04.02.2020 Aufrufe

Februar_2020_Web

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Fotos©Adobe Stock

das handy als waffe

Das Internet hat unsere Gesellschaft von Grund auf verändert. Es hat sie in vielen

Hinsichten bereichert, doch auch zahlreiche Möglichkeiten für negative Einflüsse geöffnet.

Eines der wohl am meisten diskutierten Themen ist hier wohl das Cybermobbing.

Mit Cybermobbing ist das absichtliche

Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder

Belästigen anderer mithilfe von Internet-

und Mobiltelefondiensten über einen

längeren Zeitraum hinweg gemeint.

Natürlich, Hänseleien und Spott kamen

nicht erst mit dem Aufstieg des World

Wide Webs auf, doch die Verbreitung

von Hassbotschaften wurde dadurch

um ein Vielfaches einfacher. Aktuell

ist hier der Fall unserer neuen Justizministerin,

Dr. Alma Zadic, bekannt.

Sie wird wegen ihrer bosnischen

Herkunft angefeindet und ohne

jegliche Grundlage beispielsweise als

„muslimische Salafistensympathisantin“

(Quelle: Facebook) bezeichnet, obwohl

sie ohne religiöses Bekenntnis lebt.

Zeitenweise musste sie aufgrund der

massiven Drohungen und Anfeindungen

sogar unter Polizeischutz gestellt werden.

Doch Cybermobbing betrifft nicht nur

Personen, die in der Öffentlichkeit stehen,

sondern gerade unter Jugendlichen

ist dieses Thema auf sozialen Netzwerken

allgegenwärtig. Man erinnere sich an

den Fall einer 13-jährigen Schweizerin,

die sich im Vorjahr nach monatelangem

Cybermobbing das Leben nahm. Das

Traurige daran – sie ist bei weitem nicht

die einzige Person, die vom Hass über

das Internet in den Selbstmord getrieben

wurde.

Allgemein

ist Cybermobbing sehr weit verbreitet –

in einer breit angelegten Studie von

„Rat auf Draht“ wurden im Jahre 2015

141 Kinder und Jugendliche zu ihren Erfahrungen

mit dem Thema befragt. Dabei

stellte sich heraus, dass 46% der Befragten

schon einmal selbst von Mobbing

betroffen waren und 30% speziell von

Cybermobbing.

„Normales“ Mobbing, also Mobbing offline,

ist schon schwer zu ertragen, doch

Cybermobbing macht das ganze durch

einige Aspekte noch um ein Vielfaches

schlimmer: So endet es nicht nach der

Schule oder nach der Arbeit. Die Mobber

können jederzeit und überall über das

Internet angreifen, sodass selbst die

eigenen vier Wände keinen Rückzugsort

mehr bieten. Auch hat man über das

Internet eine viel höhere Reichweite

– bewusste Falschmeldungen und

Gerüchte können sich also innerhalb

kürzester Zeit weit über die

eigene Schule oder den Arbeitsplatz

hinaus verbreiten. Außerdem

ist es im Internet viel einfacher, sich

in der Anonymität zu verstecken. Die

Täter bleiben oft im Dunkeln und für die

Opfer ist es noch viel schlimmer, wenn

sie gar nicht wissen, wer die Täter überhaupt

sind.

Mittlerweile wurde allerdings für den

Schutz der Opfer einiges getan. Die

Möglichkeit der Anzeige sollte im Falle

des Falles unbedingt genutzt werden –

seit dem 1. Jänner 2016 gibt es nämlich

einen Cybermobbing-Paragraphen im

Strafgesetzbuch. Es handelt sich hierbei

um kein Kavaliersdelikt – die Täter

müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis

zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von

720 Tagessätzen rechnen.

Das Internet ist also nicht nur Tor zur

Welt, sondern auch eine Pforte, durch

die Mobber und Hater ihrem Hass freien

Lauf lassen können. Gerade soziale

Medien wie Facebook wurden zu Plattformen,

über die es spielend einfach

ist, andere Leute fertigzumachen oder

Unwahrheiten zu verbreiten. „Fake

News“ gibt es also nicht nur im Hause

Trump, sondern auch in vielen österreichischen

Kinderzimmern, denn laut

diversen Studien ist bzw. war eine große

Zahl der österreichischen Jugendlichen

schon einmal davon betroffen.

Die Folgen sind oft weitreichend – die

Opfer ziehen sich meistens komplett

aus dem sozialen Umfeld zurück, sind

weniger motiviert und schreiben oft

schlechtere Noten in der Schule. Auf

langfristige Sicht kann das Ganze in

Schulabbrüchen, psychischen und

physischen Erkrankungen (Depressionen,

Schlafstörungen usw.) oder gar

im Selbstmord enden. Alles andere als

unbedenklich also.

Was das ganze so schwierig macht,

ist hier das Opfer-Täter-Verhältnis. Die

Täter verstecken sich oft hinter anonymen

Benutzernamen und dadurch

fühlen sich die Opfer oft machtlos.

Sie wissen nicht, wie sie sich wehren

können, denn nur weil sie einfach ihren

„Computer ausschalten“ (wie oft

von selbsternannten Experten geraten

wird), verschwinden die Gerüchte und

Anschuldigungen auch nicht aus der

Welt. Ganz im Gegenteil – das Internet

vergisst nicht, und Dinge, die einmal

im Umlauf sind, verschwinden nur sehr

mühsam wieder.

Die Aufnahme von Cybermobbing als

Straftatbestand ins Strafgesetzbuch ist

meiner Meinung nach ein erster wichtiger

Schritt in die richtige Richtung,

jedoch ist es, wie in vielen anderen

Bereichen auch, alleine mit Bestrafung

der Täter nicht abgetan. Gerade

in Schulen, wo doch die meisten Probleme

entstehen, sollten Präventionsmaßnahmen

einen hohen Stellenwert

einnehmen, damit die Wurzel des Problems

irgendwann bekämpft werden

kann.

Alexander Reisinger

Seite 22

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!