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Fertigung von MID Bauteilen vom Rapid Prototyping bis zur Serie<br />

mit innovativer LDS-Technologie<br />

Nils Heininger<br />

<strong>LPKF</strong> <strong>Laser</strong> & <strong>Electronics</strong> <strong>AG</strong>, Garbsen, Deutschland<br />

Dr. Wolfgang John<br />

I & T 3D Produktionsgesellschaft mbH, Siegendorf, Österreich<br />

Hans-Jürgen Boßler<br />

TRW Automotive Safety Systems GmbH, Aschaffenburg, Deutschland<br />

Zusammenfassung Abstract<br />

Spritzgegossene Schaltungsträger (Moulded<br />

Interconnect Devices - MIDs) eröffnen die<br />

Chance, Elektronik und Mechanik miteinander<br />

zu verbinden. Neben der größeren Gestaltungsfreiheit<br />

im Vergleich zu konventionellen<br />

Schaltungsträgern bietet die MID-Technologie<br />

zudem ein enormes Rationalisierungspotenzial<br />

durch die Verkürzung der Prozesskette. Zudem<br />

tragen 3D-Leiterplatten durch die Reduzierung<br />

der Teileanzahl zur Miniaturisierung elektronischer<br />

Baugruppen bei.<br />

Wesentliche Einsatzgebiete für die MID-<br />

Technologie sind die Automobilelektronik und<br />

die Telekommunikation, daneben aber z.B.<br />

auch Computer-, Hausgeräte- oder die<br />

Medizintechnik.<br />

Mit dem von <strong>LPKF</strong> entwickelten <strong>Laser</strong>-Direkt-<br />

Strukturierungsverfahren (LDS) ist es möglich,<br />

hochauflösende Schaltungslayouts auf<br />

komplexen dreidimensionalen Trägerstrukturen<br />

zu realisieren und damit die bisher getrennten<br />

Einheiten Gehäuse und Leiterplatte funktionell<br />

zu integrieren.<br />

Die Grundlage des Verfahrens bilden dotierte<br />

Thermoplaste, auf denen die zu realisierenden<br />

Leiterbahnen mittels <strong>Laser</strong> gezielt aktiviert und<br />

anschließend im chemischen Bad metallisiert<br />

werden können.<br />

Im weiteren werden die technischen, wie<br />

wirtschaftlichen Vorteile dieses Verfahrens<br />

angesprochen, so wie die Umsetzung von der<br />

Produktentwicklung bis zur Serienproduktion<br />

anhand einer konkreten Anwendung aus dem<br />

Automotive-Bereich vorgestellt.<br />

Moulded Interconnect Devices – MIDs present<br />

the chance to combine electronic and mechanical<br />

parts. Compared to conventional circuits, MID<br />

technology offers a greater freedom of design<br />

and, due to the shortened process chain, a<br />

tremendous potential of rationalization. Moreover,<br />

by reducing the number of required parts, threedimensional<br />

circuit carriers contribute to the<br />

miniaturization of electronic components.<br />

Main application areas of MID technology are<br />

automobile electronics and telecommunication,<br />

but also computer technology, household<br />

appliances, or medical technology.<br />

With <strong>LPKF</strong>’s <strong>Laser</strong> Direct Structuring process<br />

(LDS) it is possible to produce high-resolution<br />

circuit layouts on complex three-dimensional<br />

carrier structures, thus integrating casings and<br />

circuit boards that previously were separate units<br />

in one unit.<br />

The process is based on doted thermoplastic<br />

materials on which the tracks that are to be<br />

realized are activated by means of targeted laser<br />

radiation and then metallized in a chemical bath.<br />

Further discussed are technical and economical<br />

advantages of this process as well as the transfer<br />

from product development to series production,<br />

using a specific application from the automotive<br />

area.


1 Einleitung<br />

Fortschreitende Miniaturisierung bei zunehmender Komplexität der Formteile durch<br />

Funktionsintegration sowie immer kürzer werdende Produkt-Lebenszyklen sind die<br />

Herausforderungen denen sich Anbieter moderner, hochwertiger Funktionsbauteile<br />

heute vor allem in der Elektro/Elektronik-, in zunehmendem Maße aber auch z.B. in<br />

der Automobil-, Medizin- und Telekommunikationsindustrie stellen müssen.<br />

Zusätzlich unterliegen die meisten Produkte einem ständig wachsenden<br />

Wettbewerbsdruck nach immer höherer Performance bei gleichzeitig höherer<br />

Zuverlässigkeit und niedrigerem Preis. Für den Automotive-, bzw. Automotive-<br />

Zulieferer-Bereich gilt dies insbesondere. Bei modernen PKW der Mittelklasse<br />

entfallen z.B. die Kosten mit steigender Tendenz auf elektronische und<br />

mikrosystemtechnische Komponenten. Das jährliche Wachstum allein der<br />

Halbleiterkosten an den Gesamtfahrzeugkosten betrug in den letzten Jahren 17% [1].<br />

Nicht nur Abmessungen und Gewicht sowie der Energieverbrauch müssen reduziert<br />

werden, sondern auch in der Fertigung müssen die Verfahren vereinfacht und<br />

verkürzt werden um auch in lohnintensiven Ländern fertigen und gleichzeitig<br />

wettbewerbsfähig sein zu können. Dazu ist die Zahl der Teile einschließlich Montageaufwand<br />

deutlich zu reduzieren, wofür spritzgegossene Schaltungsträger (Moulded<br />

Interconnect Devices - MID) in Kombination mit einer geeigneten Aufbau- und<br />

Verbindungstechniken ideal geeignet sind. MIDs nutzen die große räumliche<br />

Gestaltungsmöglichkeit des Kunststoffspritzgießens und integrieren mechanische<br />

und elektrische Funktionalität in einem Modul. Typische mechanische Funktionen wie<br />

Taster, Stecker- und andere Verbindungselemente sind z.B. gleichzeitig in ein, als<br />

Schaltungsträger dienendes Funktionsbauteil integrierbar. Abhängig von der<br />

Zielsetzung können sowohl einfache Leiterbahnen als Kabelersatz wie auch feinste<br />

Schaltungen als z. B. Sensormodul oder als Chipgehäuse im Bereich des<br />

Mikropackaging eingesetzt werden.<br />

Mit dem von <strong>LPKF</strong> entwickelten <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierungsverfahren (LDS) ist es<br />

möglich, hochauflösende Schaltungslayouts auf komplexen dreidimensionalen<br />

Trägerstrukturen zu realisieren und die oben angesprochenen Einheiten Gehäuse<br />

und Leiterplatte funktionell zu integrieren. Die Grundlage des Verfahrens bilden<br />

dotierte Thermoplaste, auf denen die zu realisierenden Leiterbahnen mittels <strong>Laser</strong><br />

gezielt aktiviert und anschließend im chemischen Bad metallisiert werden können.<br />

Die Grundidee dieser Technologie besteht darin, dass bei Einwirkung der<br />

<strong>Laser</strong>strahlung spezielle metallorganische Substanzen im Kunststoff aktiviert werden<br />

und diese aktivierten Keime eine nachfolgende stromlose Metallisierung ermöglichen.<br />

Bei der <strong>Laser</strong>strukturierung wird gleichzeitig die erforderliche Oberflächenstruktur an<br />

der Grenzfläche Kunststoff-Metall erzeugt, die für eine hohe Haftung verantwortlich<br />

ist.<br />

Um die Lücke zwischen der Produktentwicklung und der Serienproduktion zu<br />

schließen, können neben einer Reihe von Hochleistungsthermoplasten auch<br />

Duroplaste mit entsprechenden metallorganischen Substanzen dotiert werden. Diese<br />

werden als Harz-Härter-System für etablierte Prototyping-Verfahren eingesetzt, wie<br />

z.B. das Vakuumgießen von Polyurethanharzen. Dadurch wird der Entwickler in die<br />

Lage versetzt Prototypen von spritzgegossenen Schaltungsträgern herzustellen,<br />

ohne vorab in ein kostenintensives Spritzgießwerkzeug investieren zu müssen.<br />

Innerhalb kürzester Zeit können mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren auf Basis von 3-D<br />

CAD Volumendaten elektrisch funktionale Prototypen hergestellt werden. Im


Produktentwicklungsprozess können die Entwicklungszeiten entscheidend verkürzt<br />

werden. Ferner wird der Anwender in die Lage versetzt, zu einem möglicht frühen<br />

Zeitpunkt entscheidende Weichen für den weitere Produktentwicklungsprozess zu<br />

stellen, was oft bei der Fachbereichs-übergreifenden MID-Technologie, bei der<br />

Elektroniker und Konstrukteure an einen Tisch gebracht werden müssen, nahezu<br />

unerlässlich ist, jedoch mit den derzeit bekannten Technologien zur Herstellung von<br />

MIDs nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist. - Ein Hemmschuh, der u.a. viele<br />

potentielle Anwender die MID-Technologie als zu risikoreich einstufen lässt [2].<br />

Im Folgenden soll am Beispiel einer Anwendung aus dem Automotive-Bereich, die im<br />

<strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren umgesetzt wird, demonstriert werden, dass es möglich ist,<br />

innerhalb kürzester Zeit und ohne großes Entwicklungsrisiko eine MID-Anwendung<br />

vom Prototyping bis zur Serienreife zu führen und dabei gleichzeitig den steigenden<br />

Anforderungen, denen Automobil-Zulieferer heute gegenüberstehen gerecht zu<br />

werden.<br />

2 Das <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren<br />

Bislang wurden MID-Produkte mit echten dreidimensionalen Strukturen überwiegend<br />

im Zwei-Komponenten-Spritzguss (2K-Technik) mit anschließender chemischer<br />

Oberflächenaktivierung und selektiver Metallisierung hergestellt – einem Verfahren<br />

mit hohen Initialkosten, das nur bei hohen Stückzahlen wirtschaftlich ist. Dagegen<br />

bietet die MID-Herstellung unter Einsatz der <strong>Laser</strong>strukturierung die Möglichkeit, auf<br />

die 2K-Technik zu verzichten und den Schaltungsträger-Rohling mittels Ein-<br />

Komponenten-Spritzguss zu fertigen.<br />

Dabei zeichnet sich das additive <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren im Vergleich zur subtraktiven<br />

<strong>Laser</strong>strukturierung durch eine sehr kurze Prozesskette aus. Die wesentlichen<br />

Prozessschritte sind in Abbildung 1 dargestellt.<br />

Bild 1: Prozessschritte des <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahrens


Die <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung bietet gegenüber konventionellen Verfahren weitere<br />

Vorteile in der Erstellung extrem feiner Leiterbahnstrukturen. Außerdem bietet dieses<br />

Verfahren eine hohe Flexibilität hinsichtlich des Leiterbildes, da sich Modifizierungen<br />

leicht durch Änderungen der Strukturierungsdaten realisieren lassen. Eine<br />

nachträgliche Anpassung des Leiterbahnentwurfs ist also nicht mit einer<br />

Werkzeugänderung verbunden. Gerade diese Flexibilität erlaubt es dem Anwender,<br />

die <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung für den Produktentwicklungsprozess einzusetzen, mit<br />

der Gewissheit, in der Folge gleichzeitig einen Serienprozess zur Verfügung zu<br />

haben, was eine aufwendige Überführung von der Prototypen- zum Serienfertigung<br />

überflüssig macht.<br />

Für den Serieneinsatz des LDS-Verfahrens stellen die bedarfsgerechte Auswahl und<br />

die industrielle Verfügbarkeit von, in der Elektronikindustrie üblichen,<br />

laseraktivierbaren Kunststoffen wichtige Voraussetzungen dar. Diese ist gesichert<br />

durch intensive Materialentwicklung und entsprechende Lizenzverträge mit den<br />

jeweiligen Kunststoffherstellern. So hat die Fa. <strong>LPKF</strong> mittlerweile Vereinbarungen mit<br />

der BASF <strong>AG</strong>, der Bayer Material Science <strong>AG</strong> (seit 01.07.04 LANXESS), der<br />

Degussa <strong>AG</strong> sowie der Ticona GmbH getroffen.<br />

2.1 Wirkprinzip<br />

Um die Nachteile der herkömmlichen MID-Verfahren [3-8] zu umgehen, werden die<br />

thermoplastischen Werkstoffe derart modifiziert, dass eine metallorganische<br />

Komplexverbindung gelöst, oder feinstdispergiert im Werkstoff vorliegt. Diese<br />

spezielle chemische Verbindung lässt sich durch aufgebrachte <strong>Laser</strong>strahlung derart<br />

modifizieren, dass sie eine selektive Metallabscheidung in den bestrahlten Bereichen<br />

für den folgenden Metallisierungsprozessschritt katalysiert.<br />

Bild 2: Prinzipieller Aufbau eines Metallkomplexes<br />

In Abbildung 2 ist der prinzipielle Aufbau eines derartigen Metallkomplexes<br />

dargestellt. Vorzugsweise handelt es sich um eine Chelat-Komplex-Verbindung eines<br />

Edelmetalls – entweder auf Palladium (Pd 2+ )- oder Kupfer(Cu 2+ )-Basis [9]. Der


metallorganische Komplex hat diverse Anforderungen zu erfüllen. Die thermische<br />

Stabilität muss den Verarbeitungstemperaturen der thermoplastischen Matrix<br />

genügen und er muss sich beim Eintrag energiereicher <strong>Laser</strong>strahlung definiert in<br />

das Metallatom und die organischen Ligandenbruchstücke spalten lassen. Weitere<br />

Kriterien sind:<br />

o eine gute Verträglichkeit mit der Polymermatrix<br />

o keine Beeinträchtigung der elektrischen Eigenschaften<br />

o eine ausreichende Löslichkeit, bzw. Verteilung in der Matrix<br />

o keine katalytische Aktivität, die zum Abbau der Polymerketten führt<br />

o Extraktionsbeständigkeit<br />

o keine Toxizität<br />

Eine wesentliche Größe für die Qualifizierung von elektronischen Baugruppen ist die<br />

Haftfestigkeit der Leiterbahnen. Um zu gewährleisten, dass die Leiterbahnen auch<br />

nach jeweiligen Umweltzyklen eine ausreichende Haftung auf dem Substrat<br />

aufweisen, ist eine entsprechend hohe Ausgangshaftfestigkeit gefordert. Diese liegt<br />

in der Leiterplattentechnik nach DIN IEC 326 zwischen 0,6 – 1,1 N/mm. In diesem<br />

Zusammenhang kommt eine weitere wichtige Eigenschaft der eingesetzten<br />

<strong>Laser</strong>strahlung zum Tragen: Sie ist nicht nur in der Lage den Metallkomplex selektiv<br />

und homolytisch zu spalten, sondern die Strahlung führt zu einer sog. Ablation der<br />

Polymeroberfläche. Hierbei wird die Strahlungsenergie durch die Polymermoleküle<br />

absorbiert. Die Moleküle werden angeregt und in Schwingungen versetzt. Beim<br />

Erreichen einer Mindestenergie werden idealerweise die Bindungen zwischen den<br />

Molekülketten aufgebrochen. In der Praxis führt die Einwirkung der <strong>Laser</strong>strahlung<br />

aber neben der rein photochemischen Ablation zu einer Relaxation und damit zu<br />

einem thermischen Verdampfen des Materials (Abbildung 3). Dieser<br />

Sublimationsprozess liegt insbesondere dann mehrheitlich vor, wenn langwellige<br />

<strong>Laser</strong>strahlung, wie z.B. die eines Nd:Y<strong>AG</strong> <strong>Laser</strong>s (λ = 1064 nm) eingesetzt wird.<br />

Bild 3: Prinzipielle Prozesse bei der <strong>Laser</strong>ablation


Durch eine geeignete Modifikation des Polymers, mit nicht - oder nur schwer<br />

ablatierbaren Füllstoffen (meist anorganischer Natur), entstehen durch die<br />

<strong>Laser</strong>bestrahlung mikroskopisch kleine Kavernen und Hinterschneidungen, die ohne<br />

aufwendige Nachbehandlungen eine gute Haftung zwischen Kunststoff und sich<br />

darauf abscheidender Metallschicht ermöglicht. Die prinzipielle Wirkweise der<br />

<strong>Laser</strong>strahlung auf die Kunststoffoberfläche ist in Abbildung 4 verdeutlicht.<br />

Bild 4: Prinzipdarstellung der <strong>Laser</strong>direktstrukturierung<br />

2.2 Modulares 3D-<strong>Laser</strong>system für das LDS-Verfahren<br />

Der MicroLine 3D Industrial ist ein speziell für die <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung, von<br />

spritzgegossenen Schaltungsträgern, entwickeltes <strong>Laser</strong>system. Ein wesentlicher<br />

Vorteil der <strong>Laser</strong>materialbearbeitung liegt in der rückkopplungsfreien<br />

Materialeinwirkung bei gleichzeitig hohen Prozessgeschwindigkeiten. Darüber hinaus<br />

wird das Schaltungslayout durch die binäre Ansteuerung eines optischen<br />

Bearbeitungskopfes erzeugt und ist nicht durch die Geometrie eines fixen<br />

Werkzeuges (z.B. Prägestempel, 2K-Werkzeug) vorgegeben. Daraus resultieren<br />

kürzere Vorlaufzeiten sowie eine hohe Flexibilität und Wirtschaftlichkeit.<br />

Kern jedes <strong>LPKF</strong> Microline 3D <strong>Laser</strong>systems ist der bereits angesprochene<br />

Bearbeitungskopf mit drei optischen Achsen. Mit einer sehr schnellen Ansteuerung<br />

und einer hoch exakten Optik können Strukturen kleiner 100 µm auf<br />

dreidimensionalen Formteilen erzeugt werden. Der fokussierte Strahl eines<br />

diodengepumpten Festkörperlasers der Wellenlänge 1064 nm wird durch Spiegel<br />

nahe zu massenträgheitlos über die Oberfläche des Schaltungsträgers abgelenkt.<br />

Dabei wird der Strahl von einer f-Theta-Linse in der Bearbeitungsebene fokussiert.<br />

Ein Lineartranslator, ein Teleskop mit einer ansteuerbaren beweglichen Linse,<br />

gestattet durch die gezielte Defokussierung des Teleskops den Fokushub in<br />

longitudinaler Richtung. Die Kombination aus Teleskop und Spiegel-Ablenk-Einheit<br />

ermöglicht es, den <strong>Laser</strong>strahl entlang komplexer dreidimensionaler<br />

Oberflächentopographien mit hohen Vorschubgeschwindigkeiten von bis zu<br />

4000 mm s -1 zu führen (Abbildung 5).


Bild 5: Bearbeitungskopf mit drei optischen Achsen / <strong>LPKF</strong> MicroLine 3D Industrial<br />

Neben der reinen Strukturierungsdauer, der sog. Hauptzeit bestimmt die Zu- und<br />

Abführung der zu strukturierenden Bauteile die Zykluszeit und damit den Durchsatz<br />

bei der <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung. Daher ist ein wesentlicher Augenmerk auf die<br />

effiziente Gestaltung des Bauteilhandlings zu legen. Da spritzgegossene<br />

Schaltungsträger die unterschiedlichsten Bauformen und –größen haben, wird in der<br />

Regel das Bauteilhandling, auf die zu bearbeitende Bauteilgeometrie angepasst. Als<br />

Basis steht ein Rundschalttisch mit Vision-System zur Bauteilantastung sowie eine,<br />

als Durchlaufanlage konzipierte Variante mit einem Werkstückträgersystem zur<br />

Verfügung (Abbildung 6).<br />

Bild 6: Unterschiedliche Handlingvarianten am <strong>LPKF</strong> MicroLine 3D Industrial<br />

2.3 Thermoplastmaterialien für den Serieneinsatz<br />

Es stehen eine Reihe interessanter technischer Kunststoffe zur Verfügung, die in der<br />

Elektronikindustrie eingesetzt werden. Für den Einsatz als MID ist das Portefeuille<br />

jedoch deutlich eingeschränkt. Wesentliche Kriterien sind zum einen die


Metallisierbarkeit, bzw. deren Haftfestigkeit und zum anderen die, bei der SMD-<br />

Bestückung notwendige Temperaturbeständigkeit.<br />

Oft ist die Auswahl an Thermoplasten zusätzlich durch das MID-<br />

Herstellungsverfahren noch weiter eingeschränkt. So können z.B. beim Zwei-<br />

Komponenten-Spritzgießen oft nur Thermoplaste mit speziellen rheologischen<br />

Eigenschaften (z.B. niedrige Schmelzviskosität um feine Kavitäten zu füllen)<br />

eingesetzt werden.<br />

Die vorgenannten Beschränkungen gelten für die Materialien zur <strong>Laser</strong>-Direkt-<br />

Strukturierung prinzipiell nicht. Die Verarbeitung erfolgt im Ein-Komponenten -<br />

Spritzguss und erfordert daher keine besonderen Verarbeitungseigenschaften. Die<br />

Aktivierung und die anschließende Haftung der Metallisierung wird durch das unter<br />

2.1 beschriebene Oberflächentreatment (Wechselwirkung: Material – <strong>Laser</strong>) erzeugt.<br />

Lediglich die für viele Anwendungen geforderte Temperaturbeständigkeit schränkt<br />

das Portefeuille an zur Verfügung stehenden Werkstoffen ein. Wird jedoch nicht<br />

gelötet und ist auch aus anderem Grund keine erhöhte Wärmeformbeständigkeit<br />

gefordert kann prinzipiell jeder Thermoplast für die <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung<br />

modifiziert werden. Die derzeit qualifizierten und zur Verfügung stehenden<br />

Materialien sind in Tabelle 1 aufgeführt.<br />

Property Unit Ultramid®T<br />

4381 LDS<br />

Vectra®<br />

E820i LDS<br />

Vectra®<br />

E840i LDS<br />

Pocan<br />

DP7102 LDS<br />

Pocan<br />

TP710-003<br />

Pocan<br />

DPT7140 LDS<br />

Polymertype - PA6/6T LCP LCP PBT PBT PET/PBT<br />

Mold shrinkage %<br />

constrained<br />

0,47<br />

parallel/normal 0,3<br />

/ 1,4<br />

parallel/normal 0,1<br />

/ 0,5<br />

Post-shrinkage % - - -<br />

parallel/normal<br />

1,3/1,3<br />

parallel/normal<br />

0,1 / 0,3<br />

parallel/normal<br />

1,4 / 1,4<br />

parallel/normal<br />

0,3 / 0,3<br />

parallel/normal<br />

0,24 / 0,98<br />

parallel/normal<br />

0,05 / 0,22<br />

Tensile strengh Mpa 110 116 102 55 51 110<br />

Tensile modulus Mpa 9000 9000 9300 5600 5500 12000<br />

Strain at break % 2,1 4 3,4 2 3,3 1,5<br />

Charpy impact<br />

strength<br />

kJ/m² 40 19 19 25 40 25<br />

Density g/cm³ 1,52 1,79 1,79 1,57 - 1,75<br />

Melt volume-flow<br />

rate (MVR)<br />

Melting temp.<br />

DSC<br />

Deflection temp.<br />

(HDT/A) 1,8MPa<br />

Content of<br />

material/filler<br />

* = 280°C/2,16 kg<br />

*² = 0,45MPa<br />

cm³/10min - - - 10 5 16 *<br />

°C 295 335 335 225 225 -<br />

°C 265 *² 220 220 115 110 250 *²<br />

% 35 40 44 25 25 40<br />

Tabelle 1: Vergleich Materialkennwerte


2.3 LDS Prototyping<br />

Mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren ist es möglich, ein MID-Herstellungsverfahren bereits<br />

sehr flexibel im Produktentwicklungsprozess einzusetzen, mit der Gewissheit, das<br />

gleiche Verfahren für die Serienfertigung einsetzen zu können, wodurch eine<br />

aufwendige Überführung von der Prototypen- zum Serienfertigung entfällt. Weitere<br />

Vorteile des Einsatzes von Prototypen im Produktentwicklungsprozess sind:<br />

o Marktvorsprung durch Verkürzung der Entwicklungszeiten<br />

o Entwicklungs- Muster können innerhalb von Tagen bereitgestellt werden<br />

o wesentliche Einsparung von Entwicklungskosten<br />

o frühzeitige Überprüfung einzelner Funktionen des zu entwickelnden MIDs<br />

o Änderungen der Bauform und des Schaltungslayouts sind frühzeitig erkennbar<br />

Als besonders geeignetes Verfahren hat sich das Vakuumgießen von<br />

Polyurethanharzen (PUR) erwiesen, bei dem auf Basis eines stereolithographisch<br />

hergestellten Urmodells eine Silikongießform erstellt wird, in der anschließend bis zu<br />

25 Polyurethan Prototypen im Vakuumgießverfahren erzeugt werden können.<br />

Wie auch bei den Serienwerkstoffen (Thermoplasten) ist eine Dotierung mit den unter<br />

2.1 beschriebenen Metallkomplexen notwendig. Da es sich beim Polyurethan um ein<br />

duroplastisches Harz-Härter-System handelt, wird nur eine Komponente,<br />

vorzugsweise das Harz modifiziert. Die daraus vakuumgegossenen Prototypen<br />

können anschließend, genau wie im Serienprozess die Thermoplast-Bauteile, mittels<br />

<strong>Laser</strong> aktiviert werden um eine anschließende selektive Metallabscheidung der<br />

bestrahlten Bereichen im nachfolgenden Metallisierungsprozess zu ermöglichen.<br />

PUR Vakuum-Gießharz<br />

Eigenschaft Einheit Test / ISO<br />

Biegefestigkeit N/mm² 108 178<br />

Biegemodul / E-Modul N/mm² 2460 178<br />

Zugfestigkeit N/mm² 64 R 527<br />

Kerbschlagzähigkeit Kj/m² 5 180<br />

Bruchdehnung % 17 R527<br />

Wärmeformbeständigkeit C° 95 75<br />

Tabelle 2: Eigenschaften von PUR Vakuum-Gießharz<br />

2.4 Metallisierung der laseraktivierten Bauteile<br />

Die in 2.1 beschriebene lasergestützte Spaltung der Metallkomplexe erzeugt eine<br />

Keimbildung, die eine Metallabscheidung in eben diesen laseraktivierten Bereichen<br />

katalysiert. Für diesen Prozess werden i.d.R. chemische Kupferelektrolyten<br />

verwendet, die typischerweise 5...8 µm Kupferdicken erzeugen. Anschließend kann<br />

ein entsprechendes Oberflächenfinish aufgebracht werden. In Tabelle 3 ist ein<br />

beispielhafter Metallisierungsarbeitsgang dargestellt, der einem industriellen<br />

Standardprozess entspricht. Zu beachten ist die verkürzte Prozesskette verglichen<br />

mit Standard-Kunststoffmetallisierungen. Ökologisch bedenkliche Beiz- und


Bekeimungsschritte, die von der vollflächigen Kunststoffmetallisierung, bzw. dem<br />

Zwei-Komponenten-Spritzguss bekannt sind, entfallen.<br />

Arbeitsschritt Bad-Typ t / min T / °C<br />

Reinigung Enplate MID Select 9005 - 70<br />

Chemisch Kupfer Enplate MID Select 9070 30 - 45 44 - 45<br />

Chemisch Kupfer Enplate Cu 872 60 47<br />

Aktivieren (Pd) Enplate MID Select 9044 5 25<br />

Chemisch Nickel Enplate MID Select 9065 30 60<br />

Immersion-Gold Enthone Immersion Gold I 15 70<br />

Trocknung Trockenschrank 60 100<br />

Tabelle 3: Prozessfolge Metallisierung<br />

Bild 7: Automatische Galvanik-Anlage mit Online-Analytik (I&T GmbH)<br />

Typischerweise wird die Metallisierung per Gestell oder im Trommelverfahren<br />

durchgeführt. Die Integration der LDS-Metallisierprozesse in serientaugliche<br />

Anlagentechnik erfordert ein umfassendes Know-how zur Einhaltung vorgegebener<br />

Prozessfenster und eine technisch gut gelöste Online-Analytik der<br />

Metallisierbadparameter. Abbildung 7 zeigt eine automatische Serienanlage der Fa. I<br />

& T mit integrierter Online-Badanalytik zur Metallisierung von MID-Teilen, in der alle<br />

Metallisierungs-Prozessstufen für das LDS-Verfahren integriert sind.


3 MID-Anwendung aus dem Automotive-Bereich der Fa. TRW<br />

Im gleichen Maße, wie die Verwendung von Elektronik, bzw. deren funktionelle<br />

Integration im Fahrzeug zunimmt, wächst auch der Kostendruck auf die elektrischen<br />

und mikrosystemtechnischen Komponenten. Als Automobilzulieferer sieht sich die<br />

Fa. TRW einem ständig wachsenden Wettbewerbsdruck nach immer höherer Performance<br />

bei gleichzeitig höherer Zuverlässigkeit und niedrigerem Preis ausgesetzt. Um<br />

diesem Druck gerecht zu werden hat die Fa. TRW ein Konzept für ein<br />

Multifunktionslenkrad erarbeitet, bei dem das MID eine zentrale Rolle spielt. Das<br />

sogenannte Base-Line-Konzept soll in großen Stückzahlen umgesetzt werden und<br />

aufgrund vergleichsweise niedriger Herstellkosten gerade in PKW der Mittel- und<br />

unteren Mittelklasse zum Einsatz kommen. Besonderes Augenmerk wurde von<br />

Anfang an darauf gelegt, durch Wahl eines geeigneten Partners, der über<br />

serientaugliche Anlagentechniken und Erfahrungen als Zulieferer im Automotive-<br />

Bereich verfügt, die Serienproduktion sicherzustellen. Dieser Aufgabe hat sich die<br />

österreichische Fa. I & T 3D Produktionsgesellschaft mbH gestellt.<br />

Kernidee des Konzeptes ist es, die Anzahl an notwendigen Einzelteilen auf ein<br />

Minimum zu reduzieren und die gesamte Funktionalität in einem Bauteil zu<br />

integrieren. Die gewählte Baugruppe „Multifunktionslenkrad“ verdeutlicht dies sehr<br />

anschaulich, da bei der bisherige Konstruktion nicht nur die Montage einer ganzen<br />

Reihe von Einzelteilen vorsieht, sondern auch eine Umverdrahtung zwischen der<br />

linken und der rechten Seite der Lenkrad-Bedienung mit Kabeln verlegt werden<br />

muss.<br />

Bild 8: Umverdrahtung in einem konventionelles Multifunktionslenkrad (VW Pheaton)<br />

Bei der Erarbeitung des MID-Konzeptes wurden im Vorfeld die allgemeinen<br />

Kundenanforderungen wie z.B. das Design (Funktionalität, Qualitätseindruck), die<br />

Haptik (Schaltgefühl, Oberfläche der Taster) und die Qualitäts, bzw.<br />

Umweltanforderungen (Temperaturanforderungen, Lebensdauer), sowie die<br />

Einhaltung aller Gesetzesanforderungen (Verletzungsgefahr durch lose Teile,<br />

Glanzgrad, min. Radius nach ECE R12) als auch die Stabilität der Bauteile bei<br />

außergewöhnlichen Belastungen wie z.B. Aufsetzen einer Parkkralle, panikartiges<br />

Hupen und die Airbagauslösung, berücksichtigt.<br />

Um der Forderung nach einer möglichst geringen Anzahl von Einzelelementen<br />

gerecht zu werden, wird bei dem Base-Line-Konzept, die ehemals über Kabel gelöste


Umverdrahtung, zusammen mit der elektrischen Beschaltung und den zugehörigen<br />

SMD Bauelementen auf einem Kunststoffträger, dem MID aufgebracht.<br />

Die Schaltfunktion der Bedientasten ist über eine Silikonschaltmatte gelöst. Die<br />

Notwendige Pad-Struktur ist direkt auf dem darunter befindlichen Schaltungsträger<br />

integriert, ebenso wie der Steckverbinder für den Anschluss an den Daten Bus,<br />

welcher zunächst zu einem Steuergerät führt, welches dann wiederum am den CAR<br />

CAN Bus angeschlossen wird. In Abbildung 9 ist eine solche MID-Lösung für ein<br />

Multifunktionslenkrad mit 4 Schaltfunktionen gezeigt.<br />

Bild 9: Base-Line-Konzept<br />

3.1 Verfahrensgerechte Konstruktion des MID<br />

Das <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren ermöglicht die Strukturierung entlang beliebiger<br />

Oberflächentopographien, soweit keine Strahlabschattung vorliegt und die Flächen in<br />

der Projektion erreicht werden. Innerhalb von Sekunden strukturiert der <strong>Laser</strong>strahl<br />

das Leiterbild direkt vom Rechner auf die Oberfläche des dreidimensionalen<br />

Spritzgießformteils. Dabei erfüllt der <strong>Laser</strong> die unter 2.1 beschriebenen zwei<br />

Aufgaben: Zum einen wird im Bereich des Leiterbildes der dotierte LDS-Kunststoff<br />

aktiviert und zum anderen erzeugt der <strong>Laser</strong> eine mikroraue Oberfläche, die<br />

wiederum eine ausreichende Haftung der Leiterbahnen gewährleistet. Die<br />

dreidimensionale <strong>Laser</strong>strukturierung nach dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren setzt zum<br />

einen voraus, dass die Fokussierung exakt entlang der Oberflächentopographie des<br />

Bauteils geführt wird, zum anderen eine verfahrensgerechte Konstruktion eben<br />

dieses Kunststoffbauteile, so wie die des zu strukturierenden Schaltungslayouts.<br />

3.1.1 Layoutgestaltung<br />

Das elektrische Leiterbahnlayout wird so gestaltet, dass es den maximalen<br />

Arbeitsbereich von 200 mm x 200 mm in der XY-Ebene, sowie einen Fokushub in Z-<br />

Richtung von maximal 25 mm nicht überschreitet.<br />

Grundsätzlich lassen sich mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren feinste Strukturen mit bis zu<br />

150 µm Breite erzeugen. Für die vorliegende Anwendung sind jedoch lediglich<br />

300 µm Leiterbahnen notwendig, die in den feinsten Bereichen ca. 500 µm Pitch<br />

aufweisen. Dies liegt zum einen an der recht üppigen Bauteilgröße und der


vergleichsweise niedrigen Umverdrahtungsdichte, zum anderen ist eine mindest<br />

Stromtragfähigkeit gefordert, die erst durch entsprechend breitere Leiterbahnen<br />

gewährleistet ist, da die Kupferschichtdicken typischerweise im Bereich 5...8 µm<br />

liegen. Es können auch Kupferschichtdicken > 8 µm erzeugt werden. Dies allerdings<br />

nur elektrolytisch, d.h. stromführend. Das setzt wiederum voraus, dass das<br />

Leiterbahnlayout zusammenhängend ist, bzw. Opferstrompfad in dem Layout<br />

vorgesehen sind, die nach der Metallisierung wieder aufgetrennt werden müssen.<br />

3.1.2 Bauteilgestaltung<br />

Da man bei den derzeit für das <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren erhältlichen Thermoplasten mit<br />

einem Mehrpreis im Vergleich zu den undotierten Basisthermoplasten rechnen muss,<br />

ist das Spritzgewicht bei der vorliegenden Anwendung minimiert worden. Bei der<br />

vorliegenden Anwendung wurde das MID-Bauteil daher nur als Rahmen ausgeführt<br />

um später in das tatsächliche Gehäuse eingeclipst zu werden.<br />

Um die <strong>Laser</strong>strukturierung im Rahmen des <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahrens ebenso<br />

kosteneffizient zu gestalten ist die Zykluszeit pro Bauteil zu minimieren. Diese wird im<br />

wesentlichen durch die Handlingzeit und die Strukturierungszeit bestimmt, die sich<br />

wiederum proportional zur Layoutfläche verhält. Die Handlingzeit wir maßgeblich<br />

durch die Anzahl der Positionen bestimmt, in denen das Bauteil gehandhabt werden<br />

muss. Beides, Layoutfläche und Anzahl der Positionen ist durch entsprechendes<br />

Design des Bauteils zu minimieren.<br />

Mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren können Schrägen, bzw. Flanken von maximal 75°<br />

strukturiert werden (Abbildung 10). Es sind auch größere Flankenwinkel möglich,<br />

jedoch muss gewährleistet sein, dass alle Flächen in der Projektion (unter Einhaltung<br />

des max. möglichen Flankenwinkels) erreicht werden, andernfalls muss das Bauteil<br />

in mehreren Positionen laserstrukturiert werden, was sich negativ auf die Zykluszeit<br />

und damit auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt.<br />

Bild 10: Zulässige Flankenwinkel bei der <strong>Laser</strong> Direktstrukturierung


3.1.3 Positioniermarken / Fiducials<br />

Bei Verwendung des <strong>LPKF</strong> MicroLine 3D Industrial mit integriertem Vision System<br />

besteht die Möglichkeit, eine automatische Korrektur der Strukturierungsdaten relativ<br />

zu dem zu strukturierenden Bauteil vorzunehmen. Das Visionsystem erkennt die<br />

Position des Kunststoffbauteils über frei definierbare Fiducials (Passermarken),<br />

nimmt anschließend eine Online-Datenkorrektur vor und dreht, verschiebt oder<br />

skaliert die Strukturierungsdaten entsprechend. Die maximale Größe der Fiducials<br />

kann 7 mm x 6 mm betragen. Bei der vorliegenden Anwendung werden diese<br />

idealerweise als Bohrung ausgeführt.<br />

Bild 11: 3D-CAD Konstruktionsmodell des MID-Rahmens unter Berücksichtigung der<br />

vorgenannten Konstruktionsrichtlinien<br />

3.2 Aufbau der Prototypen<br />

Wie unter 2.4 beschrieben, lassen sich mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren seriennahe<br />

Erstmuster durch bekannte Rapid-Prototyping-Technologien, wie z.B. dem<br />

Vakuumgießen herstellen. Für die Funktions- und Einbautests, wie auch die<br />

Konkretisierung der gesamten Prozesskette, sowie die Ermittlung der Herstellkosten<br />

sind MID-Prototypen notwendig, um nicht zuletzt auch diese beim OEM als<br />

Diskussionsgrundlage nutzen zu können.<br />

Nachdem die unter 3.1 beschriebe, verfahrensgerechte Konstruktion abgeschlossen<br />

ist, wird auf Basis der dabei erzeugten 3D-CAD Daten ein sog. Urmodell erzeugt.<br />

Dazu wird in der Regel ein Stereolithographieverfahren (SL) eingesetzt, bei dem das<br />

Bauteil schichtweise aufgebaut wird, indem ein UV-sensitiver Lack Schicht für<br />

Schicht ausgehärtet wird. Die jeweilige Dicke der Schichten bestimmt die<br />

Geometriegenauigkeit, bzw. Auflösung des erzeugten SL-Teils. Dieses Urmodell wird<br />

anschließend dazu verwendet, um eine Silikonform zu erstellen, in der wiederum<br />

mehrere Prototypen abgeformt werden können. Zuvor erfolgt jedoch ein Finish durch<br />

z.B. Lackierung, um die o.a. Schichtkanten/-treppen zu nivellieren.


Zur Erstellung der Silikonform wird das gefinishte Urmodell in einem Gießrahmen<br />

aufgehängt und die Angüsse, Steiger, sowie die Trennebenen der beiden<br />

Werkzeughälften werden festgelegt. Anschließend wird der Gießrahmen mit Silikon<br />

ausgegossen. Nach dem Aushärten wird die Form wellenförmig entlang der<br />

Trennlinie aufgeschnitten und das Urmodell entformt. In dem so erzeugten<br />

Silikonwerkzeug können bis zu 25 Abgüsse aus dem speziell dotierten Polyurethan<br />

im Vakuumgießverfahren abgeformt werden.<br />

Bild 12: Vakuumgießform mit Abguss aus dotiertem Polyurethan (KLM GmbH)<br />

Die so hergestellten Polyurethan-Prototypen werden anschließend genau wie im<br />

Serienprozess im LDS-Verfahren laserstrukturiert und metallisiert (vgl. 2). Da das<br />

Polyurethan nur eine eingeschränkte Wärmeformbeständigkeit aufweist, erfolgt die<br />

Bestückung der Musterbauteile manuell mit einem Handlötkolben.<br />

Bild 13: Bestückter Base-Line-MID Prototyp aus Polyurethan


3.3 Werkstoffauswahl<br />

Auf dem Schaltungsträger werden ca. 11 Widerstände und 5 Transistoren, sowie ein<br />

SMD-fähiges Steckergehäuse aufgebracht (vgl. Abbildung 13). Gemäß den<br />

Anforderungen an die Belastung und Zuverlässigkeit wurde ein bleifreier Reflow-<br />

Lötprozess ausgewählt. Abbildung 14 zeigt ein typisches Temperaturprofil für ein<br />

SnAg(Cu)-Lot welches ebenfalls für diese Anwendung ausgewählt wurde.<br />

Aufgrund der sich aus dem Reflow-Profil ergebenden mindest<br />

Wärmeformbeständigkeit, sowie der unter 3 beschriebenen Anforderungen an das<br />

Base-Line-Konzept, wurde ein teilaromatische Polyamid (PA6/6T) der Fa. BASF,<br />

sowie ein PET/PBT-Blend der Fa. Bayer/LANXESS als in Frage kommenden<br />

Serienwerkstoffe ausgewählt (vgl. Tabelle 1).<br />

Während der Prototypenphase, bzw. vor Beginn der Werkzeugkonstruktion sind<br />

bereits erste Lötversuche an geeigneten Probekörpern durchgeführt worden, um sich<br />

anschließend für einen der beiden Werkstoffe zu entscheiden und das<br />

Serienwerkzeug entsprechend auszulegen.<br />

Bild 14: Reflowprofil für bleifreie SnAg(Cu)-Lote (FAPS, Universität Erlangen)<br />

An den erfolgreich gelöteten Testplatten sind anschl. eine Reihe von Umwelttests<br />

durchgeführt worden, die zwar nicht die später notwendige Qualifizierung der<br />

Serienbauteile ersetzen können, aus denen sich jedoch Tendenzen für das Verhalten<br />

des spätere Bauteils ableiten lassen.<br />

4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

4.1 Qualifizierungsergebnisse<br />

Aus den unter 3 genannten Qualitätsanforderungen, die eine Funktion des<br />

Baugruppe über der gesamten Lebensdauer unter allen Belastungsfällen<br />

gewährleisten sollen, leiten sich folgende zu prüfende Anforderungen an das MID-<br />

Konzept ab:


o Temperaturbereich –35°C bis +85°C<br />

o Temperaturschock gemäß VW TL 80101<br />

o Funktionsbelastung über Temperaturbereich gemäß VW TL 80101<br />

o Vibrationen gemäß VW TL 80101<br />

An den unter 3.3 beschriebenen Testplatten wurden bisher die<br />

Ausgangshaftfestigkeit der Leiterbahnen erfolgreich geprüft. Die anschließenden<br />

Klimatest als auch die mechanischen Belastungstests wurden bisher erfolgreich<br />

durchgeführt. Geprüft wurden ferner die Abscherfestigkeit der gelöteten SMD-<br />

Bauelemente (vgl. dazu Abbildungen 15 bis 17).<br />

N/<br />

m<br />

m<br />

1,60<br />

1,40<br />

1,20<br />

1,00<br />

0,80<br />

0,60<br />

0,40<br />

0,20<br />

Haftfestigkeit PA6/6T (SA0030)<br />

0,00<br />

0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35<br />

Pulsenergie [mJ]<br />

P ulsüberlapp<br />

Parametersatz<br />

1,2<br />

1<br />

P ulsüberlapp 1,5<br />

Parametersatz 2<br />

Polynomisch (Pulsüberlapp 1,2)<br />

Polynomisch (Pulsüberlapp 1,5)<br />

Bild 15: Abschälkräfte auf PA6/6T in Abhängigkeit der Pulsenergie (Mechatronik<br />

Projekt)<br />

N/mm<br />

1,60<br />

1,40<br />

1,20<br />

1,00<br />

0,80<br />

0,60<br />

0,40<br />

0,20<br />

Haftfestigkeit Pocan (SA 0030)<br />

0,00<br />

0 0,1 0,2 0,3 0,4<br />

Pulsenergie [mJ]<br />

Pulsüberlapp<br />

Parametersatz 1,2 1<br />

Pulsüberlapp<br />

Parametersatz 1,5 2<br />

Polynomisch (Pulsüberlapp 1,2)<br />

Polynomisch (Pulsüberlapp 1,5)<br />

Bild 16: Abschälkräfte auf PBT in Abhängigkeit der Pulsenergie (Mechatronik Projekt)


Bild 17: Auswertung der Scherfestigkeit auf PA6/6T (Mechatronik Projekt)<br />

6.2 Ergebnisse der Konzeptbewertung<br />

Durch Verwendung eines im <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren hergestellten MIDs als<br />

hochwertiges Funktionsbauteil, welches mechanisch und elektrische Funktionalität<br />

integriert, ergeben sich eine Reihe von Design- und Kostenvorteilen:<br />

o Einsparung von Bauteilen (Werkzeugkosten)<br />

o Einsparung von Montage-, Logistik-, Prüf-, und Entwicklungskosten<br />

o Signalführung über mehrere Ebenen – neue Möglichkeiten<br />

o Bauraumoptimierung<br />

o keine Kabelverlegung notwendig (kein „Kabelsalat“ mehr)<br />

o höhere Funktionssicherheit durch weniger Schnittstellen<br />

o Flexibilität – unterschiedliche Schaltungsvarianten machbar<br />

o einfacherer Aufbau der Teile (Schalter ZSB)<br />

o vorhandene elektr. Kontaktsysteme können eingesetzt werden<br />

Neben den o.a. allgemeinen Vorteilen lassen sich anhand der unter 3.3<br />

beschriebenen MID-Prototypen bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt relativ genau<br />

die Kosten für die Herstellung der spätere Serienbauteile abschätzen. Derzeitigen<br />

Kalkulationen zur Folge lassen sich durch das Base-Line-Konzept im vgl. zu<br />

existierenden konventionellen Lösungen ca. 20% Kosten einsparen.


5 Ausblick<br />

Mit dem <strong>LPKF</strong>-LDS-Verfahren steht eine Technologie zur Verfügung, mit der es<br />

möglich ist effizient und flexibel 3D-MIDs herzustellen. Gegenüber anderen<br />

Herstellungsverfahren bietet die <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturierung die Möglichkeit, in nur<br />

drei Prozessschritten (Spritzguss, <strong>Laser</strong>strukturierung, Metallisierung)<br />

thermoplastische Schaltungsträger herzustellen ohne layoutspezifische Werkzeuge<br />

wie beispielsweise Spritzgießformen oder Prägestempel zu benötigen. - Die dadurch<br />

gewonnene Flexibilität lässt sich ideal für den Produktentwicklungsprozess<br />

einsetzen, wie es anschaulich am Beispiel des Base-Line-Konzeptes der Fa. TRW<br />

demonstriert wurde.<br />

Die Fa. TRW ist als Systemlieferant im Automotive-Bereich verantwortlich für die<br />

gesamte Baugruppe „Lenkrad“, inkl. des dazu notwendigen Elektronikmoduls<br />

(Steuergerät, Datenbus, Wickelfeder). Die Herstellung des MID, welches als<br />

hochwertiges Funktionsbauteil Kernbestandteil des neuen, innovativen Konzeptes<br />

ist, werden für die Serienproduktion von der österreichischen Fa. I&T als<br />

Entwicklungs- und Fertigungspartner zugeliefert.<br />

Die Fa. I&T besitzt neben ihrem Kerngeschäft – der Entwicklung und Produktion<br />

automotiver Verkabelungssysteme auf Basis Flachleiter - langjährige Erfahrungen<br />

auch auf dem Gebiet der Strukturierung und Metallisierung von MID-Baugruppen und<br />

wird in Kürze mit der geeigneten <strong>Laser</strong>anlagentechnik der Fa. <strong>LPKF</strong> in der Lage sein,<br />

die LDS-Prozesskette geschlossen darzustellen. Eine besondere Herausforderung<br />

stellt dabei das stufenweise „Upscaling“ der Metallisierprozesse vom Labormaßstab<br />

in die industrielle Großserienfertigung unter Berücksichtigung der Qualitäts- und<br />

Stabilitätskriterien für technologische Prozesse im Automobilbereich dar. Hier bietet<br />

die Fa. I&T mit einer hochentwickelten Anlagentechnik sehr gute Voraussetzungen.<br />

Das Base-Line-Konzept wurde inzwischen von TRW anhand der Prototypen bei einer<br />

Reihe von OEMs vorgestellt mit dem Ziel, noch in diesem Jahr ein echtes<br />

Serienprojekt zu starten. Derzeit befinden sich weitere MID-Prototypen mit konkretem<br />

Kundendesign von OEMs im Aufbau.


6 Literatur<br />

[1] „Aufbau und Verbindungstechnik für Mechatronik-Anwendungen im Automobil“<br />

[2] „Chancen und Grenzen für den Einsatz der Technologie MID“, Studie des<br />

Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn, Rechnerintegrierte Produktion,<br />

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier, Paderborn, 2003<br />

[3] Scheel, W. (Hrsg.): Baugruppentechnologie der Elektronik, 2. erweiterte Ausg.,<br />

Verlag Leuze, Saulgau, 1999<br />

[4] Kunststoff-Metallisierung – Handbuch für Theorie und Praxis, Saulgau, 1991<br />

[5] Ebneth, H.: Metallisieren von Kunststoffen, expert-Verlag, Renningen-<br />

Malmsheim, 1995<br />

[6] Steffen, H.: Kupfer in der Leiterplattentechnik. In: Kanani, N. (Hrsg.):<br />

Kupferschichten, 1. Aufl., Leuze Verlag, Saulgau, 2000<br />

[7] Jehn, H. A.: Galvanische Schichten, expert-Verlag, Ehningen, 1993<br />

[8] Forschungsvereinigung Räumlich Elektronischer Baugruppen 3-D MID e.V.<br />

(Hrsg.): „Herstellungsverfahren, Gebrauchsanforderungen und<br />

Materialkennwerte Räumlicher Elektronischer Baugruppen 3-D MID“,<br />

Handbuch für Anwender und Hersteller, 1. gebundene Ausg., Erlangen, 2004<br />

[9] „<strong>Laser</strong>unterstützte, volladditive Metallisierung hochtemperaturbeständiger<br />

Kunststoffe für 3D-MIDs“, R. Schlüter, J. Kickelhain, M. Hüske, Ulmer<br />

Gespräche, 05/2002<br />

[10] Naundorf, G., Wißbrock, H.: Neuartige Wirkprinzipien und Werkstoffe zur<br />

lasergestützten Fertigung elektronischer Schaltungsträger, PLUS 3 (2000) 1 S.<br />

1029-1304<br />

[11] Naundorf, G., Wißbrock, H.: A fundamentally new mechanism for additive<br />

metallization of polymeric substrates in ultra fine line Technology illustrated for<br />

3D-MID, in: Proceedings of the 4. International Congress Molded Interconnect<br />

Devices, Erlangen 27. u. 28. September 2000<br />

[12] Naundorf, G., Wißbrock, H.: Feinstrukturierte Metallisierung von Polymeren –<br />

Ein neues Wirkprinzip am Beispiel 3-D MID, Metalloberfläche 11/2000, 54.<br />

Jahrgang<br />

[13] Wißbrock, H.: <strong>Laser</strong>-Direkt-Strukturieren von Kunststoffen – Ein neuartiges<br />

Verfahren im Spiegel eingeführter MID-Technologien, Kunststoffe 11/2002,<br />

Vol. 92, S. 101-105

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