11.09.2020 Aufrufe

147-Lebe RZ

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Shutterstock<br />

Christine* ist Kindergärtnerin. Ihre vierjährige Tochter besucht<br />

den Kindergarten, während sie halbtags in einem anderen<br />

Kindergarten arbeitet.<br />

Zu Beginn des Lockdowns fiel mir regelrecht<br />

die Decke auf den Kopf. Mein<br />

Partner konnte weiterarbeiten, während<br />

ich mit meiner vierjährigen Tochter allein zu<br />

Hause war. Ich beschäftige mich ja gerne mit<br />

meiner Kleinen, aber den ganzen Tag, tagtäglich,<br />

ohne Kontakt mit Erwachsenen, das war<br />

sehr schwer für mich. Ich muss dazu sagen,<br />

dass unsere Beziehung von Anfang an etwas<br />

schwierig war. Aufgrund<br />

traumatischer Ereignisse<br />

bei der Geburt war ich drei<br />

Monate im Krankenhaus<br />

und nachher noch lange<br />

nicht besonders fit. So<br />

hat sich unsere Tochter<br />

zu einem richtigen „Papa-<br />

Kind“ entwickelt. So sehr<br />

ich mich auch bemühte, ich kam nicht wirklich<br />

an sie ran. Das war schwer für mich. Nun kam<br />

Corona. Zunächst war ich sehr genervt über<br />

diese unfreiwillige „soziale Askese“. Nach zwei<br />

bis drei Wochen stellte sich aber so langsam<br />

eine Veränderung ein. Meine Tochter und ich<br />

sind richtig zusammengewachsen. Sie fragte<br />

kaum nach ihren Freunden und ich erlangte<br />

eine innere Ruhe und Zufriedenheit, die ich bislang<br />

so nicht kannte. Dies wirkte sich sehr positiv<br />

auf unsere Beziehung aus. Dadurch, dass<br />

es für uns keine „Ablenkung“ gab, ist sie viel<br />

enger geworden. Dafür bin ich dankbar.<br />

Ein besonderes lieb gewonnenes Ritual, welches<br />

ich mir mit meiner Kleinen erhalten möchte,<br />

ist unser „Kaffeekränzchen“. Ich hatte es<br />

wirklich vermisst, mich hin und wieder mit einer<br />

Freundin auf einen Kaffee zu treffen. Also musste<br />

meine „große“ Kleine herhalten. Sie bekam<br />

ihren geliebten „Schaum“ und ich genoss meinen<br />

Cappuccino. So saßen wir ein Weilchen<br />

zusammen und plauderten über dies und jenes<br />

oder spielten auch mal<br />

Karten. Diese intensive Zeit<br />

Ich erlangte eine innere<br />

Ruhe und Zufriedenheit,<br />

die ich so bislang nicht<br />

kannte<br />

zu zweit genossen wir beide.<br />

Wenn ich nun mal nicht<br />

mehr dran denke, erinnert<br />

mich meine Tochter daran<br />

und fragt: „Wia schaugs<br />

aus mitn Kaffeele“? Wie<br />

„groß“ ist sie eigentlich<br />

geworden. Und was kann man alles schon mit<br />

ihr machen! Meine Tochter erinnert sich besonders<br />

gerne an die gemeinsame Spielzeit.<br />

Ein außergewöhnliches Erlebnis war für mich<br />

außerdem die Öffnung des Recyclinghofes.<br />

Das klingt banal, aber es war so. Ich kann mich<br />

nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte<br />

Mal so gefreut habe. Auch diese Erfahrung<br />

macht mich dankbar und zufrieden. Ich habe<br />

gemerkt, dass wirklich kleine Dinge mich wieder<br />

glücklich machen können.<br />

<br />

* der Name wurde von der Redaktion geändert<br />

LEBE <strong>147</strong>/2020<br />

23<br />

<strong>147</strong>-<strong>Lebe</strong> <strong>RZ</strong> 23 02.09.20 15:54

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!