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Unbeschwerte Kindheit und Jugend<br />
in Löhne 1922 bis 1932<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts war Löhne in Westfalen ein Bauerndorf in<br />
der Hügellandschaft der Ravensberger Mulde, nicht weit von Herford<br />
und Minden. Die Werre tritt hier vom Westen kommend in die Niederung<br />
ein und strebt nach Osten der Weser entgegen. Der Niedergang<br />
der Leinenweberei hatte zur Verelendung der Bevölkerung geführt.<br />
Missernten und die zunehmende industrielle Mechanisierung waren die<br />
Ursachen.<br />
Die Erweckungsbewegung, welche das Minden-Ravensberger Land ab<br />
1750 erfasst hatte, half den Menschen zwar die Not besser zu ertragen,<br />
griff aber tief in das religiöse Leben der bäuerlichen Schichten ein. Die<br />
pietistische Enge und der Druck der Kirchenmänner ließen sie die bunten<br />
Trachten in schwarze austauschen und auf Hochzeiten der Tanzmusik<br />
entsagen. So breitete sich Fatalismus und Freudlosigkeit in dieser<br />
Gegend aus. Jeder zehnte Bewohner wanderte nach Amerika aus.<br />
Erst der Bau der ‚Köln-Mindener Eisenbahn‘ 1846/47 brachte für den<br />
Löhner Raum die Wende. In Löhne entstand einer der wichtigsten Eisenbahnknoten<br />
in Nordwestdeutschland. Hier zweigen die Strecken nach<br />
Osnabrück, Richtung Niederlande, ab und später auch die nach Hameln<br />
und Mitteldeutschland. ‚Löhne umsteigen‘ lautete der Drillbefehl, den<br />
Erich Maria Remarque in seinem Buch ‚Im Westen nichts Neues‘ nach<br />
dem Ersten Weltkrieg geprägt hatte.<br />
Der Bahnhof Löhne entwickelte sich nun zum Mittelpunkt einer werdenden<br />
Stadt, die heute durch Eingliederung der Gemeinden Gohfeld,<br />
Löhne-Ort, Mennighüffen, Obernbeck und Mennighüffen 41.000 Einwohner<br />
zählt.<br />
Wir vier Kinder wuchsen im Bahnhofsgebäude auf. Die zweigeschossige<br />
Wohnung in dem dunkelroten Klinkerbau, einem zurückgesetzten Flügel<br />
an der Seitenfront des Bahnhofsgebäudes, bot viel Platz für die Familie.<br />
Die Fenster der Südseite waren zu den Gleisanlagen gerichtet. Auch die<br />
Bahnsteige der höhergelegenen Bahntrasse konnte man vom Obergeschoss<br />
übersehen.<br />
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