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MONEYINSIDE Foto: S. Ugurlu/FOCUS-MONEY Wenn Politik Ökonomie schlägt Die neue Prognose des Internationalen Währungsfonds benennt eindeutig die Region unter den industriellen Zonen der Welt, der der stärkste Corona-Rückschlag droht: die Euro-Zone. Deutschlands Wirtschaftsleistung sinkt nach der Prognose in diesem Jahr um sieben Prozent, Spanien (acht Prozent Einbuße) und Italien (Kontraktion um 9,1 Prozent) trifft es demnach noch härter. Umso gravierender ist es, dass politische Gründe es verhindern, das wirtschaftlich Richtige zu tun. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) kann Italien oder Spanien günstige Kredite in Höhe von bis zu zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung geben. Italiens Regierung lässt aber durchblicken, dass sie darauf nicht zurückkommen will, obwohl das Geld praktisch ohne Vorbedingungen verfügbar wäre. Die Linksregierung fürchtet unter anderem die oppositionelle Lega, die Rom vorwerfen würde, ein Schulden-Diktat aus Brüssel und Berlin akzeptiert zu haben. So führt Politik zu Denkverboten. Kaum auszumalen, wie ein Vorschlag von Hans Albrecht, Chairman der internationalen Organisation Global Bridges, in Italien aufgenommen werden dürfte – obwohl er klarstellt: „Wir können nicht über unserer Wirtschaft einen riesigen Rettungsschirm spannen und viele unserer Partner in der Euro-Zone im Regen stehen lassen. Das wäre unsolidarisch, unmenschlich und würde den Zusammenhalt der europäischen Union gefährden.“ Zunächst dekliniert er verschiedene Lösungsansätze durch, etwa die Euro-Bonds, die Italiens Premier Conte so vehement fordert. Diese Anleihen sollen bekanntlich alle Mitglieder der Euro- Zone gemeinschaftlich begeben, bedienen und dafür haften. „Das bedeutet, dass alle Emittenten jeweils pro rata Zinsen zahlen und die Bonds bei Fälligkeit zurückführen müssen“, so Albrecht, bekannt geworden als Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft. Können das einige Staaten nicht leisten, verbleiben die Lasten bei den Leistungsfähigen. Und bereits jetzt sind einige Euro-Mitgliedsstaaten überfordert – das ist ja gerade der Grund für die Forderung nach Euro-Bonds. Deutschland und die Niederlande, so Albrecht, gingen in diesem Fall hohe Risiken ein – „während alle Erträge der Rettung bei denjenigen anfallen, die zunächst gar nichts für diese Kredite bezahlen und die auch nur zum Schein haften“. Denn wenn ein Land in Not heute schon seine eigenen Aufgaben nicht allein zahlen könne: „Wie soll es dann, wenn die Rettung nicht gelingt, im Ernstfall Bonds zurückführen können?“ Den Ausweg nennt Albrecht „Hilfe durch Beteiligung“ und ruft in Erinnerung, dass das der Weg sei, auf dem in der Regel die EU-Kommission besteht – wie nach der Finanzkrise bei der deutschen WestLB. Beteiligung bedeutet, Industrien zu retten, dadurch Arbeitslosigkeit zu senken, das Steueraufkommen zu erhöhen, Rückstellungen für faule Kredite bei Banken abzubauen – das gibt den Staaten Luft und verschafft den nationalen Regierungen Spielräume, sogar für Wahlgeschenke. Das Problem: Alteigentümer verlieren Anteile, Einfluss und den Anteil an einem etwaigen späteren Gewinn. „Diejenigen in Not bekommen hier zwar sehr große Chancen, aber sie müssen dafür erhebliche Einschränkungen in Kauf nehmen. Die Retter müssen zwar zahlen, bekommen dafür aber auch etwas.“ Während bei FOCUS-MONEY <strong>18</strong>/<strong>2020</strong> Liebe Leserinnen und Leser, Ihre Gesundheit ist uns wichtig, vor allem in dieser ungewissen Zeit. Lesen Sie FOCUS-MONEY deshalb in den nächsten Wochen sicher und unkompliziert – dafür müssen Sie noch nicht einmal das Haus verlassen. Wie das geht? Rufen Sie uns an und sichern Sie sich unser neues Flexabo. 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Was tun, um keinen Profit aus dem Leid anderer zu ziehen, aber zugleich sicherzustellen, dass Hilfe auf das Notwendige begrenzt wird? Der Vorschlag: „Wenn man jedem, der verwässert wurde, das Recht einräumt, zum Beispiel zehn Jahre lang jederzeit seine Anteile mit nur sehr geringem Aufschlag (z. B. ein Prozent) zurückzukaufen, wäre das Problem gelöst.“ Deutschland würde in diesem Fall an der Rettung praktisch nichts verdienen, der Rückfluss der Hilfsgelder wäre indes weitaus wahrscheinlicher. „Denn sobald die Rettung gelingt und die Anteile auch nur ein bisschen mehr wert werden, als wir jetzt bezahlen, werden unsere Partner bei uns Schlange stehen, um ihre Anteile zurückzukaufen. So wandeln wir die Last, zurückzahlen zu müssen, in die Lust, zurückkaufen zu dürfen.“ Nebenbei besteht für die Geldgeber auch ein Mitspracherecht bei der Mittelverwendung – und die unerlässliche Akzeptanz in Deutschland dürfte auch erreichbar sein: „Es kann nicht sein, dass wir deutsche Haushalte belasten, um Mittel aufzubringen für die Rettung Italiens, während dessen sehr viel reichere Haushalte ungeschoren bleiben.“ Im Durchschnitt haben italienische Haushalte nämlich mehr Vermögen als deutsche. Und jetzt das politische Problem: Noch so gut durchdachte Konzepte haben keine Chance, wenn sie zum Tabu erklärt werden – was bei diesem Beteiligungsansatz zu befürchten ist. Was es auf der anderen Seite bedeutet, wenn aus politischen Gründen wirtschaftliche Grundtatsachen bewusst übergangen werden, hat die Bundesrepublik bereits zweimal erfahren: bei den Kosten der Wiedervereinigung – und des Euro. 3