2020-03 Pfarrblatt Freiburg
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Editorial Editorial
Krankheit, Spital, Pfarrei und Fitnesstudio …
Die so bezeichneten „Werke der
Barmherzigkeit” legten in der Christentumsgeschichte
eine grosse, ja
eindrückliche Wirkkraft an den Tag.
Die Kranken zu besuchen, das war
und ist eines dieser Werke, die im
Matthäusevangelium, Kapitel 25,
grundgelegt wurden und immer
wieder auch Künstler inspirierte.
Die Krankheit war nicht mehr, wie
in der Antike, ein Ort der schicksalshaften
Gottverlassenheit, sondern
Christus „scheint” nun in den Kranken
durch. Er selbst ist es, dem man
dient. Den Kranken wurde, „idealiter”
natürlich, als solchen geholfen,
nicht weil sie reich oder Soldaten
waren oder eben zur Hilfe fähige
Freunde hatten.
Christliche Wurzeln der Spitäler
Die Sorge um Kranke, die cura, wurde
zentral. Im Mittelalter findet sich
der Spruch „Christus in pauperibus”
– Christus in den Armen. Zwischen
Armut und Krankheit strikt zu unterscheiden,
das funktioniert auch
heute kaum – damals noch weniger.
Eine Institution, die aus diesen neuen
Impulsen herausgewachsen ist,
ist das Spital.
Heute gehört es für uns wie selbstverständlich
zum Bild und zur Infrastruktur
einer modernen Stadt.
Unbestritten haben medizinische
und organisatorische Impulse des
19. Jahrhunderts wesentlich zu dieser
Institution beigetragen. Unter
anderem brauchte der moderne Nationalstaat
fitte, arbeitstüchtige und
kampffähige Menschen. Aber auch
das Christentum mit seinem „zärtlichen”
care-Aspekt, wie er eingehend
im Gleichnis des barmherzigen Samariters
zum Vorschein kommt, hat
das Krankenhaus mitgeprägt. Darauf
dürfen wir Christen und Christinnen
stolz sein!
Noch bis vor gar nicht allzu langer
Zeit gab es auch in Freiburg eine
Klinik, die von den St. Anna Schwestern
Luzern getragen wurde. Die
einen oder anderen können sich
noch an diese Zeit erinnern. Als die
Zahl der einheimischen Berufungen
nachliess, gab es Pläne, eine Art
„indisches Spital” in Freiburg zu errichten.
Denn die St. Anna-Schwestern
hatten genug Nachwuchs in
Indien und es wurde argumentiert,
dass die „Mission” sich allmählich im
Richtungsvektor gedreht hätte, und
es sich lohnen könnte, nicht nur Arbeits-
sondern auch (weibliche) Führungskräfte
in die Schweiz zu „importieren”
. Eine interessante, noch
nicht gehobene „Kirchengeschichte”
– das kann ich, der ich ein wenig in
Archiven war, versichern.
Werke der Barmherzigkeit heute
Die Frage, wie wir heute den Werken
der Barmherzigkeit nachkommen
können, richtet sich aber zugleich
auch an uns, an unsere Pfarrei zum
Beispiel, die ja ein wenig nach Neuorientierung
ringt: Wie könnten wir
diesem Auftrag nachkommen?
Ein Krankenhaus zu gründen, dazu
reicht unsere Kraft bestimmt nicht.
In der Geschichte der Kirche gab es
aber unzählige Antworten auf diese
Herausforderung, grosse und kleine.
Unsere Krankenhausseelsorgerinnen
z.B. leisten wichtige und oft zu
wenig geschätzte Arbeit. Ich glaube,
dass diese Form der Begleitung in
Zukunft sogar noch wichtiger werden
wird. Denn die Bedeutung von
spirituellen Fragen gerade im Kontext
menschlicher „Schwäche” wird
nicht nachlassen.
Ein Vorschlag ...
Ich möchte aber zum Schluss meiner
bescheidenen Zeilen einen
gewagten Vorschlag unterbreiten,
auch wenn Sie darüber schmunzeln
werden: Sollte sich unsere Pfarrei
nicht darum bemühen, ein Fitnessstudio
zu öffnen? Es wäre einen
Versuch wert, meine ich – die Sorge
David Neuhold ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der Professur
für Spiritual Care an der Theologischen
Fakultät der Uni Zürich.
An der theologischen Fakultät der
Uni Freiburg ist er Privatdozent.
um den „ganzen Menschen” im Blick
habend.
Wenn man durch Freiburg schlendert,
dann sieht man an den Werbeplakaten,
dass ein Bedarf ohne
Zweifel da wäre. Kirche könnte so
auch wieder stärker unternehmerisch
sein, und dabei für die Menschen
etwas bieten, dass einen „kleinen
aber feinen” Unterschied macht.
Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg Stadt und Umgebung | März 2020 3