lass fallen anker
Ausgabe 2020 von "lass fallen anker" der Deutschen Seemannsmission e.V. in Hamburg
Ausgabe 2020 von "lass fallen anker" der Deutschen Seemannsmission e.V. in Hamburg
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WIR
SCHICKEN
EIN SCHIFF!
Warum sich die Deutsche Seemannsmission
im Bündnis „United4Rescue“ engagiert
Kaum ein Thema hat in den letzten Jahren
den öffentlichen Diskurs so polarisiert wie
das der Seenotrettung von Flüchtlingen. Seit
die EKD nach dem Kirchentag 2019 das Rettungsbündnis
„United4Rescue“ ins Leben rief,
um selbst ein Rettungsschiff zu entsenden, unterstützt
die DSM diese Initiative.
Wir versuchen dabei, eine weitere Perspektive in den
Fokus zu rücken, die bisher wenig Beachtung findet: die
Situation der Seeleute in der kommerziellen Schifffahrt. Im
Mittelmeer sind nicht nur die Retter der NGOs wie etwa
Sea-Watch oder Sea-Eye unterwegs oder Schiffe der Küstenwachen,
sondern auch Containerfrachter, Fahrzeugtransporter
usw. Auf all diesen Schiffen leben und arbeiten
Seeleute, die Menschen in Seenot Hilfe leisten müssen.
Dabei sind viele Frachtschiffe nicht dafür ausgelegt,
auf hoher See Menschen an Bord zu nehmen. Rettungsmittel
und Versorgungsgüter sind begrenzt und meist nur
für die Besatzung ausgelegt. Hinzu kommen hohe Bordwände
– und Probleme, die eigene Sicherheit zu gewährleisten.
So berichten uns Seeleute immer wieder, wie sie
mit ansehen müssen, dass in Seenot geratene Flüchtlinge
vor ihren Augen ertrinken. Ein Trauma, das schwer zu
verarbeiten ist. Auch wenn wir in den Stationen der DSM
professionelle Seelsorge anbieten, sind dies Eindrücke, die
viele Seeleute ihr Leben lang begleiten.
Längst reden wir nicht mehr von Einzelfällen. Als ich
vor fünf Jahren als Seemannsdiakon in Hamburg anfing,
war einer meiner ersten Berührungspunkte mit diesem
Thema der Hilferuf eines Seemanns an die DSM: „Ich will
nie wieder über Kinderrucksäcke fahren müssen.“ Seitdem
habe ich mit vielen Menschen gesprochen, die ähnliche
Situationen erlebt haben.
Darum appellieren wir an die Politik, die staatlichen
beziehungweise gesamteuropäischen Rettungsmissionen
wieder aufzunehmen. Leider sieht es nicht danach aus,
dass das in nächster Zeit gelingt. Durch die COVID-19-Krise
hat sich die Situation noch verschärft.
Darum sind wir froh, dass wir es mit allen Partnern und
Beteiligten von „United4Rescue“ geschafft haben, in rekordverdächtiger
Zeit genug Spenden zu sammeln, um das
Forschungsschiff „Poseidon“ zu kaufen. Im Februar wurde
es in Kiel auf den Namen „Sea-Watch 4“ getauft. Nachdem
es in der Werft von Burriana/Spanien für die Mission im
Mittelmeer ausgerüstet wurde, geht es nun im Juli los.
Der Crew der „Sea-Watch 4“ sowie allen, die draußen
im Mittelmeer in der Seenotrettung unterwegs sind, wünschen
wir viel Kraft und Erfolg dabei, unsere christlichen
und menschlichen Werte hochzuhalten. Habt immer eine
Hand breit Wasser unter dem Kiel – und Gott mit euch!
Fiete Sturm, Hamburg-Altona, Autor dieses Textes,
und Andreas Latz, Bremerhaven, sind Beauftragte der
Deutschen Seemannsmission für die Initiative
„Wir schicken ein Schiff“.
Titelbild: Amit-Shaiwale, Unsplash / united4rescue