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Kirchenzeitung Nr 14 2020

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KirchenZeitung Diözese Linz 2. April <strong>2020</strong><br />

Kunst & Kultur 29<br />

Architekt Rafael<br />

Hintersteiner besucht<br />

täglich seine Kapelle<br />

und entzündet<br />

dort eine Kerze.<br />

Der Standort des<br />

Bauwerkes befindet<br />

sich auf einem privaten<br />

Grundstück in der<br />

Nähe der Pfarrkirche<br />

Arbing, westlich<br />

des Friedhofs. Eine<br />

Besonderheit der<br />

„Franziskuskapelle“,<br />

die aus dunkelgrau<br />

gefärbtem Beton<br />

gefertigt wurde, ist<br />

das fehlende Dach. Es<br />

lenkt den Blick nach<br />

oben, der Himmel<br />

bleibt immer sichtbar.<br />

Der Architekt und seine Kapelle<br />

In seiner Kapelle entzündet Rafael Hintersteiner<br />

täglich eine Kerze und fühlt sich<br />

im Gebet mit Menschen von fern und nah<br />

verbunden. Mit der kleinen Glocke wird<br />

das Gebet auch für die Nachbarn hörbar.<br />

Elisabeth Leitner<br />

Täglich geht ein junger Mann in die kleine<br />

Franziskuskapelle beim Friedhof in Arbing.<br />

Er zündet eine Kerze an, verweilt an diesem<br />

stillen Ort, spricht ein Gebet. An diesem Ort<br />

findet er Ruhe. Er denkt auch an alle, die<br />

jetzt gerade keinen kirchlichen Raum betreten<br />

können. Danach greift er zum Handzug<br />

der kleine Glocke und zieht ein paar Mal<br />

daran. Ein einsames Glockengeläut durchdringt<br />

die Stille des Friedhofs.<br />

Ort des Verweilens. „Warum hört man da<br />

jetzt täglich die Glocke läuten?“ – Das wurde<br />

anfangs auch der junge Mann von Nachbarn<br />

gefragt: Ob er wisse, was da los sei?<br />

Rafael Hintersteiner hat eine Erklärung dafür<br />

und erzählt: „In Zeiten wie diesen bin<br />

ich froh, dass ich mir damals eine Kapelle<br />

Rafael Hintersteiner<br />

sucht die<br />

Stille und findet sie<br />

auch in seiner selbst<br />

gestalteten Kapelle<br />

am Friedhof in<br />

Arbing. Hintersteiner<br />

gebaut habe und diese nun bewusst als Ort<br />

des Verweilens verwenden kann.“ Er ist der<br />

junge Mann, der jeden Morgen seine Kapelle<br />

aufsucht und die Glocke läutet. Er hat die<br />

Kapelle selbst entworfen, 2011 wurde sie fertiggestellt.<br />

Sie trägt den franziskanischen<br />

Gruß „pax et bonum“ (Friede und Heil). Das<br />

wünscht er auch allen Nachbar/innen. „Die<br />

Glocken sind gut hörbar. Und wenn die Glocken<br />

läuten, wissen die Nachbarn, dass jemand<br />

für sie betet. Ich nehme auch Gebetsanliegen<br />

mit in die Kapelle.“<br />

Vielseitig. Hintersteiner ist ein vielseitig<br />

Begabter: Er hat an der Kunstuniversität Linz<br />

Architektur studiert, an der Anton-Bruckner-Universität<br />

Gesang. Jetzt ist er Abteilungsleiter<br />

für Marketing und Presse im Linzer<br />

Design Center. Bereits 2010 hat er in der<br />

hauseigenen Tischlerei einen Holzsarg entworfen.<br />

Ausgehend von der oft üblichen Liegeposition<br />

mit erhöhtem Kopfteil, gestaltete<br />

er mit seinem Kollegen Johannes Wolfsteiner<br />

den Holzsarg „Kopf hoch“ – nachhaltig,<br />

ohne Nägel und ohne Plastik.<br />

Inspiriert. Seit Beginn der Corona-Krise hat<br />

der Architekt und Sänger wieder begonnen<br />

„Miniaturen“ zu entwerfen: Es sind Bilder in<br />

20 x 20 mm Größe, die zur Zeit seinen Alltag<br />

prägen. Berichte aus Medien, Orten, die<br />

er gerne einmal besuchen würde und Ereignisse,<br />

die ihn erfreuen, zeichnet er und stellt<br />

diese ins Internet. Auf Facebook und Instagram<br />

kann man diese nun betrachten. – Das<br />

gilt auch für die kleine Kapelle in Arbing.<br />

Diese kann man aber nicht nur virtuell besuchen.<br />

Da sie nur für wenige Besucher/innen<br />

Platz bietet, ist eine Besichtigung erst<br />

nach der Corona-Zeit empfehlenswert. Bis<br />

es so weit ist, wird Rafael Hintersteiner täglich<br />

dort anzutreffen sein: „Im Gebet sind<br />

wir alle miteinander verbunden“, sagt Hintersteiner.<br />

„Das ist ein schöner Gedanke.“

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