Thune/Walker: Die verändernde Kraft des Evangeliums
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DIE<br />
VERÄNDERNDE KRAFT<br />
DES<br />
EVANGELIUMS<br />
Neun Lektionen über die Auswirkungen der Guten Nachricht<br />
Name
"<strong>Die</strong> <strong>verändernde</strong> <strong>Kraft</strong> <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>"<br />
Autoren<br />
Übersetzung<br />
Design und Satz<br />
Druck und Verarbeitung<br />
Bob <strong>Thune</strong> und Will <strong>Walker</strong><br />
Melanie Born<br />
Simon Rühl und Benjamin Schmidt<br />
(Coverbild: © doris oberfrank-list)<br />
Druckerei Gröer, Chemnitz<br />
Copyright <strong>des</strong> englischen Originals ©2009 bei World Harvest Mission<br />
1. deutsche Auflage 2013 © bei Herold-Verlag, 35638 Leun<br />
ISBN 978-3-88936-073-1 · Bestellnummer bei Herold-Verlag: 073
Inhalt<br />
LEKTION 1 – DER KERN DES EVANGELIUMS......................................1<br />
Das Kreuz-Schaubild<br />
Sechs typische Verhaltensweisen, die eigene Sünde zu schmälern<br />
Übung: Andere verurteilen<br />
LEKTION 2 – LEUGNEN UND LEISTEN.................................................7<br />
Das Kreuz klein halten<br />
Übung: Richtig und Falsch<br />
LEKTION 3 – DEM EVANGELIUM VERTRAUEN................................13<br />
Anerkennung und Identität<br />
Übung: Waisenkind oder geliebtes Kind<br />
LEKTION 4 – GESETZ UND EVANGELIUM.........................................19<br />
Das Gesetz und das Evangelium<br />
Das <strong>Evangeliums</strong>raster<br />
Übung: Wenn das Evangelium uns herausfordert<br />
LEKTION 5 – EIN LEBEN DER ERNEUERUNG...................................25<br />
Buße als Lebensstil<br />
Übung: Echte Buße lernen<br />
LEKTION 6 – DIE GÖTZEN UNSERER HERZEN...................................30<br />
<strong>Die</strong> Götzen unseres Herzens erkennen<br />
LEKTION 7 – MISSION.........................................................................35<br />
Das Evangelium treibt uns nach Außen<br />
Ein Herz für die Mission bekommen<br />
LEKTION 8 – VERGEBUNG.................................................................40<br />
Das Evangelium gibt uns <strong>Kraft</strong> zu vergeben<br />
Übung: Zum Herz der Vergebung durchdringen<br />
LEKTION 9 – KONFLIKTE.....................................................................45<br />
Das Evangelium hilft uns, fair zu kämpfen<br />
Übung: Konfliktbewältigung, die vom Evangelium geprägt ist
LEKTION1<br />
Der Kern <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
• HAUPTGEDANKE<br />
Wenn das Evangelium eine Botschaft ist, die „überall in der Welt Früchte trägt<br />
und sich immer weiter ausbreitet“ (Kolosser 1,6), dann muss sich bei uns alles<br />
um diese eine Botschaft drehen: Gott, Menschheit, Errettung, Anbetung, Beziehungen,<br />
Konsum, Freizeit, Arbeit, Charakter, einfach alles!<br />
In dieser ersten Lektion soll es um die Bedeutung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> gehen und<br />
darum zu begreifen, dass es der Mittelpunkt in unserem Leben ist.<br />
Wir lernen jetzt also die Begriffe und Grundlagen kennen und werden dann<br />
lernen, welche Verbindung sie zu unserem Leben haben.<br />
• BIBELTEXT: Jesaja 6,1-5 (NLB)<br />
1<br />
In dem Jahr, als König Usija starb, sah ich den Herrn. Er saß auf einem hohen<br />
Thron und war erhöht und der Saum seines Gewan<strong>des</strong> füllte den Tempel.<br />
2<br />
Über ihm schwebten Seraphim, jeder hatte sechs Flügel. Mit zwei Flügeln<br />
bedeckten sie ihre Gesichter, mit zweien ihre Füße und mit dem dritten Paar<br />
flogen sie. 3 Sie riefen einander zu: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Allmächtige!<br />
<strong>Die</strong> Erde ist von seiner Herrlichkeit erfüllt!« 4 <strong>Die</strong>ses Rufen ließ die<br />
Fundamente der Vorhalle erzittern und der Tempel wurde mit Rauch erfüllt.<br />
5<br />
Da sagte ich: »Mir wird es furchtbar ergehen, denn ich bin ein Mann mit<br />
unreinen Lippen, inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen. Ich werde umkommen,<br />
denn ich habe den König, den Herrn, den Allmächtigen, gesehen!«<br />
Vergleiche auch: Jesaja 55,6-9; Jeremia 17,9-10<br />
Seite 1
Das Kreuz-Schaubild<br />
„Evangelium“ ist ein Begriff der häufig verwendet wird, ohne dass seine volle Bedeutung<br />
verstanden wird. Wir kennen und benutzen die typischen christlichen Floskeln,<br />
doch nur selten wenden wir die Inhalte <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> in unserem Leben an. Dabei<br />
ist es doch genau das, was sich Gott für unser Leben wünscht. Das Evangelium ist<br />
nichts Geringeres als die „<strong>Kraft</strong> Gottes“ (vgl. Römer 1,16). In Kolosser 1,6 lobt der<br />
Apostel Paulus die Gemeinde in Kolossä, weil<br />
Wir kennen die typischen christlichen<br />
Floskeln, doch nur selten<br />
wenden wir die Inhalte <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong><br />
in unserem Leben an.<br />
das Evangelium bei ihnen „Früchte trägt und<br />
sich immer weiter ausbreitet [...] seit dem Tag,<br />
an dem euch Gottes Gnade zum ersten Mal verkündet<br />
wurde“ (NGÜ) . Der Apostel Petrus lehrt<br />
außerdem, dass der Grund für fehlende Veränderung<br />
in unserem Leben darin liegt, dass wir vergessen haben, was für ein großartiges<br />
und allumfassen<strong>des</strong> Geschenk uns Gott in dem Evangelium gegeben hat (vgl.<br />
2. Petrus 1,3-9). Wenn wir in unserer Beziehung zu Christus wachsen möchten, dann<br />
müssen wir unser Verständnis <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> vertiefen und ausweiten. Nur so kann<br />
Gott uns selbst und unsere Beziehungen zu anderen verändern.<br />
Viele Christen leben mit einem oberflächlichen Verständnis <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>.<br />
Wir verstehen das Evangelium als bloße „Tür“ zum Himmel. Aber das Evangelium<br />
beinhaltet noch viel mehr! Es ist nicht bloß die Tür, sondern auch der Weg, auf dem<br />
wir Schritt für Schritt in unserem Leben als Christ gehen sollen. Es ist nicht nur das<br />
Mittel zu unserer Erlösung, sondern auch für unsere Veränderung und Umgestaltung.<br />
Es ist nicht nur die Befreiung von der Strafe der Sünde, sondern die Befreiung von der<br />
Macht der Sünde. Das Evangelium ist das, was unsere Beziehung zu Gott wiederherstellt<br />
(Rechtfertigung) und was uns die Freiheit schenkt, in Gott allein vollkommen<br />
glücklich zu sein (Heiligung). Das Evangelium verändert alles!<br />
Das folgende Schaubild ist hilfreich, um das Evangelium und was es beinhaltet<br />
besser zu verstehen. Es umfasst nicht alle Aspekte <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>, ist aber dennoch<br />
eine hilfreiche Illustration um das Wirken <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> zu verdeutlichen.<br />
BEKEHRUNG<br />
››› ZEIT ›››<br />
WACHSENDES BEWUSSTSEIN FÜR DIE HEILIGKEIT GOTTES<br />
WACHSENDES BEWUSSTSEIN FÜR DIE EIGENE SÜNDE<br />
DAS KREUZ-SCHAUBILD<br />
Seite 2
Mein Weg als Christ beginnt dann, wenn ich mir der Kluft zwischen Gottes Heiligkeit<br />
und meinem sündigen Wesen bewusst werde (Bekehrung). In der Bekehrung<br />
setze ich mein Vertrauen und meine Hoffnung auf Jesus, der das getan hat, was ich<br />
selbst nicht konnte: <strong>Die</strong> tiefe Kluft zwischen mir, dem Sünder, und dem heiligen Gottes<br />
zu überbrücken. Jesus hat Gottes heiligen Zorn für meine Sünde auf sich genommen<br />
und hat mich mit Gott versöhnt.<br />
Allerdings ist mein Verständnis von Gottes Heiligkeit und von meiner Sünde<br />
zum Zeitpunkt meiner Bekehrung sehr beschränkt. Je mehr ich in meinem Leben<br />
mit Christus wachse, <strong>des</strong>to mehr wird mir die Heiligkeit Gottes und meine eigene<br />
fleischliche und sündige Natur bewusst. Wenn ich die Bibel lese, wenn ich erlebe, wie<br />
der Heilige Geist mich auf Sünde aufmerksam macht und wenn ich in Gemeinschaft<br />
mit anderen lebe, dann werde ich verändert. Das Ausmaß von Gottes Größe und die<br />
Schwere meiner Schuld werden immer klarer und deutlicher spürbar. Dabei wird<br />
Gott nicht heiliger oder ich sündiger, nein, es ist mein Bewusstsein, das immer mehr<br />
wächst. Ich erkenne Stück für Stück, wer Gott wirklich ist (vgl. Jesaja 55,8-9) und wie<br />
ich wirklich bin (vgl. Jeremia 17,9 -10).<br />
Während die Erkenntnis der Größe Gottes und meiner Sünde immer größer wird,<br />
wächst auch noch etwas anderes: Meine Wertschätzung und Liebe für Jesus. Seine<br />
Mittlerrolle, sein Opfer, seine Sündlosigkeit und sein Werk der Gnade berühren und<br />
erschüttern mich zutiefst. Das Kreuz Jesu wird in meinem Leben immer größer und<br />
wichtiger und ich fange an, mich über meinen Retter zu freuen, der für mich am<br />
Kreuz gestorben ist.<br />
Leider ist der Weg unserer Heiligung nicht so leicht und unbeschwert wie wir es<br />
gerne hätten. Da ich immer noch ein sündiger Mensch bleibe, werde ich automatisch<br />
weiterhin das Evangelium klein halten und das Kreuz „schmälern“. <strong>Die</strong>s passiert wenn<br />
ich a) nicht glaube, dass Gott so heilig ist, wie in seinem Wort beschrieben oder b)<br />
meine eigene Gerechtigkeit aufpoliere, indem ich mich für besser halte als ich es bin.<br />
Das Kreuz wird kleiner und Jesu Bedeutung in meinem Leben nimmt ab.<br />
BEKEHRUNG<br />
››› ZEIT ›››<br />
WACHSENDES BEWUSSTSEIN FÜR DIE HEILIGKEIT GOTTES<br />
WACHSENDES BEWUSSTSEIN FÜR DIE EIGENE SÜNDE<br />
DAS KREUZ KLEIN HALTEN<br />
Seite 3
Wir werden gleich noch genauer betrachten, auf welche Weise wir das Evangelium<br />
schmälern. Um der Tendenz, das Evangelium klein zu halten, entgegenzuwirken,<br />
müssen wir unser Denken beständig mit den Wahrheiten der Bibel füllen.<br />
Wir müssen lernen, Gottes heiliges und gerechtes Wesen zu ergründen, zu genießen<br />
und zu bestaunen. Zudem sollten wir die Tiefe unserer Sündhaftigkeit und Verdorbenheit<br />
erkennen, es Gott und Menschen bekennen und zugeben, wer wir wirklich<br />
sind. Wir „müssen“ diese Dinge nicht tun, weil ein „Christ dies eben tun sollte“. Der<br />
Grund liegt nicht in der reinen Pflichterfüllung – wir tun dies, weil hier das Leben<br />
zu finden ist, das Gott sich für uns wünscht: Ein Leben, das von Freude, Hoffnung<br />
und Liebe geprägt ist. Das wird uns verändern.<br />
Im Evangelium zu wachsen, bedeutet immer mehr von Gottes Heiligkeit und<br />
meiner eigenen Sünde zu erkennen. Weil Jesus für uns ans Kreuz gegangen ist, muss<br />
ich auch keine Angst davor haben, diesem heiligen Gott zu begegnen und mich meiner<br />
eigenen Verdorbenheit zu stellen. Unsere Hoffnung basiert nicht darauf „wie<br />
gut wir doch sind“ oder in der vergeblichen Erwartung, dass Gott seine Ansprüche<br />
senken würde und es nicht so genau mit unserer Sünde nimmt. Vielmehr können<br />
wir in Jesus zur Ruhe kommen, weil er unser vollkommener Erlöser ist. Er selbst ist<br />
unsere „Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung“ (vgl. 1. Korinther 1,30).<br />
Seite 4
ZUM NACHDENKEN<br />
Sechs typische Verhaltensweisen, die eigene Sünde zu schmälern<br />
Rechtfertigen<br />
Mir fällt es schwer Kritik bezüglich meiner Schwächen oder Sünden anzunehmen.<br />
Wenn ich darauf angesprochen werde, versuche ich Dinge wegzuerklären, über meine<br />
Erfolge zu reden oder mein Handeln zu rechtfertigen. Deshalb zögern andere,<br />
mich auf Fehler anzusprechen und ich führe nur selten Gespräche über die „unangenehmen<br />
Themen“ in meinem Leben.<br />
Vortäuschen<br />
Ich probiere mit allen Mitteln den Schein zu wahren und in einem guten Licht da<br />
zustehen. Mein Verhalten wird häufig dadurch gelenkt, dass ich anderen gefallen<br />
möchte. Es ist mir sehr wichtig, was andere von mir denken könnten. Ich betrachte<br />
mein Leben ungern kritisch. Daraus folgt, dass wenige Leute mein wahres Ich kennen.<br />
(Vielleicht weiß nicht einmal ich, wer ich wirklich bin.)<br />
Verstecken<br />
Ich versuche so wenig wie möglich von meinem eigenen Leben preiszugeben, vor<br />
allem was meine schlechten Seiten angeht. <strong>Die</strong>s ist nicht das Gleiche wie „vorzutäuschen“,<br />
denn beim Vortäuschen geht es darum, andere zu beeindrucken. Beim<br />
Verstecken handelt es sich eher um Schamgefühl und Angst. Ich habe Angst, dass<br />
andere Menschen mein „wahres Ich“ nicht akzeptieren oder lieben könnten.<br />
Übertreiben<br />
Ich denke (und rede) häufig besser von mir als es der Wahrheit entspricht. Ich schmücke<br />
meine positiven Eigenschaften aus, um dadurch Aufmerksamkeit zu bekommen.<br />
So werden zu viele Dinge einfach viel zu wichtig. Das Resultat ist ein stressreiches<br />
und sorgenvolles Leben!<br />
Beschuldigen<br />
Ich ertappe mich öfter dabei, die Schuld für alles Mögliche anderen in die Schuhe<br />
zu schieben. Es fällt mir schwer, meinen Teil der Schuld bei Sünde und Konflikten<br />
zuzugeben. Mein tief sitzender Stolz und/oder meine Angst vor Ablehnung verhindern,<br />
dass ich meine Schuld offen zugebe.<br />
Beschönigen<br />
Über Sünde in meinem Leben mache ich mir nicht viele Gedanken. Sünde ist doch<br />
etwas Normales und halb so schlimm. Daraus folgt, dass ich mich nicht genügend<br />
mit diesem Thema beschäftige. So wächst der Berg der Schuld immer weiter an, bis<br />
er mich zu erdrücken droht.<br />
Seite 5
ÜBUNG<br />
Andere verurteilen<br />
<strong>Die</strong> Bedeutung <strong>des</strong> Kreuzschaubil<strong>des</strong> wird praktisch, wenn wir es auf eine unserer<br />
typischen Problemzonen anwenden: Andere verurteilen. Jeder von uns be- und verurteilt<br />
andere – ob in kleinen oder großen Dingen. Überlegt und unterhaltet euch in<br />
der Gruppe ganz konkret darüber, auf welche Weise wir Menschen verurteilen. <strong>Die</strong><br />
Fragen unten sollen dabei helfen, den Zusammenhang zwischen unserem Verurteilen<br />
von anderen und unserem Verständnis <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> zu sehen.<br />
1. Wie verurteilen wir andere? Werde konkret.<br />
2. Warum verurteilen wir andere? Wie begründen wir unser Verhalten?<br />
3. These: Wenn wir andere verurteilen, spiegelt das ein oberflächliches Verständnis<br />
von Gottes Heiligkeit wider? Versuche das zu erklären.<br />
4. These: Wenn wir andere verurteilen, spiegelt das ein oberflächliches Verständnis<br />
von unserer Sündhaftigkeit wider? Versuche das zu erklären.<br />
5. Denke an eine konkrete Person in deinem Leben, die du innerlich immer wieder<br />
verurteilst.<br />
a. Wie würde ein tieferes Verständnis von Gottes Heiligkeit deine Beziehung<br />
zu ihm/ihr beeinflussen?<br />
b. Wie würde ein tieferes Verständnis von deiner eigenen Sündhaftigkeit deine<br />
Beziehung zu ihm/ihr beeinflussen?<br />
Seite 6
LEKTION9<br />
Konflikte<br />
• HAUPTGEDANKE<br />
Konflikte sind etwas, was wir alle täglich erleben. Aber oft gehen wir mit ihnen<br />
auf sehr menschliche Weise damit um. Das Evangelium schenkt uns die Möglichkeit,<br />
einen gesunden Lösungsansatz zu finden.<br />
• BIBELTEXT: Galater 2,11-14 (NGÜ)<br />
11<br />
Doch als Petrus dann nach Antiochia kam, sah ich mich gezwungen, ihn vor der<br />
ganzen Gemeinde zur Rede zu stellen; denn so, wie er sich dort verhielt, sprach er<br />
sich selbst das Urteil.<br />
12<br />
Zunächst hatte er zusammen mit den nichtjüdischen ´Geschwistern` an den<br />
gemeinsamen Mahlzeiten teilgenommen. Als dann aber einige Leute aus dem<br />
Kreis um Jakobus kamen, zog sich Petrus aus Angst vor den Verfechtern der Beschneidung<br />
zurück und sonderte sich ´von den Nichtjuden` ab. 13 Und genauso<br />
unaufrichtig verhielten sich in der Folge die anderen jüdischen ´Geschwister`.<br />
Sogar Barnabas ließ sich dazu hinreißen, dieses heuchlerische Spiel mitzumachen.<br />
14<br />
Als ich nun sah, dass sie den richtigen Weg verlassen hatten, den Weg, der mit<br />
der Wahrheit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> übereinstimmt, sagte ich in Gegenwart aller zu<br />
Petrus: „Du selbst nimmst dir – obwohl du ein Jude bist – die Freiheit, dich über<br />
die jüdische Lebensweise hinwegzusetzen und wie ein Nichtjude zu leben. Wieso<br />
zwingst du dann die Nichtjuden, sich der jüdischen Lebensweise anzupassen?“<br />
Seite 7
IMPULS<br />
Das Evangelium hilft uns, fair zu kämpfen<br />
Der alltägliche Konflikt<br />
Wir haben gesehen, dass das Evangelium uns innerlich verändert und dann unsere Beziehungen<br />
erneuert. Und nichts ist alltäglicher in Beziehungen als Konflikte. Wenn<br />
das Evangelium nicht die Art und Weise beeinflusst, wie wir mit Konflikten umgehen,<br />
dann hat es uns nicht wirklich tief berührt. In diesem Abschnitt wollen wir überlegen,<br />
wie das Evangelium uns dabei hilft, fair zu kämpfen.<br />
Denk an den letzten Streit, den du hattest. Vielleicht war es eine Auseinandersetzung<br />
mit deinem Partner, jemandem aus deiner Familie oder einem Arbeitskollegen.<br />
Lassen wir mal die Umstände außer Acht (was das Problem war, wie du dich gefühlt<br />
hast oder wer im Recht war) und lass uns über unser Verhalten während <strong>des</strong> Streits<br />
nachdenken. Wahrscheinlich gehörtest du in eine von den zwei Kategorien.<br />
Manche Menschen sind Angreifer. Sie gehen gerne in die Offensive. Sie schätzen<br />
den Wert der Gerechtigkeit, sind also sehr darauf bedacht, wer Recht oder Unrecht<br />
hat. Folgende Merkmale sind typisch für einen Angreifer.<br />
• Du verarbeitest deinen Ärger und deinen Frust, indem du ihnen „Luft machst“.<br />
• Du argumentierst mit viel Leidenschaft.<br />
• Du stellst Fragen wie „Woher willst du das wissen?“ und „Kannst du das beweisen?“.<br />
• Du willst kämpfen, bis der Kampf vorbei ist.<br />
• Wie ein Anwalt nimmst du andere ins Kreuzverhör, um „zum eigentlichen Problem“<br />
vorzudringen.<br />
• <strong>Die</strong> Auseinandersetzung zu gewinnen ist wichtiger, als dein Gegenüber zu lieben.<br />
• Du wen<strong>des</strong>t den Fokus <strong>des</strong> Streites hin zur anderen Person, auch wenn das Problem<br />
eigentlich mit dir begonnen hat.<br />
Auf der anderen Seite gibt es die Defensiven. <strong>Die</strong>s sind Menschen, die sich schnell<br />
zurückziehen. Sie tendieren dazu, Konflikte zu meiden oder sie zu ignorieren. Wenn<br />
sie doch zu einer Auseinandersetzung gezwungen sind, reagieren sie mit mürrischem<br />
Schweigen oder teilnahmsloser Passivität. Wenn du zu den Defensiven gehörst, könnten<br />
dir folgende Merkmale bekannt vorkommen.<br />
• Du verarbeitest deinen Ärger und deine Frustration, indem du sie unterdrückst.<br />
• Du hast zwar eine Meinung, aber behältst sie für dich, um den „Frieden zu<br />
wahren“.<br />
• Du stellst Fragen wie: „Müssen wir jetzt darüber reden?“ oder „Ist das wirklich<br />
wichtig?“.<br />
• Du mei<strong>des</strong>t einen Streit lieber, als ihn zu gewinnen.<br />
• Du verlässt manchmal den Raum, um ein bisschen „Freiraum“ zu haben.<br />
Seite 8
Das sind typische Wege, wie wir mit unterschiedlichen Meinungen, Frust und Ärger,<br />
persönlichen Angriffen oder Verletzungen umgehen. <strong>Die</strong> Tatsache, dass wir diese<br />
Verhaltensweisen als normal (also „natürlich“) betrachten, zeigt uns, dass sie möglicherweise<br />
nicht biblisch sind.<br />
Wie aber können wir lernen, Konflikte auf biblische Weise zu lösen? Lasst uns von<br />
der Auseinandersetzung zwischen Paulus und Petrus in Galater 2 lernen. <strong>Die</strong>ser Streit<br />
entstand, als die frühe Gemeinde über die Grenzen von Jerusalem hinauswuchs und<br />
viele Nichtjuden zum Glauben an Jesus kamen. <strong>Die</strong> jüdischen Christen übertrugen<br />
einige ihrer jüdischen Traditionen in den christlichen Gottesdienst. Viele der Nichtjuden<br />
fühlten sich allerdings den jüdischen Sitten (wie Beschneidung und Speisevorschriften)<br />
gegenüber nicht verpflichtet, was einige Judenchristen dazu verleitete, auf<br />
die Heidenchristen herabzusehen.<br />
Petrus, ein Jude, hatte das Evangelium ausreichend verstanden. Er wusste, dass<br />
er den Nichtjuden keine besonderen Vorschriften auferlegen brauchte (vgl. Apostelgeschichte<br />
10,9-48). Aber diese Anwendung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> wurde auf die Probe<br />
gestellt, als er sich in einer gemischten Gruppe befand. Einige gesetzliche jüdische<br />
Lehrer aus Jerusalem hatten begonnen, den nichtjüdischen Christen jüdische Vorschriften<br />
und Gesetze aufzuerlegen. Als diese Lehrer nach Antiochien kamen, wo Petrus<br />
mit einigen Nichtjuden Gemeinschaft genoss und mit ihnen aß, distanzierte sich<br />
Petrus plötzlich von den nichtjüdischen Christen.<br />
<strong>Die</strong> Zugeständnisse, die Petrus gegenüber den gesetzlichen Lehrern machte, führten<br />
zu einem großen Problem, denn er zeigte damit, dass er mit ihren Überzeugungen<br />
übereinstimmte. Schließlich folgte sogar Barnabas, ebenfalls ein gestandener Christ,<br />
seinem schlechten Beispiel. <strong>Die</strong> beiden Männer waren zu Heuchlern geworden. Sie<br />
behaupteten durch Jesus mit den nichtjüdischen Christen eine Einheit zu bilden, aber<br />
mit ihrem Verhalten zerstörten sie diese Einheit. Als Paulus dieses Verhalten beobachtete,<br />
konnte er es nicht einfach ignorieren. Es stand zu viel auf dem Spiel. Allerdings<br />
musste er es auf eine angemessene Weise zur Sprache bringen. Mit einem Wutanfall hätte<br />
Paulus die gewünschte Versöhnung sicherlich nicht bewirken können. Auch wenn der<br />
Abschnitt nicht die Details beschreibt, finden wir hier dennoch ein gutes Beispiel dafür,<br />
wie das Verständnis vom Evangelium sich auf den Umgang mit Konflikten auswirkt:<br />
11<br />
Doch als Petrus dann nach Antiochia kam, sah ich mich gezwungen, ihn vor der<br />
ganzen Gemeinde zur Rede zu stellen; denn so, wie er sich dort verhielt, sprach er<br />
sich selbst das Urteil.<br />
12<br />
Zunächst hatte er zusammen mit den nichtjüdischen ´Geschwistern` an den gemeinsamen<br />
Mahlzeiten teilgenommen. Als dann aber einige Leute aus dem Kreis<br />
um Jakobus kamen, zog sich Petrus aus Angst vor den Verfechtern der Beschneidung<br />
zurück und sonderte sich ´von den Nichtjuden` ab. 13 Und genauso unaufrichtig<br />
verhielten sich in der Folge die anderen jüdischen ´Geschwister`. Sogar Bar-<br />
Seite 9
nabas ließ sich dazu hinreißen, dieses heuchlerische Spiel mitzumachen.<br />
14<br />
Als ich nun sah, dass sie den richtigen Weg verlassen hatten, den Weg, der mit der<br />
Wahrheit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> übereinstimmt, sagte ich in Gegenwart aller zu Petrus:<br />
„Du selbst nimmst dir – obwohl du ein Jude bist – die Freiheit, dich über die jüdische<br />
Lebensweise hinwegzusetzen und wie ein Nichtjude zu leben. Wieso zwingst<br />
du dann die Nichtjuden, sich der jüdischen Lebensweise anzupassen?“ (Galater<br />
2,11-14 NGÜ )<br />
Das Verhalten von Paulus ist in folgenden Punkten bemerkenswert:<br />
1.) Paulus geht öffentlich auf Petrus zu. Er ist ihm nicht ausgewichen, hat nicht<br />
über Petrus gelästert und ihn auch nicht unfair behandelt. Paulus konfrontierte<br />
Petrus, indem er direkt zu der Person ging, mit der er Schwierigkeiten hatte. In<br />
diesem Fall war die Aussprache öffentlich. Das ist nicht immer der Fall. Aber da<br />
die Sünde öffentlich war und ihre Konsequenzen weitreichend waren, wählte<br />
Paulus eine Art und Weise, die der Situation angemessen war.<br />
2.) <strong>Die</strong> Motivation von Paulus war nicht Selbstverteidigung oder Eigeninteresse,<br />
sondern die Verteidigung <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong>. „Sie hatten den richtigen Weg<br />
verlassen, den Weg, der mit der Wahrheit <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> übereinstimmt“ (Galater<br />
2,14a). Paulus’ Anliegen, das Evangelium und die Beziehungen der Gemeinde<br />
zu schützen, waren größer, als die Versuchung sich zurückzuziehen oder<br />
Petrus unangemessen anzugreifen.<br />
3.) Paulus hat das Problem direkt angesprochen und Petrus die Möglichkeit gegeben,<br />
eine Antwort zu geben. „Du selbst nimmst dir – obwohl du ein Jude<br />
bist – die Freiheit, dich über die jüdische Lebensweise hinwegzusetzen und wie<br />
ein Nichtjude zu leben. Wieso zwingst du dann die Nichtjuden, sich der jüdischen<br />
Lebensweise anzupassen?“ (Galater 2,14b).<br />
<strong>Die</strong>se Art der Konfrontation entspricht völlig dem Evangelium und spiegelt Gottes<br />
Wesen wieder, wie er durch das Evangelium auf uns zukommt. Gott hat nicht einfach<br />
seinen Zorn über uns ausgegossen (wie ein Angreifer) und er hat sich nicht einfach<br />
zurückgezogen (wie ein Defensiver). Nein, er ist in Jesus aufopfernd auf uns zugekommen,<br />
voller Gnade und Wahrheit. Jesus hat Sünde konfrontiert, zur Beziehung eingeladen<br />
und eine Möglichkeit zur Versöhnung geschaffen. Auf diese Weise zeigt uns<br />
die Bibel einen Weg mit Konflikten umzugehen. Wir haben eine richtige Motivation<br />
(Liebe), Zuversicht (Glaube) und die Mittel, um Konflikte zu lösen (Gnade und Wahrheit).<br />
Das Evangelium ruft uns dazu auf, für unser falsches Verhalten als Angreifer oder<br />
Defensiver Buße zu tun. Das Evangelium macht es uns möglich im Glauben mit Konflikten<br />
umzugehen mit einer demütigen, zielgerichteten, Gott gefälligen Haltung.<br />
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Notizen<br />
Seite 11
Notizen<br />
Seite 12
Notizen<br />
Seite 13