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das handy als waffe
Das Internet hat unsere Gesellschaft von Grund auf verändert. Es hat sie in vielen
Hinsichten bereichert, doch auch zahlreiche Möglichkeiten für negative Einflüsse geöffnet.
Eines der wohl am meisten diskutierten Themen ist hier wohl das Cybermobbing.
Mit Cybermobbing ist das absichtliche
Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder
Belästigen anderer mithilfe von Internet-
und Mobiltelefondiensten über einen
längeren Zeitraum hinweg gemeint.
Natürlich, Hänseleien und Spott kamen
nicht erst mit dem Aufstieg des World
Wide Webs auf, doch die Verbreitung
von Hassbotschaften wurde dadurch
um ein Vielfaches einfacher. Aktuell
ist hier der Fall unserer neuen Justizministerin,
Dr. Alma Zadic, bekannt.
Sie wird wegen ihrer bosnischen
Herkunft angefeindet und ohne
jegliche Grundlage beispielsweise als
„muslimische Salafistensympathisantin“
(Quelle: Facebook) bezeichnet, obwohl
sie ohne religiöses Bekenntnis lebt.
Zeitenweise musste sie aufgrund der
massiven Drohungen und Anfeindungen
sogar unter Polizeischutz gestellt werden.
Doch Cybermobbing betrifft nicht nur
Personen, die in der Öffentlichkeit stehen,
sondern gerade unter Jugendlichen
ist dieses Thema auf sozialen Netzwerken
allgegenwärtig. Man erinnere sich an
den Fall einer 13-jährigen Schweizerin,
die sich im Vorjahr nach monatelangem
Cybermobbing das Leben nahm. Das
Traurige daran – sie ist bei weitem nicht
die einzige Person, die vom Hass über
das Internet in den Selbstmord getrieben
wurde.
Allgemein
ist Cybermobbing sehr weit verbreitet –
in einer breit angelegten Studie von
„Rat auf Draht“ wurden im Jahre 2015
141 Kinder und Jugendliche zu ihren Erfahrungen
mit dem Thema befragt. Dabei
stellte sich heraus, dass 46% der Befragten
schon einmal selbst von Mobbing
betroffen waren und 30% speziell von
Cybermobbing.
„Normales“ Mobbing, also Mobbing offline,
ist schon schwer zu ertragen, doch
Cybermobbing macht das ganze durch
einige Aspekte noch um ein Vielfaches
schlimmer: So endet es nicht nach der
Schule oder nach der Arbeit. Die Mobber
können jederzeit und überall über das
Internet angreifen, sodass selbst die
eigenen vier Wände keinen Rückzugsort
mehr bieten. Auch hat man über das
Internet eine viel höhere Reichweite
– bewusste Falschmeldungen und
Gerüchte können sich also innerhalb
kürzester Zeit weit über die
eigene Schule oder den Arbeitsplatz
hinaus verbreiten. Außerdem
ist es im Internet viel einfacher, sich
in der Anonymität zu verstecken. Die
Täter bleiben oft im Dunkeln und für die
Opfer ist es noch viel schlimmer, wenn
sie gar nicht wissen, wer die Täter überhaupt
sind.
Mittlerweile wurde allerdings für den
Schutz der Opfer einiges getan. Die
Möglichkeit der Anzeige sollte im Falle
des Falles unbedingt genutzt werden –
seit dem 1. Jänner 2016 gibt es nämlich
einen Cybermobbing-Paragraphen im
Strafgesetzbuch. Es handelt sich hierbei
um kein Kavaliersdelikt – die Täter
müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis
zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von
720 Tagessätzen rechnen.
Das Internet ist also nicht nur Tor zur
Welt, sondern auch eine Pforte, durch
die Mobber und Hater ihrem Hass freien
Lauf lassen können. Gerade soziale
Medien wie Facebook wurden zu Plattformen,
über die es spielend einfach
ist, andere Leute fertigzumachen oder
Unwahrheiten zu verbreiten. „Fake
News“ gibt es also nicht nur im Hause
Trump, sondern auch in vielen österreichischen
Kinderzimmern, denn laut
diversen Studien ist bzw. war eine große
Zahl der österreichischen Jugendlichen
schon einmal davon betroffen.
Die Folgen sind oft weitreichend – die
Opfer ziehen sich meistens komplett
aus dem sozialen Umfeld zurück, sind
weniger motiviert und schreiben oft
schlechtere Noten in der Schule. Auf
langfristige Sicht kann das Ganze in
Schulabbrüchen, psychischen und
physischen Erkrankungen (Depressionen,
Schlafstörungen usw.) oder gar
im Selbstmord enden. Alles andere als
unbedenklich also.
Was das ganze so schwierig macht,
ist hier das Opfer-Täter-Verhältnis. Die
Täter verstecken sich oft hinter anonymen
Benutzernamen und dadurch
fühlen sich die Opfer oft machtlos.
Sie wissen nicht, wie sie sich wehren
können, denn nur weil sie einfach ihren
„Computer ausschalten“ (wie oft
von selbsternannten Experten geraten
wird), verschwinden die Gerüchte und
Anschuldigungen auch nicht aus der
Welt. Ganz im Gegenteil – das Internet
vergisst nicht, und Dinge, die einmal
im Umlauf sind, verschwinden nur sehr
mühsam wieder.
Die Aufnahme von Cybermobbing als
Straftatbestand ins Strafgesetzbuch ist
meiner Meinung nach ein erster wichtiger
Schritt in die richtige Richtung,
jedoch ist es, wie in vielen anderen
Bereichen auch, alleine mit Bestrafung
der Täter nicht abgetan. Gerade
in Schulen, wo doch die meisten Probleme
entstehen, sollten Präventionsmaßnahmen
einen hohen Stellenwert
einnehmen, damit die Wurzel des Problems
irgendwann bekämpft werden
kann.
Alexander Reisinger
Seite 22