21.02.2020 Aufrufe

2020-03 Pfarrblatt Freiburg

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Editorial Editorial

Krankheit, Spital, Pfarrei und Fitnesstudio …

Die so bezeichneten „Werke der

Barmherzigkeit” legten in der Christentumsgeschichte

eine grosse, ja

eindrückliche Wirkkraft an den Tag.

Die Kranken zu besuchen, das war

und ist eines dieser Werke, die im

Matthäusevangelium, Kapitel 25,

grundgelegt wurden und immer

wieder auch Künstler inspirierte.

Die Krankheit war nicht mehr, wie

in der Antike, ein Ort der schicksalshaften

Gottverlassenheit, sondern

Christus „scheint” nun in den Kranken

durch. Er selbst ist es, dem man

dient. Den Kranken wurde, „idealiter”

natürlich, als solchen geholfen,

nicht weil sie reich oder Soldaten

waren oder eben zur Hilfe fähige

Freunde hatten.

Christliche Wurzeln der Spitäler

Die Sorge um Kranke, die cura, wurde

zentral. Im Mittelalter findet sich

der Spruch „Christus in pauperibus”

– Christus in den Armen. Zwischen

Armut und Krankheit strikt zu unterscheiden,

das funktioniert auch

heute kaum – damals noch weniger.

Eine Institution, die aus diesen neuen

Impulsen herausgewachsen ist,

ist das Spital.

Heute gehört es für uns wie selbstverständlich

zum Bild und zur Infrastruktur

einer modernen Stadt.

Unbestritten haben medizinische

und organisatorische Impulse des

19. Jahrhunderts wesentlich zu dieser

Institution beigetragen. Unter

anderem brauchte der moderne Nationalstaat

fitte, arbeitstüchtige und

kampffähige Menschen. Aber auch

das Christentum mit seinem „zärtlichen”

care-Aspekt, wie er eingehend

im Gleichnis des barmherzigen Samariters

zum Vorschein kommt, hat

das Krankenhaus mitgeprägt. Darauf

dürfen wir Christen und Christinnen

stolz sein!

Noch bis vor gar nicht allzu langer

Zeit gab es auch in Freiburg eine

Klinik, die von den St. Anna Schwestern

Luzern getragen wurde. Die

einen oder anderen können sich

noch an diese Zeit erinnern. Als die

Zahl der einheimischen Berufungen

nachliess, gab es Pläne, eine Art

„indisches Spital” in Freiburg zu errichten.

Denn die St. Anna-Schwestern

hatten genug Nachwuchs in

Indien und es wurde argumentiert,

dass die „Mission” sich allmählich im

Richtungsvektor gedreht hätte, und

es sich lohnen könnte, nicht nur Arbeits-

sondern auch (weibliche) Führungskräfte

in die Schweiz zu „importieren”

. Eine interessante, noch

nicht gehobene „Kirchengeschichte”

– das kann ich, der ich ein wenig in

Archiven war, versichern.

Werke der Barmherzigkeit heute

Die Frage, wie wir heute den Werken

der Barmherzigkeit nachkommen

können, richtet sich aber zugleich

auch an uns, an unsere Pfarrei zum

Beispiel, die ja ein wenig nach Neuorientierung

ringt: Wie könnten wir

diesem Auftrag nachkommen?

Ein Krankenhaus zu gründen, dazu

reicht unsere Kraft bestimmt nicht.

In der Geschichte der Kirche gab es

aber unzählige Antworten auf diese

Herausforderung, grosse und kleine.

Unsere Krankenhausseelsorgerinnen

z.B. leisten wichtige und oft zu

wenig geschätzte Arbeit. Ich glaube,

dass diese Form der Begleitung in

Zukunft sogar noch wichtiger werden

wird. Denn die Bedeutung von

spirituellen Fragen gerade im Kontext

menschlicher „Schwäche” wird

nicht nachlassen.

Ein Vorschlag ...

Ich möchte aber zum Schluss meiner

bescheidenen Zeilen einen

gewagten Vorschlag unterbreiten,

auch wenn Sie darüber schmunzeln

werden: Sollte sich unsere Pfarrei

nicht darum bemühen, ein Fitnessstudio

zu öffnen? Es wäre einen

Versuch wert, meine ich – die Sorge

David Neuhold ist wissenschaftlicher

Mitarbeiter an der Professur

für Spiritual Care an der Theologischen

Fakultät der Uni Zürich.

An der theologischen Fakultät der

Uni Freiburg ist er Privatdozent.

um den „ganzen Menschen” im Blick

habend.

Wenn man durch Freiburg schlendert,

dann sieht man an den Werbeplakaten,

dass ein Bedarf ohne

Zweifel da wäre. Kirche könnte so

auch wieder stärker unternehmerisch

sein, und dabei für die Menschen

etwas bieten, dass einen „kleinen

aber feinen” Unterschied macht.

Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg Stadt und Umgebung | März 2020 3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!