Hiltruper Monatshefte - bei den Hiltruper Missionaren!
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<strong>Hiltruper</strong> <strong>Monatshefte</strong><br />
Christiane Schillig<br />
Von wegen ausgedient!<br />
Wie Kirchenschließungen<br />
verhindert wer<strong>den</strong><br />
Begeben wir uns in das Herz von<br />
Thüringen, in die Landeshauptstadt<br />
Erfurt, wo weniger als ein Drittel der<br />
Menschen konfessionell gebun<strong>den</strong><br />
sind. Dort wurde aus der Not eine<br />
Tugend gemacht. Weihbischof Dr.<br />
Reinhard Hauke, seit 1992 Pfarrer der<br />
Domgemeinde St. Marien, bedauerte<br />
damals sehr, dass viele Verstorbene anonym<br />
bestattet wur<strong>den</strong>. Es gab kaum<br />
mehr Trauerfeiern, <strong>bei</strong> <strong>den</strong>en Angehörige<br />
von <strong>den</strong> Toten Abschied nehmen<br />
konnten. Als die Allerheiligenkirche<br />
in der Marktstraße nach der Jahrtausendwende<br />
restauriert wer<strong>den</strong> musste,<br />
entschloss sich das Bistum, das nicht<br />
„ausgelastete” Haus teils als Begräbniskirche<br />
zu nutzen. Ein gelungenes Vorbild<br />
existiert mit der ehemals katholischen<br />
Kirche St. Josef in Aachen. In<br />
ihrem neugotischen Hallenraum wer<strong>den</strong><br />
seit 2006 Urnen <strong>bei</strong>gesetzt. Auch<br />
St. Konrad in Marl-Hüls beherbergt<br />
seit 2006 letzte Ruhestätten für Christen<br />
jeder Konfession.<br />
Das älteste Kolumbarium entstand<br />
1892 im thüringischen Gotha, und<br />
zwar im Zusammenhang mit der Anlage<br />
eines Krematoriums. In einem<br />
Kolumbarium (wörtlich: Taubenhaus)<br />
wer<strong>den</strong> Urnen in Wän<strong>den</strong>, Säulen oder<br />
in einem Steingarten aufgenommen.<br />
Diese Form der Beisetzung ist in Amerika<br />
und Asien bereits üblich und entspricht<br />
dem Anliegen vieler Christen,<br />
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das Ge<strong>den</strong>ken an Tod und Auferstehung<br />
wachzuhalten und eine Kultur<br />
des Todes zu schaffen, indem Grabstätten<br />
mitten ins Leben „gepflanzt”<br />
wer<strong>den</strong>. Dadurch, dass Thüringen seit<br />
2004 Urnenbestattungen in Kirchen<br />
zulässt, schien dies dem Domkapitel<br />
eine angemessene Zukunft für die gotische<br />
Allerheiligenkirche zu sein. Die<br />
Erfurter Künstlerin Evelyn Körber<br />
entwarf 15 Stelen aus geätztem grünen<br />
Glas und Muschelkalk. Die Urnenfächer<br />
wur<strong>den</strong> in sechs Etagen eingerichtet.<br />
Die Liegezeit beträgt 20 Jahre, eine<br />
Verlängerung ist möglich.<br />
Im September 2007 wurde das Erfurter<br />
Kolumbarium vollendet, und<br />
seither gibt es einmal im Monat ein<br />
Totenge<strong>den</strong>ken, das vom Dom in die<br />
Allerheiligenkirche verlegt wurde. Das<br />
Konzept ging auf: Die Zahl der Ge<strong>den</strong>ken<strong>den</strong><br />
verdoppelte sich, und die<br />
Kirche steht nicht länger leer. Viele<br />
Menschen haben sich bereits eine<br />
Grabstätte reserviert. Christen wie<br />
Nichtchristen können sich bestatten<br />
lassen. Für sie wer<strong>den</strong> im südlichen<br />
Kirchenschiff Trauerfeiern abgehalten.<br />
„Auch wenn das Erdbegräbnis in der<br />
christlichen Tradition Vorrang hat, so<br />
kann doch auch ein Ort der Beisetzung<br />
von Urnen eine <strong>den</strong>kwürdige<br />
Stätte sein, die an die Vergänglichkeit<br />
menschlichen Lebens erinnert und zugleich<br />
im Raum der Kirche <strong>den</strong> Blick<br />
für die Ewigkeit eröffnet”, schrieb<br />
Weihbischof Hauke.<br />
Mut zur Erinnerung ist nötig, lautet<br />
sein Credo und: Erinnerung braucht<br />
einen Rahmen, der ästhetisch ansprechend<br />
ist. Kürzlich wurde ein Mann,