenersatz im Vanillezucker<br />
oder Essigsäure für Essiggurkerl aus der<br />
<strong>Papier</strong>industrie. Mittlerweile ersetzen<br />
diese Holzbestandteile auch eine Reihe<br />
fossiler Ausgangsprodukte in der che- :::>
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
mischen Industrie und finden sich in Klebern, Lacken aber auch<br />
Baustoffen wie Beton. Tallpech kann zum Beispiel auf Baustellen<br />
als Bitumenersatz genutzt werden. Und in der Produktforschung<br />
rücken mit dem Fortschreiten der Bioökonomie noch ganz andere<br />
neuartige Produkte in den Fokus, wie Formteile aus Biopolymeren,<br />
Bauelemente aus faserverstärktem Kunststoff oder flüssige Spaltprodukte<br />
der Zellstofflauge. Diese mehrstufige, auch „kaskadisch“<br />
genannte, Nutzung macht somit aus Fasern eine vielfältige Wertschöpfungskette<br />
mit hohem Potential.<br />
Strom, Wärme und Schutz vor Black-Outs<br />
Außer den bereits angesprochenen Nebenprodukten stellt die<br />
<strong>Papier</strong>industrie auch Energie aus ihren Kraftwerken bereit. Denn<br />
jene Reststoffe, deren stoffliche Verwertung derzeit technisch<br />
noch nicht möglich ist, dienen noch als wertvolle biogene<br />
Energieträger. Das sind zum Beispiel Rinden, Schlämme aus<br />
der Abwasserreinigung oder Biolauge, die beim Zellstoffaufschluss<br />
anfällt. Damit erzeugt die <strong>Papier</strong>industrie Ökostrom<br />
und Fernwärme für ihre eigene Produktion und liefert zusätzlich<br />
Ökoenergie ins öffentliche Netz. Damit ist sie seit langem<br />
Vorzeigebranche: Sie erzeugt mehr als 1800 GWh Ökostrom pro<br />
Jahr, wovon sie den größten Teil selbst nutzt. Generell zeichnet<br />
sich die <strong>Papier</strong>industrie durch einen hohen Grad an Eigenversorgung<br />
aus. Insgesamt erzeugt sie mehr Energie als sie verbraucht<br />
und die eingesetzten Brennstoffe sind zu rund 60 % biogen.<br />
Sie liefert aber auch Wärme und Strom an externe Nutzer. Die<br />
Menge entspricht dabei der kompletten Energieversorgung<br />
von mehr als 100.000 Haushalten (Strom und Wärme). Einige<br />
Industriebetriebe der <strong>Papier</strong>branche tragen außerdem mit der<br />
Zurverfügungstellung von Ausgleichsenergie zur Stabilisierung<br />
des Stromnetzes bei. Bei Schwankungen, die durch<br />
plötzliche Änderungen beim Einspeisen<br />
oder Verbrauch<br />
von Strom entstehen,<br />
wird Regelenergie zum<br />
Ausgleich benötigt.<br />
Hör dir unser Lied<br />
"So geht Bioökonomie"<br />
an!<br />
Diese Produkte macht die <strong>Papier</strong>industrie aus 100 kg Holz<br />
::: In der <strong>Papier</strong>industrie entstehen aus Holz eine Vielzahl nützlicher Produkte. <strong>Papier</strong>produkte können mehrmals wiederverwertet werden, danach dienen die<br />
Fasern als erneuerbarer Energieträger und können einen 4-Personen-Haushalt noch zusätzlich 2,3 Wochen lang komplett mit Strom und Wärme versorgen.<br />
100 kg Holz<br />
Magazine /<br />
Zeitschriften<br />
100 Stk.<br />
Lebensmittelverpackungen<br />
100 Stk.<br />
Versandkartons<br />
30 Stk.<br />
Bücher<br />
10 Stk.<br />
Sport-T-Shirts<br />
4 Stk.<br />
Essig<br />
für 10 Gläser<br />
Essiggurkerl<br />
Briefe<br />
150 Stk.<br />
Obststeigen<br />
12 Stk.<br />
Milchpackungen /<br />
Getränkekartons<br />
360 Stk.<br />
Energieversorgung<br />
2,3 Wochen<br />
Tageszeitungen<br />
(Jahresabo)<br />
300 Stk.<br />
Vanillegeschmack<br />
für 5 kg Kipferl<br />
Schulhefte und<br />
Notizblöcke<br />
50 Stk.<br />
Küchenrollen<br />
100 Stk.<br />
Ausgangspunkt: 100 kg Holz, EU- Wiederverwertungsrate: 3,6 Mal, 4-Personen-Haushalt, Eigenenergiebedarf zur Herstellung von <strong>Papier</strong> und Zellstoff bereits berücksichtigt
Zertifikate :: 7<br />
Zertifikate<br />
Anhand unterschiedlicher Zertifizierungen und Labels<br />
erkennst du, dass die verwendeten <strong>Papier</strong>produkte hohen<br />
Standards entsprechen. Einen Überblick über die wichtigsten<br />
Zertifizierungen und Umweltzeichen findest Du hier:<br />
EU Ecolabel<br />
Nordic Swan<br />
Das Europäische Umweltzeichen (kurz Euroblume bzw.<br />
EU Ecolabel) zeichnet Konsumgüter mit besonders hoher<br />
Umweltverträglichkeit und vergleichsweise geringer<br />
Gesundheitsbelastung aus.<br />
Das nordische Umweltzeichen, auch Nordischer<br />
Schwan genannt, ist das offizielle Umweltzeichen der<br />
nordischen Länder.<br />
Österreichisches<br />
Umweltzeichen<br />
Blauer Engel<br />
Das Österreichische Umweltzeichen kennzeichnet umweltfreundliche<br />
Produkte und Dienstleistungen.<br />
Das deutsche Umweltzeichen steht für besonders umweltschonende<br />
Produkte und Dienstleistungen.<br />
FSC<br />
(Forest Stewardship Council)<br />
PEFC<br />
(Programme for the Endorsement<br />
of Forest Certification)<br />
Das FSC-Siegel kennzeichnet Holz aus nachhaltiger<br />
Wald- und Forstwirtschaft und findet sich auf Holz- und<br />
<strong>Papier</strong>produkten.<br />
Das Gütesiegel für Holz- und <strong>Papier</strong>produkte aus nachhaltiger<br />
Waldbewirtschaftung.<br />
Ziel des Waldzertifizierungssystems ist die Sicherstellung<br />
und kontinuierliche Verbesserung einer nachhaltigen<br />
Waldbewirtschaftung unter Gewährleistung<br />
ökologischer, sozialer und ökonomischer Standards.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Umwelt<br />
Nachhaltigkeit beginnt im Wald.<br />
Nachhaltige Forstwirtschaft<br />
Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist mittlerweile zum Grundsatz sämtlicher<br />
Beziehungen zwischen Mensch und Natur und zur unentbehrlichen Grundlage<br />
nationaler und internationaler Umweltpläne geworden. Ursprünglich<br />
stammt der Begriff Nachhaltigkeit jedoch aus der Forstwirtschaft und bezog<br />
sich anfänglich ausschließlich auf die Sicherung der Holzversorgung. Es<br />
darf dem Wald nie mehr Holz entnommen werden, als zuwächst. Der Wald<br />
hat aber neben der Funktion als Nutzwald auch andere Funktionen zu erfüllen,<br />
wie etwa die Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung. Um diese<br />
in Einklang zu bringen, gibt es in Österreich sehr strenge forstrechtliche<br />
Bestimmungen für die nachhaltige Waldnutzung.<br />
Holz ist eine erneuerbare Ressource, die bei entsprechender Pflege des<br />
Waldes immer wieder nachwächst. Für die <strong>Papier</strong>- und Zellstofffabriken ist<br />
Holz der wichtigste Rohstoff. Damit auch in Zukunft genug Rohstoff verfügbar<br />
ist, sind gesunde Wälder eine Grundvoraussetzung. Für die <strong>Papier</strong>produktion<br />
wird nur Holz verwendet, das während der Waldpflege als Durchforstungsholz<br />
anfällt oder Schadholz, das dem Wald entnommen werden<br />
muss. Auch Sägenebenprodukte, die in der Sägeindustrie beim Zuschnitt<br />
von Rundholz zu Brettern, Latten etc. anfallen, finden Verwendung in der<br />
<strong>Papier</strong>industrie.<br />
In Österreich<br />
wächst jedes Jahr<br />
mehr Holz nach,<br />
als geerntet wird.<br />
Der Wald in Österreich<br />
Mit rund 0,5 Hektar Wald pro Einwohner gehört Österreich zu den waldreichsten Ländern<br />
Mitteleuropas. Und der Wald wächst, seit 1950 hat sich der Waldanteil ständig erhöht. Die<br />
meisten Wälder in Österreich sind das Ergebnis jahrhundertelanger nachhaltiger Bewirtschaftung.<br />
Untersuchungen zeigen, dass diese Wälder zu den naturnähesten und ökologisch<br />
günstigsten Vegetationsformen unserer heutigen Kulturlandschaft zählen. Bestimmte<br />
Pflanzen und Tierarten sind von speziellen Bewirtschaftungsformen abhängig, sodass<br />
der Forstwirtschaft wichtige Naturschutzaufgaben zukommen. Die Pflege von jungen Bäumen<br />
sowie periodische Durchforstungen, sind Voraussetzung für stabile Waldbestände.<br />
::: Der Vorrat an Holz in Österreichs Wäldern hat sich in<br />
den vergangenen 60 Jahren verdoppelt.
Umwelt :: 9<br />
Wald und Klimawandel<br />
Auch die heimischen Wälder spüren<br />
den Klimawandel. Trockenheit, Dürreperioden<br />
und Extremwetterereignisse,<br />
::: Insgesamt werden in Europa fast 60 Millionen Tonnen <strong>Papier</strong> recycelt.<br />
wie z.B. Stürme setzen den Bäumen<br />
stark zu. Vor allem Nadelbäume unter<br />
Forstzertifizierung<br />
Die nachhaltige Waldwirtschaft hat in<br />
Österreich und in ganz Europa eine lange<br />
Tradition. Mit der Forstzertifizierung<br />
wird die Nachhaltigkeit der Waldnutzung<br />
von unabhängigen Organisationen<br />
anhand bestimmter Kriterien geprüft<br />
und bestätigt.<br />
Seinen Ausgangspunkt hat das Thema<br />
Forstzertifizierung in der Nutzung der<br />
Tropenwälder. Seit der Umweltkonferenz<br />
von Rio de Janeiro 1992 wurde der Raubbau<br />
weltweit in den Medien thematisiert.<br />
Mit der Forderung nach einer Zertifizierung<br />
sollte die Misswirtschaft zum<br />
Schutz bedrohter Wälder eingedämmt<br />
werden. Das weltweit größte Waldzertifizierungssystem<br />
ist PEFC, gefolgt von FSC.<br />
Chain of Custody<br />
Der Nachweis dem Kunden gegenüber,<br />
dass das in den Produkten enthaltene<br />
Holz bzw. dessen Fasern, aus nachhaltiger<br />
Nutzung stammt, kann durch Dokumentation<br />
der sogenannten Chain of Custody<br />
(CoC) geführt werden. Dieser freiwillige<br />
Nachweismechanismus stellt eine zusätzliche<br />
Ergänzung zu internationalen<br />
und staatlichen Bemühungen dar, durch<br />
verschärfte Gesetze gegen Waldzerstörung<br />
und illegale Holznutzung vorzugehen.<br />
Auch die Chain of Custody wird<br />
durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle<br />
überprüft.<br />
Darüber hinaus regelt die Europäische<br />
Holzhandelsverordnung (EUTR), dass<br />
ausschließlich legal geerntetes und<br />
gehandeltes Holz auf den europäischen<br />
Markt gelangen darf. Dies betrifft<br />
auch weiterverarbeitete Produkte. Die<br />
Legalität wird durch eine lückenlose<br />
Nachweisführung und entsprechende<br />
Kontrollen der zuständigen nationalen<br />
Behörden überwacht.<br />
Recycling<br />
Die Österreichische <strong>Papier</strong>industrie ist ein<br />
Spitzenreiter in puncto <strong>Papier</strong>recycling.<br />
Drei Viertel der produzierten <strong>Papier</strong>-,<br />
400 Meter Seehöhe leiden an Trockenstress<br />
und Schädlingen wie dem<br />
Borkenkäfer. Dadurch fällt vermehrt<br />
Schadholz an, das möglichst schnell<br />
aus dem Wald gebracht werden muss.<br />
Die <strong>Papier</strong>industrie unterstützt die<br />
Waldbesitzer, indem sie zusätzliche<br />
Holzlager errichtet um möglichst viel<br />
Holz abnehmen zu können.<br />
Pappe- und Kartonprodukte werden recycelt;<br />
bei Verpackungen aus <strong>Papier</strong> – die<br />
einem eigenen Sammelsystem unterliegen<br />
– sind es sogar über 80 Prozent. In<br />
der Europäischen Union liegt die Recyclingrate<br />
bei etwa 73 Prozent. Sekundärfasern<br />
aus Altpapier sind mittlerweile ein<br />
unverzichtbarer Rohstoff für die Produktion<br />
von innovativen <strong>Papier</strong>produkten.<br />
Der Altpapiereinsatz liegt in Österreich<br />
bei etwa 50 Prozent des jährlichen Rohstoffbedarfs<br />
und ist somit neben Holz die<br />
wichtigste Rohstoffquelle für die <strong>Papier</strong>industrie.<br />
Tatsächlich hat das Material <strong>Papier</strong><br />
die höchste Wiederverwertungsquote<br />
aller Sekundärrohstoffe, wie beispielsweise<br />
Glas, Plastik oder Metall.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Energie<br />
Für die <strong>Papier</strong>- und Zellstoffproduktion wird viel Energie benötigt. Diese wird aber<br />
zum Großteil mit Produktionsreststoffen in eigenen Anlagen am Standort erzeugt.<br />
Zusätzlich versorgen <strong>Papier</strong>fabriken auch Haushalte und Gemeindegebäude<br />
mit überschüssigem Ökostrom und Fernwärme.<br />
60%<br />
Energie<br />
Die Zellstoff- und <strong>Papier</strong>erzeugung zählt zu den energieintensiven<br />
und gleichzeitig energieeffizienten Industriebranchen.<br />
Mehr als die Hälfte der eingesetzten Brennstoffe sind erneuerbare<br />
Reststoffe, in erster Linie Biolauge, Rinde und Klärschlamm.<br />
Damit erzeugt die <strong>Papier</strong>industrie neben Ökostrom auch Fernwärme.<br />
Als fossiler Brennstoff wird hauptsächlich Erdgas verwendet.<br />
Zusätzliche Reststoffe zum Beispiel aus der Altpapierauflösung<br />
oder Restfraktionen von Altpapier, die stofflich nicht<br />
mehr verwertbar sind, dienen ebenfalls noch als Energieträger.<br />
Mittlerweile wird an den Standorten der <strong>Papier</strong>industrie mehr<br />
Energie erzeugt als verbraucht. Durch ständige Verbesserung<br />
der Energieeffizienz können immer mehr Produkte mit immer<br />
weniger Energieaufwand produziert werden.<br />
der in den <strong>Papier</strong>fabriken<br />
eingesetzen<br />
Brennstoffe sind<br />
biogen.<br />
Typische große Energieanlagen sind in der <strong>Papier</strong>industrie<br />
Laugenverbrennungskessel, Wirbelschichtkessel und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen.<br />
Laugenverbrennungskessel<br />
::: Im Laugenkessel wird durch die Verbrennung der Lauge erneuerbare<br />
Energie erzeugt und gleichzeitig Chemikalien zurückgewonnen.<br />
Laugenverbrennungskessel findet man sowohl in Sulfat- als<br />
auch in Sulfitzellstofffabriken. Die Lauge fällt beim Aufspalten<br />
des Holzes in Zellulose, Lignin und Hemizellulose an und ist ein<br />
wichtiger Biobrennstoff für die <strong>Papier</strong>industrie. Dabei verbrennen<br />
die in der Lauge enthaltenen biogenen Bestandteile aus<br />
dem Holz und können eine ganze Zellstofffabrik mit Energie versorgen.<br />
Gleichzeitig werden die beim Holzaufschluss eingesetzten<br />
Chemikalien (besonders Schwefel) in einem aufwändigen<br />
Verfahren zurückgewonnen.<br />
Wirbelschichtkessel<br />
Die Wirbelschichtfeuerung eignet sich besonders gut für die thermische<br />
Verwertung vieler im Betrieb oder außerhalb anfallender
Umwelt :: 11<br />
Reststoffe. Hier können zum Beispiel Klärschlämme aus der<br />
Abwasseraufbereitung oder Rinde zur Energiegewinnung<br />
verwertet werden.<br />
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)<br />
Trotz steigender Eigenerzeugung in hocheffizienten Kraft-Wärme-<br />
Kopplungsanlagen muss an einigen Standorten Strom vom Netz<br />
zugekauft werden. Die KWK-Anlagen der <strong>Papier</strong>industrie tragen<br />
gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme<br />
erheblich zur Reduktion der Energieträger, des Stromimports und<br />
damit der Kohlendioxidemissionen bei.<br />
Für die Erzeugung von elektrischem Strom wird in der <strong>Papier</strong>industrie<br />
neben einem kleinen Teil an Wasserkraft fast ausnahmslos<br />
die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung angewendet. Das<br />
Verfahren ist mit niedrigen Emissionen verbunden und liefert<br />
gleichzeitig Strom und Wärme: Die <strong>Papier</strong>industrie benötigt Prozesswärme<br />
für die Zellstoffkochung und <strong>Papier</strong>trocknung, aber<br />
auch Strom für den Antrieb der verschiedenen Produktions- und<br />
Umweltschutzanlagen. Deshalb verfügt jede Fabrik über eine<br />
eigene Energiezentrale, in der die Möglichkeiten der Kraft-Wärme-<br />
Kopplung voll genutzt werden. Hier kommt sowohl die klassische<br />
Form der Kraft-Wärme-Kopplung (Hochdruckdampfkessel-Gegendruckturbine),<br />
als auch die Kombianlage (Gasturbine-Abhitzekessel-Gegendruckdampfturbine)<br />
zum Einsatz. Die Kraft-Wärme-<br />
Kopplung erlaubt wesentlich höhere Energieausbeuten, als dies<br />
in den üblichen Kondensationskraftwerken möglich ist. Energie<br />
stellt in der <strong>Papier</strong>industrie – nach Rohstoffen und Personal – den<br />
höchsten Kostenfaktor dar.<br />
Reststoffe<br />
Produktionsreststoffe, wie etwa Rinde, Klärschlämme aus<br />
der Abwasserbehandlung und Sortierrückstände, sind für<br />
die <strong>Papier</strong>industrie wertvolle Biobrennstoffe. Gleichzeitig<br />
ist die energetische Verwertung der festen Reststoffe auch<br />
ein wichtiger Teil des Umweltschutzes. Die verbleibenden<br />
Aschen und Schlacken sind größtenteils stofflich verwertbar,<br />
zum Beispiel in der Ziegel- und Zementindustrie.<br />
Prinzipiell wird in der Kreislaufwirtschaft verstärktes<br />
Augenmerk darauf gelegt, Nebenstoffströme bestmöglich<br />
zu verwerten.<br />
CO2-Emissionen<br />
der europäischen <strong>Papier</strong>industrie<br />
[in Mio. t]<br />
60<br />
50<br />
Transport<br />
normal zu erwartende<br />
Rückgänge<br />
(Business as usual)<br />
40 %<br />
weniger CO2-Emissionen<br />
je Tonne <strong>Papier</strong><br />
seit 1990.<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
direkte Emissionen<br />
indirekte Emissionen<br />
1990 2000 2010 2020 2030 2040<br />
(heute)<br />
2050<br />
Einsparungspotenzial<br />
unvermeidlich<br />
bleibende Emissionen<br />
Substitution<br />
(von Gütern aus anderen<br />
Branchen durch biobasierte<br />
Nebenprodukte der<br />
<strong>Papier</strong>industrie)<br />
BAT-Technologie<br />
Brennstoffwechsel<br />
Infrarottrocknung<br />
neue Technologiekonzepte<br />
::: Mit konventionellen Methoden<br />
können bis 2050 höchstens minus<br />
50 Prozent erreicht werden. Für darüber<br />
hinausgehende CO 2-Einsparungen sind<br />
neue Technologiekonzepte notwendig,<br />
sogenannte Breakthrough Technologies.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Emissionen<br />
Bei allen Verbrennungsprozessen entstehen<br />
– abhängig vom eingesetzten<br />
Brennstoff – Schwefeldioxid, Stickoxide,<br />
Kohlendioxid und Staub. Durch geeignete<br />
Verbrennungstechnologien (Wirbelschichtkessel)<br />
oder geeignete Brenner (NOx-arme<br />
Brenner) und effiziente Brennstoffe (Erdgas)<br />
sowie Rauchgasentschwefelungsanlagen<br />
und Elektrofilter wird die Abgabe der<br />
genannten Stoffe an die Umgebung auf<br />
ein Minimum reduziert. In der Umgebung<br />
der Standorte von Zellstofffabriken besteht<br />
heute im Normalbetrieb kaum Geruchsbelastung.<br />
Selbst geringste Emissionen an<br />
Schwefelverbindungen aus der Zellstofferzeugung<br />
werden durch Einbindung in<br />
die Verbrennungsanlagen entsorgt und<br />
unschädlich gemacht. So konnten die Luftemissionen<br />
erheblich reduziert werden.<br />
CO 2 -Handel<br />
Die <strong>Papier</strong>industrie unterliegt dem<br />
europäischen Emissionshandel für Treibhausgasemissionen.<br />
Dadurch sind die<br />
Unternehmen verpflichtet ihre CO2-<br />
Emissionen kontinuierlich zu reduzieren.<br />
Durch ihren überdurchschnittlich hohen<br />
Anteil an erneuerbaren CO2-neutralen<br />
Energieträgern, den breiten Einsatz von<br />
Kraft – Wärme – Kopplungsanlagen sowie<br />
die hohe Energieeffizienz der Prozesse<br />
und Technologien ist die österreichische<br />
<strong>Papier</strong>industrie hier auf einem sehr guten<br />
Weg. Darüber hinaus tragen die Unterstützung<br />
nachhaltiger Waldbewirtschaftung,<br />
der Einsatz nachwachsender und<br />
erneuerbarer Rohstoffe und die mehrmalige<br />
Wiederverwertung des Altpapiers zur<br />
CO2-Speicherung bei.<br />
Energiedienstleistungen und<br />
Energielieferungen<br />
Wie bereits beschrieben, ist der Kreislaufgedanke<br />
in der <strong>Papier</strong>industrie stark verankert.<br />
So wird etwa die erzeugte Energie<br />
bei Überschüssen anderen zur Verfügung<br />
gestellt. Bei Wärme gibt es noch einiges<br />
Potential im Niedertemperaturbereich.<br />
<strong>Papier</strong>fabriken sind oft auch Wärmelieferanten<br />
für die nähere Umgebung. Weitere<br />
Erschließungen von Abwärmepotentialen<br />
in der Industrie scheiterten aber öfters<br />
an bürokratischen und wirtschaftlichen<br />
Hürden, was in Zukunft ein Umdenken<br />
-43 %<br />
CO 2 Emissionen muss<br />
die europäische Industrie<br />
bis 2030 gegenüber<br />
2005 einsparen.<br />
in der Politik erforderlich macht. Die<br />
<strong>Papier</strong>industrie stellt aber auch Strom zur<br />
Verfügung. Jährlich profitieren umgerechnet<br />
mehr als 100.000 Haushalte von<br />
ausgekoppeltem Strom.<br />
Zur Stabilisierung der Stromnetze kann<br />
die <strong>Papier</strong>industrie ebenso einen Beitrag<br />
leisten. Um Blackouts zu vermeiden, müssen<br />
sich das Stromaufkommen und der<br />
Verbrauch in einem Netz immer die Waage<br />
halten. Viele große <strong>Papier</strong>unternehmen<br />
können ihr Energieverhalten je nach<br />
Bedarf anpassen und damit die Netze<br />
entlasten. So erbringen sie eine wichtige<br />
Energiedienstleistung. Eine Teilnahme<br />
am Markt für solche Energiedienstleister<br />
sollte auch für andere Unternehmen –<br />
nicht nur für die bekannten Energieversorger<br />
– leicht möglich sein.
Umwelt :: 13<br />
Wasser<br />
::: Mehrstufige Abwasserreinigungsanlagen<br />
garantieren eine hohe Gewässergüte.<br />
© BMNT<br />
Wasser ist das wichtigste Hilfsmittel für<br />
die <strong>Papier</strong>erzeugung. Es wird aus Flüssen<br />
oder Brunnen am Standort entnommen.<br />
An das Fabrikationswasser wird eine Reihe<br />
von Anforderungen gestellt, wie zum<br />
Beispiel bestimmte Temperatur, Reinheitsgrad,<br />
Härte oder pH-Wert. Entspricht<br />
die Qualität nicht den Anforderungen, ist<br />
eine Wasseraufbereitung erforderlich.<br />
In der <strong>Papier</strong>industrie sind folgende<br />
Begriffe für Fabrikationswasser gebräuchlich:<br />
Als Frischwasser wird Wasser<br />
bezeichnet, das noch in keiner Weise für<br />
den Produktionsprozess genutzt wurde.<br />
Als Rückwasser bezeichnet man Wasser,<br />
das im Produktionsprozess bereits eingesetzt<br />
wurde und im Kreislauf wieder<br />
zurückgeführt wird. Nach Einsatz im<br />
Produktionsprozess werden die Abwassermengen<br />
mehrstufig gereinigt und<br />
wieder in die Vorfluter, das sind Bäche<br />
und Flüsse, zurückgeleitet. Die europäische<br />
Wasserrahmenrichtlinie stellt hohe<br />
Anforderungen an die Gewässerreinhaltung<br />
durch die Betriebe. Dadurch wird<br />
die Faserrückgewinnung nicht mehr nur<br />
unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />
gesehen, sondern hauptsächlich auch aus<br />
ökologischen Gründen forciert.<br />
Kreislaufschließung<br />
Das erste Mittel, Fasern und Hilfsstoffe<br />
daran zu hindern, ins Abwasser zu gelangen,<br />
ist eine hohe so genannte „Retention“<br />
am Sieb, wo das Blatt gebildet<br />
wird. Ein weiterer Schritt zur Senkung der<br />
Abwasserbelastung liegt in der Kreislaufschließung.<br />
Im Prozess eingesetztes<br />
Wasser wird also nicht aus der Fabrik<br />
geleitet, sondern nach einer Aufbereitung<br />
wiederverwendet. Die Einengung und<br />
Schließung der Kreisläufe stößt jedoch<br />
durch die Anforderungen an das Produkt<br />
und prozesstechnische Gründe an ihre<br />
Grenzen. Daher muss eine gewisse Menge<br />
des Kreislaufwassers durch Frischwasser<br />
ersetzt werden.<br />
Schema Wasserkreislauf einer <strong>Papier</strong>fabrik<br />
::: Das Wasser wird zum größten Teil in Kreisläufen geführt.<br />
Quelle: Initiative Umwelt und <strong>Papier</strong> Neusiedler GA<br />
Frischwasser<br />
Faserstoffe,<br />
Hilfsstoffe<br />
Verdunstung, Verbleib im Produkt<br />
Wiederverwendung<br />
Stofffänger<br />
geklärtes Abwasser<br />
Tertiärkreislauf<br />
Stoffaufbereitung<br />
Abwasserreinigung<br />
<strong>Papier</strong>maschine<br />
Primärkreislauf<br />
Sekundärkreislauf<br />
Reststoffe
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Abwasserreinigung<br />
1 Mrd.<br />
EURO<br />
investierte die<br />
<strong>Papier</strong>indusdrie in den<br />
letzten Jahrzehnten in<br />
Umweltschutzmaßnahmen.<br />
Mechanische Reinigung<br />
Die bei der Zellstoff- und <strong>Papier</strong>herstellung anfallenden Abwässer<br />
werden vor der Einleitung in Fließgewässer mechanisch und biologisch<br />
gereinigt. Falls notwendig, wird in manchen Fällen sogar<br />
noch eine chemische Reinigungsstufe nachgeschaltet. Die mechanische<br />
Vorreinigung der Abwässer erfolgt in Kläranlagen mittels<br />
Sedimentations- oder Flotationsanlagen, bei denen üblicherweise<br />
Flockungsmittel zur Verbesserung des Wirkungsgrades eingesetzt<br />
werden. Bei dieser Reinigungsstufe wird ein Schlamm ausgeschieden,<br />
der aus kurzen Fasern und Füllstoffen besteht. Dieser Schlamm<br />
kann bei der Herstellung brauner und grauer <strong>Papier</strong>produkte in die<br />
Produktion zurückgenommen werden. Eine andere Möglichkeit<br />
besteht darin, ihn mittels Siebbandpressen, Schneckenpressen oder<br />
Zentrifugen zu entwässern und in Wirbelschichtkesseln zu verbrennen.<br />
Er wird auch in Zementwerken und Ziegeleien verwertet. An<br />
neuen Verwertungsmöglichkeiten wird geforscht.
Umwelt :: 15<br />
Biologische Reinigung<br />
Die anschließende biologische Reinigung<br />
der Abwässer erfolgt anaerob und/oder<br />
aerob in ein- oder mehrstufigen Anlagen.<br />
Bei anaeroben Anlagen wird höher<br />
konzentriertes Abwasser unter Sauerstoffausschluss<br />
gereinigt. Das dabei gebildete<br />
Methangas wird danach verbrannt. Bei<br />
aeroben Anlagen wird das Abwasser unter<br />
Luft- bzw. Sauerstoffzufuhr und Zugabe<br />
von Nährstoffen durch Bakterien gereinigt.<br />
Das Ergebnis der biologischen Reinigung<br />
ist die Verringerung der organischen<br />
Belastung. Bei der biologischen Reinigung<br />
der Abwässer fällt Überschussschlamm<br />
– auch Klärschlamm genannt – an, der<br />
wiederum verbrannt, kompostiert oder<br />
landwirtschaftlich verwertet wird.<br />
Die Abwasserklärung erfolgt teils in eigenen<br />
Kläranlagen, teils in Verbands- oder<br />
kommunalen Kläranlagen. Die Qualität<br />
des Ablaufes von biologischen Kläranlagen<br />
wird hauptsächlich mit den Parametern<br />
Feststoffe, biochemischer Sauerstoffbedarf<br />
(BSB), chemischer Sauerstoffbedarf<br />
(CSB) und dem Gehalt an adsorbierbaren<br />
organischen Halogenverbindungen (AOX)<br />
bewertet. Die in Österreich verlangten<br />
Anforderungen an Abwässer zählen zu<br />
den anspruchsvollsten in der Welt. Die<br />
europäische Wasserrahmenrichtlinie gibt<br />
als Mindeststandard die Erreichung des<br />
guten Zustands für alle österreichischen<br />
Fließgewässer vor. Als Feststoffe werden<br />
ungelöste Substanzen wie Faserbruchstücke<br />
und Füllstoffteilchen bezeichnet, die<br />
im Abwasser enthalten sein können und<br />
durch die mechanische und biologische<br />
Klärung zum Großteil entfernt werden.<br />
Der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB)<br />
sagt aus, wie viel gelösten Sauerstoff<br />
die Mikroorganismen dem Wasser beim<br />
Abbau der im Abwasser enthaltenen organischen<br />
Substanzen entziehen. Er sollte<br />
möglichst gering sein. Durch biologische<br />
Kläranlagen wird der BSB um über 95 Prozent<br />
verringert.<br />
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule<br />
::: Bevor das Wasser zurück in die<br />
Vorfluter geleitet wird, wird es mehrstufig gereinigt.<br />
Während sich BSB-Angaben auf den Abbau organischer Stoffe durch Mikroorganismen<br />
beziehen, gibt der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) Auskunft über die Sauerstoffmenge,<br />
die benötigt wird, um auch die biologisch schwer oder nicht abbaubaren Stoffe durch<br />
Oxidation zu entfernen. Der Wirkungsgrad biologischer Kläranlagen liegt für diesen Parameter<br />
in günstigen Fällen bei 60 bis 70 Prozent, in Sonderfällen bei bis zu 90 Prozent,<br />
sodass zwar die Belastung der Vorfluter zahlenmäßig höher ist, aber die unmittelbare<br />
Sauerstoffzehrung aus dem Flusswasser und damit eine Veränderung der Mikroflora<br />
und -fauna des Fließgewässers ausbleibt. Als Maß für schwer abbaubare, organische<br />
Halogenverbindungen dient der AOX- Wert. Er wird beim Einsatz der Elementarchlorfreien<br />
- Zellstoffbleiche (ECF-Verfahren) und durch Nassfestmittel bei der <strong>Papier</strong>produktion<br />
hervorgerufen. Moderne Bleichverfahren reduzieren die Chlorverbindungen auf ein<br />
Mindestmaß, sodass heute die Emissionen aus diesem Bereich sehr niedrig sind.<br />
Schema Reinigung mit Verbandskläranlage<br />
INDUSTRIE<br />
Interner<br />
Wasserkreislauf<br />
Biologische Reinigung<br />
Sauerstoff<br />
Belebungsbecken<br />
Nachklärbecken<br />
Vorfluter/Flüsse/Seen<br />
Vorbehandlung<br />
Absetzbecken<br />
Rücklaufschlamm<br />
Überschuss<br />
schlamm<br />
GEMEINDE<br />
Rechen/Sandfang/Öl-Fettfang<br />
Schlammbehandlung<br />
Faulturm<br />
Stabilisierter<br />
Schlamm<br />
Landwirtschaft<br />
Deponie<br />
Verbrennung
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Menschen<br />
Arbeitssicherheit<br />
In der <strong>Papier</strong>industrie wird Arbeitssicherheit<br />
besonders hohe Bedeutung<br />
beigemessen. Das Unfallgeschehen wird<br />
in der österreichischen <strong>Papier</strong>industrie<br />
seit 1986 statistisch erfasst, seitdem<br />
sind die meldepflichtigen Betriebsunfälle<br />
stark gesunken. Im Rahmen eines<br />
eigenen Managementsystems können<br />
sich Unternehmen freiwillig bezüglich<br />
ihrer Arbeitssicherheit auditieren lassen.<br />
Bewusstseinsbildung und Motivation<br />
der Mitarbeiter stehen im Vordergrund.<br />
Arbeitssicherheit ist in den Fabriken<br />
inzwischen integrierter Bestandteil der<br />
Unternehmenskultur. Die technischen<br />
Systeme sind durch Verbesserungen<br />
schon sehr ausgereift. Nur durch weitere<br />
Schulungen und Bewusstseinsbildung<br />
kann menschliches Versagen verhindert<br />
werden. Auch von den Lieferanten und<br />
Fremdarbeitern wird die Einhaltung<br />
grundlegender Mindeststandards verlangt.<br />
Und auch außerhalb des Werkes<br />
gehören eine sichere Verladung und der<br />
Transport zu den Kunden mit dazu. Mittels<br />
eines Leitfadens werden Verladern<br />
und LKW- Fahrern gute Hinweise zur richtigen<br />
Ladegutsicherung gegeben. Durch<br />
diese Maßnahmen gelingt es einzelnen<br />
Unternehmen über Jahre hinweg unfallfrei<br />
zu bleiben.<br />
Schutz und Förderung der Gesundheit<br />
Zur Gesundheit gehören neben körperlichem, sozialem und psychischem Wohlbefinden<br />
auch Leistungsfähigkeit, Selbstverwirklichung und Sinnfindung. Mittels gezielter<br />
Gesundheitsförderung soll Krankheiten am Arbeitsplatz, einschließlich der arbeitsbedingten<br />
Erkrankungen, Arbeitsunfällen, Berufserkrankungen und Stress, nachhaltig<br />
vorgebeugt werden. Gesundheitspotenziale sollen gestärkt und das Wohlbefinden am<br />
Arbeitsplatz verbessert werden. Diese Ziele sollen durch Erfahrungsaustausch, gemeinsame<br />
Aktionen und Projekte sowie durch Benchmarking erreicht werden. Das Gesundheitsbewusstsein<br />
der Mitarbeiter muss durch Überzeugungsarbeit gestärkt werden.<br />
Gesundheitsberichte in den Betrieben geben einen Überblick über die Tätigkeit und die<br />
zukünftige Planung. Nicht nur Betriebsärzte und Arbeitsmediziner, auch die Geschäftsleitungen,<br />
die Personalleiter, Betriebsräte und Gewerkschaften<br />
sind in diesen Prozess eingebunden und ziehen gemeinsam<br />
an einem Strang. Leitfäden zu gesundheitsrelevanten<br />
Themen sollen betroffenen Mitarbeitern<br />
helfen, optimal mit diesen Belastungen umzugehen.<br />
0<br />
Unfälle<br />
lautet das Ziel der<br />
Branche, nach dem<br />
Motto "Jeder Unfall<br />
ist vermeidbar"<br />
::: Arbeitssicherheit und Gesundheitsförderung<br />
haben in der <strong>Papier</strong>industrie einen hohen<br />
Stellenwert.
Menschen :: 17<br />
Lehre<br />
Karriere mit <strong>Papier</strong><br />
Die <strong>Papier</strong>industrie bietet eine Vielzahl an Karrierechancen - vorallem für Lehrlinge!<br />
Neben <strong>Papier</strong>technikern und kaufmännischen Berufen werden noch viele weitere Berufe in<br />
den Betrieben der <strong>Papier</strong>industrie ausgebildet. Die Entlohnung der Mitarbeiter nimmt dabei<br />
im Branchenvergleich einen Spitzenplatz ein.<br />
<strong>Papier</strong>techniker<br />
Die Bedienung und Überwachung von <strong>Papier</strong>maschinen ist das Hauptaufgabengebiet<br />
eines <strong>Papier</strong>technikers. Diese Tätigkeit ist mit einer hohen Verantwortung verbunden,<br />
da moderne <strong>Papier</strong>maschinen einen Wert von mehreren hundert Millionen Euro repräsentieren<br />
und hinsichtlich Größe, Produktionskapazität und vor allem aber ihrer technischen<br />
Komplexität ungeheure Dimensionen erreicht haben. Um derartig komplexe<br />
Systeme bedienen zu können, bedarf es hochqualifizierter Mitarbeiter. Daher gestaltet<br />
sich die 3,5 Jahre dauernde Ausbildung zum <strong>Papier</strong>techniker sehr anspruchsvoll, breit<br />
gefächert und interessant. Abgerundet wird die Berufsausbildung in der <strong>Papier</strong>fabrik<br />
durch zusätzliche theoretische und praktische Inhalte in der Berufsschule. Durch seine<br />
Anforderungen zählt der Beruf zu den bestbezahlten in der gesamten Industrie.<br />
Chemielabortechniker<br />
Eine der Hauptaufgaben von Chemielabortechnikern ist die Qualitätskontrolle und<br />
-sicherung. Andere Arbeitsbereiche beschäftigen sich mit der Arbeitssicherheit und dem<br />
Umweltschutz. Sie führen Untersuchungen und Versuche u.a. an Rohmaterialien, Zwischen-<br />
und Fertigprodukten sowie Abfällen durch und beschäftigen sich mit der Beschaffenheit,<br />
der Bildung und Zerlegung, der Reinheit und der Verwendbarkeit von Stoffen. In<br />
Forschungslaboratorien entwickeln, verbessern und erproben sie neue Verfahren. Zusätzlich<br />
entwickeln sie Untersuchungs- und Analysemethoden, die sie laufend verbessern. Die<br />
Mitarbeiter standardisieren und analysieren Proben und bestimmen Inhaltsstoffe. Nicht<br />
zuletzt führen sie Materialkontrollen durch und arbeiten daran, diese zu verbessern.<br />
::: <strong>Papier</strong>techniker<br />
Elektrobetriebstechniker mit Schwerpunkt Prozessleittechnik<br />
Elektrotechniker montieren, installieren, warten, erweitern und reparieren die elektrischen<br />
Anlagen, Maschinen und Geräte eines Betriebes. Sie sind für elektrische und<br />
elektronische Arbeiten an Betriebsanlagen zuständig. Das betrifft Generatoren, Verteileranlagen,<br />
elektrische Antriebe, Notruf- und Sprechfunkanlagen sowie Haushaltsund<br />
Großküchengeräte. Eine Voraussetzung für die Arbeit an so unterschiedlichen<br />
technischen Anlagen ist deshalb die Fähigkeit, Schalt- und Stromlaufpläne und andere<br />
technische Entwürfe zu lesen, verstehen und auch erstellen zu können. Wichtige Aufgabenbereiche<br />
der Elektrobetriebstechniker sind auch das Instandsetzen, Prüfen und<br />
Tauschen von Bauteilen oder Baugruppen der Pneumatik (durch Druckluft gesteuerte<br />
Prozesse), Elektromechanik und Elektronik im Zuge von Reparaturarbeiten.<br />
::: Chemielabortechnikerin
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
Metalltechniker<br />
Metalltechniker sind mit der Herstellung von Maschinenteilen sowie mit dem Zusammenbau,<br />
der Aufstellung, der Inbetriebnahme, der Wartung und der Reparatur<br />
von Maschinen und Anlagen befasst. Weitere Arbeiten sind das Bearbeiten von unterschiedlichen<br />
Materialien, der Einsatz von Schmiermitteln und der Korrosionsschutz (das<br />
Verhindern von Rost). Sie stellen auch Ersatzteile und Maschinenbauelemente her und<br />
bauen diese ein. Dafür beherrschen Metalltechniker verschiedene Materialbearbeitungstechniken<br />
(Löten, Bohren, Schmieden, Sägen, etc.). Oftmals programmieren und bedienen<br />
sie auch rechnergestützte CNC-Werkzeugmaschinen (computer numeric control). Sie<br />
beurteilen die Arbeitsergebnisse und sorgen für die Einhaltung der Qualitätsstandards.<br />
Energie- und Umwelttechniker<br />
::: Metalltechniker<br />
Energie- und Umwelttechniker sind in vielen Bereichen der <strong>Papier</strong>- und Zellstoffindustrie<br />
tätig. Lehrlinge machen dabei schon Bekanntschaft mit allen Abteilungen und<br />
den damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Ein Energie- und Umwelttechnik-Lehrling<br />
lernt das Lesen und Anfertigen einfacher Skizzen und Zeichnungen, das selbstständige<br />
Planen und das Vorbereiten von Proben sowie das Durchführen von Analysen.<br />
Ein weiterer Arbeitsbereich ist das Instandsetzen und Warten von Maschinen<br />
und Anlagen im Bereich der Abwasserbehandlung. Ein Energie- und Umwelttechniker<br />
erkennt und klassifiziert Abwässer und wählt die richtige Behandlungsmethode dafür<br />
aus. Lehrlinge erlernen das sichere und fachgerechte Betreiben von Geräten, Maschinen<br />
und Anlagen und erhalten die Befähigung zur Ausübung der facheinschlägigen<br />
Tätigkeit als Klärwärter. Die ausgelernten Lehrlinge sind Profis in Sachen Recyclingund<br />
Entsorgungstechnik.<br />
::: Energie- und Umwelttechniker<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
Die hohen Anforderungen ebenso wie der rasante<br />
technologische Fortschritt erfordern die Bereitschaft der<br />
Mitarbeiter zur ständigen Weiterbildung. Diese Aufgabe<br />
erfüllt für die Branche zum größten Teil das Ausbildungszentrum<br />
der Österreichischen <strong>Papier</strong>industrie<br />
(ABZ) in Steyrermühl. Dort gibt es für die Mitarbeiter der<br />
<strong>Papier</strong>branche neben einer Ausbildung zum Werkmeister<br />
ein reichhaltiges Angebot von Kursen und Semina-<br />
ren. Nach Absolvierung der Matura besteht die Möglichkeit,<br />
das Studium der <strong>Papier</strong>- und Zellstofftechnik an<br />
der Technischen Universität Graz zu beginnen. Diese<br />
Ausbildung steht aber auch besonders ambitionierten<br />
Mitarbeitern nach Abschluss der Lehre und Ablegung<br />
der Berufsreifeprüfung offen.<br />
Informationen dazu findest du unter:<br />
www.papiermacherschule.at
Wirtschaft :: 19<br />
::: Österreich ist aufgrund der Holzund<br />
Wasserverfügbarkeit ein guter<br />
Standort für die <strong>Papier</strong>industrie.<br />
Wirtschaft<br />
Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />
Österreich ist durch seinen Holz- und Wasserreichtum ein<br />
guter Standort für die <strong>Papier</strong>produktion. Rund 1,5 Prozent der<br />
Weltpapierproduktion entfallen auf die österreichische<br />
<strong>Papier</strong>industrie. Mit einer Exportquote von fast 90 Prozent<br />
steht die <strong>Papier</strong>industrie stark im internationalen Wettbewerb.<br />
Dies resultiert in Spitzenpositionen, die die heimische <strong>Papier</strong>industrie<br />
international einnimmt. In den letzten zehn bis zwanzig<br />
Jahren lässt sich innerhalb der <strong>Papier</strong>industrie weltweit ein<br />
Trend zur Internationalisierung feststellen, dem sich auch<br />
Österreich durch ausländische Beteiligungen im Inland<br />
aber auch durch österreichische Beteiligungen im Ausland,<br />
nicht verschließen kann. Die Beweggründe dafür sind zweifellos<br />
die Verstärkung der Marktposition im Bereich des jeweiligen<br />
Produktionssegments, die Ausnutzung von Synergieeffekten<br />
und der Austausch von Know-how. Alle diese Maßnahmen<br />
haben dazu geführt, dass sich die heimische <strong>Papier</strong>industrie<br />
am Weltmarkt auch gegenüber harter Konkurrenz behauptet.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
Rohstoffe
Holz :: 21<br />
Holz<br />
Die Wertschöpfungskette Holz<br />
Die Zellstoff- und <strong>Papier</strong>produktion ist<br />
ein integrierter Bestandteil der gesamten<br />
Wertschöpfungskette Holz. Durch die<br />
Klima- und Energieziele spielt Holz als<br />
erneuerbarer Energieträger eine immer<br />
größere Rolle. Die optimale Nutzung des<br />
wertvollen Rohstoffs Holz ist deshalb<br />
umso wichtiger. In der <strong>Papier</strong>industrie<br />
wird Holz aufgespalten und die Fasern zu<br />
Produkten wie <strong>Papier</strong> und Zellstoff weiterverarbeitet.<br />
Die anderen Holzbestandteile<br />
können mittlerweile zu Nebenprodukten<br />
verarbeitet werden und finden sich in<br />
Form des Zuckerersatzstoffes Xylit in<br />
Zahnpasten und Kaugummis oder als Bioessig<br />
in Essiggurkerl wieder. Auch einige<br />
fossile Ausgangsstoffe der chemischen<br />
Industrie können durch Nebenprodukte<br />
der Zellstoffproduktion ersetzt werden.<br />
All diese Möglichkeiten sind Ergebnisse<br />
von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
in Richtung Bioraffinerie. Schlussendlich<br />
dienen alle übrigen – nicht anders<br />
verwertbaren – Reststoffe noch immer<br />
als erneuerbare Energieträger, sodass die<br />
<strong>Papier</strong>industrie mittlerweile Strom und<br />
Wärme für über 100.000 Haushalte ins<br />
öffentliche Netz liefert.<br />
Zuwachszonen, den Jahresringen,<br />
konzentrisch aufbaut. Die Cambiumschicht<br />
umschließt als dünner Mantel<br />
den Holzkörper. Das Dickenwachstum des<br />
Stammes geht vom Cambium aus, in dem<br />
es nach innen immer neues Holz bildet<br />
und nach außen den Bast. So entstehen<br />
im Stammquerschnitt die Jahresringe.<br />
Den Abschluss des Stammes nach außen<br />
bildet die Rinde oder Borke aus toten Korkzellen<br />
und abgestorbenem Bast. Vom Bast<br />
aus laufen zahlreiche Markstrahlen in den<br />
Holzkörper. Sie dienen dem Wassertransport<br />
sowie der Leitung und Speicherung<br />
organischer und anorganischer Stoffe.<br />
Sogenannte „Langfasern“ – mit 1,1 bis 6,0<br />
mm – werden aus Nadelholz wie Fichte,<br />
Tanne und Kiefer und Kurzfasern – mit<br />
0,4 bis 2,0 mm – aus Laubholz wie Buche,<br />
Birke, Eukalyptus und Pappel gewonnen.<br />
Chemische Zusammensetzung<br />
Die chemischen Hauptbestandteile des<br />
Holzes sind Zellulose, Hemicellulosen<br />
sowie Lignin. Nebenbestandteile sind die<br />
Extraktionsstoffe Harze, Wachse, Fette und<br />
Gerbstoffe sowie anorganische Bestandteile,<br />
die sich in der Asche wiederfinden.<br />
Zellulose besteht aus Glucosemolekülen.<br />
Sie wird von den Pflanzen mittels Fotosynthese<br />
aus Kohlendioxid und Wasser<br />
unter Freisetzung von Sauerstoff gebildet.<br />
Die Hemicellulosen sind eine chemisch<br />
sehr uneinheitliche Mischung von Polysacchariden.<br />
Lignin dient als Kittsubstanz<br />
im Verbundwerkstoff Holz und besteht aus<br />
phenolischen, aromatischen, substituierten<br />
Ringen. Beim Holzaufschluss und der<br />
anschließenden Bleiche wird das hochpolymere<br />
Lignin abgebaut und löslich gemacht.<br />
Holzanlieferung<br />
Rundholz wird überwiegend in Rinde<br />
und in Längen von zwei bis sechs Metern<br />
an die Fabriken geliefert. Es handelt sich<br />
dabei um Durchforstungsholz aus der<br />
Waldpflege. Für die Holzschliffproduktion<br />
wird das Langholz gekürzt und auf Stapeln<br />
zwischengelagert. Gegen Schädlingsbefall<br />
und Feuchteverlust werden die Holzlager<br />
mit Wasser besprüht. Anschließend wird<br />
das Holz entrindet.<br />
:::><br />
Holzfaserstoffe<br />
Cambium Spätholz Frühholz Mark<br />
Zur <strong>Papier</strong>herstellung werden verschiedene<br />
Holzfasern eingesetzt. Je nach Holzart<br />
haben sie bestimmte Eigenschaftsmerkmale<br />
und werden unterschiedlich weiterverarbeitet.<br />
Im Zentrum eines Baumstammes<br />
befindet sich das Mark, das vom<br />
eigentlichen Holzkörper umschlossen<br />
wird, welcher sich aus periodischen<br />
Außen<br />
rinde<br />
Bast<br />
Markstrahlen<br />
Harzgang<br />
Das Keilstück aus<br />
einem Stamm<br />
veranschaulicht<br />
Holzaufbau und<br />
-wachstum.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
Für die Refinerverfahren werden die Holzprügel in Hackmaschinen<br />
zu Hackschnitzeln aufgearbeitet, sortiert und in Silos oder<br />
Freilagern zwischengelagert. Auch zur Produktion von Zellstoffen<br />
muss die Rinden- und Bastschicht des Holzes entfernt werden.<br />
Neben Rundholz wird Hackgut, das als Nebenprodukt in der Sägeindustrie<br />
anfällt, eingesetzt. Das Hackgut wird ca. 6 bis 8 Wochen<br />
in großen Haufen (Piles) gelagert, um eine Oxidation des Harzes<br />
durch mikrobiellen Abbau unter dem Einfluss des Luftsauerstoffes<br />
und einen Feuchtigkeitsausgleich zu erreichen. Dadurch<br />
werden spätere Schwierigkeiten im Produktionsprozess vermieden<br />
und die Gleichmäßigkeit der Qualität verbessert. Staub, Stifte<br />
und grobe Holzstücke werden aus den Hackschnitzeln aussortiert,<br />
danach werden sie in die Kocher befördert.<br />
::: Hackschnitzel werden in Piles unter freiem Himmel gelagert.<br />
Holzschliff<br />
Das entrindete Holz kommt zuerst in den Schleifer. Menge<br />
und Güte des Holzstoffes hängen von vielen Faktoren, wie zum<br />
Beispiel der Holzqualität, den Schleifbedingungen oder der<br />
Holzfeuchtigkeit ab.<br />
Holzstoff<br />
Aufarbeitung des Stoffes<br />
Heutzutage bilden Hackschnitzel<br />
das Basismaterial<br />
für die Refinerholzstoff-Herstellung.<br />
Diese<br />
werden in Scheibenrefinern<br />
zwischen Mahlplatten<br />
zerfasert. Diese<br />
Faserprodukte werden<br />
dann zum Beispiel für<br />
Zeitungsdruckpapiere,<br />
Druckpapiere, Packpapiere,<br />
Karton, Pappen<br />
oder Hygienepapiere<br />
eingesetzt.<br />
Der im Schleifertrog anfallende Stoff enthält grobe Splitteranteile<br />
(„Sauerkraut“) und feinere Splitter in Form von noch nicht<br />
genügend aufgeschlossenen Holzsplittern und Faserbündeln. Die<br />
groben Anteile werden nach einer weiteren Zerkleinerung und<br />
Mahlung wieder dem Sortiersystem zugeführt. Die Fasern gelangen<br />
dann in die Feinsortierung. Die feineren Fasern werden in<br />
einem mehrstufigen Drucksortiersystem (Loch/Schlitz) aufbereitet.<br />
Der Gutstoff (Akzept) wird in Cleanerstufen weiterbehandelt.<br />
Die ausgeschiedenen Spuckstoffe (Rejekte) mit Splittern und<br />
Faserbündeln werden in einer Refinermahlung nachbehandelt.<br />
Der gesamte Gutstoff wird in Scheibenfiltern eingedickt und der<br />
<strong>Papier</strong>fabrik zugeleitet. Bei dieser Herstellung kann das eingesetzte<br />
Holz mit sehr geringen Verlusten zu Faserstoff verarbeitet<br />
werden. Die Ausbeute liegt bei rund 97 Prozent.<br />
::: In einer Trommel werden die Rundholzbloche entrindet.<br />
Die Rinde wird u.a. als erneuerbarer Energieträger genutzt.
Holz :: 23<br />
Refinerholzstoff – TMP<br />
Heutzutage werden in Refinern vor allem Hackschnitzel aus<br />
Nadelhölzern verarbeitet. Hierbei wird ausschließlich unter<br />
Druck zerfasert. Hier kommen auch Hölzer zum Einsatz, die<br />
z.B. im Schleifprozess aus technologischen und qualitativen<br />
Gründen nicht verwendet werden können (wie z. B. Sägeresthölzer).<br />
Ein weiterer Vorteil der Refinerholzstoffe gegenüber den<br />
Steinschliffen besteht in den höheren Festigkeitswerten und<br />
einem geringeren Splitteranteil. Bei bestimmten <strong>Papier</strong>en kann<br />
dadurch der Zellstoffanteil in der Rezeptur reduziert werden,<br />
bzw. sogar gänzlich entfallen. Die Ausbeute des eingesetzten<br />
Holzes beträgt wegen der höheren Zerfaserungstemperatur<br />
gegenüber dem Schliff zirka 95 Prozent. Die Sortierung der<br />
gemahlenen Fasern wird wie bei den konventionellen Steinschleifverfahren<br />
durchgeführt. Die anfallenden Rejekte werden<br />
entweder vor die zweite Mahlstufe zurückgeführt oder in<br />
einer separaten Rejektmahlstufe aufbereitet.<br />
PRINZIPSCHEMA<br />
SCHEIBEN-<br />
REFINER<br />
Dampf<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Hackschnitzel<br />
Hackschnitzelsilo<br />
Refiner<br />
gegeneinander<br />
rotierende<br />
Mahlscheiben<br />
3<br />
Wasser<br />
4<br />
Holzstoff zur<br />
Stoffzentrale<br />
Sortieren<br />
Mahlen<br />
Eindicken<br />
Bleichen<br />
PRINZIPSCHEMA<br />
STETIG-<br />
SCHLEIFER<br />
1 1<br />
2<br />
3<br />
3<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Holzprügel<br />
Holzfüllschacht<br />
Ketten<br />
Schleifstein<br />
Fasertrog<br />
4<br />
5<br />
Sortieren<br />
Mahlen<br />
Eindicken<br />
Bleichen<br />
Holzschliff<br />
zur Stoffzentrale<br />
::: Der offene Doppelscheibenrefiner verarbeitet mit seinem<br />
Mahlplatten Hackschnitzel.<br />
Holzschliff- und Holzstoffbleiche<br />
Für höhere Weißgrade wird der fertig aufbereitete Faserstoff gebleicht.<br />
Man unterscheidet hier zwischen reduzierender Bleiche<br />
(z. B. Natriumdithionit-Verfahren) und der oxidierenden Bleiche<br />
(Wasserstoffperoxid-Verfahren). Bei der oxidierenden Bleiche<br />
werden höhere Weißegrade erreicht. Für höchste Weißgrade<br />
werden beide Bleichverfahren zweistufig angewandt.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
Zellstoff<br />
::: Zellstoff wird durch den chemischen Aufschluss<br />
von Holz gewonnen.<br />
Für den chemischen Aufschluss von Holz gibt es verschiedene Verfahren, die sich sowohl nach der Holzart, als auch nach dem gewünschten<br />
Endprodukt richten. Für die Herstellung von Zellstoff nach dem sauren Bisulfitverfahren werden im allgemeinen Fichte und Tanne<br />
eingesetzt, vermehrt aber auch Laubhölzer. Der Sulfitzellstoff ist im ungebleichten Zustand hell, lässt sich leicht bleichen und dient vorwiegend<br />
zur Herstellung von grafischen <strong>Papier</strong>en (Schreib- und Druckpapieren) und Hygienepapieren. Das alkalische Aufschlussverfahren<br />
ist besonders für die harzreiche Kiefer und Lärche geeignet, doch lassen sich nach dieser Methode alle Holzarten sowie Einjahrespflanzen<br />
aufschließen. Das Verfahren ist weltweit am meisten verbreitet. Der alkalisch aufgeschlossene Zellstoff ist dunkler, schwerer bleichbar und<br />
eignet sich besonders für die Herstellung von Packpapieren aber auch des gesamten Bereiches der grafischen <strong>Papier</strong>e.<br />
Sulfitzellstoff<br />
Heute kommen neutrale und saure Sulfit-Kochverfahren zur Anwendung. Die sauren Kochverfahren kann man nach der verwendeten<br />
Base einteilen in das Calciumbisulfit-, Magnesiumbisulfit-, Ammoniumbisulfit- und Natriumbisulfitverfahren. Magnesiumhaltige<br />
Bisulfitablaugen können verhältnismäßig leicht wieder aufbereitet und verarbeitet werden, sodass heute in Österreich im Bereich<br />
der sauren Kochverfahren ausschließlich die Magnesiumbisulfitmethoden angewandt werden. Die Faserausbeute liegt bei diesem<br />
Verfahren im Bereich von 40 bis 50 Prozent.<br />
Sulfitkochprozess<br />
Beim Magnesiumbisulfitverfahren verwendet man als Base hydratisiertes<br />
Magnesiumoxid, Mg(OH)2, das in Form einer Aufschlämmung<br />
mit SO2-Gas in Absorptionstürmen zur Reaktion gebracht<br />
wird. Heute wird vor allem flüssiges SO2, das bei der Entschwefelung<br />
von Erdöl anfällt, eingesetzt.<br />
Die am häufigsten eingesetzte Holzart Fichte enthält ca.<br />
40 % - Cellulose,<br />
25 % - Hemicellulose,<br />
30 % - Lignin als verkittende Substanz und<br />
5 % - Begleitstoffe (Harz, Fette, Mineralstoffe usw.).<br />
Die Hackschnitzel werden aufgeschlossen, wobei die Kitt-<br />
substanz Lignin chemisch in eine lösliche Form umgewandelt wird<br />
und die Cellulosefasen freilegt. Die Zellstoffkocher arbeiten entweder<br />
chargenweise (diskontinuierlich) oder kontinuierlich.<br />
Die bis zu 400 Kubikmeter großen diskontinuierlichen Kocher<br />
bestehen aus säurefesten Stahlbehältern. Die Kocher werden von<br />
oben mit Hackschnitzeln befüllt und durch eine Umwälzung, bei<br />
welcher die Kochflüssigkeit über ein Sieb aus dem Kocher abgezogen<br />
und mittels säurefester Pumpen durch einen dampfbeheizten<br />
Wärmeaustauscher gepumpt und wieder in den Kocher zurückgeführt<br />
wird, auf Druck und Temperatur gebracht. Die Kocherumtriebszeiten<br />
schwanken je nach den gewünschten Zellstoffqualitäten,<br />
der Holzart und der Stärke der Säure zwischen acht und zwölf<br />
Stunden, der Druck beträgt bis zu 9 bar, die Temperatur 120 bis 160<br />
Grad Celsius. Die Vorteile der kontinuierlichen Kochverfahren liegen<br />
in einer Verminderung des Dampfverbrauches, in einer Erhöhung<br />
der Produktion und in einer gleichmäßigen Zellstoffqualität.
2 Mio.<br />
TONNEN<br />
Primärfaserstoff<br />
werden in<br />
Österreich jährlich<br />
erzeugt.<br />
Zellstoff :: 25<br />
SULFIT-<br />
PROZESS<br />
CHEMIKALIEN-<br />
KREISLAUF<br />
Holz<br />
::: In Österreich wird an sieben Standorten Zellstoff hergestellt, zumeist in integrierten Fabriken.<br />
und Chemikalienrückgewinnung dominiert das Lenzinger Verfahren<br />
mit einem Rückgewinnungsgrad von mehr als 85 Prozent des<br />
eingesetzten MgO und 80 Prozent des eingesetzten Schwefels.<br />
Kocher<br />
Zellstoff<br />
Ablauge<br />
Wäscher<br />
Sulfitzellstoffbleiche<br />
Kochsäure<br />
Frisch SO2<br />
Aufstärken<br />
SO2<br />
Magnesiumbisulfit<br />
Mg(HSO3)2<br />
Absorbieren<br />
Magnesiumhydoxid<br />
Mg(OH)2<br />
Rauchgas SO2<br />
Hydratisieren<br />
Asche MgO<br />
Wasser<br />
Magnesiumoxid<br />
MgO<br />
Zellstoff<br />
Eindampfanlage<br />
Dünnlauge<br />
Dicklauge<br />
Verbrennungskessel<br />
Dicklauge<br />
Kondensat<br />
Essigsäure<br />
Furfural<br />
Methanol<br />
Energie<br />
Dampf<br />
Elektrischer Strom<br />
In diesem Verfahrensschritt werden die beim Aufschluss noch in<br />
den Fasern verbliebenen Restsubstanzen, vor allem das Restlignin,<br />
mit Hilfe der Bleichchemikalien herausgelöst. Für die Bleiche muss<br />
deshalb mit einem weiteren Ausbeuteverlust von vier bis sechs<br />
Prozent gerechnet werden. Die Bleiche des Zellstoffes erfolgt kontinuierlich<br />
in mehreren Stufen. Man verwendet als Reaktionsgefäße<br />
Türme und spricht daher von einer Turmbleiche.Als Bleichmittel<br />
werden in Österreich ausschließlich Sauerstoff (O2), Wasserstoffperoxid<br />
(H2O2) und Ozon (O3) eingesetzt.<br />
Nach vollendeter Bleiche gelangt der Zellstoff in die Nachsortierung<br />
und anschließend in circa zehnprozentiger Suspension in die<br />
<strong>Papier</strong>fabrik für die eigene Erzeugung. Wird Marktzellstoff produziert,<br />
so wird er für den Transport und Verkauf auf einer Entwässerungsmaschine<br />
zu Bahnen und Blättern bzw. auf einer Flockentrocknungsanlage<br />
getrocknet und in Ballenform gepresst.<br />
Chemikalienkreislauf<br />
Als Dünnlauge bezeichnet man die Flüssigkeit im Kocher nach dem<br />
Aufschlussprozess. Sie enthält das Lignin und andere herausgelöste<br />
oder abgebaute Bestandteile des Holzes, darunter auch einige Prozente<br />
Zucker. Sie wird zur Dicklauge eingedampft. Durch Verbrennung<br />
wird die in ihr steckende Energie dann nutzbar gemacht. Die<br />
Zellstofferzeugung ist energetisch autark und gibt sowohl Strom<br />
als auch Wärme in öffentlichen Netze oder an die angeschlossene<br />
<strong>Papier</strong>fabrik ab. Außerdem regeneriert man aus ihr die enthaltenen<br />
Chemikalien und erzeugt wieder frische Kochsäure. Für die Wärme-<br />
::: Verkaufszellstoff wird zu Blättern getrocknet<br />
und transportgerecht verpackt.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
Sulfatzellstoff<br />
Sulfatkochprozess<br />
::: Sulfatzellstoff ist dunkel und wird vorwiegend<br />
zur Herstellung von Kraftpapieren z.B. für hochwertige<br />
Wellpappe verwendet.<br />
Bei diesem Verfahren wird Holz unter Druck mit wässerigen<br />
alkalischen Chemikalien (NaOH, Na2S) aufgeschlossen. Die für<br />
den Aufschluss benötigten Chemikalien werden in zwei geschlossenen<br />
Kreislaufprozessen, dem Alkalikreislauf und dem Kalkkreislauf,<br />
aus der Dicklauge des Kochprozesses größtenteils wiedergewonnen.<br />
Die beim Holzaufschluss auftretenden Verluste werden<br />
durch Zugabe von Natriumsulfat und gebranntem Kalk gedeckt.<br />
Die Aufschlusslauge besteht aus Natronlauge und Natriumsulfid,<br />
welches bei der Laugenregeneration aus Natriumsulfat entsteht.<br />
Dieses Verfahren ist unter dem Namen „Sulfatverfahren“ bekannt.<br />
Beim Kochprozess entstehen geringe Mengen übel riechender<br />
Schwefelverbindungen. Diese werden möglichst vollständig<br />
abgesaugt und zur Geruchsentsorgung in die Verbrennung<br />
eingebunden. Als Rohstoffe für das Sulfatverfahren können alle<br />
Holzarten (auch Einjahrespflanzen) verwendet werden. Mehr als<br />
80 Prozent der weltweiten Zellstoffproduktion erfolgt nach dem<br />
Sulfatverfahren. Die dabei erzielbare Faserausbeute liegt bei 45<br />
bis 60 Prozent, je nach gewünschter Faserqualität.<br />
Wie beim Sulfitprozess wird das Holz zu Hackschnitzeln zerhackt,<br />
sortiert und dem Kocher zugeteilt. Der Aufschluss erfolgt<br />
in kontinuierlich oder diskontinuierlich arbeitenden Kochern.<br />
Das Kochgut wird mit Wärmeaustauschern und Umwälzpumpe<br />
und/oder Direktdampfaufheizung erhitzt. Sulfatzellstoff wird<br />
bei Temperaturen zwischen 150 Grad Celsius und 170 Grad Celsius<br />
bei sieben bis acht bar Druck gekocht. Gekocht wird mit der<br />
so genannten „Weißlauge“. Nach der Kochung wird das Kochgut,<br />
Zellstoff und Dünnlauge, in einen Tank geblasen. Es muss nun<br />
die Trennung zwischen Faserstoff und „Schwarzlauge“ erfolgen,<br />
wobei die Lauge in möglichst hoher Konzentration und Vollständigkeit<br />
gewonnen werden muss. Diese Trennung erfolgt über<br />
Waschfilter oder Diffuseure, die hintereinander geschaltet und<br />
zu einer Filterstraße vereinigt sind. Die Schwarzlauge hat einen<br />
Trockengehalt von 15 bis 20 Prozent. Beim Sulfatverfahren wird<br />
die Sortierung ebenfalls in geschlossenen Anlagen vorgenommen,<br />
bevor der Zellstoff in die Wäsche gelangt.<br />
Chemikalienrückgewinnung<br />
Die Wirtschaftlichkeit einer Sulfatzellstoff-Fabrik beruht auf der<br />
Wiedergewinnung der Chemikalien und Nutzung der Dicklauge<br />
als erneuerbarer Brennstoff. Das Verfahren ist energetisch<br />
autark und gibt zusätzlich Ökostrom und Fernwärme ab. Die aus<br />
der Filterstraße kommende Schwarzlauge wird in Dünnlaugenbehältern<br />
gesammelt und gelangt von diesen mit 15 bis 20 Prozent<br />
Feststoffgehalt in eine mehrstufige Eindampfanlage, in der<br />
sie auf etwa 62 bis 65 Prozent Trockengehalt – neuerdings auch<br />
in Superkonzentratoren bis auf 75 Prozent Trockengehalt – eingedickt<br />
wird. In dieser Form ist sie brennbar. Der Dicklauge wird<br />
vor der Verbrennung im Laugenverbrennungskessel Natriumsulfat<br />
zum Ausgleich der Chemikalienverluste zugesetzt.<br />
Die organischen Bestandteile verbrennen, der Rückstand besteht<br />
aus Alkalisalzen, die in Form einer Schmelze anfallen und<br />
vorwiegend aus Soda und Natriumsulfid bestehen. Die Schmelze<br />
wird laufend abgezogen und in einem Lösebehälter in Wasser<br />
gelöst. Hier entsteht die so genannte „Grünlauge“, die Soda
Zellstoff :: 27<br />
(Na2CO 3 ) und Natriumsulfid (Na2S) enthält. Da Soda für den<br />
Aufschluss nicht verwendet werden kann, muss die „Grünlauge“<br />
kaustiziert werden, wobei Natriumcarbonat Na2CO 3 in Natriumhydroxid<br />
(NaOH) überführt wird. Diese Umwandlung<br />
wird mit Kalkmilch durchgeführt. Dabei entsteht Calciumcarbonat,<br />
das als Schlamm anfällt. Die Lauge wird in<br />
Sedimentiergefäße oder Filter gepumpt, wo der<br />
Kalkschlamm abgetrennt wird. Die darüber<br />
stehende klare Frischlauge – die „Weißlauge“<br />
– wird in den Frischlaugenbehälter<br />
abgezogen und der Kocherei zugeführt.<br />
Damit ist der Alkalikreislauf geschlossen.<br />
Der sich in den Sedimentiergefäßen<br />
absetzende Kalkschlamm wird nochmals<br />
ausgewaschen, auf einem Filter eingedickt<br />
und anschließend in einen Drehrohrofen<br />
zuerst getrocknet und dann gebrannt. Der aus<br />
dem Drehrohrofen kommende Kalk gelangt in einen<br />
Kalksilo, womit auch der Kalkkreislauf geschlossen ist.<br />
CO2<br />
KALKKREISLAUF<br />
Kalkschlamm<br />
CaCO3<br />
Gebrannter<br />
Kalk CaO<br />
Weißlauge<br />
NaOH + Na2S<br />
Trennen<br />
Kocher<br />
NaOH<br />
Na2S<br />
CaCO3<br />
Kaustizieren<br />
Grünlauge<br />
Na2CO3 + Na2S<br />
ALKALIKREISLAUF<br />
Holz<br />
Zellstoff + Schwarzlauge<br />
Na-S-Ligninverbindung<br />
Zellstoff<br />
Wäscher<br />
Dicklauge<br />
Verbrennungskessel<br />
Schmelzlöser<br />
Dünnlauge<br />
Na-S-Ligninverbindung<br />
Wasser<br />
Eindampfanlage<br />
SULFAT-<br />
PROZESS<br />
CHEMIKALIEN-<br />
KREISLAUF<br />
Dicklauge<br />
+ Na2SO4<br />
MAKE UP<br />
Energie<br />
Dampf<br />
Elektrischer<br />
Strom<br />
Zellstoffaufbereitung<br />
Nach der Kochung wird die Dünnlauge abgezogen und der Stoff<br />
gelangt zu einer Ästesortierung, wo nicht aufgeschlossenes<br />
Material, wie Äste und grobe Faserbündel, entweder wieder<br />
der Kochung zugeführt oder ausgeschleust wird. Der Gutstoff<br />
gelangt weiter in die Feinsortierung, die entweder aus Zentrifugalsortierern<br />
oder aus einer Kombination von Sieb- und<br />
Wirbelsichtern besteht. Die Wäsche des Zellstoffes erfolgt mit<br />
Waschfiltern bzw. Flachbandwäschern.<br />
Sulfatzellstoffbleiche<br />
::: Ungebleichter Sulfitzellstoff ist heller und wird zur Produktion<br />
von grafischen <strong>Papier</strong>en genutzt.<br />
Heutzutage wird in Europa nur noch ECF (elementarchlorfreier)<br />
bzw. TCF (totalchlorfreier) Zellstoff produziert. Bei der ECF-Bleiche<br />
wird so wenig Chlordioxid wie möglich eingesetzt, um die<br />
Bildung der halogenierten Kohlenwasserstoffe zu vermeiden.<br />
ECF- und TCF-Zellstoffe, die mit den modernen Bleichtechnologien<br />
produziert werden, werden ökologisch als gleichwertig<br />
angesehen. Die TCF-Zellstoffe weisen allerdings eingeschränkte<br />
Qualitätsmerkmale auf. Die Waschwässer werden der Abwasserreinigung<br />
zugeführt. Nach der Bleiche wird der Stoff nochmals<br />
sortiert und als zehnprozentige Suspension in Stapeltürmen<br />
gelagert. Der fertige Zellstoff wird entweder an eine integrierte<br />
<strong>Papier</strong>fabrik abgegeben oder für den Versand auf Entwässerungsmaschinen<br />
entwässert und auf circa 88 bis 90 Prozent<br />
Trockengehalt als Zellstoffflocken oder Zellstoffbahnen im Heißluftstrom<br />
getrocknet und zu Ballen gepresst, bzw. als Zellstoffblätter<br />
gebündelt und mit dem gleichen Material verpackt.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
Altpapier<br />
Altpapier ist schon seit langem ein sehr wichtiger Rohstoff für<br />
die <strong>Papier</strong>herstellung. Die Altpapieraufbereitung ist keine neue<br />
Erfindung. Bereits im 19. Jahrhundert wurde Altpapier aufbereitet<br />
und wiederverwertet.<br />
Wichtiger Rohstoff<br />
Altpapier ist neben Holz ein unverzichtbarer Rohstoff für die<br />
<strong>Papier</strong>produktion. Die österreichische <strong>Papier</strong>industrie hat sich seit<br />
vielen Jahren verpflichtet, die gesamte aus dem Inland angebotene<br />
Altpapiermenge zu übernehmen und wieder zu neuem <strong>Papier</strong><br />
zu verarbeiten. Darüber hinaus muss noch Altpapier importiert<br />
werden, um den Bedarf der <strong>Papier</strong>fabriken zu decken. Auch auf<br />
europäischer Ebene gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung<br />
mit der Zielsetzung, die Recyclingquote anzuheben. Österreich<br />
liegt bei allen Altpapierkennzahlen im europäischen Spitzenfeld.<br />
Mit der steigenden Sammelmenge an Altpapier ist leider auch die<br />
Qualität der gesammelten Waren gesunken. Mengenmäßig und<br />
qualitativ von großer Bedeutung sind die Altpapiere in Form von<br />
Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Sie finden vor allem in<br />
der Erzeugung von Zeitungsdruckpapieren und Hygienepapieren<br />
Verwendung. Gemischte und unsortierte Altpapiersorten, vor<br />
allem aus Haushalten, sind nach ihrer Auflösung grau gefärbte<br />
Faserstoffe und eignen sich vor allem zur Herstellung von Wellpappe-Rohpapieren<br />
sowie von Grau- und Faltschachtelkarton.<br />
Recycling-Kreislauf<br />
Neben den traditionellen Einsatzbereichen wird mittlerweile<br />
auch immer mehr Altpapier für die Herstellung von qualitativ<br />
hochwertigen <strong>Papier</strong>en, wie z.B. Druck- und Schreibpapieren, eingesetzt.<br />
Um eine konstante <strong>Papier</strong>qualität aufrecht zu erhalten,<br />
müssen immer wieder Frischfasern aus Zellstoff und Holzstoff<br />
dem Kreislauf zugeführt und gleichzeitig unbrauchbar gewordene<br />
Fasern aus dem Kreislauf entfernt werden. Diese dienen<br />
wiederum als erneuerbare Energieträger. So entsprechen drei<br />
Tonnen Faserabfall dem Wärmeinhalt von einer Tonne Heizöl. Da<br />
jede Altpapierfaser einmal eine Frischfaser war, besteht keine<br />
Konkurrenz, sondern eine sinnvolle Ergänzung im Einsatz von<br />
Primär- und Sekundärfasern. Alle Faserstoffe – Zellstoff, Holzstoff<br />
und Sekundärfasern aus Altpapier – sind für die Erzeugung<br />
von <strong>Papier</strong> und Karton notwendig und müssen je nach den<br />
notwendigen Eigenschaftsmerkmalen des Produktes verwendet<br />
werden. Sie sind untereinander nur bedingt austauschbar. Jede<br />
Veränderung beeinflusst die Eigenschaften des Produktes.<br />
::: Hochwertiges Altpapier ist sehr begehrt und wird unter anderem für grafische <strong>Papier</strong>e eingesetzt.<br />
2,6 Mio.<br />
TONNEN<br />
Altpapier dienen in<br />
Österreich jährlich<br />
als Rohstoff.
Altpapier :: 29<br />
Altpapier<br />
Altpapierstoff zur<br />
Stoffzentrale<br />
Altpapieraufbereitung<br />
Auflösen<br />
Reinigen<br />
Verunreinigungen<br />
Faserbehandlung durch<br />
• Deinken (Abtrennung<br />
von Druckfarben)<br />
oder<br />
• Fraktionierung oder<br />
• Heißfaserung<br />
Reinigen<br />
Mahlen<br />
ALTPAPIER-<br />
AUFBE-<br />
REITUNG<br />
Bei der Altpapieraufbereitung dominieren im<br />
Wesentlichen drei Verfahrensschritte: Auflösen,<br />
Reinigen und Fraktionieren. Einen besonderen Verfahrensschritt<br />
des Reinigens stellt das Deinking für<br />
die Herstellung hellerer Faserstoffe aus bedrucktem<br />
Altpapier dar. Das Altpapier wird in kontinuierlichen<br />
oder diskontinuierlichen Auflöseaggregaten<br />
(Trommel oder Pulper) in Wasser suspendiert. Dabei<br />
erfolgt die möglichst vollständige Auflösung des<br />
Faserverbundes mit dem Ziel, die Fasern nicht zu<br />
beschädigen. Weiters wird die Druckfarbe durch<br />
chemisch mechanische Prozesse von den Fasern<br />
abgelöst und dispergiert. Die Zerkleinerung von<br />
Fremdstoffen wie Kunststoffteilchen oder Leimrücken<br />
soll vermieden werden, da die anschließende<br />
Reinigung des Faserstoffes umso schwieriger ist, je<br />
kleiner die Fremdstoffe sind. Die Auflösung des Altpapiers<br />
erfolgt bei Wassertemperaturen von 40 bis<br />
70 Grad Celsius. Dafür wird die im Prozess anfallende<br />
Abwärme benutzt. Bei der Auflösung des Altpapiers<br />
wird der grobe Schmutz als Spuckstoff entfernt. Das<br />
sind zum Beispiel Kunststoffe, nassfestes <strong>Papier</strong> oder<br />
Draht. Diese Spuckstoffe werden mit Stempel- oder<br />
Schneckenpressen entwässert und können meist<br />
auch thermisch genutzt werden.<br />
Reinigung und Sortierung<br />
::: Altpapier ist ein wichtiger Rohstoff für die <strong>Papier</strong>industrie.<br />
::: Bei der Reinigung werden Störstoffe ausgeschieden.<br />
Die Reinigung und Sortierung des Altpapierstoffes<br />
ist umso aufwendiger, je höher die daraus erzeugte<br />
<strong>Papier</strong>qualität sein soll. Der vorgereinigte Faserstoff<br />
wird zuerst einer Dickstoffreinigung unterzogen.<br />
Dabei werden in Schleudern nach dem Zyklonprinzip<br />
spezifisch schwere Verunreinigungen wie<br />
Heftklammern, grober Sand oder Glasteile ausgeschieden.<br />
Danach kann die weitere Auflösung von<br />
noch bestehenden <strong>Papier</strong>teilchen in so genannten<br />
Entstippern erfolgen. Nach der Entstippung werden<br />
in Loch- und Schlitzsortierern vorwiegend flächige<br />
Stippen, textile Gespinste und sonstige Fremdkörper<br />
abgeschieden. Für hohe Qualitätsansprüche wird die<br />
Reinigung mittels Kegelschleudern durchgeführt, in<br />
denen Feinsand, Strichpartikel, grobe Füllstoffe, kleine<br />
Metallteile und Ähnliches ausgeschieden werden.<br />
Die Reststoffe dieser Reinigungsstufen werden ebenfalls<br />
vorwiegend in Schneckenpressen entwässert<br />
:::>
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Rohstoffe<br />
und entsorgt. Nach der Grob- und Feinreinigung<br />
liegen noch immer kleine Schmutzteilchen<br />
vor, die nicht mehr aussortierbar<br />
sind und sowohl optisch als auch beim<br />
<strong>Papier</strong>herstellungs- und <strong>Papier</strong>verarbeitungsprozess<br />
stören können. Diese Stoffe<br />
werden in Knet- oder Dispergiermaschinen<br />
bei hohen Stoffdichten und Temperaturen<br />
dispergiert. Dabei erfolgt vornehmlich<br />
eine Homogenisierung des Stoffes<br />
durch feinstes Verteilen von Druckfarben<br />
und Schmutzstoffen unter die Sichtbarkeitsgrenze<br />
und Pasteurisierung des<br />
Faserstoffes. Ist eine Erhöhung der Weiße<br />
erforderlich, kann der Altpapierstoff noch<br />
gebleicht werden. Als Bleichmittel finden<br />
Wasserstoffperoxid, Natriumdithionit und<br />
Formamidinsulfinsäure (FAS) Verwendung.<br />
Deinking<br />
Zur Herstellung von hellen <strong>Papier</strong>sorten<br />
muss das bedruckte Altpapier deinkt<br />
werden. Unter Deinking versteht man das<br />
Entfernen von Druckfarben mit Wasser<br />
und Chemikalien aus aufbereitetem, bedrucktem<br />
Altpapier. Dies geschieht mit<br />
Seife, Wasserstoffperoxid und, soweit<br />
unbedingt notwendig, Komplexbildnern.<br />
Der Faserstoff wird dadurch heller und<br />
Fremdstoffe, die an der <strong>Papier</strong>maschine<br />
Probleme durch Verschmutzungen bereiten<br />
könnten, werden ausgeschieden.<br />
Zuerst wird die Druckfarbe von den Fasern<br />
abgelöst, danach erfolgt das Abtrennen<br />
der in der Stoffsuspension dispergierten<br />
Farbpartikel. Die Ablösung der Druckfarbenteilchen<br />
erfolgt in der Regel durch Verseifung<br />
des Bindemittels der Druckfarbe<br />
durch Natronlauge unterstützt durch die<br />
Quellung der Fasern und mechanischer<br />
Ablösung. Die Entfernung der Farbpartikel<br />
aus der Stoffsuspension geschieht entweder<br />
durch Flotation oder Wäsche (Flotations-Deinking,<br />
Wasch-Deinking).<br />
Bei der Flotation werden die einzelnen<br />
Farbpartikel zu größeren Agglomeraten<br />
::: Bei der Reinigung werden Störstoffe ausgeschieden.<br />
vereinigt, hydrophobisiert und dann mittels erzeugter Luftblasen an die Oberfläche<br />
der Suspension gebracht, wo sie entweder abgeschöpft oder abgesaugt werden. Bei<br />
der Entfernung der Druckfarbenpartikel mittels Wäsche wird die Stoffsuspension über<br />
mehrstufige Wäscher geführt, wo die Farbpartikel mehr oder weniger ausgewaschen<br />
werden. Wasserstoffperoxid wird fallweise zusätzlich als Bleichmittel eingesetzt und<br />
verhindert eine Alkalivergilbung holzhaltiger Altpapiere beim Verseifungsprozess. Die<br />
beim Deinking anfallenden Schlämme werden mit Siebbandpressen, Zentrifugen oder<br />
Schneckenpressen entwässert und in Wirbelschichtkesseln zu Energie umgewandelt. Die<br />
entstehende Flugasche kann in Zementwerken stofflich verwertet werden. Als weitere<br />
Möglichkeit bietet sich die direkte Verwertung der Schlämme in Ziegeleien beziehungsweise<br />
bei der Zementherstellung an. Die beim Wasch-Deinking verschmutzten Abwässer<br />
werden einer aufwendigen Abwasserreinigung unterzogen.<br />
DEINKING<br />
::: Beim Flotations-Deinking<br />
werden die Druckfarben mittels<br />
Luftblasen an die Oberfläche<br />
gebracht und entfernt.<br />
Deinking-<br />
Schaum<br />
Luft<br />
Faser<br />
Druckfarbenteilchen
Füll- und Hilfstoffe :: 31<br />
Füll- und<br />
Hilfsstoffe<br />
Als Füllstoffe und Pigmente werden in der <strong>Papier</strong>erzeugung vor allem die anorganischen mineralischen Stoffe Calciumcarbonat, Kaolin<br />
und Talkum verwendet. Diese Füllstoffe füllen die Zwischenräume zwischen den Fasern im <strong>Papier</strong>, sodass sich eine geschlossenere<br />
Oberfläche ergibt, die durch Satinage weiter verbessert werden kann. Die Pigmente haben wesentlich kleinere Teilchengrößen als die<br />
Füllstoffe und werden in separaten Herstellungsschritten auf die <strong>Papier</strong>oberfläche aufgetragen. Der Füllstoff Calciumcarbonat ist eine<br />
schwach alkalische Puffersubstanz. Sie wirkt sich günstig auf die Alterungsbeständigkeit der <strong>Papier</strong>e aus. Mit ihrem hohen Feinheitsgrad<br />
bieten die Füllstoffe den Vorteil eines höheren Lichtbrechungsvermögens. Sie tragen in vielfältiger Weise zur Verbesserung der<br />
<strong>Papier</strong>eigenschaften wie Glanz, Glätte, Opazität, Weißgrad und Bedruckbarkeit bei. Bei Illustrationsdruckpapieren beträgt der Füllstoffgehalt<br />
mehr als 35 Prozent des Gewichts mit steigender Tendenz. Das Verhältnis von Kaolin und Calciumcarbonat verschiebt sich seit<br />
Jahren zugunsten des Calciumcarbonats. Ähnliches gilt auch für den Einsatz der anorganischen Pigmente im Strich. Der Einsatz von<br />
Calciumcarbonat verdreifachte sich, während die Verbrauchsmenge an Kaolin stagnierte. Der Einsatz von Titandioxid mit höchster<br />
Weiße und Lichtbrechung ist dazu vergleichsweise gering und auf Spezialpapiere beschränkt.<br />
Farben und optische Aufheller<br />
Als Farbstoffe werden molekular gelöste ionische Substanzen,<br />
aber auch fein verteilte Pigmente eingesetzt. Durch selektive<br />
Absorption bestimmter Wellenlängen des sichtbaren Lichts<br />
durch den Farbstoff wird im menschlichen Auge der Eindruck<br />
von Farbe erzeugt. Von den verschiedenen synthetisch erzeugten<br />
Farbmitteln für die <strong>Papier</strong>fabrikation haben heute nur noch<br />
die substantiven Farbstoffe und die Pigmentfarbstoffe Bedeutung.<br />
Die Farbstoffe werden meist in der Masse zugesetzt. Zur<br />
Steigerung des Weißgrades werden optische Aufheller verwendet.<br />
Es handelt sich dabei um organische Verbindungen, die<br />
sichtbare Strahlung zwischen 300 und 400 Nanometer absorbieren<br />
und in blaues Licht umwandeln. Mit einer Steigerung der<br />
Reflexion wird dies vom menschlichen Auge als Erhöhung des<br />
Weißeeindrucks empfunden.<br />
verwendet werden. Deshalb wird seit den 1970er Jahren immer<br />
mehr zur Neutralleimung mit Alkylketondimeren (AKD) oder Alkylbernsteinsäureanhydrid<br />
(ASA) übergegangen. In der <strong>Papier</strong>herstellung<br />
wird auch Stärke als Massezusatz eingesetzt. Sie verbessert<br />
die Faser-Faser-Bindungen und damit die Oberflächenfestigkeit,<br />
die Härte und den Klang des <strong>Papier</strong>s. In der Streicherei dient sie als<br />
Bindemittel. Heute werden speziell modifizierte und abgebaute<br />
Stärken, wie kationische Stärke, eingesetzt. So genannte Additive,<br />
sind Entschäumer zur Verhinderung von Schaumbildung, Biozide<br />
zur Schleimbekämpfung in den Wasserkreisläufen, Fixiermittel zur<br />
Bindung der Störstoffe, Retentionsmittel zur besseren Zurückhaltung<br />
von Fein- und Füllstoffen im Faservlies, die bei der Produktion<br />
auf schnell laufenden Maschinen unerlässlich sind.<br />
::: Der Kunde wünscht nicht nur weißes <strong>Papier</strong>,<br />
auch farbiges ist immer stärker gefragt.<br />
Bindemittel und Hilfsstoffe<br />
Die cellulosehaltigen Fasermaterialien haben einen polaren,<br />
hydrophilen Charakter. Sie sind durch wässerige Systeme leicht<br />
benetz- und quellbar. Zur Steuerung des Benetzungs- und Penetrationsverhaltens<br />
werden deshalb <strong>Papier</strong>e geleimt, also durch<br />
entsprechende Hilfsmittel hydrophobisiert. Verseifte Harzleime<br />
werden mit Alaun auf der Faser fixiert. Aufgrund des sauren Charakters<br />
kann allerdings Calciumcarbonat dabei nicht als Füllstoff
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
<strong>Papier</strong>erzeugung
<strong>Papier</strong>produktion :: 33<br />
<strong>Papier</strong>-<br />
produktion<br />
Der <strong>Papier</strong>herstellungsprozess gliedert sich in mehrere Schritte:<br />
Stoffaufbereitung, <strong>Papier</strong>erzeugung, Veredelung und Ausrüstung.<br />
::: In Pöls steht die neueste <strong>Papier</strong>maschine<br />
Österreichs. Sie produziert Kraftpapier.<br />
Stoffaufbereitung<br />
Je nach <strong>Papier</strong>qualität kommen unterschiedliche<br />
Halbstoffe zur Verwendung:<br />
Holzstoff, Zellstoff oder Sekundärfaserstoff<br />
aus Altpapier bzw. entsprechende<br />
Mischungen. Ist die <strong>Papier</strong>produktion mit<br />
einer Faserstoffproduktion gekoppelt,<br />
spricht man von integrierten Fabriken.<br />
Anderenfalls werden die Faserstoffe angeliefert<br />
und in Stofflösern mit Wasser<br />
suspendiert werden. Die noch im Stoff<br />
enthaltenen Klumpen werden mit Entstippern<br />
in Einzelfasern zerlegt und in<br />
Mahlanlagen aufbereitet. Dann wird mit<br />
Stoffdichtereglern unter Wasserzusatz<br />
die vorgegebene Stoffdichte (Konsistenz)<br />
eingestellt. Schließlich werden die<br />
Fasern in der Stoffzentrale je nach der<br />
herzustellenden <strong>Papier</strong>sorte kontinuierlich<br />
im vorgeschriebenen Mischungsverhältnis<br />
mit Füllstoffen wie Kaolin oder<br />
Calciumcarbonat, mit Leim, Farbstoffen<br />
und verschiedenen anderen chemischen<br />
Produktionshilfsmitteln vermischt.<br />
Die Qualität der <strong>Papier</strong>e wird durch die Auswahl<br />
der Halbstoffe, Hilfsstoffe und deren<br />
Mischungsverhältnis sowie durch die Art<br />
der Mahlung der Faserstoffe bestimmt.<br />
Wichtige Eigenschaften des <strong>Papier</strong>rohstoffes,<br />
die von der Mahlung abhängig<br />
sind, sind das Faser-Faser-Bindungsvermögen,<br />
das die <strong>Papier</strong>festigkeit und<br />
die Entwässerungsfähigkeit wesentlich<br />
beeinflusst. Die fertige Stoffmischung<br />
gelangt dann von der Stoffzentrale in die<br />
Misch- bzw. Maschinenbütte.<br />
Konstantteil<br />
Der Bereich zwischen Maschinenbütte<br />
und Stoffauflauf der <strong>Papier</strong>maschine<br />
wird Konstantteil genannt. Hier wird die<br />
Stoffdichte je nach <strong>Papier</strong>sorte unterschiedlich<br />
geregelt. Die verdünnte Stoffsuspension<br />
wird meist noch mehrstufig<br />
sortiert und mit Cleanern gereinigt. Um<br />
Luftblasen zu entfernen, wird die Stoffsuspension<br />
entlüftet.<br />
PRINZIPSCHEMA<br />
einer modernen<br />
LANGSIEB-<br />
PAPIER-<br />
MASCHINE<br />
Altpapier u./o. Zellstoff u./o.<br />
Holzstoff u./o. Hilfsstoff, Wasser<br />
Kreislaufwasser zur<br />
Stoffaufbereitung<br />
Pressenwasser<br />
Stoffzentrale<br />
Stofffänger<br />
zur Reinigungsanlage<br />
Zentrifugal-,<br />
Loch- oder<br />
Schlitzsortierer<br />
Stoffauflauf<br />
Wasser<br />
Siebwasser<br />
Siebpartie<br />
Wasser<br />
Siebwasser<br />
Pressenpartie<br />
Trockenpartie<br />
Aufrollung<br />
Glättwerk<br />
Entwässern Pressen Trocknen Glätten<br />
Quelle: VDP
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
Stoffauflauf<br />
Durch den Stoffauflauf wird der Faserstoff möglichst homogen<br />
über die ganze Breite des Siebes verteilt. Der Stoffstrahl strömt<br />
unter Druck durch einen schmalen Schlitz auf ein oder zwischen<br />
zwei endlos umlaufende Siebe aus. Mit dem Druck können die<br />
Eigenschaften der <strong>Papier</strong>bahn längs zu quer gesteuert werden.<br />
Auf den Sieben bildet sich bei fortlaufender Entwässerung das<br />
Faservlies aus. Überwiegend zwei Arten von Stoffauflaufprinzipien<br />
werden heute eingesetzt, der Lochwalzenstoffauflauf<br />
und der neuere hydraulische Stoffauflauf. Mit beiden Systemen<br />
werden Turbulenzen in die Fasersuspension eingebracht, die die<br />
Qualität der Blattformation beeinflussen.<br />
Der Stoffauflauf ist heute ein geschlossenes System mit Stoffzuführung<br />
über eine Rohrleitung, einem anschließenden Querstromverteiler<br />
und der vorderen Auslauföffnung (Düse oder<br />
Blende). Die Suspension wird durch den Druck im Stoffauflauf<br />
auf die Siebgeschwindigkeit beschleunigt. Um den hohen Maschinengeschwindigkeiten<br />
gerecht zu werden, ist der Stoffauflauf<br />
oftmals im Inneren mit einem Druckluftpolster versehen,<br />
um die notwendige Geschwindigkeit für den austretenden<br />
Strahl einstellen zu können. Die Höhe der Blende ist variierbar<br />
und bestimmt die flächenbezogene Masse des zu fertigenden<br />
::: Bei Brigl & Bergmeister Niklasdorf läuft eine<br />
spezielle Mischung über den Stoffauflauf, mit<br />
der nassfestes <strong>Papier</strong> hergestellt wird.<br />
<strong>Papier</strong>s. Die Fasern müssen gleichmäßig im fertigen <strong>Papier</strong> verteilt<br />
sein. Dies wird durch die niedrige Stoffdichte und Turbulenzen<br />
in der Suspension bewerkstelligt. Die Korrektur der flächenbezogenen<br />
Masse in Querrichtung erfolgt konventionellerweise<br />
durch Verformen der Blende am Auslaufspalt mit Hilfe von<br />
höhenverstellbaren Spindeln. Heutzutage werden leistungsfähigere<br />
Korrekturelemente eingesetzt. Durch Zugabe von Verdünnungswasser<br />
im oder in der Nähe des Turbulenzgenerators kann<br />
die Stoffdichte in schmalen Zonen beeinflusst und dadurch das<br />
Flächengewichtsprofil korrigiert werden.<br />
Siebpartie<br />
Die <strong>Papier</strong>maschinentypen zur Herstellung der verschiedenen<br />
<strong>Papier</strong>sorten werden immer stärker spezialisiert. Eines haben<br />
jedoch alle <strong>Papier</strong>maschinen gemeinsam: Sie bestehen immer<br />
aus einer Nasspartie und einer Trockenpartie, wobei die Nasspartie<br />
wiederum in die Siebpartie – das ist der Blattbildungsteil<br />
der <strong>Papier</strong>maschine – und in die Pressenpartie, in der die weitere<br />
Entwässerung und Verdichtung der noch nassen <strong>Papier</strong>bahn erfolgt,<br />
unterteilt ist. Die Blattbildungssysteme haben eine große<br />
::: Holz besteht zur Hälfte aus Cellulosefasern –<br />
dem Grundstoff der <strong>Papier</strong>erzeugung.
<strong>Papier</strong>produktion :: 35<br />
Vielfalt erreicht. Um das<br />
Prinzip der Blattbildung<br />
grundsätzlich darzustellen,<br />
wurde die Langsiebpapiermaschine<br />
gewählt.<br />
Bei der Langsiebmaschine<br />
besteht die Siebpartie aus<br />
120 km/h<br />
Produktions–<br />
geschwindigkeit sind<br />
bei modernen<br />
<strong>Papier</strong>maschinen<br />
möglich.<br />
einem endlos umlaufenden Langsieb<br />
und den dazugehörigen Entwässerungselementen.<br />
Das Sieb ist ein feines endloses Gewebe, auf<br />
dem sich die Fasern der stark verdünnten Suspension ablagern,<br />
während das Wasser durch die Maschen abgeführt wird. Das<br />
Sieb läuft als Träger mit dem sich bildenden <strong>Papier</strong>blatt über<br />
die verschiedenen Entwässerungsstufen hinweg, bis die Bahn<br />
so weit entwässert ist, dass sie an die Pressenpartie übergeben<br />
werden kann. Die Langsiebe mit einer mittleren Länge von 25 bis<br />
40 Metern und einer Breite bis zehn Meter oder mehr werden<br />
auch Formiersiebe genannt. Die Auswahl der Siebe erfolgt in<br />
engen Toleranzen nach den verwendeten Faser- und Füllstoffen<br />
und den zu produzierenden <strong>Papier</strong>sorten und Qualitäten.<br />
Die erste Walze am Sieb nach dem Ausströmschlitz des Stoffauflaufes<br />
ist die so genannte Brustwalze. In Richtung des Sieblaufes<br />
folgen der Siebtisch, Entwässerungsleisten (Foils), Nasssauger,<br />
Kastensauger (Leistensauger und Lochsauger) und schließlich<br />
als letzte Walze im Siebteil die Siebsaugwalze, die zusammen<br />
mit der Siebumkehrwalze das Sieb antreibt. Zur Steuerung der<br />
Entwässerung und zur Regulierung des Sieblaufes sind eine<br />
Siebspanneinrichtung und ein Sieblaufregler erforderlich. Die<br />
Entwässerung der Fasersuspension und des Faservlieses erfolgt<br />
durch Schwerkraftwirkung, die durch die saugende Wirkung von<br />
Streichleisten und den Unterdruck von Nasssaugern, Kastensaugern<br />
und den Saugkammern der Siebsaugwalze geregelt, beschleunigt<br />
und verstärkt wird. Über Siebleitwalzen wird das Sieb<br />
von der Siebumkehrwalze zur Brustwalze zurückgeführt und in<br />
diesem Bereich durch Spritzrohre gereinigt.<br />
::: Ein Sieb ist ein feines, endloses Gewebe. Entscheidend für die<br />
<strong>Papier</strong>produktion sind seine Oberflächenstruktur und die<br />
Anordnung der Entwässerungskanäle
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
Egoutteur und Wasserzeichen<br />
Nach den ersten Flachsaugern kann sich auf der<br />
Sieboberseite eine mit einem feinen Siebgewebe<br />
überzogene Walze mit einem großen Durchmesser<br />
befinden, der sogenannte Egoutteur. Dieser hat einerseits<br />
die Aufgabe, die Durchsicht der <strong>Papier</strong>bahn<br />
zu verbessern und dient andererseits zur Erzeugung<br />
von einfachen Wasserzeichen.<br />
Wasserzeichen<br />
Unter Wasserzeichen versteht man Zeichnungen im <strong>Papier</strong>, die durch<br />
unterschiedliche Masseverteilungen hervorgerufen werden. Echte<br />
Wasserzeichen, zum Beispiel für Banknotenpapier, werden unmittelbar<br />
bei der Blattbildung mit Rundsiebzylindern oder durch aufgelötete/aufgenähte<br />
Drähte am Siebgewebe des Egoutteurs hergestellt. Unechte<br />
Wasserzeichen werden nach der Pressenpartie in das noch nasse <strong>Papier</strong><br />
geprägt (Moletten) oder außerhalb der Maschine durch Bedrucken mit<br />
transparent machenden Ölen bzw. Wachsen erzeugt.<br />
Nach der Siebsaugwalze hat die <strong>Papier</strong>bahn durch<br />
fortlaufende Entwässerung einen Trockengehalt<br />
von ca. 20 Prozent erreicht. Sie kann nun entweder bei schmalen, langsam<br />
laufenden <strong>Papier</strong>maschinen durch freien Zug vom Sieb abgenommen und<br />
auf den ersten Pressfilz überführt werden (offene Bahnabnahme), oder sie<br />
wird von einem Abnahmefilz mittels einer Abnahmesaugwalze vom Sieb<br />
abgenommen und in die Pressenpartie überführt (Pick-up).<br />
Doppelsiebmaschinen<br />
::: Echte Wasserzeichen sind aufwendig in der<br />
Produktion und zeugen von höchster Qualität.<br />
Bei Doppelsiebmaschinen wird der Stoffstrahl aus der Düse des Stoffauflaufs<br />
direkt zwischen die beiden Siebe gerichtet. Das Blatt wird auf beiden Seiten<br />
geführt. Die Entwässerung erfolgt beidseitig. Auf diese Weise werden höchste<br />
Entwässerungsleistungen und Produktionsgeschwindigkeiten<br />
erzielt, wobei das hervorstechende Qualitätsmerkmal<br />
gleiche Oberflächeneigenschaften beider<br />
GAP-<br />
FORMER<br />
Obersieb<br />
Siebsaugwalze<br />
Hochvakuumsauger<br />
Pick-up<br />
Sauger<br />
Formierwalze<br />
Untersieb<br />
Brustwalze<br />
Forming Box
<strong>Papier</strong>produktion :: 37<br />
<strong>Papier</strong>seiten sind. Solche Doppelsiebsysteme (Gapformer) werden<br />
deshalb vor allem für die Erzeugung von Druckpapieren bei hohen<br />
Produktionsgeschwindigkeiten eingesetzt. Die Hybridformer<br />
gehören ebenfalls zur Familie der Doppelsiebformer. Allerdings<br />
beginnt die Siebanordnung hier mit einer Langsiebzone bevor<br />
das zweite Sieb aufgesetzt wird. Damit können die Entwässerungskapazität<br />
eines Langsiebes erheblich gesteigert und die<br />
Blattbildung verbessert werden.<br />
300<br />
Meter<br />
können <strong>Papier</strong>maschinen<br />
lang sein<br />
und Jahreskapazitäten<br />
von einer<br />
Million Tonnen<br />
erreichen.<br />
Rundsiebmaschinen<br />
Im Falle der Rundsiebmaschine, bei Rundsiebformern, erfolgt die<br />
Bildung des Faservlieses, die Blattbildung, auf einem mit einem<br />
Sieb bespannten, rotierenden Siebzylinder, von dem die nasse<br />
<strong>Papier</strong>bahn von einem Abnahmefilz mittels einer Abnahmewalze<br />
gelöst wird. Bei älteren Kartonmaschinen sind oft mehrere<br />
Rundsiebzylinder hintereinander geschaltet. Der gemeinsame<br />
Abnahmefilz nimmt nacheinander die einzelnen Lagen auf, die<br />
auch aus verschiedenen Stoffzusammensetzungen bestehen<br />
können. Nach dem letzten Rundsiebzylinder werden die einzelnen<br />
Lagen zur endgültigen Bahn zusammen gegautscht.<br />
Pressenpartie<br />
In der Pressenpartie wird durch mechanische Pressung zwischen<br />
hydraulisch belasteten Walzen die <strong>Papier</strong>bahn zusammen<br />
mit dem Filz gepresst und weiter entwässert. Dazu werden endlos<br />
gefertigte Nassfilze eingesetzt, die das <strong>Papier</strong> unbeschädigt<br />
durch diesen Teil der <strong>Papier</strong>maschine transportieren und eine<br />
gleichmäßige Druckübertragung im Pressnip gewährleisten.<br />
Das durch den Druck im Pressnip aus dem <strong>Papier</strong> ausgepresste<br />
Wasser wird vom Pressfilz aufgenommen. Dieses Wasser wird<br />
kurzzeitig gespeichert und dann wieder abgegeben.<br />
Je nach <strong>Papier</strong>sorte, Ausführung der Pressenpartie und Geschwindigkeit<br />
werden am Ende der Pressenpartie unterschiedliche<br />
Trockengehalte bis über 50 Prozent erreicht. Damit diese<br />
Filze wieder sauber und trocken in die Presszone der Walzenpressen<br />
zurückgelangen, werden sie während des Betriebes mit<br />
speziellen Einrichtungen kontinuierlich gereinigt. Die Entfernung<br />
des Wassers ist auch durch die Anwendung von Unterdruck<br />
(Saugpresse), gerillte Walzen oder Schuhpressen möglich.<br />
Zur Steigerung des Trockengehalts kann eine Walze durch einen<br />
Druckschuh (Schuhpresse) getauscht werden, wodurch auf<br />
Grund der größeren Berührungsfläche im Pressspalt eine längere<br />
Presszeit erreicht wird. In der Trockenpartie können dadurch<br />
bis zu 40 Prozent Dampf eingespart werden.<br />
::: Mithilfe der Pressenpartie können<br />
Trockengehalte bis über 50 Prozent<br />
erreicht werden.<br />
Prinzipschema moderne Schuhpresse<br />
Druckverlauf<br />
Nip-Länge<br />
Presswalze<br />
Walzenbezug<br />
Pressschuh<br />
Filz<br />
Öldruck
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
Trockenpartie<br />
Anschließend gelangt die <strong>Papier</strong>bahn in die Trockenpartie.<br />
Sie wird von Trockensieben über eine Reihe<br />
von Trockenzylindern geführt. Die Temperaturen der<br />
Trockenzylinderoberflächen steigen bis zur Mitte<br />
der Trockenpartie auf 90 bis 120 Grad Celsius an und<br />
fallen dann bis zu den Kühlzylindern wieder ab.<br />
Den Trockensieben wird die aus den <strong>Papier</strong>en aufgenommene<br />
Feuchtigkeit mittels Heißluftblaswalzen<br />
oder Heißluftblaskästen entzogen. Über der ganzen<br />
Trockenpartie befindet sich eine Dunsthaube, in der<br />
die entstandenen Wasserdampfschwaden mittels<br />
Gebläsen abgesaugt werden. Die darin enthaltene<br />
Wärme kann über Wärmetauscher zurück gewonnen<br />
werden. Zur Steigerung der Trocknungsleistung<br />
sind manche Trockenzylinder mit Heißluft-Hochleistungstrockenhauben<br />
umgeben. Mit diesen Hauben<br />
wird heiße Luft auf die <strong>Papier</strong>bahn geblasen. Gleichzeitig<br />
werden die dabei entstehenden Feuchtigkeitsschwaden<br />
von der <strong>Papier</strong>bahn abgesaugt. Daneben<br />
wird auch die Infrarot-Strahlungstrocknung vornehmlich<br />
nach der Leimpresse oder nach Streichaggregaten<br />
angewendet.<br />
Für die Herstellung von einseitig glatten <strong>Papier</strong>en<br />
und Karton wird an der Stelle, an der die Bahn einen<br />
Trockengehalt von circa 60 Prozent besitzt, ein großer<br />
::: Erst eine konditionierte Trocknung der <strong>Papier</strong>bahn<br />
ermöglicht die Aufrollung und die Weiterverarbeitung.<br />
Trockenzylinder mit einem Durchmesser von bis zu sieben Meter, der so<br />
genannte Glättzylinder, angeordnet. Durch den Druck auf die hochglanzpolierte<br />
Zylinderoberfläche entsteht auf der <strong>Papier</strong>bahnoberfläche gleichsam<br />
ein Abdruck und das <strong>Papier</strong> erhält Glanz und Glätte.<br />
Bei der Erzeugung von Druckpapieren, aber auch bei der Erzeugung von<br />
Wellpapperohpapieren, kann am Ende des zweiten Drittels der Trockenpartie<br />
ein Auftragsaggregat zur Oberflächenleimung, die Leimpresse, angeordnet<br />
werden. Mit diesem wird eine Stärkelösung oder ein synthetisches<br />
Leimungsmittel (Kunstharzdispersion) aufgetragen. Bei der Herstellung<br />
von maschinengestrichenen <strong>Papier</strong>en und Kartonen kann mit modifizierten<br />
Streichaggregaten ein Pigmentstrich aufgebracht werden. Der Pigmentstrich<br />
selbst ist eine wässrige Dispersion bestehend aus Pigmenten wie<br />
zum Beispiel Kaolin, Calciumcarbonat oder Titandioxid und Bindemitteln<br />
wie Stärke, Kasein oder Kunstharzdispersionen.<br />
Prinzipschema Trockenpartie<br />
50 % 5 %<br />
::: Die Aufrollung bildet das Ende einer <strong>Papier</strong>maschine.
<strong>Papier</strong>produktion :: 39<br />
Innenlage Schonschicht Decke<br />
© Das <strong>Papier</strong> Buch<br />
Rücken<br />
Die <strong>Papier</strong>bahn kann für ein gleichmäßiges Dickenprofil und<br />
zur Erzielung der gewünschten Maschinenglätte durch ein<br />
Walzenglättwerk (siehe dazu Kapitel Satinieren) geführt werden.<br />
Schließlich wird die fertige <strong>Papier</strong>- oder Kartonbahn am<br />
Rollapparat auf Walzen, so genannte Tamboure, aufgewickelt.<br />
Kartonproduktion<br />
Unter Karton versteht man <strong>Papier</strong>werkstoffe mit Flächengewichten<br />
zwischen 150 und 500 g/m 2 . Wie bei der Produktion<br />
von <strong>Papier</strong> wird das Blatt auf Lang- oder Rundsieben gebildet,<br />
allerdings werden bei der Produktion von mehrlagigem Karton<br />
mehrere dieser Einheiten hintereinandergeschaltet und zum<br />
Schluss zu einer endgültigen Bahn zusammengegautscht, d.h.<br />
im nassen Zustand verpresst. Dieses Verfahren erlaubt die Verwendung<br />
verschiedener Fasersorten für verschiedene Lagen.<br />
Meist wird die Decklage aus gebleichtem Zellstoff sowie aus<br />
holzfreiem oder holzhaltigem hellen sauberen Sekundärfasern<br />
aus Altpapier hergestellt. In den inneren Lagen werden Sekundärfaserstoffe<br />
aus gemischten Altpapieren, wie Wellpappen,<br />
Faltschachteln und Zeitungen, verwendet.<br />
Hochwertige Kartone verwenden in<br />
der Einlage Holzstoffe.<br />
Blattbildungsteilung<br />
einer<br />
MEHRLAGEN-<br />
KARTON-<br />
MASCHINE<br />
Hygienepapierproduktion<br />
Als Hygienepapiere werden Toilettenpapiere, Taschentücher,<br />
Küchentücher, Servietten und Kosmetiktücher bezeichnet. Die<br />
Erzeugung erfolgt auf schnell laufenden Selbstabnahme-Tissue-<strong>Papier</strong>maschinen,<br />
die zum Unterschied von konventionellen<br />
Langsiebpapiermaschinen über ein kurzes Sieb oder ein<br />
Doppelsieb, einen Filz und einen so genannten Yankee-Trockenzylinder<br />
mit aufgesetzter Gas-Trockenhaube verfügen. Die am<br />
Abnahmefilz haftende <strong>Papier</strong>bahn wird mit der <strong>Papier</strong>unterseite<br />
durch zwei Anpresswalzen an die Oberfläche des dampfbeheizten<br />
Yankee-Zylinders mit einem Durchmesser von bis zu<br />
sieben Metern angedrückt und durch zusätzliches Aufblasen<br />
von Heißluft fertig getrocknet. Charakteristisch für die Hygienepapiererzeugung<br />
ist die Kreppung des relativ leichten trockenen<br />
<strong>Papier</strong>s auf dem Trockenzylinder. Dabei läuft das <strong>Papier</strong> auf<br />
einen Kreppschaber auf, wird gestaucht und mit entsprechend<br />
geringerer Geschwindigkeit vom Trockenzylinder abgelöst und<br />
am Poperoller aufgewickelt. Trocken gekreppte <strong>Papier</strong>e sind<br />
weicher und saugfähiger. Sie werden auch als Tissue bezeichnet.<br />
Als Rohstoff werden sowohl Zellstoff und Holzschliff als auch<br />
Altpapier eingesetzt.<br />
Düsenhaube<br />
PRINZIPSCHEMA<br />
Tissuemaschine<br />
Nach der Vergautschung der Lagen<br />
wird bei der Kartonproduktion<br />
weiter wie bei der <strong>Papier</strong>produktion<br />
verfahren.<br />
Sieb<br />
Stoffauflauf<br />
Filz<br />
Sauganpresswalze<br />
Kreppzylinder<br />
Schaber<br />
Roller
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
Veredelung<br />
Durch Streichen oder Satinieren erreicht man eine gleichmäßigere <strong>Papier</strong>oberfläche.<br />
Dies führt zu besserer Bedruckbarkeit und höherem Glanz des <strong>Papier</strong>s.<br />
Strich<br />
Strich<br />
© IPZ - TU Graz<br />
Streichen<br />
Die Oberflächen ungestrichener <strong>Papier</strong>e weisen Vertiefungen,<br />
Poren und Faserbögen auf, diese können durch mehrmaliges<br />
Streichen mit einer Pigmentfarbe ausgefüllt werden. Durch eine<br />
gleichmäßigere und geschlossene <strong>Papier</strong>oberfläche wird die<br />
Bedruckbarkeit verbessert und das <strong>Papier</strong> erhält mehr Glätte,<br />
Glanz und Weiße.<br />
Satinieren<br />
::: <strong>Papier</strong>querschnitte – Links: ungestrichenes <strong>Papier</strong>,<br />
Rechts: beidseitig gestrichenes <strong>Papier</strong><br />
Hauptbestandteil der Streichfarbe sind Pigmente. Die wichtigsten<br />
Pigmente sind Kreide (Calciumcarbonat) und Kaolin. Die<br />
Pigmente werden mit Dispergatoren zu einer „Slurry“ angerührt<br />
und mit Bindemitteln versetzt. Weiters können noch Farben, optische<br />
Aufheller und andere Hilfsstoffe zugegeben werden. Die<br />
Bindemittel dienen dazu, die Pigmente im getrockneten Strich<br />
am <strong>Papier</strong> zu binden, damit sie bei der Weiterverarbeitung nicht<br />
stauben und beim Drucken nicht „aufgerupft“ werden. Dieser<br />
Veredelungsprozess kann innerhalb der <strong>Papier</strong>maschine (online)<br />
oder in einem eigenen Arbeitsgang am fertigen Rohpapier<br />
erfolgen (offline).<br />
PRINZIPSCHEMA<br />
JANUS-<br />
KALENDER<br />
Auch der Glanz eines <strong>Papier</strong>s kann für bestimmte Drucksorten<br />
eine besondere Rolle spielen. Glänzende Oberflächen erreicht<br />
man durch Satinieren mit Kalandern. Kalander sind Maschinen,<br />
die durch Einwirkung von Druck und Wärme mit Walzensystemen<br />
die <strong>Papier</strong>oberfläche einebnen und damit eine glatte<br />
glänzende Oberfläche bewirken. Mit der Kalandrierung ist immer<br />
auch eine Verdichtung des <strong>Papier</strong>s verbunden. Herkömmliche<br />
Kalander bestehen aus zwölf bis vierzehn übereinander liegenden<br />
Walzen, die abwechselnd weich aus Kunststoff und hart aus<br />
Stahl sind. Durch die Walkwirkung zwischen den weichen und<br />
harten Walzen werden die Unebenheiten schonend in Verbindung<br />
mit der Temperatur ins <strong>Papier</strong> „einbügelt“. Für die Online-Satinage<br />
von Druckpapieren mit geringer Glätte reichen oft<br />
schon Kalander mit zwei Spaltdurchgängen aus, höhere Qualitäten<br />
werden mit fünf bis elf Nips bis hin zu 19 Nips für Silikonrohpapiere<br />
und Pergaminpapiere erreicht.<br />
Je nach Anwendungsgebiet wurden eigene Kalandertypen<br />
entwickelt. Superkalander werden zur Erzeugung hochwertiger<br />
Druck- und Spezialpapiere allerdings nur im Offline-Betrieb eingesetzt.<br />
Softkalander laufen im Online-Betrieb für die Satinage<br />
hochwertiger Massendruckpapiere. Der Janus-Kalander verbindet<br />
die Qualitäten des Superkalanders mit der Wirtschaftlichkeit<br />
des Online-Betriebs. Mattkalander erzeugen bei relativ<br />
hoher Glätte matte Oberflächen bei hochwertigen gestrichenen<br />
Druckpapieren. Glättwerke werden in <strong>Papier</strong>maschinen nach der<br />
Trockenpartie für Standardpapierqualitäten, bzw. zum Vorglätten<br />
und Kalibrieren der Dicke von Streichrohpapieren, eingesetzt.
Ausrüstung & Automation :: 41<br />
Ausrüstung<br />
Automation<br />
Das fertige <strong>Papier</strong> wird am Ende in das vom Kunden gewünschte<br />
Format gebracht, dies kann in Rollen oder Bögen erfolgen.<br />
Zur Erfüllung der an das Endprodukt gestellten Anforderungen sind<br />
bei der <strong>Papier</strong>herstellung viele Einflussgrößen in engen Grenzen<br />
zu halten. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe hat die Mess- und<br />
Regeltechnik einen maßgeblichen Anteil.<br />
Rollen<br />
Prozessleitsysteme<br />
Mittels Rollenschneidmaschinen wird das fertige <strong>Papier</strong> in<br />
kundengerechte Rollen geschnitten und aufgerollt. Der Längsschnitt<br />
erfolgt mittels Kreismesser. Falten und Beschädigungen<br />
werden dabei entfernt, eventuelle <strong>Papier</strong>bahnrisse geklebt.<br />
Dann kommen sie zur Rollenpackmaschine oder, wenn sie für<br />
Formatpapiere bestimmt sind, ins Rollenzwischenlager.<br />
Format<br />
Wird das <strong>Papier</strong> in Bögen geliefert, so werden die Rollen am<br />
Querschneider der Breite nach auf das gewünschte Format<br />
geschnitten. Heute werden Fertigformat und Kleinformatquerschneider<br />
eingesetzt, die in einem Arbeitsgang aus den<br />
<strong>Papier</strong>rollen fertige Kleinformate schneiden. Diese werden anschließend<br />
in einer direkt angeschlossenen, kontinuierlich und<br />
vollautomatisch arbeitenden Verpackungsstraße in fertige Riese<br />
verpackt. Nur wenn ein ganz besonders sauberer Schnitt gewünscht<br />
wird, es sich um ein Sonderformat oder um Wasserzeichenpapiere<br />
handelt, werden die <strong>Papier</strong>bögen am Planschneider<br />
mit einem Messerbalken geschnitten.<br />
Die Weiterentwicklung der Regeltechnik führte zur Prozesssteuerung<br />
durch die Prozessleitsysteme. Kernelement ist dabei<br />
ein elektronischer Prozessrechner. Heute werden üblicherweise<br />
„Online-Messverfahren“ eingesetzt, die mit Prozessleitsystemen<br />
verknüpft sind. Diese Systeme bestehen aus den Messgeräten<br />
(Sensoren), die die gewünschten Eigenschaften an der laufenden<br />
<strong>Papier</strong>bahn erfassen, wie zum Beispiel Flächenmaße, Dicke,<br />
Feuchtigkeit, Strichstärke, Glätte oder Farbort.<br />
Außerdem gehören dazu Eingabe- und Ausgabeeinheiten<br />
mit Bedienungsstationen, Bildschirmen und Schnelldruckern,<br />
die die empfangenen Impulse in den Programmen entsprechend<br />
verarbeiten. Die Ausgangssignale wirken dann auf die Regelorgane<br />
wie Stoffschieber, Dampfventile oder Drehzahlregler ein.<br />
Die Korrekturen werden aufgezeichnet und dokumentiert. Diese<br />
Leitsysteme ermöglichen es, sämtliche Regler in einem Prozessablauf<br />
aufeinander abzustimmen und die Qualitätsvorgaben<br />
präzise einzuhalten. Durch Simulationsprogramme arbeiten diese<br />
Systeme noch exakter und schneller. Der Produktionsprozess<br />
wird damit beschleunigt, stabilisiert und so vorausberechenbar.<br />
Bei einem Sortenwechsel werden durch diese Systeme die Sollwerte<br />
schneller erreicht und Ausschussmengen minimiert.<br />
::: <strong>Papier</strong>rollen werden für die Kunden in jede gewünschte Breite geschnitten.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
<strong>Papier</strong>erzeugung<br />
<strong>Papier</strong>eigenschaften &<br />
Qualitätssicherung<br />
<strong>Papier</strong>eigenschaften<br />
::: Wichtige Eigenschaften des <strong>Papier</strong>s<br />
werden laufend geprüft.<br />
Die <strong>Papier</strong>eigenschaften sind für den Gebrauch der Produkte, aber<br />
auch für die <strong>Papier</strong>verarbeitung und das Bedrucken relevant. Für<br />
jeden Anwendungsbereich werden spezifische Eigenschaften<br />
gefordert, die mit Hilfe der Stoffzusammensetzung aus Zellstoff,<br />
Holzstoff, Sekundärfasern, Füllstoffen, Pigmenten und Hilfsstoffen,<br />
der Stoffaufbereitung und der spezifischen Verfahrenstechnik<br />
bei der <strong>Papier</strong>herstellung erreicht werden. Beispiele von <strong>Papier</strong>eigenschaften<br />
sind etwa: Reißfestigkeit, Bruchkraft, Biegefestigkeit,<br />
Kantenstauchwiderstand, Doppelfalzzahl, Dimensionsstabilität,<br />
Saugfähigkeit, Weißgrad, Opazität, Transparenz, Wärmeleitfähigkeit,<br />
Oberflächenwiderstand und Leitfähigkeit.<br />
Qualitätssicherung<br />
::: In den Labors der <strong>Papier</strong>fabriken werden alle Stoffkomponenten<br />
kontinuierlichen Prüfungen unterzogen.<br />
Qualitätssicherung<br />
Die Qualitätsnormenreihe ISO 9000 der Internationalen<br />
Standardisierungsorganisation umfasst System- bzw. Organisationsnormen,<br />
in denen die Qualitätssicherung für<br />
betriebliche Abläufe von Entwicklung, Produktion, Montage,<br />
Kundendienst, Marketing und Administration umfassend<br />
beschrieben werden. Sie enthalten formalistisch die<br />
allgemeinen Anforderungen und Rahmenbedingungen<br />
für die Ablauforganisation sowie für die Vorgangsweisen<br />
der Qualitätssicherung und deren Dokumentation. Ein<br />
Audit, das in eine abschließende Zertifizierung mündet,<br />
sichert dem Kunden einen genau definierten Standard<br />
für die Erfüllung der angestrebten Produktqualität zu.<br />
Alle Stoffkomponenten, Prozesse, Produkte und Reststoffe werden<br />
kontinuierlichen Prüfungen unterzogen. Die Prüffelder sind Eingangskontrolle,<br />
Prozesskontrolle und Ausgangskontrolle. Die Ausgangskontrolle<br />
beinhaltet aber nicht nur die Qualitätssicherung<br />
der erzeugten Produkte, sondern auch die Prüfung von Abwasser,<br />
Abluft und Reststoffen. Die Wareneingangskontrolle bezieht sich<br />
auf alle eingesetzten Stoffe, einschließlich des Frischwassers und<br />
der Primärenergieträger. Die Prüfung der Qualität geschieht im<br />
Produktionsprozess laufend durch Messgeräte, die in den Maschinen<br />
eingebaut sind oder durch Prüfungen von Mustern mit Hilfe<br />
von Laborprüfgeräten und nicht zuletzt durch visuelle Kontrolle<br />
anhand vorgegebener Vergleichsstandards. Die chemische Analytik<br />
wird in der Zellstoff- und <strong>Papier</strong>industrie hauptsächlich für<br />
die Produktions- und Qualitätskontrolle bei Untersuchungen zur<br />
verfahrenstechnischen Optimierung und Prüfung im Rahmen<br />
gesetzlicher Vorgaben eingesetzt. Viele dieser Methoden wurden<br />
speziell für die <strong>Papier</strong>industrie entwickelt.Das Wesen der Prüfungen<br />
liegt darin, dass für die physikalischen, chemischen und<br />
mikrobiologischen Kriterien Soll-Werte vorgegeben werden, an<br />
denen sich die Ist-Werte zu orientieren haben. Um die Reproduzierbarkeit<br />
der Ist-Werte zu gewährleisten, wurden nationale und<br />
internationale Prüfnormen geschaffen.
Verpackung & Transport :: 43<br />
Verpackung &<br />
Transport<br />
<strong>Papier</strong>verpackung<br />
5 Mio.<br />
TONNEN<br />
Druck-, Verpackungsund<br />
Spezialpapiere werden<br />
in Österreich jährlich<br />
hergestellt.<br />
<strong>Papier</strong>rollen, die als solche in den Versand gehen, werden mittels<br />
einer Rollenpackmaschine mit Packpapier oder Kunststofffolie<br />
umwickelt und mit Stirndeckeln versehen. Handelt es sich um<br />
Spezialpapiere, werden sie außerdem auf Paletten gestapelt.<br />
Das bei uns gängigste <strong>Papier</strong>format ist A4 , aber auch alle anderen<br />
vom Kunden gewünschten Formate werden zum Beispiel<br />
in „Riese“ à 250 oder 500 Bögen mit teilweise beschichtetem<br />
<strong>Papier</strong> oder speziellen Kunststofffolien verpackt, um dem Kunden<br />
das Handling zu erleichtern und Feuchtigkeit, oder Schmutz<br />
fernzuhalten. Mehrere Riese werden dann in Schachteln verpackt<br />
und palettiert.<br />
Solche Riese und Formatstapel erhalten noch eine Transportverpackung<br />
und das Ganze wird mit Polyethylen-Schrumpffolie<br />
eingewickelt. Beim Einschrumpfen zieht sich die Folie fest um<br />
den Stapel und verhindert einerseits das Verrutschen der <strong>Papier</strong>pakete<br />
und andererseits die Veränderung des Feuchtigkeitsgehalts<br />
der <strong>Papier</strong>bögen.<br />
::: Die geschnittenen <strong>Papier</strong>rollen werden automatisch<br />
zu ihren Lagerplätzen geführt.<br />
Versand<br />
Das <strong>Papier</strong> wird im Versandlager nach Bestimmungsorten<br />
sortiert, für den LKW- bzw. Waggontransport zusammengestellt<br />
und mit Staplern verladen. Nicht nur die Produkte müssen in<br />
einwandfreiem Zustand rechtzeitig den Kunden erreichen, auch<br />
die Rohstoffe müssen zeitgerecht angeliefert werden.<br />
Etwa zwei Drittel der Transportmenge entfallen auf Bezüge von<br />
Roh-, Hilfs- und Brennstoffen, rund ein Drittel auf die Auslieferung<br />
der Erzeugnisse. Nahezu die Hälfte des gesamten Transportvolumens<br />
der österreichischen <strong>Papier</strong>industrie wird auf der<br />
Schiene befördert. Dennoch nehmen auch die LKW-Transporte<br />
einen hohen Stellenwert ein. Die Anlieferung der Durchforstungshölzer<br />
aus der näheren Umgebung ist oft nur mit LKW<br />
möglich. Auch haben nicht alle Kunden der <strong>Papier</strong>industrie<br />
einen Bahnanschluss.<br />
::: Formatpapier, wie man sie im <strong>Papier</strong>fachhandel<br />
vorfindet, werden für den Transport in<br />
sogenannte Riese (500 Blatt) verpackt.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Geschichte<br />
<strong>Papier</strong>macherhandwerk<br />
Papyrus<br />
Das <strong>Papier</strong> leitet seinen Namen von der Papyrusstaude ab, dem Rohmaterial<br />
der altägyptischen Schriftrollen. Schon vor über fünftausend Jahren<br />
fertigten die Ägypter aus dem Mark der Stängel der Papyrusstaude dünne,<br />
möglichst breite und lange Streifen.<br />
Pergament<br />
Der vermutlich älteste Schriftträger, der auch noch bis in die Neuzeit für<br />
kostbare Bücher und wichtige Urkunden Anwendung findet, ist das Pergament,<br />
eine mit Pottasche oder Kalk gebeizte und geglättete Tierhaut. Pergament<br />
löste Papyrus ab dem vierten und fünften Jahrhundert nach Christus<br />
als Schreibmaterial im europäischen Kulturraum ab.<br />
::: Tsai Lun berichtete als Erster<br />
über die <strong>Papier</strong>herstellung.<br />
Die Ägypter<br />
fertigten schon<br />
vor 5000 Jahren<br />
papierähnliche<br />
Streifen aus<br />
Papyrus.
<strong>Papier</strong>macherhandwerk :: 45<br />
Chinesische Anfänge<br />
Obwohl schon vorher <strong>Papier</strong> aus Fasern hergestellt<br />
wurde, stammt die erste schriftliche Aufzeichnung<br />
über ein Verfahren zur Herstellung einer Urform des<br />
heutigen <strong>Papier</strong>s aus dem Jahr 105 nach Christus. Der<br />
chinesische kaiserliche Hofbeamte Tsai Lun berichtete<br />
über die <strong>Papier</strong>herstellung aus verschiedenen<br />
Pflanzenfasern unter Mitverwendung von Hadern<br />
und verwies damit in eine Richtung, die über fast<br />
zwei Jahrtausende der grundlegende Weg zur <strong>Papier</strong>herstellung<br />
blieb. Die Kunst der <strong>Papier</strong>herstellung<br />
verbreitete sich zunächst nach Korea (sechstes Jahrhundert)<br />
und Japan (achtes Jahrhundert), wo sich<br />
eine sehr anspruchsvolle <strong>Papier</strong>kultur entwickelte.<br />
::: Kostbare alte Bücher aus Pergament faszinieren noch heute.<br />
Arabische Vermittler<br />
Von der Handpapiermacherei zur <strong>Papier</strong>mühle<br />
An diese erste Epoche der <strong>Papier</strong>herstellung innerhalb<br />
des chinesischen Kulturkreises schließt sich als<br />
zweite die arabisch-maurische Epoche der <strong>Papier</strong>erzeugung<br />
an. Durch einen Krieg zwischen Chinesen<br />
und Arabern kam die Kunst des <strong>Papier</strong>schöpfens<br />
Mitte des achten Jahrhunderts nach Arabien. Unverkennbar<br />
war es der Besitz des <strong>Papier</strong>s, der im arabischen<br />
Einflussbereich die Schreibkultur, das Schulwesen,<br />
die Gelehrsamkeit und die Literatur zu mächtiger<br />
Entfaltung brachte. Der Besitz des <strong>Papier</strong>s ließ im<br />
islamischen Kulturkreis das Schreib- und Buchwesen<br />
aufblühen, Bibliotheken entstehen und die Araber zu<br />
Vermittlern zwischen Orient und Okzident werden.<br />
Im Mittelalter brachten die Araber die <strong>Papier</strong>macherkunst nach Spanien. Im<br />
Jahre 1144 wurde in Xàtiva bei Valencia das erste <strong>Papier</strong> auf europäischem<br />
Boden hergestellt. 1276 wird die erste <strong>Papier</strong>mühle in Fabriano in Italien<br />
urkundlich erwähnt. Die Italiener verwendeten erstmals zum Zerfasern der<br />
Hadern durch Wasserkraft bewegte Stampfwerke mit mehreren Hämmern,<br />
die durch ein großes Wasserrad (Mühlrad) angetrieben wurden. Daher rührt<br />
der Name <strong>Papier</strong>mühle.<br />
Das älteste in Österreich hergestellte Blatt <strong>Papier</strong> wurde im Archiv des Stifts<br />
Heiligenkreuz gefunden. Man nimmt an, dass dieses Blatt in jener <strong>Papier</strong>mühle<br />
geschöpft wurde, die Jan der Turs von Rauhenegg um das Jahr 1321<br />
in Leesdorf bei Baden gegründet haben soll. Urkundlich nachweisbar sind<br />
diese ersten <strong>Papier</strong>mühlen in Österreich: 1469 an der Traisen bei St. Pölten,<br />
1498 bei Wiener Neustadt, 1513 Leesdorf bei Baden, 1517 bei Graz.<br />
Einen besonderen Aufschwung nahm die <strong>Papier</strong>erzeugung nach der Erfindung<br />
der Buchdruckerkunst durch Johannes Gensfleisch zum Gutenberg<br />
um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Folge davon war die Gründung vieler<br />
neuer <strong>Papier</strong>mühlen.<br />
Die Erfindung des Holländers<br />
::: Aus der Papyruspflanze wurde in der<br />
Antike ein wichtiger Beschreibstoff hergestellt.<br />
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts revolutionierte die Erfindung des Holländers<br />
die <strong>Papier</strong>herstellung. Ab dann wurde die Zerstampfung der Fasern<br />
durch von Holländern entwickelte Zylindermaschinen erledigt. Heute sind<br />
sie durch moderne, kontinuierlich arbeitende Mahlmaschinen ersetzt. Mit<br />
der handwerklichen Arbeitsweise des <strong>Papier</strong>schöpfens war die Produktionsmenge<br />
allerdings deutlich begrenzt.
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Geschichte<br />
Industrielle Erzeugung<br />
Roberts <strong>Papier</strong>maschine<br />
Im Jahre 1799 erfand der Franzose Nicolas-Louis Robert die<br />
erste <strong>Papier</strong>maschine. Damit konnte man erstmals eine längere<br />
feuchte <strong>Papier</strong>bahn erzeugen. Diese Maschine stellte die Urform<br />
unserer heutigen Langsiebpapiermaschinen dar.<br />
Nahezu gleichzeitig entwickelte Joseph Bramah (1805) die Rundsiebmaschine<br />
und im Jahre 1806 machte Moritz Friedrich Illig<br />
mit der Leimung des <strong>Papier</strong>stoffs in der Masse (Masseleimung)<br />
mittels Harz und Alaun eine weitere umwälzende Entdeckung,<br />
die insbesondere für die Fabrikation beschreibbarer <strong>Papier</strong>e von<br />
großer Bedeutung war. Allerdings verminderte sich wegen der<br />
sauren Fahrweise die Alterungsbeständigkeit dieser <strong>Papier</strong>e,<br />
eine der Ursachen für den Zerfall der alten Bücher in unseren<br />
Archiven.<br />
Das 19. Jahrhundert - Neue Rohstoffe<br />
Durch die Erfindung der <strong>Papier</strong>maschine verstärkte sich der<br />
schon im 18. Jahrhundert auftretende Rohstoffmangel der<br />
<strong>Papier</strong>mühlen.<br />
Dadurch wurden in dieser Zeit eine Reihe von<br />
Erfindungen gemacht:<br />
1843 Mechanische Zerfaserung<br />
des Holzes zu Holzschliff<br />
1854 Chemischer Aufschluss<br />
des Holzes zu Natronzellstoff<br />
1863-1878 Sulfitzellstoff<br />
1872 Bisulfitzellstoff<br />
1884 Sulfatzellstoff<br />
Diese bewirkten eine Revolutionierung der gesamten <strong>Papier</strong>herstellung<br />
und führten zu einem gewaltigen Wachstum der<br />
Produktionsmenge.<br />
In kurzer Folge entwickelten sich auch Spezialpapiermaschinen,<br />
etwa für leichtgewichtige <strong>Papier</strong>e für hygienische Zwecke oder<br />
für die mehrlagige Kartonerzeugung.<br />
Die Technologie des 20. und 21. Jahrhunderts<br />
Im Bestreben, die Blattbildung vor allem bei hohen Geschwindigkeiten<br />
zu verbessern, entstand in der zweiten Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts eine ganze Reihe verschiedener moderner Formen,<br />
die Neuerungen im <strong>Papier</strong>maschinenbau einleiteten.<br />
Auch wurde die Trockenblattbildungsmaschine erfunden,<br />
bei deren Blattbildungsverfahren das Wasser als Verteil- und<br />
Transportmittel durch Luft ersetzt wurde. Die Bahnbreiten<br />
der <strong>Papier</strong>maschinen und ihre Arbeitsgeschwindigkeiten und<br />
damit die Erzeugungsmengen wurden ebenfalls immer größer.<br />
::: Ein funktionsfähiger Nachbau der Robert’schen<br />
<strong>Papier</strong>maschine steht im <strong>Papier</strong>machermuseum<br />
in Steyrermühl.
Industrielle Erzeugung :: 47<br />
<strong>Papier</strong>geschichte<br />
Jahr Ereignis Erfinder/Land<br />
::: Moderne <strong>Papier</strong>maschinen können bis zu 300m lang sein<br />
und Jahreskapazitäten von einer Million Tonnen erreichen.<br />
Elektroantriebe, Mess- und Regeltechnik, Automation<br />
bis hin zu Prozessleitsystemen wurden eingeführt.<br />
<strong>Papier</strong>maschinen für holzfreie Schreib- und Druckpapiere<br />
laufen heute mit Spitzengeschwindigkeiten<br />
von 1.600 Metern pro Minute. Zeitungsdruckpapiermaschinen<br />
erreichen 2.000 Meter pro Minute, wobei<br />
Arbeitsbreiten von 10 Metern und mehr konstruktiv<br />
beherrscht werden. Hygienepapiermaschinen erzielen<br />
Spitzengeschwindigkeiten von 2.200 Metern<br />
pro Minute. Die größten <strong>Papier</strong>maschinen können<br />
heute 1.700 Tonnen <strong>Papier</strong> pro Tag erzeugen. Nicht<br />
nur in quantitativer Hinsicht vollzog sich damit eine<br />
rasante Entwicklung.<br />
Die an das Endprodukt <strong>Papier</strong> gestellten Anforderungen<br />
sind in den vielfältigen Anwendungsbereichen<br />
immer weiter gestiegen. Vergleicht man die<br />
heutigen <strong>Papier</strong>e mit ihren Vorgängern, so wird eine<br />
enorme Qualitätssteigerung deutlich.<br />
Die moderne Mess- und Regeltechnik gibt dem<br />
<strong>Papier</strong>macher die Möglichkeit, den gesamten Produktionsvorgang<br />
zu automatisieren und damit die<br />
Gleichmäßigkeit seiner Erzeugnisse zu gewährleisten.<br />
Der Einsatz von Computern macht die Verknüpfung<br />
der Rohstoff-, Prozess-, Produkt-, Qualitätssicherungs-,<br />
Umwelt- und Dispositionsdaten möglich und<br />
erlaubt so eine optimierte Produktionsführung.<br />
3500 Erste Papyri Ägypten<br />
200 Handgeschöpftes <strong>Papier</strong> China<br />
105 Erste Beschreibung Tsai Lun<br />
der <strong>Papier</strong>herstellung<br />
760 <strong>Papier</strong>herstellung in Arabien Turkestan<br />
1144 <strong>Papier</strong>herstellung in Spanien Xàtiva (Valencia)<br />
1276 <strong>Papier</strong>herstellung in Italien Fabriano (Ancona)<br />
1280 Erfindung des Wasserzeichens<br />
1321 <strong>Papier</strong>herstellung in Österreich Leesdorf (NÖ)<br />
1391 <strong>Papier</strong>herstellung in Deutschland Nürnberg (Franken)<br />
1450 Buchdruck mit Johannes zum Gutenberg<br />
beweglichen Lettern<br />
1469 <strong>Papier</strong>mühle St. Pölten (NÖ)<br />
1498 <strong>Papier</strong>mühle Wiener Neustadt (NÖ)<br />
1517 <strong>Papier</strong>mühle Graz (Stmk.)<br />
1670 Holländer<br />
1799 Langsiebpapiermaschine Nicolas-Louis Robert<br />
weiterentwickelt durch<br />
Fourdrinier und Donkin<br />
1805 Rundsiebpapiermaschine Joseph Bramah<br />
1806 Masseleimung Moritz Friedrich Illig<br />
1814 Doppelzylinderdruckmaschine Friedrich Gottlob Koenig<br />
1843 Holzschliff Friedrich Gottlob Keller<br />
1850 Glättwerk<br />
1854 Natron-Aufschlussverfahren Charles Watt/Hugh Burgess<br />
1860 Satinierkalander<br />
1866 Sulfit-Aufschlussverfahren Benjamin Tilghman<br />
weiterentwickelt durch<br />
Ekman und Mitscherlich<br />
1867 Schreibmaschine Charles Sholes<br />
1871 Wellpappe Albert Jones<br />
1872 Bisulfit-Aufschlussverfahren Carl Kellner<br />
1873 Kohlepapier<br />
1879 Faltschachtel Richard Gair<br />
1884 Sulfat-Aufschlussverfahren Carl Friedrich Dahl<br />
1900 <strong>Papier</strong>taschentücher<br />
1944 Programmspeicherung für Computer John von Neumann<br />
1946 Xerografie John Dessauer<br />
1955 Computer mit Transistortechnik<br />
1968 Erster Duo-Former für<br />
Doppelsiebblattbildung<br />
1990 Elementarchlorfreie Bleiche<br />
Total chlorfreie Bleiche<br />
1995 Erster Januskalander<br />
Erster Curtain Coater<br />
2010 Leichtgrammige Verpackungspapiere<br />
in der Verarbeitung<br />
2020 Neue Polymer-Materialien<br />
aus der Zellstoffproduktion<br />
<strong>Papier</strong>handwerk<br />
Industrielle <strong>Papier</strong>produktion<br />
<strong>Papier</strong>verarbeitung<br />
andere Erfindungen
unserpapier :: <strong>2019</strong><br />
Informationen<br />
Informationen<br />
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www.twitter.com/austropapier
Bildnachweise :: 49<br />
Bildnachweise<br />
Cover<br />
Seite 2<br />
Seite 4<br />
Seite 5<br />
Seite 10<br />
Seite 14<br />
Seite 15<br />
Seite 16<br />
Seite 17<br />
Seite 18<br />
Seite 19<br />
Seite 20<br />
Seite 21<br />
Seite 22<br />
Seite 23<br />
Seite 24<br />
Seite 25<br />
Seite 26<br />
Seite 27<br />
Seite 28<br />
Austropapier<br />
Essity Austria GmbH<br />
Mayr Melnhof<br />
Mondi Group<br />
Sappi Austria Produktions-GmbH & Co. KG<br />
Zellstoff Pöls AG<br />
shutterstock<br />
shutterstock<br />
Mondi Group<br />
Mondi Group<br />
Pixabay<br />
Mondi Group<br />
Mondi Group<br />
Foto Wallner<br />
UPM Kymmene Austria GmbH<br />
Austropapier<br />
Austropapier<br />
Voith Pressebild<br />
shutterstock<br />
Rail Cargo Austria<br />
Kunz-Foto<br />
Smurfit Kappa Nettingsdorf<br />
Voith Pressebild<br />
Austropapier<br />
Zellstoff Pöls AG<br />
Austropapier<br />
VDP<br />
Austropapier<br />
Austropapier<br />
Seite 29 Austropapier<br />
Seite 30 Voith Group<br />
Seite 31 VDP<br />
Seite 32 Mayr-Melnhof Karton GmbH<br />
Seite 33 Zellstoff Pöls AG<br />
Seite 34 Brigl & Bergmeister GmbH<br />
Pixelio<br />
Seite 35 Voith Pressebild<br />
Seite 36 Austropapier<br />
Baldinger<br />
Seite 37 Zellstoff Pöls AG<br />
Seite 38 M. Donner<br />
Kunzfoto<br />
Seite 40 TU Graz<br />
Seite 41 ZPK ASPI<br />
Seite 42 Delfort Group<br />
ZPK ASPI<br />
Seite 43 Mondi Group<br />
Seite 44 Mondi Group<br />
Seite 45 Hum.ku.dk<br />
Quick Shot / Shutterstock.com<br />
Seite 46 Foto Donner<br />
Seite 47 Zellstoff Pöls AG<br />
Seite 48 shutterstock<br />
Grafiken Austropapier,<br />
außer anders gekennzeichnet<br />
Bitte kontaktieren Sie vor Verwendung<br />
von Fotos und Grafiken den jeweiligen Urheber.
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95
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1. Wenn du möchtest, kannst du die beiden<br />
Teile der Blume mit Buntstiften bemalen.<br />
2. Schneide dann beide Teile entlang der strichlierten<br />
Linie aus, auch das Innere des größeren Blütenkranzes.<br />
3. Klebe beide Blütenteile an den drei kleinen<br />
Klebepunkten zusammen.<br />
4. Falte alle Blätter entlang der gepunkteten Linien und<br />
lege die Blüte in eine Schüssel mit Wasser.<br />
Was kannst du beobachten?<br />
Schon bald saugt das <strong>Papier</strong> Wasser auf und quillt. So öffnet<br />
sich die Blüte und wird zu einer schönen Blume. Das liegt am<br />
sogenannten Kapillareffekt.<br />
Erklärung<br />
<strong>Papier</strong> besteht aus lauter kleinen Holzfasern, die miteinander<br />
verflochten sind. Die winzigen Hohlräume zwischen den Fasern<br />
saugen sich an den Knickstellen mit Wasser voll. Denn dort,<br />
wo das <strong>Papier</strong> geknickt wurde, sind die Hohlräume besonders<br />
schmal und das Wasser kann gut „hochklettern“. Der Kapillareffekt<br />
tritt ein. Dadurch quellen die <strong>Papier</strong>blumen auf und das<br />
<strong>Papier</strong> richtet sich auf. Die Kapillarität ist es auch, die bewirkt,<br />
dass Bäume und Pflanzen das Wasser aus den Wurzeln hoch<br />
hinauf zu ihren Blättern leiten können.<br />
Teil 1<br />
Teil 2<br />
Klebepunkte
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braucht nachhaltige<br />
GESTALTUNG<br />
braucht nachhaltiges<br />
MATERIAL<br />
bringt nachhaltig<br />
FREUDE<br />
Beste Umweltperformance gepaart mit Funktionalität ohne Kompromisse sind die Erfolgsfaktoren, die unsere treuen Kunden an<br />
unseren Recyclingpapieren schätzen! <strong>Unser</strong>e jahrzehntelange ökologische Ausrichtung auf Kreislaufwirtschaft, regionale Beschaffung,<br />
sowie der Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen ermöglicht Produkte, die Freude bereiten. Großen Wert legen wir auch auf eine<br />
gute Sozialbilanz – gekennzeichnet durch verantwortungsvollen Umgang mit unseren Partnern, Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten.<br />
So erfüllen wir höchste Qualitätsansprüche – bestätigt durch zahlreiche Auszeichnungen und Zertifikate. www.lenzingpapier.com
www.austropapier.at