21.12.2012 Aufrufe

bestseller - Pfeifenberger

bestseller - Pfeifenberger

bestseller - Pfeifenberger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Feuerkopf<br />

Das aufregende<br />

Leben des André<br />

Heller. Heuer wird er<br />

65. Pensionsreif? Im<br />

Gegenteil. Aus gegebenem<br />

Anlass zwei<br />

Bücher von und über<br />

ihn. Horst Steinfelt<br />

gratuliert.<br />

Man könnte jetzt<br />

sagen: Der wird<br />

65, und keiner<br />

geht hin. Aber es<br />

geht nicht wirklich.<br />

Denn Francis<br />

Charles Georges<br />

Jean Andrè Heller-<br />

Huart (so lautet<br />

sein vollständiger Geburtsname) war und ist seit langem<br />

ein exzentrischer Reibebaum, der große Kunststücke vollbrachte<br />

und sich viele Feinde machte und viele bedeutende<br />

Freunde hat.<br />

Aber der Reihe nach: Geburtsname und Weiteres aus<br />

dem Leben eines „Feuerkopfes“ erfährt man mit Lektüre<br />

der ausgiebigen Biografie, geschrieben vom ehemaligen<br />

„profil“-Chefredakteur Christian Seiler. Genau, jener,<br />

der danach die Schweizer Kulturzeitschrift „du“ leitete.<br />

Er ist mit Heller herumgereist, konnte ihn an dessen<br />

Wohnsitzen befragen und beobachten; in einem Wiener<br />

Palais, in einer Villa am Gardasee, in einem Landsitz in<br />

Marokko (wo Heller einen riesigen Kunstgarten anlegen<br />

lässt). Und kommt zum Schluss, Heller sei ein Mann<br />

„mit vielen Eigenschaften“, aber beileibe kein Multimediakünstler<br />

allein. Vielmehr ist er ein „Schriftsteller und<br />

Theaterautor, Regisseur und Bühnenbildner, Maler und<br />

Impresario, Dokumentarfilmer und Schauspieler, Zirkusdirektor<br />

und Sänger, politischer Aktivist und Lebensberater,<br />

Weltreisender und Gartenkünstler, Showdirigent<br />

und Geschäftsmann, Ausstellungsmacher und Bildhauer,<br />

Komponist und Feuerwerker, Vater und Liebhaber und<br />

darüber hinaus so manches, was sich aus der Kombination<br />

oder Neuerfindung all dieser Berufe und Leidenschaften<br />

ergibt.“ Ein bunter Hund also! Und wie es dazu gekommen<br />

ist, das erzählt der Biograf ziemlich detailliert und<br />

strukturiert.<br />

Mit anderen Worten: Diese Biografie ist „dem Überschwang<br />

an Resultaten geschuldet“. Seiler berichtet minutiös<br />

und mit spürbarer Freude an der Materialfülle. Beginnend<br />

mit Hellers Eltern (und Elternhaus) über Kindheit<br />

und Schule zu den ersten Begegnungen mit Größen der<br />

damaligen Kunstszene bis zum Heute, in Kapitel gefasst,<br />

nach Themenbereichen strukturiert. Manche Abschnitte<br />

sind chronologisch geordnet, andere, locker eingeworfen,<br />

drehen sich um Musik, um Literatur, um Begegnungen<br />

mit Politikern und Hellers Aktionen als homo politicus.<br />

Im Vorwort empfiehlt Biograf Seiler, man könne das<br />

Buch „von vorne nach hinten lesen, aber genauso gut<br />

46<br />

ist es möglich, sich der Person Andrè Heller nach Themengebieten<br />

zu nähern“. Beispielsweise Qualtinger; oder<br />

Fernsehen; oder Roncalli; oder Begnadete Körper; oder<br />

Weltmeisterschaft (Hellers Ausflug in die Fußball-Welt).<br />

Man erfährt ziemlich viel daraus, von Hellers Vorlieben<br />

für manche Künstler ebenso wie von Hellers Zuneigung<br />

zum anderen Geschlecht und von Hellers Wesen als guter<br />

Freund einiger weniger.<br />

Seit 2008 arbeitete Seiler mit Heller an dieser Biografie.<br />

Sie verbrachten viel Zeit miteinander, und Heller war nach<br />

Bekundung seines Biografen mit Vergnügen dabei, nachdem<br />

er sich überwunden hatte, einer Biografie zuzustimmen.<br />

Er öffnete sein Adressbuch und damit den Zugang<br />

zu Hellers intimen Freunden, die Seiler somit befragen<br />

konnte. Und Heller ermunterte ihn, „auch bei Gegnern<br />

seiner Arbeit und seiner Person Auskünfte einzuholen,<br />

erwies sich jedoch in unseren Gesprächen in seiner Selbstkritik<br />

schärfer als die meisten seiner Kritiker mit ihren<br />

Anwürfen“, das betont Seiler im Vorwort.<br />

Interessanter Aspekt: „Wenn Heller während seiner<br />

ganzen Karriere mit besonderer Aufmerksamkeit darauf<br />

bedacht war zu vermitteln, was er tat, dann war das die<br />

direkte Folge seiner Angst, das Scheitern eines Projektes<br />

mit dem Scheitern der gesamten Karriere zu bezahlen.“<br />

Auch dar über weiß Seiler zu berichten.<br />

Sozusagen „im Gegenschuss“ dazu soll man die Sammlung<br />

von Geschichten und Texten aus Hellers Feder lesen,<br />

mit understatement „Wienereien“ betitelt. Aufsätze ebenso<br />

wie Erinnerungen zu Themen wie Mauthausen, wie<br />

Zauberklingl, wie Vranitzky, wie John Lennon & Yoko<br />

Ono, wie Andy Warhol, wie Hilde Spiel etcetera – da plaudert<br />

einer aus dem Nähkästchen. Das ist aber keineswegs<br />

peinlich, vielmehr eine bunte Sammlung aus mehreren<br />

Jahrzehnten. Daher auch ganz unterschiedlich in Herangehensweise<br />

und Ton. Andrè Heller, und wie er die Welt<br />

sieht. Eine ideale Ergänzung zur großen Biografie.<br />

buchmedia<br />

magazin 17 (1/12)<br />

NACHLESE<br />

Gesammelte Analysen und hassliebende Assoziationen<br />

Hellers zu seiner Geburtsstadt Wien.<br />

André Heller<br />

Wienereien<br />

oder ein absichtlicher Schicksalsnarr<br />

Verstreutes gesammelt<br />

Brandstätter, 240 S.<br />

Euro (A/D) 25; Euro (I) 26.80; sFr ca. 35.50<br />

ISBN 978-3-85033-322-1<br />

Autorisierte Biografie mit vielen unveröffentlichten<br />

Dokumenten und Bildern, die ein außerordentlich<br />

buntes Leben als Gesamtkunstwerk zeigt.<br />

Christian Seiler<br />

André Heller<br />

Feuerkopf. Die Biografie<br />

C. Bertelsmann, 428 S.<br />

Euro (A/D) 24.99; Euro (I) 26.70; sFr ca. 35.50<br />

ISBN 978-3-570-10063-9<br />

Foto: Christian Brandstätter Verlag

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!