Flüchtlinge - Lutherisch in Nordhorn
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Auf der Flucht<br />
Für viele Menschen ist es überraschend, wenn sie<br />
erfahren, dass Jesus auch e<strong>in</strong>e Zeit se<strong>in</strong>es Lebens<br />
im Land Ägypten verbracht hat. Für Jesus selbst<br />
war es vermutlich ebenso überraschend, als ihm<br />
dies vielleicht e<strong>in</strong>es Tages von se<strong>in</strong>en Eltern erzählt<br />
worden ist. Denn eigene Er<strong>in</strong>nerungen an<br />
diese Zeit wird er nicht gehabt haben. Dafür war er<br />
noch zu jung. So berichtet es zum<strong>in</strong>dest der Evangelist<br />
Matthäus:<br />
„Als [die Weisen] aber h<strong>in</strong>weg gezogen<br />
waren, siehe, da erschien der Engel des<br />
Herrn dem Josef im Traum und sprach:<br />
Steh auf, nimm das K<strong>in</strong>dle<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>e<br />
Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und<br />
bleib dort, bis ich dir's sage; denn Herodes<br />
hat vor, das K<strong>in</strong>dle<strong>in</strong> zu suchen, um es umzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Da stand er auf und nahm das<br />
K<strong>in</strong>dle<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>e Mutter mit sich bei<br />
Nacht und entwich nach Ägypten und blieb<br />
dort bis nach dem Tod des Herodes, damit<br />
erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten<br />
gesagt hat, der da spricht (Hosea<br />
11,1): Aus Ägypten habe ich me<strong>in</strong>en Sohn<br />
gerufen.“<br />
E<strong>in</strong>e Fluchtgeschichte. E<strong>in</strong> Bericht über e<strong>in</strong>e<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gsfamilie. Anlass der Flucht ist e<strong>in</strong>e Verfolgungssituation.<br />
Aber nicht das erste Mal, dass e<strong>in</strong>e Familie nach<br />
Ägypten flieht. Im Alten Testament (1. Mose 42-<br />
46) s<strong>in</strong>d es zunächst die Söhne Jakobs und dann<br />
Jakob selbst, die sich auf den Weg nach Ägypten<br />
Foto: Horizon<br />
machen. Anlass dieser Flucht war der Hunger.<br />
Und das s<strong>in</strong>d nicht die e<strong>in</strong>zigen Parallelen zur Erzählung<br />
vom Volk Israel. Von diesem Volk berichtet<br />
die Bibel, dass es dann ja <strong>in</strong> der Folge Sklavendienste<br />
<strong>in</strong> Ägypten zu leisten hat. E<strong>in</strong>e Legende<br />
über die Geburt von Mose, die nicht <strong>in</strong> der Bibel<br />
überliefert ist, aber durch den jüdischen Geschichtsschreiber<br />
Josephus bekannt wurde, lautet<br />
wie folgt:<br />
Astrologen verkünden dem Pharao, dass<br />
dem Volk Israel e<strong>in</strong> Befreier geboren werden<br />
soll. Dieser reagiert und befiehlt die Tötung<br />
aller männlichen Nachkommen der Israeliten.<br />
Aber Gott warnt den Vater von Mose<br />
vor der drohenden Gefahr und so kommt<br />
es, dass Mose lebt und schließlich das Volk<br />
aus der Sklavenschaft führen kann.<br />
Be<strong>in</strong>ahe dieselbe Abfolge der Ereignisse viele Jahre<br />
später im Umfeld der Geburt Jesu. Dieses Mal<br />
ist es Herodes, der den K<strong>in</strong>dermord befiehlt, um<br />
dem Befreier das Leben zu nehmen. Die Botschaft,<br />
die der Evangelist Matthäus vermitteln<br />
möchte, ist ganz deutlich: Derjenige, der da <strong>in</strong><br />
Bethlehem geboren wurde, der steht unter ganz<br />
besonderem Schutz. Er erfüllt das prophetische<br />
Wort aus den alten Schriften. Und er ist derjenige,<br />
der se<strong>in</strong> Volk aus der Gefangenschaft führen soll.<br />
Erstaunlich, welche Ängste und Sorgen Säugl<strong>in</strong>ge<br />
von Flüchtl<strong>in</strong>gsfamilien bei den Herrschern dieser<br />
Welt auslösen können. Zurecht.<br />
Simon de Vries