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Spielplan 2011 - Styriarte

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Mathis Huber: Herr Harnoncourt,<br />

Sie kommen in der styriarte <strong>2011</strong> noch<br />

einmal auf Ihre tschechischen Wurzeln<br />

zurück, mit der tschechischen Oper<br />

schlechthin, mit der „Verkauften Braut“.<br />

Nikolaus Harnoncourt: Ja, aber es<br />

geht jetzt nicht mehr um die „Heimat“<br />

wie 2010, es ist jetzt die Frage,<br />

wie schwer das Leichte und wie leicht<br />

das Schwere ist. Das ist eigentlich<br />

der jetzige Aufhänger. Das fi nde ich<br />

unheimlich gut.<br />

Ja, dieser Aufhänger wurde aus der „Verkauften<br />

Braut“ herausgefi ltert …<br />

Und dann fi ndet man es überall …<br />

Vor bald zwei Jahren hat alles so scheinbar<br />

harmlos begonnen. Da kamen Sie<br />

mit der Idee, in der styriarte Smetanas<br />

„Braut“ mit dem alten deutschen Text<br />

vom Max Kalbeck zu machen. Aber<br />

dann muss sich etwas ereignet haben,<br />

dass Sie von dieser Idee wieder abgekommen<br />

sind.<br />

Ja, das hat zum Teil mit Ihnen zu tun,<br />

weil Sie mir ja ganz bald eine wortwörtliche<br />

Übersetzung geschickt haben<br />

und dann habe ich mich natürlich<br />

wieder damit beschäftigt. Was wird<br />

denn im deutschsprachigen Raum so<br />

gemacht mit der „Verkauften Braut“?<br />

Die wird ja überall ge spielt, heute<br />

meistens in einer neueren Fassung<br />

von Kurt Honolka. Ich habe die Fassungen<br />

verglichen und mir gedacht:<br />

Jemand, der den Kalbeck schlecht fi ndet,<br />

soll es besser machen, aber dann<br />

darf er so etwas Schlechtes wie der<br />

Honolka nicht schreiben. Kalbeck ist<br />

ein echter Poet, und seine Übersetzung<br />

geht relativ weit vom Text weg.<br />

HIGHLIGHT<br />

Also hat man später gesagt, der Kalbeck<br />

sei eine Entstellung. Ich fand:<br />

Ja, es ist eine Entstellung, wenn man<br />

die Uridee des Werkes betrachtet. Da<br />

hat Kalbeck schon, trotz aller Poesie,<br />

das Stück sehr leicht gemacht und<br />

die Gewichtigkeit des Stückes ist<br />

ziemlich verloren gegangen. Aber<br />

mir hat noch immer die Poesie so gefallen,<br />

dass ich gesagt habe: „Lieber<br />

poetisch und untreu, als ziemlich<br />

genau am Inhalt und einfach stur.“<br />

Und dann kam noch eine ganze<br />

Reihe weiterer Versionen der „Verkauften<br />

Braut“ auf den Tisch, und<br />

am Ende hatten wir ja dann eine Art<br />

von Synchron-Übersetzungsreihe<br />

mit vielen Spalten …<br />

… aber Sie waren noch nicht zufrieden.<br />

Nein, ich war nicht glücklich, weil ich<br />

ja gemerkt habe, dass da noch mehr<br />

dahintersteckt. Also der tschechische<br />

Text der Oper stammt von Karel Sábina.<br />

Das war ein Freund von Bakunin,<br />

vom Anarchisten. Und das hat mir,<br />

auch was das Werk betrifft, zu denken<br />

gegeben, denn so einen Dichter<br />

sucht man sich nicht aus für eine<br />

leichtfertige, lustige Volksoperette.<br />

Und da haben wir festgestellt, dass<br />

der Sábina in dieses Werk auch ganz<br />

andere Sachen verpackt hat. Und<br />

dass die Figuren einen wesentlich<br />

komplexeren Charakter haben, als<br />

man vordergründig annimmt.<br />

Als Sie sagten, Sie sind noch nicht zufrieden,<br />

nach allem, was da jetzt auf dem<br />

Tisch liegt …<br />

Ja, durch das Bohren kommt dann<br />

immer die Unzufriedenheit …<br />

4<br />

Die styriarte ist ja der Platz,<br />

an dem Nikolaus Harnoncourt<br />

seine größten Überraschungen<br />

lüftet. Aber was sollten nach<br />

„Porgy and Bess“ da noch für<br />

Überraschungen kommen,<br />

hätte man gedacht?<br />

Eine „Verkaufte Braut“ zum<br />

Beispiel, die sich im Arbeitsprozess<br />

zu einer veritablen Uraufführung<br />

entwickelt hat. Intendant<br />

Mathis Huber hat mit Nikolaus<br />

Harnoncourt darüber das<br />

folgende Gespräch geführt.<br />

… da haben wir uns nach wie vor umgeschaut<br />

nach Urtexten und nach Skizzen<br />

und autographen Äußerungen von Smetana,<br />

weil es ja eben keine autographe<br />

Partitur im Faksimile gibt, die zu erwerben<br />

wäre. Man kann sich die ja nur im<br />

Original in Prag ansehen. Und da war<br />

eines Tages im Internet ein Klavierauszug<br />

von 1872 angeboten, und den hab ich<br />

mir kommen lassen.<br />

Und da ist Ihnen aufgefallen, dass<br />

da ein ganz anderer deutscher Text<br />

drinnen ist.<br />

Es ist mir aufgefallen, aber den Text<br />

hab ich zunächst nicht als relevant für<br />

uns erachtet, weil ich der Meinung war,<br />

wir spielen Kalbeck. Erst als ich hörte,<br />

dass Sie bei der Textfassung noch nicht<br />

das volle Glück gefunden haben, habe

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