FOCUSING JOURNAL 44
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Themen<br />
Körperliche Strukturgebundenheit<br />
Körperliche (vegetative) Kontraktion; da in diesem frühen<br />
Stadium noch nicht zwischen Ich und Umwelt unterschieden<br />
werden kann, wird das Feindliche (z.B. die Kälte)<br />
der Umwelt in einem selbst, als Teil von einem selbst<br />
(»ich bin nicht richtig«) erlebt; dieses Nicht-Hierhergehören,<br />
dieses »Verkehrtsein« muss vor den anderen verborgen<br />
werden (wie eine »Bombe« in der Körpermitte); darin<br />
ist die gesamte Energie zusammengezogen, der ganze<br />
Körper hält sie dort fest und versteckt sie.<br />
Zug nach oben; aufrechte, vom Boden wegstrebende<br />
Haltung; eher hochgezogene Schultern, starre Wirbelsäule,<br />
spinnenartige Extremitäten; unsymmetrischer Körperbau,<br />
Torsionen, unkoordinierte Bewegungen (als wäre<br />
der Körper aus Ersatzteilen zusammengesetzt); flache<br />
(nur bis zu den Schultern reichende) oder »verkehrte«<br />
Atmung; weiche, wächserne Oberflächenmuskeln; kalte<br />
Körperperipherie; defokussierter und zugleich starrer<br />
Blick (Blick nicht da, um zu begegnen, sondern um Umwelt<br />
zu durchschauen). Die Hauptspannungszonen sind:<br />
Augensegment, Verbindung zwischen Kopf und HWS,<br />
Ring um die Brust (Kontrolle von Vitalität, Emotionen,<br />
Atmung) und Zwerchfell/-Solarplexus.<br />
Alexander-Technik<br />
Der Körper des Klienten wird mit den Händen des AT-<br />
Lehrers eingeladen, vom Zusammenziehen zum Loslassen,<br />
zum Ausdehnen überzugehen. Diese Erfahrung<br />
macht dem Klienten oft erst bewusst, dass es auch anders<br />
gehen kann.<br />
Aus der Tatsache, dass diese körperliche Veränderung<br />
oft das dahinter liegende Thema hervorbringt, ist meine<br />
Begeisterung für die ergänzende Arbeit mit beiden Methoden<br />
erwachsen.<br />
Hier würde die AT folgende Einladungen an den Körper<br />
des Klienten mit den Händen »aussprechen« (einzeln,<br />
wiederholt und nicht alles auf einmal):<br />
• Schultern in die »richtige Position« zu bringen<br />
• Bodenkontakt<br />
• bewegliche Wirbelsäule<br />
• Aufrichtung<br />
• Körpersymmetrie<br />
• Lösung der Torsionen<br />
• Koordinierte Bewegungsabläufe trainieren<br />
• Lösung der Muskulatur, um eine vollere Atmung zu<br />
ermöglichen<br />
• Starre im Blick lösen<br />
• Lösung der Muskulatur in der Verbindung zwischen<br />
Hals und HWS und des Zwerchfells<br />
Beispiele aus der praktischen<br />
Arbeit<br />
Zum Abschluss noch drei Beispiele aus meiner<br />
Praxis:<br />
1. Frau P., 45 Jahre, Diagnose: starke Depression,<br />
Panikattacken, Drogensucht in der<br />
Trockenphase, 4 Herzinfarkte, Hashimoto:<br />
Frau P. berichtete, dass sie unerträgliche<br />
Schmerzen in der rechten Schulter habe. Sie<br />
habe bereits einige schmerzlindernde und<br />
entspannungsfördernde Spritzen von ihrem<br />
Arzt bekommen, die Beschwerden haben<br />
sich aber nicht verändert.<br />
Ich schlug Frau P. ein Experiment vor<br />
und holte mir von ihr die Erlaubnis für den<br />
Körperkontakt.<br />
Phase 1: Ich arbeitete an der Schmerzstelle,<br />
zuerst mit Alexander-Technik, mit einem<br />
leichten Kontakt. Mit Hilfe meiner Hände<br />
habe ich Frau P. zu Achtsamkeit eingeladen,<br />
ihre Schultern zum Loslassen animiert. Ihre<br />
Schultern fielen nach einer kurzen Zeit gefühlte<br />
fünf Zentimeter nach unten, und sie<br />
bemerkte: »Oh Gott, ich trage immer noch<br />
diesen Schock aus meiner Kindheit mit mir<br />
mit, jetzt kann ich es erst spüren!«<br />
Phase 2: Von da an wechselten wir in einen<br />
Focusingprozess. Am Ende des Prozesses<br />
musste sich Frau P. »mental« übergeben und<br />
schrie vor Freude: »Oh Gott, es ist weg!« Die<br />
Schmerzen in der Schulter waren weg.<br />
Am Ende besprachen wir noch die Anatomie<br />
der Schulter. Frau P. berichtete nach 6<br />
Wochen, dass ihre Schultern immer noch<br />
automatisch hoch gingen, sie aber keine Panik<br />
mehr bekommen habe. Jetzt bemerke<br />
sie, wie diese Anspannung der Schulter körperlichen<br />
Stress bei ihr verursache. Mit der<br />
Erinnerung an das Anatomiebild lasse sie<br />
nun ihre Schulter locker und dadurch werde<br />
sie dann wieder ruhiger.<br />
2. Frau M., 55 Jahre, Burnout:<br />
Frau M. bat um ein Gespräch und teilte mir<br />
mit, dass mit ihr etwas nicht stimme. Sie<br />
wisse aber nicht was.<br />
Phase 1: Da die Haltung von Frau M. für<br />
mich auffällig markant war, schlug ich ein<br />
32 focusing journal | heft <strong>44</strong>/2020