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City-Magazin-Ausgabe-2020-03-Steyr

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STADT

KEINE RÜCKKEHR.

Viele Gefangene starben

an Hunger und Krankheiten.

EINE KLEINSTADT.

Die hohe Anzahl der Kriegsgefangenen stellte

auch eine logistische Herausforderung dar.

35.000 Gefangene in Marchtrenk

Ein Wasserturm erinnert noch an das Lager aus dem 1. Weltkrieg

Das Lager bestand aus ungefähr

500 Baracken. Es

war wesentlich größer als

das 400 Meter entfernte

Dorf Marchtrenk, das damals

nur 2.400 Einwohner zählte.

Generell erfuhren die Insassen

eine humane Behandlung gemäß

der Haager Landkriegsordnung

von 1907. Für sie veranstaltete

man sogar

Musikaufführungen, Theatervorstellungen

und Gottesdienste;

es gab eine Bibliothek

mit fremdsprachigen Zeitungen

und ein Krankenhaus mit

1.600 Betten. Die Insassen

durften gelegentlich sogar das

Lager verlassen.

Zeitzeugen. Nach Ende

des Krieges verschwanden die

Baracken. Vom einstigen Lager

ist nur noch ein Wasserturm

übrig geblieben. Nur einige

Schritte entfernt befindet sich

ein Kriegerfriedhof.

Warum Marchtrenk? Als

Standort bot Marchtrenk Vorteile:

gute Straßen- und Eisenbahnverbindungen

und einen

Schotterboden, der für die Hygiene

günstig war. Außerdem

musste man dort kein fruchtbares

Ackerland opfern. Zuerst

waren im Lager hauptsächlich

russische und ukrainische Soldaten

untergebracht. Nach dem

Frieden von 1917 mit Russland

kamen vor allem Italiener.

35.000 Insassen bedeuteten

1915 den Höchststand der Besiedelung.

Lagerleben. Jeder Gefangene

hatte eine Strohsack-Matratze,

Polster und Decken. Die

Offiziere bewohnten Zimmer

mit ordentlichen Betten. Die

Gefangenen waren dermaßen

gut mit Bekleidung versorgt,

dass einige von ihnen sogar

einzelne Stücke verkauften. Allerdings

herrschte im Lager,

wie im ganzen Land, Knappheit

an Lebensmitteln. Das war eine

Auswirkung des vom Feind

verhängten Handelsembargos.

Das Frühstück bestand deshalb

nur aus Tee, zu Mittag gab es

Hering, Kraut, Kartoffeln oder

Pökelfleisch, zu Abend Kohlrüben

und Bohnen.

Arbeitseinsatz. Gemeine

Soldaten hatten Zwangsarbeit

zu leisten; nach der Haager

Landkriegsordnung durfte diese

die Kriegsführung nicht fördern.

Sie nahmen diese Beschäftigung

trotz der allerdings

nur geringfügigen Entlohnung

meistens gerne an. Im Lager

gab es spezielle Werkstätten:

Tischlerei, Schmiede, Fleischerei,

Bäckerei, Schneiderei,

Schusterei u.v.m. Einige arbeiteten

auch außerhalb, zum Beispiel

auf Bauernhöfen. Gelegentlich

fanden sie Anschluss

an die Familie oder das Hofgesinde.

Dabei ergaben sich mitunter

auch Liebschaften.

Massensterben. Anfang

1918 herrschte große Hungersnot

im Lager. Über 800 Insassen

starben. Das italienische

Rote Kreuz rettete schließlich

die Überlebenden mit Lieferungen

von Nahrungsmittelpaketen.

Im November 1918 endete

der Krieg. Daraufhin

quittierte die Wachmannschaft

ihren Dienst und ließ alles

mitgehen, was nicht nietund

nagelfest war.

Friedensweg. Es lohnt

sich, den kurzen Marchtrenker

Friedensweg kennenzulernen,

der beim Gemeindeamt beginnt.

Dort erzählen Lehrtafeln

von der Geschichte des Ortes

in beiden Weltkriegen. Es gibt

auch einiges über die vertriebenen

Donauschwaben zu erfahren,

die ab 1945 eine neue Heimat

in OÖ. fanden. Der

Marchtrenker Museumsverein

unter der Leitung von Obmann

Reinhard Gantner hat den

Lehrpfad liebevoll gestaltet. ■

HUMANE BEHANDLUNG.

Die Gefangenen wurden 14 auch medizinisch versorgt.

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