Kirchenzeitung Nr 14 2020
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KirchenZeitung Diözese Linz 2. April <strong>2020</strong><br />
Oberösterreich 11<br />
Vom Medizinstudium direkt zum Coronaeinsatz<br />
„Kriseneinsätze liegen mir im Blut“<br />
Medizinstudent Philipp Bogner aus<br />
Wilhering hat sich freiwillig zum außerordentlichen<br />
Zivildienst gemeldet. Seine<br />
ersten Erfahrungen mit Kriseneinsätzen hat<br />
er beim Hochwasser im Jahr 2013 gemacht.<br />
Paul Stütz<br />
Ob er sich als Held fühlt? „Nein, ich habe<br />
ja keine Superkräfte“, sagt Philipp Bogner.<br />
„Das ist einfach der Beitrag für die Gesellschaft,<br />
den ich leisten kann.“ Der 24-Jährige<br />
hat sich beim Samariterbund für den Zivildienst<br />
registrieren lassen, um in der Corona-<br />
Krise mit anzupacken. Eigentlich habe er zuerst<br />
damit gerechnet, dass er als ehemaliger<br />
Zivildiener sowieso verpflichtet würde. „Als<br />
ich dann gehört habe, dass es die Regierung<br />
über die freiwillige Schiene versucht, habe<br />
ich mich gleich am ersten Tag gemeldet“,<br />
sagt Philipp Bogner.<br />
Ein Einsatz im Notkrankenhaus<br />
gehört zum möglichen Einsatzgebiet<br />
von Philipp Bogner. adobe /Halfpoint<br />
Der Medizinstudent Philipp Bogner<br />
startet nach der Quarantäne in den<br />
freiwilligen Zivildienst. privat<br />
Vielfältig einsetzbar. Er studiert in Innsbruck<br />
im 7. Semester Medizin, ist ausgebildeter<br />
Notfallsanitäter und ist somit hoch qualifiziert<br />
für die Aufgabe, in die er Anfang April<br />
starten wird. „Ich gehe von einem dreimonatigen<br />
Einsatz aus. Es ist noch offen, wo ich<br />
überall eingesetzt werde. Möglich ist das im<br />
Rettungswagen, in einem Notkrankenhaus<br />
oder bei der <strong>14</strong>50er-Hotline.“ Angst vor einer<br />
möglichen Ansteckung mit Corona verspüre<br />
er im Übrigen kaum. „Es ist wichtig,<br />
sehr vorsichtig zu sein und sich an alle Vorschriften<br />
zu halten. Sollte ich mich aber infizieren,<br />
gehe ich davon aus, dass ich keinen<br />
allzu schweren Verlauf habe.“<br />
Arbeit bei der Corona-Hotline. In der Corona-Krise<br />
hat der Medizinstudent seinen<br />
ersten Kurzeinsatz im Dienst bei der Hotline<br />
<strong>14</strong>50 bereits hinter sich. Es brauche bei<br />
diesem Telefondienst viel Fingerspitzengefühl,<br />
um zu entscheiden, ob ein Verdachtsfall<br />
auf das Coronavirus vorliegt oder nicht,<br />
meint Bogner. Die Entscheidungen laufen<br />
entlang bestimmter Parameter ab, sind aber<br />
trotzdem immer individuell und vor allem<br />
rasch zu treffen. „Das Telefon klingelt pausenlos,<br />
an einem Tag hat man bei diesem<br />
Dienst hunderte Gespräche“, erzählt er. Gefreut<br />
und motiviert habe ihn, dass sich viele<br />
Anrufer/innen für die Auskunft an der Hotline<br />
bedankt haben.<br />
<strong>14</strong> Tage Quarantäne. Dabei hat Philipp<br />
Bogners erster Dienst bei der Hotline nur wenige<br />
Stunden gedauert. Schon am selben Tag<br />
wurde bekannt, dass Heimkehrer aus dem<br />
Hochrisikogebiet Tirol in <strong>14</strong>-tägige Quarantäne<br />
gehen sollen. Durch sein Studium in<br />
Innsbruck war auch er von der Regelung betroffen,<br />
was ihm eine zweiwöchige Zwangspause<br />
in seinem Elternhaus in Wilhering bescherte.<br />
Mittlerweile ist diese Selbstisolation<br />
wieder beendet, womit Philipp Bogner bald<br />
an seinen Zivildienst vor knapp fünf Jahren<br />
anknüpfen kann. Er hat damals als Sanitäter<br />
beim Samariterbund gearbeitet, was seine<br />
Lebensplanung in positiver Weise umgekrempelt<br />
hat. „Der Zivildienst hat mir so gut<br />
gefallen, dass ich Medizin inskribiert habe.<br />
Obwohl ich mir nach der Matura zuerst gedacht<br />
habe, dass ich nie wieder etwas lernen<br />
will und ganz sicher nichts studieren mag.“<br />
Der Unibetrieb liegt für Bogner während des<br />
Zivildienstes nun auf Eis, wobei es eine Regelung<br />
geben soll, dass der Einsatz für das Studium<br />
angerechnet wird.<br />
Hilfe für Hochwasseropfer. Was es heißt<br />
,in Notzeiten zu helfen, weiß Philipp Bogner<br />
von seiner Zeit bei der freiwilligen Feuerwehr.<br />
Bei dem verheerenden Hochwasser<br />
im Jahr 2013 half Bogner, der damals noch<br />
zur Schule ging, beim Auspumpen der Keller<br />
in den besonders betroffenen Gebieten<br />
entlang der Donau. In dem Katastrophengebiet<br />
habe er beobachtet, wie unterschiedlich<br />
Menschen auf solche Extremsituationen reagieren.<br />
„Manche Hochwasseropfer haben,<br />
während wir da waren, ein Bier getrunken<br />
und gesagt, dass es eh nix hilft, sich aufzuregen.<br />
Andere dafür waren psychisch stark<br />
gezeichnet und sind neben sich gestanden.<br />
Die Menschen sind sehr unterschiedlich<br />
gestrickt“, erzählt Philipp Bogner. Er selbst<br />
habe jedenfalls gemerkt, dass er mit solchen<br />
Situationen relativ gut umgehen kann. „Irgendwie<br />
würde ich sagen, dass mir solche<br />
Kriseneinsätze im Blut liegen.“<br />
Zivildiener<br />
Freiwillig melden<br />
Ehemalige Zivildiener wurden öffentlich<br />
dazu aufgerufen, sich freiwillig für den außerordentlichen<br />
Zivildienst zu melden.<br />
Außerdem werden jene Männer, die ihren<br />
Zivildienst in den vergangenen fünf Jahren<br />
absolviert haben (insbesondere jene, die in<br />
den Bereichen tätig waren, in denen nun<br />
spezieller Bedarf herrscht), nun auch aktiv<br />
vom zuständigen Ministerium angeschrieben.<br />
Bis dato haben sich über 2.000 Zivildiener<br />
freiwillig gemeldet. Sie werden im<br />
April ihre Tätigkeit aufnehmen.