FOCUSING JOURNAL 44
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Themen<br />
körperliches Experiment vor, in das Frau<br />
M. sofort einwilligte. Mit AT lud ich ihren<br />
Körper zu mehr natürlicher Ausrichtung<br />
ein. Frau M. bemerkte einen deutlichen Unterschied,<br />
bekam mehr Luft und sagte: »Hier<br />
will ich bleiben, hier ist es gut.« Sie bekam<br />
genügend Zeit, um es auszukosten.<br />
Phase 2: Übergang zum Focusing<br />
Dann bat ich Frau M., in ihre alte Haltung<br />
zu gehen und mit ihrer Aufmerksamkeit im<br />
Brust- und Bauchbereich zu bleiben. Sie bemerkte,<br />
dass es anders war, fand aber keine<br />
Beschreibung für das Empfundene. Meinen<br />
Vorschlag, zwischen beiden Haltungen aufmerksam<br />
zu pendeln und zu spüren, brachte<br />
ihr eine Bewegung im Innen, so dass daraufhin<br />
ein guter Focusingprozess stattfinden<br />
konnte.<br />
Frau M. fühlte sehr viel Trauer und erkannte,<br />
dass sie seit 20 Jahren ihren »Witwenbuckel«<br />
trägt, obwohl sie sich sicher war, mit<br />
der Trauerarbeit abgeschlossen zu haben.<br />
Sie teilte mit, dass sie im Leben nur am<br />
»Ackern« ist, um ihre Trauer nicht zu spüren.<br />
3. Frau K., 66 Jahre, Depression, Unterleibskrebs,<br />
Migräne, Schlafapnoe:<br />
Nach dem Körperwahrnehmungstraining,<br />
bestehend aus Tanz-, Entspannungs- und<br />
Achtsamkeitsübungen, kam Frau K. auf<br />
mich zu und sagte: »Ich weiß jetzt, woher<br />
meine Krankheiten kommen. Ich habe nicht<br />
nur Atemprobleme im Schlaf, ich habe auch<br />
Atemprobleme am Tag. Ich atme nur kurz,<br />
um nicht zu fühlen. Ich lebe nur im Kopf.<br />
Die Ärzte haben sich immer gewundert, warum<br />
ich nicht über Schmerzen bei medizinischen<br />
Behandlungen klage. Ich habe es nie<br />
gefühlt. Ich fühle meinen Körper nicht.«<br />
Dann erzählte Frau K. kurz ihre Lebensgeschichte.<br />
An ihrem zehnten Geburtstag<br />
ging sie mit ihrer Mutter spazieren,<br />
die Mutter klopfte an eine Tür, die Tür<br />
ging auf, und Frau K. wurde dort abgegeben.<br />
Seit diesem Zeitpunkt wohnte sie im<br />
Kinderheim, das von Nonnen geführt wurde.<br />
Dort wurde ihr beigebracht, dass der<br />
Körper etwas Ekelhaftes ist. Beim Waschen<br />
wurde das Licht ausgemacht und der Körper<br />
mit einem Stoff umhüllt. Ab dem Hals,<br />
ab der Stelle, wo der Stoff war, nahm sie ihren<br />
Körper nicht wahr.<br />
focusing journal | heft <strong>44</strong>/2020 33