retail 1/2011: 90 Jahre Handelsverband
retail 1/2011: 90 Jahre Handelsverband
retail 1/2011: 90 Jahre Handelsverband
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Freiwillig und unabhängig<br />
Der <strong>Handelsverband</strong><br />
im Spiegel der Geschichte<br />
Quo vadis Handel?<br />
Das Verhalten der KonsumentInnen<br />
von morgen<br />
01 | <strong>2011</strong><br />
Offizielles Medium des <strong>Handelsverband</strong>es<br />
„P.B.B.“ VERLAGSORT WIEN<br />
VERLAGSPOSTAMT 1100 WIEN<br />
ZUL.NR. 09Z038335M<br />
Vermächtnis in Händen<br />
Der ehemalige Präsident<br />
Maillath-Pokorny im Interview<br />
<strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Bei einer Reise von hundert Li sind neunzig erst die Hälfte
Deine Stifte bewirken<br />
ein kleines Wunder.<br />
Deine Spende kann Wunder wirken.<br />
Für Kinder in den ärmsten Ländern Europas.<br />
PSK 7.700.004, Erste Bank 012-34560<br />
www.caritas.at<br />
Wir helfen mit:
Bei einer Reise<br />
von 100 Li…<br />
Sehr geehrte Leserin,<br />
sehr geehrter Leser,<br />
Wer das beeindruckende Interview mit<br />
Paul Maillath-Pokorny (von 1974 bis<br />
1983 in einer bewegten Zeit Präsident des Österreichischen<br />
<strong>Handelsverband</strong>es) liest, der<br />
spürt die Bedeutung des alten chinesischen<br />
Sprichworts für unseren Interessensverbund:<br />
„Bei einer Reise von hundert Li sind neunzig<br />
erst die Hälfte.“ Beginnen Sie daher diese<br />
Ausgabe Ihres <strong>retail</strong> im Zeichen des <strong>90</strong>jährigen<br />
Bestehens des <strong>Handelsverband</strong>es – wenn<br />
Sie wollen – auf Seite 34. Es lohnt sich dann,<br />
ab Seite 10 die bewegte Entwicklung des Verbandes<br />
im Spiegel der Geschichte Revue passieren<br />
zu lassen, und hernach einen Ausblick<br />
(ab Seite 18) auf die Zukunft des Shoppings zu<br />
wagen.<br />
Ja, der <strong>Handelsverband</strong> begleitet seine Mitglieder<br />
auf einer langen Reise, einem beschwerlichen,<br />
auf ein Ziel gerichteten Handelsweg.<br />
Das Ziel ist stets die Erwirtschaftung<br />
zumindest Substanz erhaltender und die Wirtschafts-<br />
und Investitionskraft stärkender Erträge,<br />
die Erhaltung und Schaffung von Beschäftigung<br />
und sicherem Erwerb und die<br />
Stefan Mumelter, <strong>Handelsverband</strong><br />
bedarfsgesteuerte Versorgung der Kunden mit<br />
den Handelsgütern ihrer Wahl zu angemessenen<br />
Preisen.<br />
Ja, der Verband hat <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> für und mit<br />
seinen Mitgliedern Rahmenbedingungen<br />
mitgestaltet. Er war und ist auf einem guten<br />
Weg, auch wenn es immer wieder Rückschläge<br />
gibt. So werden Sie in dieser Ausgabe<br />
aus gutem Grund nichts über die aktuellen<br />
Entwicklungen zum Thema Kollektivvertragsfähigkeit<br />
des Verbandes lesen. Denn einerseits<br />
sind oberstgerichtliche Entscheidungen der<br />
jüngsten Vergangenheit bereits publiziert bzw.<br />
bekannt, und andererseits wird hinter den Kulissen<br />
auf Hochtouren weiter gearbeitet. Mehr<br />
dazu dann wieder in den nächsten Nummern<br />
von <strong>retail</strong>. Denn der Tag wird kommen…<br />
Um bei dem chinesischen Bild zu bleiben:<br />
<strong>90</strong> Li oder die Hälfte sind wir gemeinsam<br />
schon gegangen. Die nächsten 10 Li werden<br />
spannend!<br />
Dem Verband alles Gute zum Jubiläum<br />
Michael Schiebel, Chefredakteur<br />
<strong>retail</strong> intro<br />
Dr. Stefan Mumelter<br />
Michael Schiebel<br />
seite 3 | editorial
inhalt | seite 4<br />
Cover-Themen<br />
<strong>retail</strong> 01 | 11<br />
seite 34<br />
seite 10 Neunzig <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong>. Im Spiegel der Geschichte<br />
seite 18 Quo vadis Handel. Trends – Shopping morgen<br />
seite 34<br />
Vermächtnis in Händen. Maillath-Pokorny im Interview<br />
seite 10<br />
seite 18
seite 3 Editorial.<br />
Inhalt<br />
seite 4 Inhalt. Cover-Themen.<br />
seite 5 Inhalt. Impressum.<br />
seite 6 Shortcuts.<br />
seite 10 Neunzig <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong>. Im Spiegel der Geschichte<br />
seite 18 Quo vadis Handel. Shopping morgen<br />
seite 26 A.R.E. Design Awards. Kastner & Öhler triumphiert in Las Vegas<br />
seite 28 Miete oder Pacht. Bestandsverträge in Einkaufszentren<br />
seite 30 Ein Team für den Flagship Store. Recruiting: Best Practice<br />
seite 33 Konzentration auf das Wesentliche. Satire<br />
intern<br />
seite 34 Vermächtnis in Händen. Altpräsident Maillath-Pokorny im Interview<br />
seite 38 Online Werbung. Untersuchung zu den Trends im Einzelhandel<br />
seite 40 Supermarkt 1.0. Diskussion: Neue Technologien in der Handelswelt<br />
seite 42 Personalia.<br />
seite 43 Termine.<br />
Impressum:<br />
<strong>retail</strong> inhalt<br />
Offenlegung gem. § 25 MedienG:<br />
<strong>retail</strong> – Informationen für Handel und<br />
e-Commerce. Eine Publikation des<br />
Österreichischen <strong>Handelsverband</strong>es.<br />
Herausgeber: <strong>Handelsverband</strong>,<br />
Verband österreichischer Mittel- und<br />
Groß betriebe des Einzelhandels<br />
1080 Wien, Alser Straße 45<br />
Telefon +43 (0)1 406 22 36<br />
Fax +43 (0)1 408 64 81<br />
e-mail@handelsverband.at<br />
www.handelsverband.at<br />
Präsident: Dr. Stephan Mayer-Heinisch<br />
Geschäftsführer: Dr. Stefan Mumelter<br />
Medieninhaber/Verleger: querverkehr,<br />
a division of Web Engineering GmbH<br />
1180 Wien, Währingerstrasse 81-83<br />
Telefon +43 (0)1 966 58 48<br />
Fax +43 (0)1 966 58 48 9<br />
<strong>retail</strong>@querverkehr.at, www.querverkehr.at<br />
Geschäftsführer: Karl-Heinz Welsch<br />
Produktion: querverkehr<br />
Chefredaktion: Michael Schiebel<br />
Art Direction & Grafik:<br />
Gabriele Roseneker<br />
Anzeigenkontakt:<br />
Mag. Petra Denk +43 (0)1 406 22 36<br />
Druck: fairdruck<br />
Titelbild: fotolia<br />
Bildrechte: APA-Fotoservice, Anova,<br />
<strong>Handelsverband</strong>, fotolia, Kastner & Öhler,<br />
Thomas Preiss, SES, Michael Schiebel, Zander<br />
Grundlegende Richtung:<br />
Das Magazin <strong>retail</strong> informiert die<br />
Unternehmen des österreichischen<br />
Einzelhandels über neue Technologien<br />
und Aspekte der Betriebsführung.<br />
seite 5 | inhalt
etail news<br />
aktuell | seite 6<br />
Konsum kommt wieder in Fahrt<br />
Die Gesellschaft für Konsumforschung<br />
(GfK) legte die Umsatzzahlen in Deutschland<br />
für das Jahr 2010 vor. Die Zahlen stimmen<br />
zuversichtlich: Es geht wieder aufwärts.<br />
„Die Verbraucher haben sich im vergangenen<br />
Jahr von der Krise in ihrem alltäglichen Konsum-<br />
und Einkaufsverhalten wenig beeindrucken<br />
lassen“, stellten die GfK-Forscher fest.<br />
Aber auch der Umsatzrückgang 2009 war weniger<br />
einer geringeren Mengennachfrage, als<br />
vielmehr der Preispolitik des Handels geschuldet,<br />
der die Waren durchschnittlich um 1,5%<br />
billiger anbot.<br />
Doch 2010 konnte sich das Wachstum wieder<br />
sehen lassen. So hat beispielsweise der Lebensmitteleinzelhandel<br />
(LEH) inklusive Drogeriemärkten<br />
im November 2010 über vier Prozent<br />
mehr eingenommen als im entsprechenden<br />
Vorjahresmonat. Und das lag nicht nur an den<br />
Preisen. So stiegen die Preise im zweiten Halbjahr<br />
2010 zwar an (monatlich aber nie mehr<br />
als um ein Prozent), auf das gesamte Jahr gesehen<br />
waren sie aber mit 0,2% noch leicht<br />
rückläufig. Interessant auch, dass die Discounter<br />
seit dem Mai des Vorjahres die Preise monatlich<br />
um anderthalb bis zwei Prozent erhöhten.<br />
Anders die Drogeriemärkte: Im November<br />
2010 kauften die Kunden im Drogeriemarkt<br />
um 1,6% billiger ein als im Vorjahresmonat.<br />
shortcuts<br />
Insgesamt fuhren die Drogeriemärkte ein mageres<br />
Umsatzplus von 0,6% ein.<br />
Am besten schlugen sich 2010 die LEH-Food-<br />
Vollsortimenter, die es per November auf ein<br />
Umsatzplus von gut zwei Prozent gebracht<br />
hatten, doppelt so viel wie die Discounter. Die<br />
FMCG-Sortimente schnitten dabei auch im November<br />
insgesamt leicht schlechter ab als der<br />
LEH. Das um 0,8 Prozentpunkte geringere<br />
Wachstum geht aber vor allem zu Lasten des<br />
Fachhandels (Bäckereien, Fleischhauer etc.).<br />
Denn die LEH-Food-Vollsortimenter ziehen immer<br />
mehr Konsumenten von den Fachhandelsgeschäften<br />
ab – nicht für jeden Einkauf,<br />
aber doch immer häufiger.<br />
Das Plus bei der Frische geht komplett auf die<br />
Segmente Gemüse und Obst zurück. Seit Monaten<br />
steigen die Umsätze mit Gemüse und<br />
Obst vor allem deshalb, weil die Preise infolge<br />
der Wetterkapriolen massiv angezogen haben.<br />
Der Umsatzzuwachs von fast sechs Prozent einen<br />
Monat vor <strong>Jahre</strong>sende ist ein, wenn nicht<br />
der entscheidende Grund dafür, dass die Fast<br />
Moving Consumer Goods sich insgesamt leicht<br />
verbessern konnten. Auch die Molkereiprodukte<br />
konnten um 2% zulegen. Für die Kosmetik-<br />
und Körperpflegesegmente war 2010 mit<br />
rund vier Prozent Minus in Deutschland hingegen<br />
ein schlechtes Jahr.
2010 weniger Euro-Falschgeld<br />
Insgesamt wurden nach Angaben der Österreichischen<br />
Nationalbank 2010 in Europa<br />
751.000 falsche Banknoten sichergestellt.<br />
In Österreich waren es letztes Jahr 8.812<br />
Blüten, die aus dem Umlauf gezogen wurden.<br />
Das sind in Europa um 12,7% weniger<br />
falsche Banknoten, in Österreich um 9,9% weniger<br />
als 2009. Die am häufigsten gefälschte<br />
Banknote in Österreich war 2010 mit 31,4%<br />
die 20-Euro-Banknote, knapp gefolgt von<br />
der 50-Euro-Banknote mit 30,6% und der<br />
100-Euro-Banknote mit 24%. Europaweit liegt<br />
allerdings die 50-Euro-Banknote mit 43,5%<br />
vor der 20-Euro-Banknote mit 38% und der<br />
100-Euro-Banknote mit 14%. Da zunehmend<br />
Scheine mit niedrigerer Nominale (also 20erund<br />
50er-Scheine) gefälscht werden, verringerte<br />
sich auch der Schaden im Vergleich zum<br />
Vorjahr in Österreich um 11% und ging auf<br />
617.095 Euro zurück. Der heimische Anteil an<br />
den gesamteuropäischen Fälschungen liegt bei<br />
Studie: Online-Werbung wirkt<br />
Ohne Wissen der Kunden beobachtete das<br />
Internet-Unternehmen Yahoo zwei Monate<br />
eingehend das Kaufverhalten<br />
ihrer Kunden.<br />
Die so von<br />
1,6 Mio. Konsumentenerhobenen<br />
Daten<br />
wurden von den<br />
Yahoo-MarktforschernRandall<br />
A. Lewis und<br />
David H. Reiley<br />
analysiert. Das<br />
Ergebnis: Konsumenten,<br />
die gezielt<br />
mit Werbung,<br />
wie Bannern oder<br />
Pop-ups, angesprochen<br />
wurden,<br />
gaben im Schnitt um<br />
fünf Prozent mehr Geld<br />
für Waren aus. Die Forscher wandten dabei einen<br />
Trick an: Die untersuchten Konsumenten<br />
besaßen nicht nur eine Kundenkarte eines bestimmten<br />
Einzelhändlers, sondern auch einen<br />
Yahoo-Account. Da die Marktforscher so-<br />
Fälschungen einfach erkennen<br />
Fälschungen können auch ohne technische Hilfsmittel<br />
von echten Banknoten unterschieden werden.<br />
Die Österreichische Nationalbank (OeNB)<br />
propagiert hier das einfache Banknotenprüfprinzip<br />
FÜHLEN – SEHEN – KIPPEN. Eine ausführliche<br />
Anleitung zum Thema „Wie erkenne ich<br />
echte Euro-Banknoten?“ sowie weitere wichtige<br />
Infos, wie z.B. zum Thema einheitlicher Euro-<br />
Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments<br />
Area – SEPA), findet man unter www.oenb.at.<br />
1,17%. Damit ist und bleibt Österreich eines<br />
der Länder mit dem geringsten Fälschungsaufkommen<br />
des Euroraums. Die Chance, eine gefälschte<br />
Banknote in die Hände zu bekommen,<br />
ist in Wien am höchsten: 40,6% aller in Österreich<br />
sichergestellten Blüten kamen aus dem<br />
Ballungsraum Wien, gefolgt von der Steiermark<br />
mit 11,8% Anteil an den falschen Banknoten.<br />
wohl Zugriff auf die Kundenkarte als auch<br />
auf den Yahoo-Account hatten, war es ihnen<br />
möglich gezielt Anzeigen des Händlers auf<br />
den Bildschirm schicken, sobald sie auf den<br />
Yahoo-Internetseiten unterwegs<br />
waren. Anhand<br />
der Kundenkarten<br />
ließ sich<br />
nach den Werbeschaltungen<br />
relativ einfach<br />
überprüfen, wer<br />
tatsächlich die<br />
beworbenen<br />
Produkte erworben<br />
hatte. Dabei<br />
war es unwichtig,<br />
ob ein Werbebanner<br />
gleich<br />
angeklickt<br />
wurde. Etwa 80<br />
Prozent der Käufer<br />
hatten nicht<br />
auf die Werbung reagiert,<br />
diese aber durchaus wahrgenommen.<br />
Der Werbeeffekt wirkte sich langfristig auf das<br />
Kaufverhalten aus. Die Studie findet sich auf<br />
Englisch unter www.davidreiley.com/papers/<br />
DoesRetailAdvertisingWork.pdf.<br />
<strong>retail</strong> news<br />
seite 7 | aktuell
etail news<br />
Kontaktinformationen:<br />
Dr. Karin Madenberger<br />
CAMPUS 02 - Fachhochschule<br />
der Wirtschaft GmbH<br />
Studiengangsleitung<br />
FH-Studiengänge<br />
International Marketing &<br />
Sales Management<br />
Körblergasse 126, 8021 Graz<br />
T +43 316 6002-171<br />
F +43 316 6002-1230<br />
E-Mail:<br />
karin.madenberger@campus02.at<br />
http://www.campus02.at<br />
Die TeilnehmerInnen des<br />
1. Handelsmanagementlehrgangs<br />
Österreichs<br />
aktuell | seite 8<br />
1. Handelsmanagementlehrgang<br />
Österreichs gestartet<br />
Anfang März starteten 20 TeilnehmerInnen<br />
in den ersten Akademischen<br />
Lehrgang für Handelsmanagement. Anbieter<br />
ist die Studienrichtung International Marketing<br />
& Sales Management der FH CAMPUS 02<br />
in Graz. Der Lehrgang zielt auf das Mittelmanagement<br />
des Handels ab. Konzipiert wurde<br />
diese handelsspezifische Ausbildung gemeinsam<br />
mit neun der stärksten österreichischen<br />
Handelsbetriebe wie bauMax AG, dm drogerie<br />
markt GmbH, H&M Hennes & Mauritz, Kastner<br />
& Öhler/Gigasport, Leder und Schuh International<br />
AG, Media Markt, Saturn, REWE<br />
International AG, XXXLutz GmbH und der<br />
WK Steiermark, Sparte Handel.<br />
shortcuts<br />
Der einjährige Lehrgang vermittelt handelsspezifische<br />
Managementqualifikationen sowie<br />
die erforderlichen Kenntnisse zur Führung<br />
eines KMU-Handelsbetriebes. AbsolventInnen<br />
des Lehrganges wissen wie „Handel“ funktioniert<br />
und sind mit dem „Rüstzeug“ für MitarbeiterInnenführung<br />
ausgestattet.<br />
Die zwanzig TeilnehmerInnen des 1. Jahrgangs<br />
kommen aus unterschiedlichsten Handelsbranchen<br />
und arbeiten in folgenden Firmen:<br />
C&C Abholgroßmärkte, Carl Reiner, dm<br />
drogerie markt, Eger Turbo Pumpen, Interspar,<br />
Intersport, Jones, Kastner & Öhler, Leder<br />
& Schuh, Media Markt, Saturn und Spar. Es<br />
handelt sich dabei in Österreich um ein einzigartiges<br />
Ausbildungskonzept. Abgeschlossen<br />
wird die Ausbildung mit dem Titel „Akademische<br />
Handelsmanagerin“ bzw. „Akademischer<br />
Handelsmanager“.<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Zielgruppe: Mittelmanagement im<br />
Handel<br />
Neun der stärksten Handelsunternehmen<br />
Österreichs seit der Konzeptionsphase<br />
mit handelsspezifischem Know<br />
how mit an Bord<br />
Abschluss mit dem Titel „Akademische<br />
Handelsmanagerin“ bzw.<br />
„Akademischer Handelsmanager“<br />
FH CAMPUS 02 und Handelspartner<br />
leisten positiven Beitrag zur wirtschaftlichen<br />
Standortsicherung
Viel Umsatz, wenig Ertrag<br />
Die WKÖ und die KMU Forschung Austria<br />
präsentierten im Februar die Bilanz<br />
des Österreichischen Einzelhandels 2010. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr war sowohl ein nominelles<br />
(+2,7%), als auch ein reales (+1,2%)<br />
Umsatzplus zu verzeichnen. Sämtliche Quartale<br />
zeigten eine positive Entwicklung, wobei<br />
fast alle Branchen – mit insgesamt 40.000<br />
Einzelhandelsunternehmen – ihre Umsätze<br />
zum Teil deutlich steigern konnten. Branchenprimus<br />
war einmal mehr der Schuheinzelhandel<br />
mit einem nominellen Umsatzplus<br />
von über 10%. Auf den Plätzen der Elektroeinzelhandel<br />
(inkl. Computer, Foto), der<br />
Sportartikeleinzelhandel und die Baumärkte<br />
mit je +4%. Einzig der Papier- und Bucheinzelhandel<br />
wies ein nominelles Umsatzminus<br />
auf. Hinsichtlich des realen Umsatzes zeigt<br />
sich ein nahezu identes Bild: Schuheinzelhandel<br />
vor Elektroeinzelhandel, der Bekleidungseinzelhandel,<br />
Drogerien und Parfümerien mit<br />
<strong>Handelsverband</strong> besucht<br />
Weltbild<br />
Das Schneegestöber sollte die Reise nicht<br />
stören: Dr. Stefan Mumelter, Generalsekretär<br />
des Österreichischen <strong>Handelsverband</strong>s, reiste<br />
mit seinem Team aus Wien nach Augsburg.<br />
Zweck der Reise: Dr. Mumelter wollte sich über<br />
die Erfolgsstrategien des Weltbild-Versands direkt<br />
an Ort und Stelle informieren. Die österreichische<br />
Delegation wurde von Weltbild-Geschäftsführer<br />
Dr. Klaus Driever und Angela<br />
Schünemann, Geschäftsführerin von Weltbild<br />
Österreich herzlich empfangen. Auf der<br />
Agenda standen die Besichtigung des Weltbild<br />
Warenzentrums und der Auslieferung für Endkunden<br />
und Filialen sowie ein Austausch über<br />
aktuelle Handelsstrategien.<br />
unterdurchschnittlichen Zuwächsen, und<br />
auf den hintersten Plätzen abermals der<br />
Papier- und Bucheinzelhandel sowie der Lederwareneinzelhandel.<br />
Österreichs stationärer<br />
Einzelhandel verzeichnete 2010 einen<br />
absoluten Umsatz von 50,1 Mrd. Euro.<br />
Mehr als die Hälfte der heimischen Geschäfte<br />
erwirtschafteten ein Plus, 9% stagnierten,<br />
und über ein Drittel mussten Umsatzeinbußen<br />
hinnehmen. Besonders stark<br />
fiel das Weihnachtsgeschäft mit einem Plus<br />
von 3% im Dezember aus. Handelsobmann<br />
Fritz Aichinger (WKÖ) gibt jedoch zu bedenken,<br />
„dass von einem Umsatzwachstum nicht<br />
1:1 auf ein Ertragswachstum geschlossen<br />
werden kann.“ Traditionell hinkt der stationäre<br />
Einzelhandel gemessen am durchschnittlichen<br />
Gewinn vor Steuern der Gesamtwirtschaft<br />
nach, und ist zwar „eine Umsatz- aber<br />
keine Ertragslokomotive“. Für die Handelsentwicklung<br />
im laufenden Jahr <strong>2011</strong> zeigt sich<br />
Aichinger auf Basis der WIFO-Prognosen zuversichtlich.<br />
v.l.n.r.: Mag. Petra Denk, Dr. Stefan Mumelter, Mag. Ulrike<br />
Strommer, Dr. Klaus Driever, Angela Schünemann,<br />
Tamara Rott<br />
<strong>retail</strong> news<br />
Weltbild in Kürze:<br />
Das Verlags-, und<br />
Buchhandelsunternehmen<br />
Weltbild ist<br />
die Nr. 2 Onlinebuchhandel,<br />
die Nr. 3 im<br />
Versandhandel und<br />
betreibt mehr als 300<br />
Filialen im deutschsprachigen<br />
Raum.<br />
seite 9 | aktuell
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
coverstory | seite 10<br />
Freiwillig und unabhängig seit 1921<br />
Der <strong>Handelsverband</strong> im<br />
Die Erfolgschronik von der Interessensgemeinschaft zum Sprecher und<br />
Partner der Handelsbranche<br />
Die Chronik des <strong>Handelsverband</strong>es ist eng<br />
mit der politischen, wirtschaftlichen und<br />
gesellschaftlichen Entwicklung Österreichs<br />
der letzten <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> verknüpft. Den Weg von<br />
der ersten Ideenfindung für eine Plattform<br />
der großen und mittleren Handelsbetriebe in<br />
den frühen 20er <strong>Jahre</strong>n bis hin zur heutigen<br />
starken und freiwilligen Interessensvertretung<br />
haben wir chronologisch übersichtlich dargestellt.<br />
Diente der Verband in den Anfangsjahren<br />
hauptsächlich dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch,<br />
so kamen im Lauf der<br />
<strong>Jahre</strong> immer mehr gemeinsame Aktivitäten<br />
wie Konferenzen, Symposien, eine eigene Verbandszeitung<br />
und eine umfangreiche Inter-<br />
netpräsenz hinzu. Neue Maßstäbe in der HanHan- delsbranche setzten in den vergangenen 10<br />
<strong>Jahre</strong>n die Qualitätsstandards des <strong>Handelsverband</strong>es<br />
für Versandhandel, Direktvertrieb oder<br />
Internethandel.<br />
Seine schlagkräftige und kompetente Themenführerschaft<br />
konnte der <strong>Handelsverband</strong><br />
in den letzten 5 <strong>Jahre</strong>n vor allem bei Liberalisierung<br />
der Ladenöffnungszeiten, Postmarktliberalisierung,Kollektivvertragsverhandlungen,<br />
E-Commerce, Familienfreundlichkeit<br />
und Nachhaltigkeit unter Beweis stellen.
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Spiegel der Geschichte<br />
1921-1923<br />
Gründerzeit und Ideenfindung. Repräsentanten<br />
von 20 renommierten österreichischen<br />
Handelsunternehmen, unter ihnen Kastner &<br />
Öhler, Palmers und Julius Meinl AG, gründen<br />
die „Vereinigung österreichischer Detailfirmen“,<br />
aus der in der Folge der <strong>Handelsverband</strong><br />
hervorgehen wird. Ihren Sitz hat die Vereinigung<br />
im Gebäude der Julius Meinl AG.<br />
1923<br />
Im Mai gelingt es der österreichischen Nationalbank,<br />
die am 2. Jänner 1923 ihre Tätigkeit<br />
aufgenommen hat, erstmals nach dem ersten<br />
Weltkrieg den Kurs der Krone zu stabilisieren.<br />
Hatte die Währungsparität vor dem Krieg 1<br />
Dollar = 4,94 Kronen betragen, so lautet der<br />
Kurs nun: 1 Dollar = 71.060 Kronen.<br />
1924<br />
Die neugegründete RAVAG (Radio Verkehrs<br />
AG) strahlt am 1. Oktober erstmals eine Sendung<br />
aus.<br />
1925<br />
Mit 1. Jänner tritt die Währungsumstellung in<br />
Kraft: 1 Schilling = 10.000 Papierkronen, 1<br />
Goldkrone = 1,41 Schilling, 1 kg Gold = 6.000<br />
Schilling. Die Inflation wird damit gebremst.<br />
Heurigenabend des Verbands kaufmännischer Betriebe<br />
Österreichs am 16. Juni 1954 im Rahmen<br />
der Internationalen Tagung der kaufmännischen<br />
Großbetriebe 14. – 16. Juni 1954 in Wien.<br />
1929<br />
Mit dem „schwarzen Freitag“ am 25. Oktober<br />
an der New Yorker Börse nimmt die Weltwirtschaftskrise<br />
ihren Ausgangspunkt.<br />
1933<br />
y Der Welthandel ist seit 1929 um 64,8<br />
Prozent zurück gegangen, der österreichische<br />
Aktienindex ist seit November<br />
1928 um 62,4 Prozent gesunken. Die<br />
durch Deutschland verhängte „Tausend-<br />
marksperre“ führt zu einem weiteren Rückgang<br />
des ohnehin angeschlagenen österreichischen<br />
Fremdenverkehrs.<br />
y Einzelne Handelssparten haben seit 1929<br />
Rückgänge von über 40 Prozent verzeichnet.<br />
Entsprechend hoch ist die Zahl der Konkurse.<br />
y Die durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöste<br />
Arbeitslosigkeit (unterstützte Arbeitslose<br />
und sogenannte Ausgesteuerte)<br />
erreicht im Februar in Österreich mit rund<br />
600.000 Arbeitssuchenden ihren Höhe-<br />
punkt.<br />
seite 11 | coverstory
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong> 0 <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
coverstory | seite 12<br />
y Erste Erdölfunde im niederösterreichischen<br />
Zistersdorf.<br />
y Am 18. Dezember wird der „Verband<br />
österreichischer Detailfirmen“ gegründet,<br />
dem auch Interessensvertretungen wie der<br />
„Schutzverband österreichischer Konsumentenvereinigungen“<br />
und der „Zentralverband<br />
österreichischer Konsumvereine“<br />
angehören. Er wird in Personalunion<br />
mit der „Vereinigung österreichischer<br />
Detailfirmen“ geführt.<br />
1934<br />
y Zwischen 12. und 15. Februar sterben 265<br />
Menschen bei den Kämpfen zwischen dem<br />
Republikanischen Schutzbund und Heimwehrverbänden,<br />
über 800 werden verletzt.<br />
y Am 30. April findet die letzte Nationalrats<br />
sitzung der ersten Republik statt, die die<br />
neue „Verfassung 1934“ verabschiedet, die<br />
mit 1. Mai in Kraft tritt.<br />
y Am 15. Mai schließt sich die „Vereinigung<br />
österreichischer Detailfirmen“ mit dem<br />
„Verband österreichischer Detailfirmen“<br />
zusammen. Die neue Interessensvertretung<br />
trägt nun den Namen „Verband kauf-<br />
männischer Betriebe Österreichs“ und hat<br />
ihren Sitz im Haus der Wiener Kaufmannschaft<br />
am Wiener Schwarzenbergplatz.<br />
y Der Putschversuch der Nationalsozialisten<br />
am 25. Juli fordert 269 Tote und minde-<br />
stens 430 Verletzte.<br />
1935<br />
Der „Verband kaufmännischer Betriebe Österreichs“<br />
wächst rasch und zählt bald 50 Mitglieder,<br />
die vier Fünftel des gesamten österreichischen<br />
Werbebudgets repräsentieren. Damit<br />
hat der Verband starken Einfluß auf die Zeitungen,<br />
was die Verbandsarbeit fördert, zunehmend<br />
aber auf Missfallen der politisch Verantwortlichen<br />
stößt.<br />
1937<br />
y Auf der Grundlage der autoritär-ständi-<br />
schen Verfassung wandelt die Regierung<br />
Schuschnigg den „Verband kaufmännischer<br />
Betriebe Österreichs“ in die „Gilde der kaufmännischen<br />
Großbetriebe Österreichs“ um.<br />
1938<br />
y Am 12. März marschiert Adolf Hitler in<br />
Österreich ein, am 13. März wird die<br />
„Wiedervereinigung Österreichs mit dem<br />
Deutschen Reich“ formell vom österrei-<br />
chischen Ministerrat genehmigt.<br />
y Am 17. März wird die österreichische Nationalbank<br />
von der deutschen National-<br />
bank übernommen, die österreichischen<br />
Gold- und Devisenbestände werden nach<br />
Berlin gebracht.<br />
y Die Reichsmark (1RM=1,50 Schilling) wird<br />
offizielles Zahlungsmittel.<br />
y Die „Gilde der kaufmännischen Großbe-<br />
triebe Österreichs“ wird von der nationalsozialistischen<br />
Regierung ersatzlos aufgelöst.
1939<br />
y Einmarsch deutscher Truppen in Polen,<br />
Beginn des Zweiten Weltkriegs.<br />
1945<br />
y Am 27. April wird die „provisorische<br />
Österreichische Staatsregierung“ von der<br />
Roten Armee anerkannt.<br />
y Ab 1. Mai gilt wieder die Bundesverfassung<br />
aus 1920 in der Fassung von 1929,<br />
sukzessive nehmen öffentliche Stellen,<br />
öffentliche Verkehrsmittel, aber auch Universitäten<br />
und Theater wieder ihren Betrieb<br />
auf.<br />
y Im September wird der Tageskaloriensatz<br />
für Normalverbraucher von 800 auf 1.500<br />
Kalorien gesteigert, muss aber wenige Wochen<br />
später erneut auf 800-<strong>90</strong>0 Kalorien<br />
gesenkt werden.<br />
y Am 25. November finden die ersten „freien<br />
Wahlen“ der Zweiten Republik statt.<br />
y Ab 20. Dezember ist der Schilling wieder<br />
alleiniges Zahlungsmittel. Reichsmark und<br />
„alliierte Militärschilling“ werden im Verhältnis<br />
1:1 umgetausch, allerdings nur<br />
150 RM pro Person. Der Rest verbleibt auf<br />
Sperrkonten.<br />
1950<br />
y Am 25. Oktober wird der „Verband kaufmännischer<br />
Betriebe Österreichs“ wiedergegründet.<br />
Zu den Proponenten zählen die<br />
Vertreter von Kastner & Öhler, Meinl und<br />
Palmers, aber auch Repräsentanten<br />
von Ankerbrot, Bally, Gerngroß, Hammer<br />
brot, Herzmansky, Litega, Nordsee oder<br />
Wallace. Der Verband hat seinen Sitz<br />
am Wiener Stephansplatz.<br />
1951<br />
y In den USA werden die ersten Computersysteme<br />
verkauft.<br />
y Im April einigen sich sechs europäische<br />
Länder (Frankreich, Deutschland, Italien,<br />
Belgien, die Niederlande und Luxemburg)<br />
auf die Gründung der Europäischen Ge-<br />
meinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), aus<br />
der 1957 die Europäische Wirtschaftsge-<br />
meinschaft (EWG) und 1992 die Europä-<br />
ische Union in ihrer heutigen Form hervorgehen<br />
wird.<br />
1955<br />
y Feierliche Unterzeichnung des österrei-<br />
chischen Staatsvertrages im Schloß Belvedere<br />
in Wien am 15. Mai.<br />
y Am 1. August startet der Österreichische<br />
Rundfunk sein Fernseh-Versuchsprogramm<br />
über vier Sendestationen.<br />
y Am 26. Oktober verlässt der letzte Besat-<br />
zungssoldat Österreich.<br />
1957<br />
y Der reguläre Sendebetrieb des Fernsehens<br />
beginnt (ein Programm, sechs Tage pro<br />
Woche)<br />
<strong>retail</strong> <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
seite 13 | coverstory
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Teilnahme des <strong>Handelsverband</strong>es<br />
an internationalen<br />
Konferenzen (FIGED, 1967)<br />
in den 60-er <strong>Jahre</strong>n.<br />
coverstory | seite 14<br />
y Konsum Österreich eröffnet nach amerikanischem<br />
Vorbild die erste Filiale mit Selbstbedienung.<br />
1959<br />
y Am 1. Februar tritt die 45-Stunden-Wo-<br />
che (anstatt bisher 48 Stunden) bei vollem<br />
Lohnausgleich in Kraft.<br />
1960<br />
y Österreich tritt der EFTA (Europäische Freihandelszone)<br />
bei. Mitglieder sind neben Österreich:<br />
Norwegen, Schweden, Dänemark,<br />
Großbritannien, Portugal und die Schweiz.<br />
y Ende August erreicht die Arbeitslosigkeit<br />
mit 44.320 Personen einen Rekordtief-<br />
stand.<br />
1965<br />
y Erste Versuche mit Farbfernsehen durch<br />
den Österreichischen Rundfunk.<br />
1966<br />
y Bei Xerox wird das international erste Telefax-Gerät<br />
(damals als „Fernkopierer“ be-<br />
zeichnet) präsentiert.<br />
1969<br />
y Die Scheckkarte wird eingeführt.<br />
y Der Handel trägt mittlerweile 13,4 Prozent<br />
zum österreichischen Nationalprodukt bei.<br />
y Erster bemannter Mondflug der NASA.<br />
1970<br />
y Die Minderheitsregierung von Bundeskanzler<br />
Dr. Bruno Kreisky begründet eine Ära<br />
sozialdemokratisch dominierter Bundesregierungen<br />
in Österreich.<br />
y Entwicklung des Strichcode-Systems Universal<br />
Product Coding (UPC).<br />
1971<br />
y Intel stellt mit dem Intel 4004 den ersten<br />
Mikroprozessor der Welt vor.<br />
1974<br />
y Die „Ölkrise“ belastet die Weltwirtschaft. In<br />
Österreich schnellt die Ölimportrechnung<br />
von 5,2 Mrd. Schilling (1972) auf 15,7<br />
Mrd. hinauf, die Inflationsrate erreicht mit<br />
10,2 Prozent im Juni erstmals seit 1952<br />
wieder einen zweistelligen Wert.<br />
y Umbenennung des Verbandes in „Verband<br />
der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels“<br />
oder kurz <strong>Handelsverband</strong>. Der Sitz<br />
wird nach 1080 Wien, Alserstraße 45 verlegt.<br />
1977<br />
y Einführung des EAN-Codes als europäische<br />
Version von UPC.<br />
1979<br />
y Als Verrechnungseinheit im Europäischen<br />
Währungssystem wird der ECU (European<br />
Currency Unit) eingeführt.
1981<br />
y IBM stellt den „Personal Computer“ vor und<br />
setzt damit einen Meilenstein in der Geschichte<br />
der Informationstechnik.<br />
1983<br />
y Der <strong>Handelsverband</strong> organisiert das 1.<br />
Computersymposium, das sich mit aktuellen<br />
Themen rund um die Informationstechnologie<br />
im Handel auseinandersetzt und sich in den<br />
Folgejahren äußerst erfolgreich zu „der“ IT-<br />
Fachkonferenz für die Entscheidungsträger im<br />
Handel entwickelt.<br />
1989<br />
y Der <strong>Handelsverband</strong> veranstaltet mit<br />
großem Erfolg das 1. Handelskolloquium zu<br />
aktuellen Themen des Handels und begründet<br />
damit eine Tradition erfolgreicher jährlich<br />
durchgeführter Fachkonferenzen.<br />
19<strong>90</strong><br />
y Entwicklung des World Wide Web durch<br />
Tim Berners-Lee. Innerhalb weniger <strong>Jahre</strong><br />
wird sich das Internet auf der ganzen Welt explosionsartig<br />
entwickeln und zu „der“ Plattform<br />
für den elektronischen Geschäftsverkehr<br />
zwischen Unternehmen (E-Business) und neue<br />
Formen des elektronischen Einkaufs (E-Shopping)<br />
werden.<br />
1993<br />
y Die Europäische Wirtschafts- und Wäh-<br />
rungsunion auf der Basis der Verträge von<br />
Maastricht tritt am 1. November in Kraft.<br />
1995<br />
y Ab 1. Jänner ist Österreich Mitglied der Europäischen<br />
Union.<br />
y In der EU einigt man sich am 15./16. Dezember<br />
in Madrid auf die Einführung einer gemeinsamen<br />
Währung mit dem Namen „Euro“<br />
ab 1999.<br />
1996<br />
y 500.000 Österreicher besitzen einen Internet-Zugang.<br />
1997<br />
y 100.000 Österreicher geben an, bereits<br />
Waren im Internet eingekauft zu haben.<br />
y Sieben von 100 Österreichern besitzen ein<br />
Mobiltelefon.<br />
1998<br />
y Die Internet-Plattform des Handelsver-<br />
bandes, www.handelsverband.at, geht<br />
online.<br />
<strong>retail</strong> <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Vortrag von Bundeskanzler<br />
Dr. Franz Vranitzky im Jahr<br />
1988<br />
seite 15 | coverstory
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Für sein langjähriges Wirken<br />
im Dienste des österreichischen<br />
Einzelhandels<br />
wurde Stephan Mayer-Heinisch,<br />
Präsident des Österreichischen<br />
<strong>Handelsverband</strong>es,<br />
ausgezeichnet. Sektionschef<br />
Herbert Preglau überreichte<br />
das Goldene Ehrenzeichen für<br />
Verdienste um die Republik<br />
Österreich.<br />
coverstory | seite 16<br />
1999<br />
y Am 1. Jänner treten fixe Wechselkurse zwischen<br />
den nationalen Währungen von elf<br />
an der Währungsunion beteiligten EU-<br />
Staaten und dem Euro in Kraft (Griechenland<br />
tritt als zwölfter Staat erst 2001 bei).<br />
Der Euro ist als Buchgeld anerkannte Währung.<br />
y Im <strong>Handelsverband</strong> treffen sich Experten<br />
aus dem Handel und der Informations-<br />
technologie, um die Herausgabe eines In-<br />
ternet-Qualitätssiegels zu erörtern,<br />
welches das Vertrauen des Konsumenten in<br />
den sicheren elektronischen Einkauf im<br />
Internet steigern soll.<br />
2000<br />
y Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP) bildet eine<br />
„kleine Koalition“ mit der FPÖ und wird<br />
Bundeskanzler.<br />
y Als Reaktion auf die „BSE-Krise“ setzt sich<br />
der <strong>Handelsverband</strong> für umfassende Schutzmaßnahmen<br />
für Konsumenten ein.<br />
y Im Spätherbst 2000 wird mit „E-Commerce<br />
Quality“ das erste europäische Internet<br />
Qualitätssiegel eines Wirtschaftsverbandes<br />
herausgebracht.<br />
2001<br />
y 1. Versandhandelstag des Handelsver-<br />
bandes.<br />
y Unter der Adresse www.versandhandelonline.at<br />
wird vom Netzwerk Versandhandel<br />
im <strong>Handelsverband</strong> ein Portal mit um<br />
fassenden Informationen über diese Handelssparte<br />
publiziert.<br />
y Über drei Millionen Österreicher nutzen<br />
mittlerweile das Internet.<br />
y Vier Fünftel der österreichischen Bevölkerung<br />
nutzen ein Mobiltelefon.<br />
2002<br />
y Der Euro ersetzt in zwölf Mitgliedsländern<br />
der EU, darunter auch in Österreich, die<br />
nationalen Währungen. 1 Euro = 13,7603<br />
Schilling.<br />
y Das Netzwerk Direktvertrieb im <strong>Handelsverband</strong><br />
präsentiert sein neues Web-Portal<br />
www.direktvertrieb-online.at<br />
y Rund 620 Millionen Menschen zählen weltweit<br />
zu den nternet-Benutzern, in Westeuropa<br />
sind es rund 225 Millionen. Laut Austrian<br />
Internet Monitor haben 53 Prozent<br />
aller Österreicher einen Internet-Zugang,<br />
mit 35 Prozent zählt mehr als ein Drittel der<br />
heimischen Bevölkerung zu den „Intensiv-<br />
Nutzern“.<br />
y Der heimische Handel verzeichnet 2002<br />
mit einem inflationsbereinigten Minus von<br />
2,5 Prozent sein schlechtestes Ergebnis seit<br />
1945.<br />
2004<br />
y Im Februar 2004 ging das weltumspannende<br />
soziale Netzwerk „Facebook“ online:<br />
Bis Januar <strong>2011</strong> wird die globale Internetplattform<br />
600 Millionen aktive Nutzer verzeichnen.<br />
y EU-Osterweiterung: Am 1. Mai 2004 traten<br />
Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen,<br />
Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn<br />
und Zypern der EU bei. Die Union bestand
Freude über den E-Commerce<br />
Quality Award (v.l.n.r.): HV-<br />
Geschäftsführer Dr. Stefan<br />
Mumelter, Weltbild-GF Angela<br />
Schünemann, Jako-O-<br />
Chefin Bettina Peetz, Justizministerin<br />
Mag. Claudia<br />
Bandion-Ortner, Mag. Harald<br />
Gutschi, Sprecher der GF<br />
Unito und Juror beim<br />
ECQ Award.<br />
damit bis zur neuerlichen Erweiterung um<br />
Bulgarien und Rumänien am 1.1.2007 aus 25<br />
Mitgliedsstaaten.<br />
2007<br />
y Liberalisierung Ladenöffnungszeiten. Der<br />
<strong>Handelsverband</strong> setzte sich mit großem<br />
Nachdruck, unter anderem mit einer Bürgerinitiative,<br />
für die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten<br />
ein. Diese wurden per<br />
Gesetz kurze Zeit später auf 72 Stunden in<br />
einem Rahmen von 6–21 Uhr bzw. 6–18<br />
Uhr erweitert.<br />
2007-2009<br />
y Krisenjahre: Die „Krise“ ist eine Banken-,<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise und begann<br />
im Frühjahr 2007 mit der US-Immobilien<br />
krise (auch Subprimekrise), die durch ein<br />
spekulativ aufgeblähtes Wirtschaftswachstum<br />
in den USA und eine weltweite kreditfinanzierte<br />
Massenspekulation ausgelöst<br />
wurde. Im April 2009 schätzte der IWF<br />
die weltweiten Wertpapierverluste infolge<br />
der „Krise“ auf vier Billionen US-Dollar.<br />
2009<br />
y Postmarktliberalisierung: Der <strong>Handelsverband</strong><br />
konnte durch sein Engagement zu-<br />
mindest teilweise erreichen, dass der Postmarkt<br />
für alternative Zusteller geöffnet<br />
wird. Sowohl Zustellungsrecht von Direct<br />
mail als auch die Hausbrieffachanlagen<br />
wurden nach einer Umrüstungsphase ge<br />
setzlich beschlossen.<br />
y Ordensverleihung: Für sein langjähriges<br />
Wirken im Dienste des österreichischen<br />
Einzelhandels wurde <strong>Handelsverband</strong>-<br />
Präsident Stephan Mayer-Heinisch mit<br />
dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste<br />
um die Republik Österreich ausgezeichnet.<br />
2010<br />
y Nachhaltig und familienfreundlich: Beim<br />
Handelskolloquium am 4. März 2010<br />
wurde erstmals ein Award für die Ver-<br />
einbarkeit von Familie und Beruf im<br />
Handel unter dem Titel „Familienfreundlich<br />
HANDELn“ vergeben. Ikea und Enjo gingen<br />
als Sieger hervor. Das Handelskolloquium<br />
thematisierte erstmals CSR und zeigte innovative<br />
Beispiele für soziale Verantwortung<br />
und Nachhaltigkeit im Handel auf.<br />
Juni 2010<br />
y Rekordzahlen im E-Commerce: Laut Stu-<br />
die des <strong>Handelsverband</strong>es gaben die ÖsterreicherInnen<br />
in den letzten 12 Monaten 5,0<br />
Mrd EUR im Distanzhandel aus. Überraschend<br />
auch die hohen Kaufsummen: Die<br />
Konsumenten investieren jährlich durchschnittlich<br />
1.250 EUR für Einkäufe in Versandhandel<br />
und Internet.<br />
November 2010<br />
y Preisverleihung: Anlässlich des 10-jährigen<br />
Jubiläums des Internet-Gütesiegels „E-Commerce<br />
Quality“ vergibt der <strong>Handelsverband</strong><br />
erstmals den E-Commerce Quality Award.<br />
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner<br />
verleiht die begehrte Auszeichnung an<br />
www.jako-o.at und www.weltbild.at im<br />
Rahmen der IT-Fachkonferenz LogIT Retail.<br />
<strong>retail</strong> <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Von links nach rechts: Harald<br />
Gutschi und Franziska<br />
Schmid, Unito; Daniela Nehiba<br />
und Alexandra Eichinger,<br />
Ikea; Dr. Stefan Mumelter,<br />
<strong>Handelsverband</strong>; Birgit Zack-<br />
Baumann, Siegfried Zack, Eva<br />
Wolf von Enjo International.<br />
seite 17 | coverstory
etail shopping morgen<br />
special | seite 18<br />
Shopping morgen<br />
Quo vadis Handel?<br />
Welche Trends bestimmen das Verhalten der Konsumenten von morgen<br />
Welche Trends bestimmen das Verhalten<br />
der Konsumenten von morgen? Wie sehr<br />
werden neue Kommunikationskanäle den<br />
Marktplatz Einzelhandel beherrschen? Retail<br />
Experten von IBM Research wagen nicht nur<br />
einen Ausblick in die Zukunft des Handels,<br />
sie haben in einer weltweiten Studie Konsu-<br />
menten über ihre Einkaufsgewohnheiten und<br />
die Nutzung neuer Technologien befragt.<br />
Neue Technologien und sozioökonomische<br />
Trends verändern den Marktplatz des<br />
Einzelhandels. Das ist unbestritten. Weniger<br />
bekannt ist, was sich Konsumenten wirklich<br />
vom Einzelhandel wünschen, wie sie einkaufen<br />
und welche Technologien sie dabei<br />
nutzen. Das hat nun eine im Jahr 2010 veröffentlichte<br />
Studie des IBM Institute for Business<br />
Value herausgefunden. Befragt wurden<br />
30.000 Menschen weltweit. Die Studie förderte<br />
überraschende Ergebnisse zutage, denn<br />
wir wissen jetzt, dass die Bedürfnisse der Konsumenten<br />
sich rascher verändern, als vermutet.<br />
Auch in den Schwellenländern führen die<br />
zunehmende Verstädterung und der steigende<br />
Wohlstand zu neuen Konsumentengruppen,<br />
die in Summe eine große wirtschaftliche
Macht darstellen. Mit der Entwicklung neuer<br />
Technologien für bidirektionale Kommunikation,<br />
erhalten die Verbraucher mehr Informationen<br />
über Einzelhändler und ihre Produkte<br />
als jemals zuvor. Die Folge: Verbraucher werden<br />
immer smarter, diversifizierter und fordernder.<br />
Die Spielregeln für den Einzelhandel<br />
ändern sich damit dramatisch.<br />
Das sind die neuen Trends:<br />
• Konsumenten bestimmen den Markt.<br />
Verbraucher haben über eine Vielfalt<br />
neuer Kommunikationskanäle Zugriff<br />
auf eine riesige Menge an Informationen<br />
über Händler und ihre Produkte.<br />
Sie nutzen diese Informationen, um sorgfältiger<br />
einkaufen zu können; 41 Prozent<br />
der Menschen, die wir befragten, haben<br />
im vergangen Jahr von ihrem bevorzugten<br />
Händler zu einem alternativen Händler gewechselt<br />
oder angefangen, manche Waren<br />
von einem anderen Händler zu kaufen.<br />
• Gut informierte Verbraucher haben höhere<br />
Erwartungen. Die beiden Verbesserungen,<br />
die Verbraucher am liebsten<br />
sehen würden, sind personalisierte Angebote<br />
und konstant verfügbare Produkte.<br />
Darüber hinaus wollen sie natürlich: Bessere<br />
Preise, Qualität und Vielfalt.<br />
• Kluge Konsumenten nutzen Social-Networking.<br />
33 Prozent der Befragten „folgen“<br />
einem Händler auf eine soziale Networking-Site.<br />
Einige der Konsumenten<br />
tauschen untereinander Informationen<br />
über Waren und Einkauf aus. Somit kann<br />
das Einkaufserlebnis eines einzelnen Verbrauchers<br />
Einfluss auf die Kaufentscheidung<br />
vieler anderer Konsumenten haben.<br />
• Konsumenten wollen helfen. 78 Prozent<br />
der Befragten würden gerne mit Einzelhändlern<br />
zusammenarbeiten, um bei der<br />
Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen,<br />
die ihren Bedürfnissen entsprechen,<br />
zu unterstützen.<br />
• Neue Wege zum Kunden. Zweiundsechzig<br />
Prozent derjenigen, die ihr Handy nutzen<br />
wollen um einzukaufen wären bereit, Produkte<br />
via SMS zu kaufen, für die in Zeitschriften<br />
oder auf Plakatwänden geworben<br />
wird. Ebenfalls 64 Prozent würden<br />
gerne via Druck auf die TV-Fernbedienung<br />
Produkte einkaufen, die im Fernsehen beworben<br />
werden.<br />
•<br />
•<br />
Belohnung für Einzelhändler, die es rich-<br />
tig machen. 61 Prozent der Befragten sind<br />
bereit, Einzelhändler, die ihre Vorschläge<br />
umsetzen, finanziell zu belohnen.<br />
Generation Y ist führend im Einsatz neuer<br />
Medien. Die meisten Befragten der Generation<br />
Y (Altersgruppe 20 – 30) sind bereit,<br />
mehrere Technologien und alternative Kanäle<br />
zu verwenden. Diese Altersgruppe<br />
würde auch einem Händler auf eine Social<br />
Networking-Site folgen und wäre bereit<br />
mehr zu zahlen, wenn dieser bessere Produkte<br />
und Services bieten kann.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass kluge<br />
Verbraucher nicht nur wissen, was sie wollen,<br />
sondern auch erwarten, gehört zu werden.<br />
Aber die Konsumenten sind nicht nur<br />
<strong>retail</strong> shopping morgen<br />
seite 19 | special
etail shopping morgen<br />
special | seite 20<br />
anspruchsvoller geworden, sie sind auch bereit<br />
zu helfen. Kurz gesagt: Kluge Verbraucher<br />
schaffen klügere Einzelhändler – und klügere<br />
Einzelhändler sind in der Lage, mehr Geld aus<br />
den Brieftaschen ihrer Kunden zu bekommen.<br />
Neue Technologien ändern die<br />
Spielregeln<br />
Neue Technologien verändern das Verhalten<br />
der Konsumenten dramatisch, wie die Marktzahlen<br />
belegen: Die Zahl der Mobilfunkteilnehmer<br />
hat im Jahr 2009 die 4 Milliarden-Grenze<br />
überschritten und das Marktforschungsunternehmen<br />
Infonetics prophezeit, dass im Jahr<br />
2013 rund 5,9 Milliarden erreicht werden.<br />
Schätzungsweise 1,5 Milliarden Fernsehgeräte<br />
und 1,1 Milliarden Computer sind derzeit<br />
in Verwendung und rund 1,7 Milliarden Menschen<br />
haben Zugang zum Internet. Zwei Drittel<br />
dieser technisch versierten Verbraucher<br />
besuchen Social-Networking-oder Blogging-<br />
Seiten. Verbraucher sind heute zunehmend<br />
informiert, versiert und anspruchsvoll. Bewaffnet<br />
mit aus einer Vielzahl von Quellen gewonnenem<br />
Wissen, geben sie ihr Geld für jene<br />
Waren und Dienstleistungen aus, die sie am<br />
meisten schätzen. Sie wählen auch bewusst<br />
aus, wie sie mit dem Einzelhändler in Kontakt<br />
treten. Die meisten Konsumenten wollen Interaktion,<br />
die schnell und punktgenau zum Ziel<br />
führt. Und zwar unabhängig davon, wo, wann<br />
und wie die Interaktion erfolgt. Kurz gesagt,<br />
werden die Konsumenten immer schlauer.<br />
Weitere fünf Milliarden<br />
Konsumenten.<br />
Die Technologie ist nicht der einzige Faktor<br />
für die Neugestaltung des Marktplatzes. Wirt-<br />
schaftliche und globale Trends spielen hier<br />
auch eine wichtige Rolle. Ende 2008 sagten<br />
59 Prozent der US-Verbraucher (laut IBM-Umfrage),<br />
dass ihr frei verfügbares Budget in den<br />
letzten 12 Monaten gesunken ist, 91 Prozent<br />
meinten, dass sie weniger als vorher einkauften.<br />
Dies waren Folgen der Rezession, die jedes<br />
Land betroffen hat und geschätzte 39 Millionen<br />
Menschen weltweit ihren Job gekostet hat<br />
(2007 – 2009). Glücklicherweise wachsen<br />
die meisten großen Volkswirtschaften heute<br />
wieder, wenn auch sehr langsam. Zumindest<br />
gibt es Aussicht auf eine gewisse Erleichterung.<br />
Auf längere Sicht sind viele der Veränderungen<br />
des Bevölkerungswachstums und<br />
der Globalisierung auch positiv. Am Ende des<br />
<strong>Jahre</strong>s 2009 gab es knapp über 6,8 Milliarden<br />
Menschen auf dem Planeten. Bis 2020 wird<br />
die Zahl voraussichtlich fast 7,7 Milliarden erreichen<br />
- ein Plus von 12,4 Prozent. Der Großteil<br />
dieses Anstiegs wird in den aufstrebenden<br />
Märkten in Asien, Afrika, Lateinamerika<br />
und der Karibik stattfinden. Die Weltbevölkerung<br />
wird gleichzeitig zunehmend verstädtert<br />
und wohlhabender. Zu Beginn des Jahrzehnts<br />
lebten 53 Prozent der Weltbevölkerung<br />
in ländlichen Gebieten. Im Jahr 2008 übertraf<br />
die städtische Bevölkerung die ländliche Bevölkerung<br />
zum ersten Mal in der Geschichte. Megacitys<br />
geben Menschen mehr Zugang zu Bildung,<br />
Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge<br />
und anderes Essentielles. Ein zweiter wichtiger<br />
Meilenstein ist der, dass die Mehrheit<br />
der wachsenden Weltbevölkerung zur Mittelschicht<br />
in ihren Heimatländern wurde. Diese<br />
demografischen und sozioökonomischen Veränderungen<br />
haben große Auswirkungen auf<br />
den Handel. Einzelhändler sind traditionell auf<br />
die kosmopolitische Elite und Mittelschicht fokussiert.<br />
Das Bevölkerungswachstum und der<br />
größere Wohlstand schaffen einen neuen Pool<br />
von fast fünf Milliarden Konsumenten: Die so<br />
genannten „affluent potentials“ (d.h. die aufsteigenden<br />
Unterklassen) und die ländlichen<br />
Armen bilden ein Potenzial von etwa 5,4 Milliarden<br />
US $, die sie ausgeben können.<br />
Blick in die Zukunft<br />
Die entscheidende Frage angesichts der beispiellosen<br />
Verbreitung von neuen Technologien<br />
und den signifikanten sozioökonomischen<br />
Veränderungen ist: Was wünschen die Verbraucher<br />
von morgen? Wie werden die digitale
Übertragung des Stimmrechts, steigendes Einkommen<br />
und das großstädtische Leben die Ansprüche<br />
der Käufer sowohl in den industriellen<br />
als auch den Schwellenländern beeinflussen?<br />
Das IBM Institute for Business Value befragte<br />
mehr als 30.000 Menschen in drei vollentwickelten<br />
und drei wachsenden Volkswirtschaften<br />
um zu ermitteln, wie sich Einkaufsgewohnheiten<br />
verändern und was Käufer in der<br />
Zukunft von den Einzelhändlern erwarten können.<br />
Unsere Forschung beschäftigt sich mit<br />
dem Thema, wie Kunden in der Zukunft mit<br />
dem Einzelhändler interagieren wollen (z.B. die<br />
Art von Technologien und gesellschaftlichen<br />
Netzwerke, die sie verwenden möchten). Wir<br />
haben außerdem untersucht, wie ihre Präferenzen<br />
sich unterscheiden, basierend auf Alter,<br />
Nationalität und die Art der Produkte, die<br />
sie einkaufen oder die Filialen wo sie einkaufen.<br />
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Konsumenten<br />
immer klüger werden, je mehr neue<br />
Technologien sie in ihr tägliches Leben einbauen<br />
und Informationen immer leichter verfügbar<br />
sind. Um es anders auszudrücken, sie<br />
werden zunehmend:<br />
•<br />
„Instrumented“ – Sie sind in der Lage mit<br />
Hilfe neuer Technologien sofortigen Zugriff<br />
auf eine Fülle von Informationen<br />
über Einzelhändler und Einkaufserlebnisse<br />
anderer Käufer zu erhalten.<br />
• „Interconnected“ – Sie sind bereit, mit<br />
Hilfe neuer Technologien in Kontakt zu<br />
anderen Käufern und Einzelhändlern zu<br />
treten.<br />
• „Intelligent“ – Sie sind sich selbstbewusster,<br />
was sie von Einzelhändlern wollen<br />
- sowohl jetzt als auch in der Zukunft.<br />
Diese Trends ändern die Machtverhältnisse<br />
zugunsten der Konsumenten und eröffnen<br />
gleichzeitig enorme Chancen für innovative<br />
Einzelhändler.<br />
Erhebungsmethoden<br />
Im Oktober 2009 führten wir eine Online-Befragung<br />
von 32.087 Einzelhandel-Verbrauchern<br />
in den Vereinigten Staaten, Kanada,<br />
Großbritannien, Brasilien, China und Indien<br />
durch. Sie repräsentieren alle Einkommensgruppen<br />
und jede Altersgruppe von der geburtenstarken<br />
Nachkriegsgeneration („Babyboomers“)<br />
bis zur Generation Z (Altersgruppe 15<br />
– 19). Die Befragten beantworteten die Fragen<br />
innerhalb jener Segmente, in denen sie häufig<br />
einkaufen.<br />
Wir analysierten die Ergebnisse mit Hilfe verschiedener<br />
statistischer Verfahren, einschließlich<br />
der maximalen Differenz (Max Diff)<br />
Skalierung – wo Befragte gebeten werden, verschiedene<br />
Gegenstände zu vergleichen und<br />
<strong>retail</strong> shopping morgen<br />
seite 21 | special
etail shopping morgen<br />
special | seite 22<br />
die Besten bzw. die schlechtesten auszuwählen<br />
und die mehr oder weniger wichtigen. Diese<br />
Methode ahmt die Art und Weise nach,<br />
wie Verbraucher beim Einkauf von Waren im<br />
wirklichen Leben agieren.<br />
Verbraucher sind gut informiert<br />
und ausgerüstet.<br />
Früher waren die Einzelhändler die wichtigsten<br />
Quellen für Informationen über sie<br />
selbst: Sie hatten Mitarbeiter, Kataloge, Werbung<br />
und Beschilderung. Heute haben Verbraucher<br />
jedoch Zugang zu einer Fülle von<br />
Informationen über andere Quellen, einschließlich<br />
dem Internet, Fernsehen, In-Store-<br />
Kioske, mobile Anwendungen und Social-Networking-Sites.<br />
Diese neuen Kanäle sind mehr<br />
als nur eine Bereitstellung von Informationen,<br />
sie beeinflussen auch die Art, wie Konsumenten<br />
einkaufen.<br />
Wir fragten die Teilnehmer, was sie tun, wenn<br />
eine Ware nicht verfügbar ist in dem Geschäft,<br />
das sie besuchen. Mehr als die Hälfte meinte,<br />
dass sie ein ähnliches Produkt kaufen oder in<br />
ein anderes Geschäft gehen, aber fast ein Drittel<br />
wechselt jetzt zu neuen Technologien: Das<br />
Internet ist bei weitem die beliebteste Beschaffungsalternative.<br />
68 Prozent der Befragten, die<br />
neue Technologien benutzen, sind bereit, über<br />
die Website eines Einzelhändlers einzukaufen.<br />
36 Prozent verwenden In-Store-Kioske,<br />
17 Prozent den Fernseher und 13 Prozent das<br />
Handy. Befragte in wachsenden Volkswirtschaften<br />
sind besonders daran interessiert, alternative<br />
Einkaufskanäle zu verwenden (siehe<br />
Grafik S. 23). 80 Prozent der globalen Verbraucher<br />
sind bereit, Technologie zum Einkaufen<br />
zu verwenden und eine erhebliche Zahl der<br />
Konsumenten (36 Prozent) sind bereit, zwei<br />
oder mehr Technologien einzusetzen, um ein<br />
gewünschtes Produkt zu bekommen. Wie vorauszusehen<br />
war, sind viele dieser „instrumentierten“<br />
Verbraucher recht jung; 48 Prozent<br />
der Generation Y (20-30 <strong>Jahre</strong>) und 41 Prozent<br />
der Generation X (Altersgruppe 31 – 43)<br />
würden gerne mit zwei oder mehr Technologien<br />
arbeiten, hingegen würden das nur 22 -<br />
32 Prozent der Generation 44+ bevorzugen.<br />
Aber es gibt auch erhebliche regionale und<br />
segmentale Unterschiede. Verbraucher in<br />
wachsenden Märkten sind doppelt so bereit,<br />
Technologien zum Einkaufen zu verwenden<br />
als jene, die in vollentwickelten Märkten<br />
leben. Das liegt daran, dass die Einführung<br />
neuer Technologien in Schwellenländern mit<br />
schwacher Infrastruktur oft schneller voran<br />
schreitet, weil die Technologie gut eingesetzt<br />
werden kann, um Grenzen zu verbessern oder<br />
zu überwinden. Verbraucher, die Bekleidung<br />
oder Haushaltsbedarf einkaufen, sind eher bereit<br />
mehr als zwei Technologien zu verwenden<br />
als jene, die Lebensmittel kaufen (44 und 45<br />
Prozent gegen 26 Prozent).<br />
Konsumenten sind miteinander<br />
verbunden<br />
Die Verbraucher von heute sind viel besser<br />
ausgerüstet und sind zunehmend bereit, Technologien<br />
zu verwenden, um mit den Einzelhändlern<br />
und anderen Verbrauchern zu interagieren.<br />
Aber wie wollen sie kommunizieren?<br />
Unsere Forschung deutet darauf hin, dass sie<br />
verschiedene Technologien für verschiedene<br />
Aktivitäten benutzen wollen.<br />
Folgendes wollen sie<br />
verwenden:<br />
• Web-Seiten: In erster Linie um Preise zu<br />
vergleichen (92 Prozent), Zufahrt und<br />
Gutscheine auszudrucken (79 Prozent)<br />
und um Zugang zu Informationen über<br />
ihre persönliche Konten zu erhalten (75<br />
Prozent).<br />
• In-Store-Kioske: Um Produkteigen-<br />
schaften zu überprüfen (78 Prozent), für<br />
Waren zu bezahlen (73 Prozent) und um<br />
Produktinformationen oder Anleitungen<br />
zu erhalten (72 Prozent).<br />
• Handys: Um herauszufinden, wo sich die<br />
nächste Filiale befindet (75 Prozent), um<br />
Preise zu vergleichen (71 Prozent) und<br />
um zu überprüfen, ob die Waren, die sie<br />
wollen, im Lager verfügbar sind (66 Prozent).<br />
62 Prozent der Befragten, die ihr Handy für<br />
Einkäufe nutzen wollen, sagen, dass sie auch<br />
gerne Produkte, die in Magazinen und anderen<br />
Medien beworben werden, mit dem Senden<br />
einer SMS kaufen würden. 64 Prozent jener<br />
Konsumenten, die bereit sind ihr Fernsehgerät<br />
zu verwenden, würden es begrüßen, beworbene<br />
Produkte im TV durch Drücken einer Taste<br />
auf der Fernebedienung kaufen zu können.<br />
Auch jüngere Konsumenten und die Verbraucher<br />
in wachsenden Volkswirtschaften sind be-
Amerika<br />
Kanada<br />
Großbritannien<br />
Brasilien<br />
Indien<br />
China<br />
Amerika<br />
Kanada<br />
Großbritannien<br />
Brasilien<br />
Indien<br />
China<br />
6%<br />
12%<br />
4%<br />
9%<br />
8%<br />
15%<br />
20%<br />
16%<br />
31%<br />
31%<br />
28%<br />
20%<br />
32%<br />
23%<br />
38%<br />
29%<br />
33%<br />
39%<br />
41%<br />
43%<br />
48%<br />
48%<br />
geistert vom Einkaufen über diese neuen Kanäle.<br />
Ein bemerkenswert hoher Anteil der<br />
Befragten (78 Prozent) wäre bereit, mit den<br />
Einzelhändlern zusammenzuarbeiten, um Produkte<br />
und Dienstleistungen zu entwickeln, die<br />
sie sich wünschen. Konsumenten aller Nationalitäten<br />
und Altersgruppen wollen heute mitwirken<br />
am Design-Prozess neuer Produkte und<br />
Services. Darüber sind sich die meisten Studienteilnehmer<br />
einig. Unterschiede gibt es hinsichtlich<br />
der Zeit, die sie dieser Aufgabe widmen<br />
wollen: So gaben nur 16 Prozent der<br />
chinesischen und 22 Prozent der indischen Befragten<br />
an, dieser Aufgabe wöchentlich mehr<br />
als 20 Minuten widmen zu wollen. Überraschenderweise<br />
sind die jüngeren Konsumenten<br />
65%<br />
63%<br />
75%<br />
75%<br />
54%<br />
68%<br />
94%<br />
78%<br />
Webseiten<br />
In-Store Kiosks<br />
Handy<br />
Digital TV<br />
dabei wesentlich geiziger mit ihrer Zeit als die<br />
Generation 50 plus. Einzelhändler sind natürlich<br />
keineswegs die einzigen Personen, mit denen<br />
Verbraucher interagieren, wie Social-Media-Guru<br />
Clay Shirky kürzlich feststellte: „Wir<br />
leben in einer Zeit, in der die Kommunikation<br />
zwischen Menschen ein Ausmaß erreicht hat,<br />
das höher ist als jemals zuvor.“ Millionen von<br />
Menschen sind via Social Networks wie Facebook<br />
oder Twitter miteinander verbunden. Sie<br />
können hier ihre eigenen Meinungen kundtun<br />
und die Ansichten von anderen Menschen erfahren,<br />
die sie großteils nicht kennen. Dies beeinflusst<br />
ihre Kaufentscheidung was sie kaufen<br />
und wo sie kaufen, erheblich. Zusammenfassend<br />
kann man sagen, dass: Was immer in der<br />
<strong>retail</strong> shopping morgen<br />
Konsumenten in Schwellenländern zeigen<br />
eine sehr hohe Bereitschaft, via Internet,<br />
In-store-Kioske, Mobiltelefone<br />
oder Digital-TV einzukaufen.<br />
Verbraucher in Brasilien, China und Indien<br />
weisen eine drei Mal höhere Wahrscheinlichkeit<br />
auf, einem Händler auf<br />
eine Social-Network-Seite zu folgen als<br />
die Konsumenten in USA, Kanada<br />
oder UK.<br />
seite 23 | special
etail shopping morgen<br />
special | seite 24<br />
Filiale passiert – nicht mehr in der Filiale bleibt.<br />
Dreiunddreißig Prozent der Befragten sagen,<br />
dass sie einem Händler möglicherweise oder<br />
wahrscheinlich in ein soziales Netzwerk folgen<br />
würden. Dieser Prozentsatz ist in den Schwellenländern<br />
sogar noch höher. In der Tat ist die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten einem<br />
Händler auf Facebook & Co folgen, in Brasilien,<br />
China und Indien drei Mal wahrscheinlicher<br />
als in USA, Kanada oder UK (siehe Grafik<br />
Seite 97). Wenig überraschend ist die technisch<br />
affine, jüngere Generation natürlich eher<br />
bereit, eine soziale Plattform zu nutzen, als die<br />
älteren, technisch weniger versierten Konsu-<br />
menten.<br />
Die überwiegende Mehrheit dieser Verbraucher<br />
wird angezogen durch die Aussicht auf einen<br />
besonderen Service und bessere Möglichkeiten<br />
ihr Einkaufserlebnis zu gestalten. Diese vier<br />
Gründe sind den Befragten am wichtigsten:<br />
1. Die Möglichkeit, neue Produkte zu testen<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
Bevorzugten Kundenstatus zu erlangen<br />
(z.B. Zugang zu speziellen Aktionen oder<br />
Ausverkäufen)<br />
Mitwirkung bei der Entwicklung neuer<br />
Produkte<br />
Feedback über den Kundenservice und<br />
Shop Erfahrungen.<br />
Die Konsumenten sind<br />
intelligent<br />
Verbraucher sind immer mehr informiert<br />
und bereit, mit den Einzelhändlern auf ganz<br />
neue Art und Weise zu interagieren. Sie werden<br />
auch immer anspruchsvoller und haben<br />
klar definierte Erwartungen, was sie von ihrem<br />
Händler jetzt und in der Zukunft erwarten.<br />
Wir baten die Teilnehmer, die Bedeutung von<br />
verschiedenen Attributen zu vergleichen. Außerdem<br />
fragten wir, welche Dinge sich in Zukunft<br />
im Einzelhandel verbessern sollten. Die<br />
Befragten antworteten, dass die Einzelhändler<br />
den Fokus in erster Linie auf das Angebot, bessere<br />
Promotions und Preise richten sollten.<br />
Genauer gesagt wollen die Befragten mehr Rabatte<br />
und eine konsistente Verfügbarkeit der<br />
Produkte. Außerdem möchten sie Qualität und<br />
Vielfalt.<br />
Ein Händler, der diese zentralen Forderungen<br />
erfüllt, kann dann noch durch Bonusprogramme<br />
mit Einkaufs-Hilfen (z.B. Preis-Vergleich,<br />
Produktinformations- und Produkt-Locator-Tools)<br />
und kenntnisreichen Mitarbeiter<br />
punkten.<br />
In der Tat gibt es unter den Konsumenten einen<br />
bemerkenswert hohen Konsens darüber,<br />
was ihnen ein Einzelhändler bieten sollte. Ganz<br />
oben auf der Wunschliste rangieren in allen<br />
Altersgruppen „personalisierte Preisnachlässe<br />
für Produkte“. Danach folgen die konsistente<br />
Verfügbarkeit von Waren, eine reichliche Auswahl<br />
von qualitativ hochwertigen Produkten,<br />
gut informierte Mitarbeiter und gute Beratung<br />
sowie Tools, die das Einkaufen erleichtern und<br />
natürlich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis.<br />
Vor allem wünschen sich die Konsumenten individuelle<br />
Beratung und dass man auf ihre<br />
persönlichen Bedürfnisse und Vorlieben eingeht.<br />
Darüber hinaus sind 61% der Befragten<br />
bereit, mehr Geld auszugeben, wenn die Einzelhändler<br />
sich nach deren Wünschen richten.<br />
Die Verbraucher in den Generationen X (31 –<br />
43 <strong>Jahre</strong>) und Y (20-30 <strong>Jahre</strong>) wären insbesondere<br />
dazu bereit.<br />
Frühere Untersuchungen von IBM haben dies<br />
bereits bestätigt: Wenn die Verbraucher ein positives<br />
Gefühl beim Einkaufen haben, dann<br />
wirkt sich dieses Gefühl positiv auf den wirtschaftlichen<br />
Erfolg aus. Diese Konsumenten,<br />
die wir „Advocates“ nennen, sind durch drei<br />
Merkmale zu erkennen: Sie empfehlen ihren<br />
Freunden und ihrer Familie ihren bevorzugten<br />
Händler; Sie bleiben treu, auch wenn<br />
vergleichbare Konkurrenten starten und sie<br />
geben mehr aus wenn der Händler sein Sortiment<br />
erweitert.
Umwandlung smarter<br />
Konsumenten in „Advocates“<br />
(Befürworter)<br />
Viele Einzelhändler haben sich bemüht, ihre<br />
Kunden von gleichgültigen oder sogar kritisch<br />
eingestellten Kunden zu „Advocates“ (Befürworter<br />
oder Fans) zu machen und dabei bereits<br />
große Fortschritte gemacht: Weltweit 34<br />
Prozent der Menschen, die wir befragten, sind<br />
in diesem Jahr zu „Befürwortern“ geworden.<br />
Einundvierzig Prozent aller Befragten sind jedoch<br />
so genannte „Shifters“. Diese Leute wechseln<br />
zwischen verschiedenen Einzelhändlern.<br />
Der Anteil an „Shifters“ war besonders hoch in<br />
den Wachstumsmärkten, in denen mindestens<br />
zwei Drittel aller Befragten zu anderen Einzelhändler<br />
wanderten, weil sie frustriert waren<br />
durch die begrenzte Auswahl an Waren. Die<br />
gute Nachricht ist, dass einige dieser „Shifters“<br />
in „Advocates“ umgewandelt werden können.<br />
Fast ein Drittel der Verbraucher, die ihrem primären<br />
Einzelhändler in der Vergangenheit den<br />
Rücken kehrten und ständig wechselten, bleiben<br />
mittlerweile ihren bevorzugten Händlern<br />
treu. Und solche Konsumenten lohnt es sich zu<br />
gewinnen. „Shifters“ verfügen meist über ein<br />
höheres Haushaltseinkommen als „Non-Shifters“.<br />
Sie sind auch eher geneigt, mehr Geld<br />
auszugeben an Händler, die ihre Wünsche berücksichtigen.<br />
Fazit<br />
Kurzum, die Konsumenten bestimmen den<br />
Markt. Smarte Verbraucher wissen genau, was<br />
sie wollen, wenn sie einkaufen gehen. Sie erwarten,<br />
dass man ihnen zuhört – dies beweisen<br />
uns ihre Wünsche nach personalisierten<br />
Angeboten und ihre Bereitschaft mitzuarbeiten.<br />
Jeder Händler, der in Zukunft erfolgreich<br />
sein will, muss auf diese Wünsche eingehen.<br />
Er muss seine Infrastruktur konsolidieren, um<br />
sicherzustellen, dass die Informationen, die er<br />
bietet, präzise sind. Außerdem muss der Einzelhändler<br />
darauf achten, dass immer genügend<br />
Produkte zur Auswahl stehen und verfügbar<br />
sind. Es wird auch nötig sein, Features<br />
und Funktionen von Shopping-Kanälen stärker<br />
zu personalisieren, um sie an die persönlichen<br />
Bedürfnisse der Konsumenten anzupassen.<br />
Die Konsumenten in USA, Kanada und<br />
UK wollen nicht als undifferenzierte Masse be-<br />
handelt werden. Brasilianische, chinesische<br />
und indische Verbraucher werden sich dem<br />
bald anschließen. Sie sind besonders offen für<br />
den Ungang mit neuen Ideen und Technologien.<br />
Die Bedürfnisse und Präferenzen der verschiedenen<br />
Kundengruppen variieren jedoch<br />
stark. Sowohl die wohlhabenden als auch die<br />
weniger betuchten Kunden – wo auch immer<br />
sie leben – wollen Dienste und Shopping-Erlebnisse,<br />
die auf ihre speziellen Bedürfnisse zugeschnitten<br />
sind. Jüngere Konsumenten haben<br />
andere Wünsche und Bedürfnisse als ältere<br />
Konsumenten. Der Generation Y, also die 20<br />
bis 30-jährigen, gilt unser besonderes Augenmerk.<br />
Sie werden in den nächsten <strong>Jahre</strong>n einen<br />
besonderen hohen Einfluss auf die Branche<br />
haben: Sie sind nicht nur die „Big Spender“<br />
von morgen, diese Generation ist auch mehr<br />
als die Generationen vor ihnen bereit, das Internet<br />
als Shopping-Alternative zu nutzen oder<br />
einem Händler auf eine Social-Network-Site<br />
zu folgen. Das Ziel der Einzelhändler lautet natürlich,<br />
dass auch andere Altersgruppen diese<br />
Services nutzen sollen. Letztlich ist es aber<br />
egal, welcher Altersgruppe oder welcher Nationalität<br />
die Konsumenten angehören. Alle wollen:<br />
Zugang zu Informationen, Produkten und<br />
Dienstleistungen. Wenn es einem Einzelhändler<br />
gelingt, die Bedürfnisse der Konsumenten<br />
zu erfüllen, so steht diesem eine blühende Zukunft<br />
bevor. Intelligentere Verbraucher werden<br />
smartere Einzelhändler erschaffen, die besser<br />
ausgerüstet sein werden, um die Köpfe, Herzen<br />
und Brieftaschen ihrer Kunden zu erobern.<br />
Autorinnen: Melissa Schaefer, IBM Institute for<br />
Business Value und Laura VanTine, IBM Global<br />
Business Services<br />
Übersetzung: Mag. Petra Denk & Tamara Rott,<br />
<strong>Handelsverband</strong><br />
<strong>retail</strong> shopping morgen<br />
seite 25 | special
etail design<br />
aktuell | seite 26<br />
Las Vegas<br />
A.R.E. Design Awards<br />
Kastner & Öhler triumphiert in der Kategorie Department Stores<br />
Eine hochkarätige internationale Jury<br />
der Association for Retail Environments<br />
(A.R.E.) zeichnete Ende März das Grazer Unternehmen<br />
in der Kategorie Department Stores<br />
als schönstes Kaufhaus der Welt mit dem<br />
Grand Prize <strong>2011</strong> aus. Ein großer Erfolg nicht<br />
nur für die Stuttgarter Architekten Blocher<br />
Blocher Partners, sondern vor allem auch für<br />
Kastner & Öhler selbst.<br />
Ziel war es, Österreichs größtes, modernstes<br />
und schönstes Kaufhaus zu schaffen, das aber<br />
auch traditionelle Werte inkorporiert. Das Ergebnis<br />
ist schlicht atemberaubend: Auf sechs<br />
tageslichtdurchfluteten Stockwerken trifft<br />
Belle epoque auf modernes Design und bildet<br />
eine harmonische Symbiose. Immer neue Details<br />
und Blickwinkel gilt es zu entdecken, wobei<br />
jedes Stockwerk einem eigenen Designprinzip<br />
folgt. Die luxuriöse Atmosphäre ist<br />
gleichermaßen den verwendeten Materialien<br />
– vom Stein über edle Hölzer bis zu Elementen<br />
aus Onyx – wie auch dem exklusiven Mobiliar<br />
geschuldet und gipfelt im wahrsten Sinne<br />
des Wortes im prachtvollen Blick über Graz<br />
von der wunderbaren Dachterrasse aus. Darüber<br />
hinaus lassen einzigartige Design-Elemente<br />
wie beispielsweise die „Egg Chairs“ in<br />
der Champagner Bar Juroren und Kenner<br />
ins Schwärmen geraten. Alles in allem luftig,<br />
durchdacht, wohl anrangiert und<br />
einfach schön!
etail design<br />
seite 27 | aktuell
etail ekz<br />
thema | seite 28<br />
Bestandverträge in Einkaufszentren<br />
Miete oder Pacht?<br />
Ein mietrechtlicher Dauerbrenner<br />
Ein Überblick über den derzeitigen Stand der Judikatur<br />
Die Unterscheidung von Bestandverträgen<br />
zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht<br />
ist oft von erheblicher wirtschaftlicher<br />
Bedeutung. Im Kern geht es um<br />
die Anwendbarkeit der Mieterschutzbestimmungen<br />
des MRG. Während auf Mietverträge<br />
im Vollanwendungsbereich des MRG die Mietzinsbeschränkungen<br />
der §§ 15 ff MRG, die Erhaltungspflichten<br />
gemäß §§ 3 ff MRG und im<br />
Teilanwendungsbereich des MRG die Auflösungs-<br />
und Kündigungsschutzbestimmungen<br />
der §§ 29 ff MRG (sog. „Ladenschutz“) anwendbar<br />
sind, unterliegen Pachtverträge weitgehend<br />
der Vertragsautonomie der Parteien. Der Grund<br />
für die unterschiedliche Regelung besteht darin,<br />
dass der Gesetzgeber denjenigen schützen will,<br />
der die Aufbauarbeit für das im Bestandgegenstand<br />
betriebene Unternehmen geleistet hat.<br />
Pacht oder Miete?<br />
Unternehmenspacht liegt nach ständiger<br />
Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs<br />
im Allgemeinen vor, wenn ein lebendes Unter-<br />
nehmen Gegenstand des Bestandvertrags ist.<br />
Neben den Räumen muss dem Bestandnehmer<br />
vom Bestandgeber auch das beigestellt werden,<br />
was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens<br />
und dessen wirtschaftlichen Fortbestand<br />
gehört, also etwa Betriebsmittel (Einrichtung<br />
und Warenlager), Kundenstock und Gewerbeberechtigung.<br />
Dies bedeutet allerdings nicht,<br />
dass im Einzelfall alle diese Merkmale gleichzeitig<br />
gegeben sein müssen. Das Fehlen einzelner<br />
Betriebsgrundlagen lässt noch nicht darauf<br />
schließen, dass Miete und nicht Pacht vorliegt,<br />
wenn nur die übrigen Betriebsgrundlagen vom<br />
Bestandgeber beigestellt werden und das lebende<br />
Unternehmen als rechtliche und wirtschaftliche<br />
Einheit fortbesteht. Kriterien, die für<br />
eine Pacht sprechen, sind beispielsweise die Zurverfügungstellung<br />
von Kundenparkplätzen und<br />
der Infrastruktur des Einkaufszentrums durch<br />
den Bestandgeber, die Vereinbarung einer Betriebspflicht<br />
oder die Vereinbarung eines umsatzabhängigen<br />
Bestandzinses. Für Miete sprechen<br />
hingegen erhebliche Eigeninvestitionen<br />
des Bestandnehmers zur Adaptierung der Be-
standräume, die Pflicht zur Zurückstellung<br />
eines leeren Bestandlokales (statt eines laufenden<br />
Betriebes) oder ein vertraglicher Bezug<br />
auf Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes.<br />
Die jüngere Judikatur<br />
Diese theoretisch einfache Abgrenzung bereitet<br />
in der Praxis oftmals Schwierigkeiten,<br />
was die vielfältige dazu ergangene Judikatur<br />
belegt: Nach einer zuletzt zu Bestandverträgen<br />
in Einkaufszentren ergangenen Entscheidung<br />
hat der OGH einen konkreten Bestandvertrag<br />
als Miete qualifiziert und ausgeführt ,<br />
dass „wenn jemand ein im Edelrohbauzustand<br />
befindliches Geschäftslokal in einem Einkaufszentrum<br />
zu einem nicht umsatzabhängigen<br />
Bestandzins in Bestand nimmt, das er unter beträchtlichem<br />
Aufwand und mit erheblichen Investitionen<br />
fertig stellt und bei Beendigung des<br />
Bestandverhältnisses wieder in den Zustand zu<br />
versetzen haben wird, in dem es sich zum Zeitpunkt<br />
der Übergabe befunden hat, und ihm der<br />
Bestandgeber auch sonst keine Betriebsmit-<br />
tel wie etwa Einrichtung, Warenlager, Kundenstock<br />
oder Gewerbeberechtigung zur Verfügung<br />
stellt, selbst dann von einem Miet- und nicht<br />
von einem Pachtverhältnis auszugehen ist,<br />
wenn die Vertragsparteien die Anwendbarkeit<br />
des Mietrechtsgesetzes ausgeschlossen haben,<br />
den Bestandnehmer gewisse Gemeinschaftsverpflichtungen<br />
wie etwa die Wahrung des Gesamtinteresses<br />
des Einkaufszentrums oder die<br />
Bezahlung eines Werbekostenbeitrags für Gemeinschaftswerbung<br />
treffen und der Bestandgeber<br />
dem Bestandnehmer die Infrastruktur des<br />
Einkaufszentrums und Kundenparkplätze zur<br />
Verfügung stellt.“ Wesentlich erscheint nunmehr,<br />
ob die in Bestand genommenen Räumlichkeiten<br />
erst unter beträchtlichem Aufwand<br />
und mit erheblichen Investitionen fertig zu stellen<br />
sind oder ob bereits entsprechend adaptierte<br />
Räume in Bestand gegeben werden und ob das<br />
leere Bestandlokal zurückzustellen ist. Der Vereinbarung<br />
einer Betriebspflicht wird nur mehr<br />
untergeordnete Bedeutung zugemessen.<br />
Fazit<br />
Auch zukünftig wird es für Unternehmen<br />
und Einkaufszentrenbetreiber schwer vorauszusehen<br />
sein, wann Miete bzw. wann Pacht<br />
vorliegt, denn jeder Vertrag ist einzeln zu beurteilen,<br />
sodass Rechtsunsicherheit bis zur Entscheidung<br />
durch den OGH besteht. Eine generelle<br />
Aussage, wonach Bestandverträge in<br />
Einkaufszentren grundsätzlich als Pacht zu beurteilen<br />
sind, weil der einzelne Bestandnehmer<br />
den Nutzen – insb. geschaffene Infrastruktur,<br />
Organisation und Lenkung der Kundenströme,<br />
Schaffung und Aufrechterhaltung eines gesunden<br />
und attraktiven Branchenmix, verbunden<br />
mit entsprechenden Werbemaßnahmen<br />
– aus dem übergeordneten Unternehmen des<br />
Bestandgebers, welcher ein EKZ betreibt, zieht,<br />
lässt sich nicht treffen. Auf diese Unwägbarkeiten<br />
sollte bei der Vertragsgestaltung betreffend<br />
Bestandverträgen in EKZ beispielsweise<br />
durch Vereinbarung eines befristeten Bestandverhältnisses<br />
Rücksicht genommen werden.<br />
Gerald Strolz<br />
<strong>retail</strong> ekz<br />
Gerald Strolz, Leiter des Property<br />
Managements bei HSG<br />
Zander GmbH, Austria.<br />
seite 29 | thema
etail hr-consulting<br />
Ein Team für den<br />
Flagshipstore<br />
Recruiting der Verkaufsmannschaft zur Eröffnung einer<br />
best practice | seite 30<br />
ANOVA HR-Consulting<br />
Flagship Boutique am Graben in Wien<br />
Ausführende Beraterinnen seitens ANOVA<br />
HR-Consulting GmbH: Judith Novak, Geschäftsführende<br />
Gesellschafterin, Mag.<br />
(FH) Renate Krascovic, Senior Consultant<br />
Einen Shopmanager, 2 Assistant Manager<br />
und 30 Verkäufer mit guter Ausbildung –<br />
und aufeinander abgestimmt – zu finden im<br />
Zeitrahmen von zwei Monaten für den prestigeträchtigen<br />
Flagshipstore im ersten Bezirk…“<br />
Zusammengefasst war das die Ausgangsituation,<br />
nachdem die Filiale am Graben gefunden,<br />
umgebaut und von der Konzernleitung sämtliche<br />
Headcounts freigegeben waren. Es galt<br />
also, innerhalb kürzester Zeit ein komplettes<br />
Verkaufsteam auf die Beine zu stellen, um nur<br />
acht Wochen später mit dem Einschulungsplan<br />
im Rahmen des „On-Boardings“ zu beginnen.<br />
In diesem Rahmen stellte sich ANOVA dem<br />
konzernvorgegebenen Ausschreibungsverfahren<br />
und konnte mit einem kompakten Konzept<br />
aus Medienmix, einem durchgängigen Employer<br />
Branding Konzept für diese Personalsuche,<br />
der optimalen Methodik im Recruiting und<br />
dem gezielten Einsatz einer Potentialanalyse<br />
ganzheitlich punkten und die Ausschreibung<br />
für sich entscheiden.<br />
Erwartungen des<br />
Auftraggebers<br />
Der Konzern hatte und hat klare Zielsetzungen<br />
und Vorgaben in allen Geschäftsprozessen,<br />
selbstverständlich auch im<br />
Recruiting. Die Auswahl eines externen Recruitingpartners<br />
hing daher neben einem klaren<br />
Preismodell auch sehr stark von dessen methodischer<br />
Kompetenz ab. Für den Auftraggeber<br />
stand aber neben der objektiven, fairen und effizienten<br />
Abwicklung des Recruitings auch ein<br />
darüber hinaus gehender Mehrwert im Vordergrund.<br />
ANOVA konnte seinem Kunden diesen<br />
Mehrwert insbesondere durch die Integration<br />
einer Potenzialanalyse bieten. Das Ergebnis war
ein komplettes Sales Team, von dessen Qualität<br />
man sich noch heute in der Flagship Boutique<br />
am Wiener Graben überzeugen kann.<br />
Recruitingkonzept als<br />
„Employer Branding –<br />
Medienkampagne“<br />
Eine Überlegung war, gezielt in das Personalmarketing<br />
zu gehen und eine in sich abgestimmte<br />
Medienkampagne mit dem Fokus „Employer<br />
Brand“ speziell für die Arbeitgebermarke<br />
zu konzipieren. In Abstimmung mit dem Marketingteam<br />
und Human Ressources wurden<br />
schließlich Sujets und Texte festgelegt und zu<br />
den jeweiligen Verkaufsschwerpunkten in den<br />
gewachsenen Print-Stellenmärkten geschalten.<br />
Um die Bewerberkanäle zu erweitern, wurde<br />
die Kampagne auch auf den relevanten Online-<br />
Stellenmärkten geschalten. Dadurch war der<br />
Aufmerksamkeitsgrad für die neue Boutiqueeröffnung<br />
im gesamten Zeitraum sehr hoch. Ein<br />
zusätzlicher Vorteil der breit angelegten Medienkampagne<br />
bot sich in Form von personenbezogenen<br />
Image- und PR-Artikeln an, wodurch<br />
die Arbeitgeberattraktivität gezielt mit<br />
zusätzlichen Imagebotschaften verknüpft werden<br />
konnte.<br />
Methodik im Recruiting:<br />
Im Recruiting wurde mittels vorgefertigter<br />
mehrteiliger strukturierter Fragebögen mit<br />
integrierter Bewertungsskala ein einheitlicher<br />
Standard für den Bewerbervergleich geschaffen.<br />
Das war wichtig, da aufgrund der Dichte<br />
und Vielzahl der Interviews sichergestellt werden<br />
musste, dass die für den Kunden wichtigsten<br />
Kriterien abgedeckt wurden und nach<br />
den Gesprächen anhand entsprechender Bewertungskriterien<br />
verglichen werden konnten.<br />
Diese Kriterien waren insbesondere<br />
• der sprachlicher Ausdruck im direkten-<br />
Kundenkontakt,<br />
• Ergebnis- und Zielorientierung im Sinne<br />
von Prioritätensetzung,<br />
• Serviceorientierung und Belastbarkeit,<br />
• Teamorientierung und<br />
• Identifikation mit dem Unternehmen.<br />
Diese Kriterien wurden durch eingebaute Mini-<br />
Rollenspiele sowie gezielte Fragen überprüft.<br />
Beispiele zeigen die nebenstehenden Auszüge<br />
aus den Fragebögen (siehe Kasten).<br />
1. Herausfinden des Kundenbedarfs (ca. 10 Min)<br />
• Informationen einholen, offene Fragen<br />
• Fragen zu Konsum, Verbrauch<br />
• Fragen zu Vorlieben<br />
• Überprüfen, ob Kunde die Produkte kennt<br />
• Querverbindungen zu anderen Produkten herstellen<br />
• Beurteilung sprachlicher Ausdruck (Schulnoten)<br />
• Gesamtbeurteilung (Schulnoten)<br />
2. Empfehlung/Beratung/Probieren (ca. 10 Min)<br />
• Präsentation von mindestens 2 Produkten<br />
• Ein Produkt wird besonders empfohlen<br />
• Anbieten einer Probe, Vorlieben des Kunden berücksichtigen<br />
• Small-Talk während der Probe<br />
• Nette Abschlussworte finden, Verabschiedung<br />
• Beurteilung sprachlicher Ausdruck (Schulnoten)<br />
• Gesamtbeurteilung (Schulnoten)<br />
3. Reklamation/Einwandbehandlung (ca. 10 Min.)<br />
• Spontan ohne Vorbereitung – ANOVA übernimmt die Rolle<br />
des reklamierenden Kunden<br />
• Lösungsvorschläge aufzeigen<br />
• Das Wort „Problem“ vermeiden<br />
• Zuhören und die richtigen Worte finden<br />
• Den Kunden mit einer Lösung zufrieden gestellt zu haben<br />
• Beurteilung sprachlicher Ausdruck (Schulnoten)<br />
• Gesamtbeurteilung (Schulnoten)<br />
Beurteilungskriterien GESAMT<br />
• Herangehensweise an die Aufgabenstellungen<br />
• Verhalten im Verkaufsgespräch<br />
• Kenntnis von Verkaufsargumenten<br />
• Verhalten im Reklamationsgespräch<br />
• Umgang mit Unvorhergesehenem<br />
• Beurteilung sprachlicher Ausdruck (Schulnoten)<br />
Minirollenspiel zur Ergebnis-/<br />
Zielorientierung:<br />
Z ur Ermittlung der Ergebnis-/Zielorientierung<br />
wurde ein Mini-Rollenspiel herangezogen.<br />
Es ging darum, die richtigen Prioritäten zu<br />
setzen: „Der Boutiquemanager ist krank. Es ist<br />
Weihnachts- und damit Hochbetrieb, zwei weitere<br />
Kollegen sind ebenfalls krank, eine neue<br />
Kollegin beginnt morgen. Gestern hat der Kas-<br />
<strong>retail</strong> hr-consulting<br />
seite 31 | best practice
etail hr-consulting<br />
ANOVA HR-Consulting<br />
GmbH<br />
www.anova-hr.at<br />
ANOVA ist ein Beratungsunternehmen<br />
im Human Resources<br />
Consulting und Trendsetter<br />
in seiner Branche. Permanent<br />
Placement und Recruiting Services<br />
wie Employer Marketing<br />
bilden den Kern des Leistungsspektrums.<br />
Für Auftraggeber<br />
und Kandidaten stellt ANOVA<br />
Resultate sicher, die SMAR-<br />
TER* sind. Das in der Personalsuche<br />
auf Vertriebs- und<br />
Verkaufspositionen in Retail<br />
und Technik spezialisierte<br />
Team rund um Judith Novak<br />
arbeitet nach systemischen<br />
Grundsätzen und vertritt einen<br />
ganzheitlichen (holistischen)<br />
Beratungsansatz. „Wir bringen<br />
uns in allen Projekten mit<br />
höchster methodischer Kompetenz,<br />
Branchenexpertise und<br />
Prozesswissen, Offenheit, Flexibilität,<br />
Innovationskraft,<br />
Entwicklungsorientierung,<br />
mit Begeisterung und unserem<br />
Herzblut ein. Das sehen wir<br />
klar als unseren USP!“<br />
best practice | seite 32<br />
saabschluss nicht gestimmt, der Fehler konnte<br />
noch nicht festgestellt werden. Außerdem soll<br />
die neue Winterkollektion präsentiert und ausgestellt<br />
werden. Wie gehen Sie vor?“<br />
Master Person Analysis<br />
Ergänzend zu den strukturierten Interviews<br />
mittels vorgefertigter Fragebögen und Mini-<br />
Rollenspielen wurde Master Person Analysis<br />
(kurz: „MPA“ von Master Management, DK) als<br />
Instrument in der Persönlichkeitsdiagnostik<br />
eingesetzt. Die Potentialanalyse ist ein Instrument<br />
zur Verhaltensanalyse von Bewerbern<br />
bzw. Mitarbeitern, die dabei einen Internet-basierenden<br />
Fragebogen ausfüllen. Anhand von<br />
Haupteigenschaften in den inneren Antriebskräften,<br />
dem Sozialverhalten und dem Arbeitsstil<br />
und 28 abgeleiteten Eigenschaften wird<br />
von jedem Kandidaten ein Persönlichkeitsprofil<br />
erstellt. Gleichzeitig wurde gemeinsam mit<br />
der HR-Abteilung des Kunden für die Position<br />
eine/r VerkaufsberaterInnen ein entsprechendes<br />
Anforderungsprofil erstellt, gemessen<br />
an den idealen Ausprägungen in den oben genannten<br />
Eigenschaften. Das ermöglicht zum einen<br />
das rasche und gezielte Erkennen von Limits.<br />
Darüber hinaus kann damit durch den Vergleich<br />
und das „Matching“ der Persönlichkeitsprofile<br />
untereinander eventuell zu<br />
erwartendes Konfliktverhalten in der Teamkonstellation<br />
festgestellt werden. Ein Zusatznutzen<br />
ergibt sich durch den Einsatz der Potenzialanalyse<br />
weit über den Recruitingprozess hinaus:<br />
Durch eine gezielte wettbewerbsorientierte<br />
Teamkonstellation kann bei konsequenter Förderung<br />
der Potenziale, die Fähigkeit jedes Einzelnen<br />
und des Teams zu einer gut eingespielten<br />
Verkaufsmannschaft kumuliert und der<br />
gemeinsame Erfolg gesteigert werden. Gleichzeitig<br />
wird das interne Konfliktpotenzial reduziert,<br />
weil Führungskräften der Teamindikator<br />
des gesamten Teams und die Teamrollen jedes<br />
einzelnen Teammitglieds bekannt sind. Dadurch<br />
können diese in der täglichen Führungsarbeit<br />
gezielt berücksichtigen, wer für welche<br />
Aufgaben am besten eingesetzt und dabei in Zusammenarbeit<br />
mit wem die besten Ergebnisse<br />
bringen wird.<br />
Kandidatenpräsentation als<br />
Gruppen-Hearing:<br />
Aufgrund der geringen zeitlichen Ressourcen<br />
musste der gesamte Recruitingprozess<br />
so kompakt wie möglich und dabei ohne qualitative<br />
Einbußen ablaufen. Daher wurden alle<br />
aus den Interviews, den situativen Fragemodulen<br />
und Rollenspielen sowie der Potenzialanalyse<br />
resultierenden Ergebnisse von ANOVA in<br />
Berichten für den Auftraggeber zusammengefasst.<br />
Diese Kandidatenberichte waren die Entscheidungsgrundlage<br />
für den nächsten Schritt<br />
im Auswahlprozess.<br />
In der Folge wurden jedoch keine Einzelinterviews<br />
als Vorstellungstermine mit den Kandidaten<br />
angesetzt, sondern hat ANOVA seinem<br />
Auftraggeber die qualifizierten BewerberInnen<br />
in Gruppen-Hearings präsentiert. Die KandidatInnen<br />
wurden nach den Auswahl-, Interview-<br />
und Qualifikationskriterien gruppenweise so<br />
zu den Vorstellungsterminen zusammengesetzt<br />
und eingeteilt, dass für die Entscheidungsträger<br />
auf Seiten des Kunden eine möglichst gute Vergleichbarkeit<br />
gegeben war und unter den Kandidaten<br />
bereits ein erstes Teambuilding starten<br />
konnte.<br />
Auch der letzte Schritt im Auswahlverfahren ist<br />
ANOVA gelungen, die Auftraggeber waren mit<br />
dem Ergebnis sehr zufrieden und das Team ist<br />
nach wie vor weitgehend komplett und höchst<br />
erfolgreich in der Flagship Boutique am Graben<br />
in Wien für seine Kunden tätig.
Satire<br />
Topmanager quittiert Karriere und besinnt sich auf<br />
das Wesentliche: seinen Besitz!<br />
Der für seine Achtzehn-Stunden-Arbeitstage<br />
bekannte Generaldirektor des österreichischen<br />
Mischkonzerns HR Industries, Stephan Hillert-Rheinfeldt,<br />
kehrt Job und Karriere überraschend<br />
den Rücken. Wie gestern bekannt<br />
wurde, will sich der 53jährige Topmanager ab<br />
sofort nur mehr auf die wichtigen Dinge im Leben<br />
konzentrieren. Er habe viel zu viel Zeit im<br />
Büro verbracht und dabei vieles unwiederbringlich<br />
versäumt, wird der dreifache Familienvater<br />
zitiert. Doch damit sei jetzt Schluss. Er werde<br />
nun seine gesamte Aufmerksamkeit und Zuneigung<br />
seinen Reichtümern schenken.<br />
„Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen,<br />
was wirklich zählt im Leben“, erklärt Hillert-<br />
Rheinfeldt gegenüber Wirtschaftsjournalisten.<br />
„Kaum zu glauben, dass meine Yacht in Monte<br />
Carlo schon zwölf <strong>Jahre</strong> alt ist – und ich habe<br />
kaum Zeit mit ihr verbracht“, so der nachdenkliche<br />
Ex-Manager. „Was habe ich all die Zeit in<br />
meinem Büro gemacht, wo ich doch in meiner<br />
Döblinger Villa fünf Schlafzimmer, einen Billard-Raum,<br />
einen Tennisplatz und ein 50Meter-Becken<br />
habe. All diese Dinge habe ich <strong>Jahre</strong><br />
lang vernachlässigt.“ Man nehme die Dinge zu<br />
selbstverständlich, ist Hillert-Rheinfeldt nun<br />
überzeugt. So habe er seinem Lamborghini nie<br />
wirklich gezeigt, wie sehr er ihn liebe und wie<br />
stolz er auf ihn sei.<br />
„Als meine Bang & Olufsen Anlage geliefert<br />
wurde, war ich gar nicht zu Hause. Meine Frau<br />
hat die Anlage ganz allein in Empfang genommen<br />
und sogar aus dem Karton gehoben. Ich<br />
weiß, ich hätte dabei sein sollen, aber ich hatte<br />
zu arbeiten. Diesen Moment wird mir niemand<br />
wieder bringen können“, weiß Hillert-Rheinfeldt<br />
und blickt traurig in die Ferne. Doch noch<br />
sei es nicht zu spät. Er werde versuchen, vieles<br />
wieder gut zu machen. Dabei sei ihm durchaus<br />
bewusst, dass es nicht leicht werde, sein <strong>Jahre</strong><br />
lang vernachlässigtes Handicap beim Golf zu<br />
verbessern. Aber er fühle eine inner Kraft und<br />
sei zuversichtlich, nun alles besser zu machen.<br />
<strong>retail</strong> satire<br />
Michael Schiebel<br />
www.salamiNEWS.at<br />
seite 33 | meinung
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
Vier Herren legten ihr<br />
Vermächtnis in meine Hände.<br />
Diplomkaufmann Paul Mailáth-Pokorny, Jahrgang 1923, übernahm 1974 die<br />
Präsidentschaft im <strong>Handelsverband</strong>. Für die <strong>90</strong>-<strong>Jahre</strong>-Festschrift lässt er seine<br />
Erinnerungen über Nachkriegsjahre, Aufbruchstimmung und Verbandssorgen im<br />
Gespräch mit Stefan Mumelter und Petra Denk Revue passieren.<br />
interview | seite 34<br />
Petra Denk: Herr Mailáth-Pokorny, Sie haben<br />
den <strong>Handelsverband</strong> über eine lange Zeit als<br />
Präsident geführt und später als Ehrenpräsident<br />
begleitet. Daher freuen wir uns ganz besonders,<br />
dass Sie in diesem Interview Ihre Erfahrungen<br />
mit uns teilen wollen. Können Sie<br />
uns erzählen, wie es dazu kam, dass Sie Präsident<br />
des <strong>Handelsverband</strong>es wurden?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Es war im Jahr 1974.<br />
Ich habe damals Ankerbrot und Hammerbrot<br />
als Vorstandsvorsitzender vertreten und hatte<br />
daher natürlich viel zu tun mit den Großformen<br />
des Einzelhandels. Der amtierende<br />
<strong>Handelsverband</strong>-Präsident Herr Julius Meinl<br />
III. bat mich damals, zu ihm zu kommen. Zu<br />
meiner Überraschung empfingen mich gleich<br />
vier Herren. Da waren neben Herrn Meinl<br />
noch Herr Erich Kastner, Gesellschafter von<br />
Kastner & Öhler, Herr Walter Palmers und<br />
Herr Thomas Knaur von der Drogeriekette<br />
M. Wallace anwesend. Herr Palmers erzählte,<br />
dass sie nach dem ersten Weltkrieg eine Plattform<br />
gegründet hatten, um sich gegenseitig<br />
bei ihren Vorhaben abzustimmen. Diese Plattform<br />
existierte jedoch nur bis 1938, dann kam<br />
Hitler und der Verband wurde aufgelöst.<br />
Als mich die vier Herren baten, den Verband<br />
zu übernehmen, fühlte es sich für mich an<br />
wie ein Vermächtnis. Diese vier Herren, die ja<br />
Neugründer des Verbandes nach dem zweiten<br />
Weltkrieg waren, baten mich, ihr Erbe anzutreten.<br />
Die Plattform für größere Formen<br />
des Einzelhandels sollte ich weiterführen. Ich<br />
fühlte mich geehrt. Doch dieses Erbe anzutreten,<br />
war gar nicht so leicht. Sie müssen sich<br />
das so vorstellen: Herr Meindl hat dem Verband<br />
ein kleines Büro am Stephansplatz zur<br />
Verfügung gestellt, dabei handelte es sich um<br />
ein einziges Zimmer. So klein haben wir damals<br />
angefangen.<br />
Stefan Mumelter: Haben Ihnen die vier Herren<br />
auch etwas über ihre Erfahrungen aus der Zeit<br />
vor dem Krieg erzählt?
Paul Mailáth-Pokorny: Nein, die haben über<br />
die Vergangenheit nicht gerne gesprochen.<br />
Was den Verband betrifft, so pflegte man in der<br />
Gründungszeit Anfang der 20-er <strong>Jahre</strong> hauptsächlich<br />
Meinungsaustausch untereinander.<br />
Es gab damals noch wenig große gemeinsame<br />
Aktivitäten. Die Großformen des Einzelhandels<br />
haben sich in den <strong>Jahre</strong>n vor dem Krieg ja erst<br />
entwickelt.<br />
Petra Denk: Was waren Ihre ersten Schritte<br />
als neuer Präsident?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Ich habe gleich mal<br />
den Titel geändert. Der Name „Verband kaufmännischer<br />
Betriebe Österreichs“ erschien mir<br />
zu wenig aussagekräftig und ich änderte ihn<br />
deshalb auf „<strong>Handelsverband</strong>“. Dann sind Geschäftsführer<br />
bestellt worden – meist handelte<br />
es sich dabei um einen Herren mit ein oder<br />
zwei Damen als Unterstützung.<br />
Petra Denk: Was waren Ihre persönlichen<br />
Ziele als Präsident des <strong>Handelsverband</strong>es in<br />
den <strong>Jahre</strong>n 1974 bis 1983?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Es wurde in den Sitzungen<br />
natürlich sehr viel über die finanzielle<br />
Situation des Verbandes debattiert und<br />
auch die Akquisition neuer Mitglieder beanspruchte<br />
mich sehr. Doch ich fing schon bald<br />
an, die wahren Probleme zu ordnen. Die Schulung<br />
von Mitarbeitern im Handel war mir damals<br />
sehr wichtig, denn die Ausbildungssituation<br />
in den Betrieben war meist bescheiden. Es<br />
gab kaum gute Standards.<br />
Außerdem habe ich mir die Entgelte von Arbeitern<br />
und Verkäufern im Handel angesehen<br />
und festgestellt, dass diese sehr ungleich verteilt<br />
waren. Daher war es mir ein Anliegen, die<br />
Mittel- und Großbetriebe des Handels aus dem<br />
bestehenden Kollektivvertrag herauszunehmen,<br />
um für sie bessere und gerechtere Rahmenbedingungen<br />
zu erwirken. Doch die Wirtschaftskammer<br />
legte uns immer wieder große<br />
Steine in den Weg und ich versuchte daraufhin<br />
über Umwege, unter anderem über die Gewerkschaft,<br />
Einfluss zu nehmen. Leider blieben<br />
all meine jahrelangen Bemühungen in diese<br />
Richtung ohne Erfolg.<br />
Stefan Mumelter: Daran arbeiten wir auch<br />
heute noch. Anscheinend haben sich die Themen<br />
nicht so sehr verändert…<br />
Paul Mailáth-Pokorny (scherzhaft): Ich habe<br />
Ihnen, Herr Dr. Mumelter, den Gildenbecher<br />
bei der letzten Generalversammlung ja aus<br />
gutem Grund überreicht – zum Auffangen Ihrer<br />
Tränen, falls Sie mal nicht mehr weiter wissen…<br />
Stefan Mumelter (lacht): Ich habe diesen Becher<br />
stets griffbereit auf meinem Schreibtisch…!<br />
Mich würde aber Ihre Einschätzung<br />
interessieren, da Sie ja den Einzelhandel über<br />
<strong>retail</strong> <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
seite 35 | interview
etail <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
interview | seite 36<br />
einen so langen Zeitraum miterlebt haben: Wie<br />
hat sich die Branche im Lauf der <strong>Jahre</strong> verändert?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Ich besuchte als Jugendlicher<br />
die Handelsakademie und interessierte<br />
mich schon früh für den Einzelhandel,<br />
verfolgte mit Interesse die Entwicklung. Damals<br />
gab es ja großteils nur kleinere Geschäfte. Im<br />
Bereich Schuhhandel oder Drogerien konnte<br />
man aber schon ganz gut sehen, wohin die<br />
Reise gehen würde. In meiner Kindheit in Ungarn<br />
wurden damals viele Schuster zunächst<br />
arbeitslos und wurden dann für die Industrie<br />
der großen Handelsketten eingesetzt. Wie diese<br />
großen Betriebe funktionieren, das hat mich<br />
bereits als junger Mensch sehr fasziniert.<br />
Stefan Mumelter: Was sind die ersten Eindrücke<br />
aus der Welt des Handels, an die Sie sich<br />
erinnern können?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Damals galt das Motto:<br />
„Zufriedene Kunden kehren stets zurück.“ Der<br />
persönliche Kontakt war dabei ganz entscheidend.<br />
Meine Mutter rief immer eine ihr bekannte<br />
Verkäuferin an, um ihr zu beschreiben,<br />
welche Hosen ich brauche. Dann schickte<br />
sie mich hin, um die Hose abzuholen. So funktionierte<br />
das in diesen Tagen. Dieser persönliche<br />
Kontakt ist leider inzwischen verloren gegangen.<br />
Stefan Mumelter: Stellen Sie sich vor, die Generaldirektoren<br />
der drei größten Handelsketten<br />
würden jetzt vor Ihnen stehen und Sie fragen:<br />
Wo werden wir in 10 <strong>Jahre</strong>n sein? Was würden<br />
Sie antworten?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Ich fürchte, dass es zu<br />
weiteren Fusionen kommen wird. In Österreich<br />
haben sich sehr wenige große heimische<br />
Handelsketten gehalten. Ansonsten sind hier<br />
viele internationale Ketten vertreten. Ich frage<br />
mich, warum es nicht mehr Österreicher unter<br />
den großen Wettbewerbern gibt. Die Antwort<br />
darauf habe ich nicht, aber ich sehe, dass diese<br />
Konzentration noch weiter fortschreiten wird.<br />
Stefan Mumelter: Wir haben heute als <strong>Handelsverband</strong><br />
den Auftrag, uns an den Markt<br />
anzupassen und der Entwicklung zu folgen.<br />
Das Thema Entlohnung steht für uns derzeit<br />
ganz oben auf der Agenda.<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Da geht’s Ihnen heute<br />
besser als uns damals. Wir waren stark damit<br />
beschäftigt, Mitglieder zu werben, um mehr<br />
Bedeutung am Markt zu erlangen. Wie bereits<br />
erwähnt, hatten wir ja nur ein 1-Zimmer-Büro<br />
am Stephansplatz. Mit so einem Büro erzeugt<br />
man leider keine repräsentative Wirkung.<br />
Petra Denk: Wenn man sich die Bilder aus vergangenen<br />
Tagen ansieht, erhält man aber einen<br />
gegenteiligen Eindruck. Auf den Fotos der<br />
Feste, Empfänge und Bankette, die der Verband<br />
damals veranstaltete, sind stets hochrangige<br />
Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zu
sehen. Das spricht doch dafür, dass der <strong>Handelsverband</strong><br />
auch damals schon eine hohe Bedeutung<br />
hatte.<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Diese „Bedeutung“<br />
kam durch persönliche Beziehungen von uns<br />
Handelsunternehmen zustande. Ich kannte<br />
viele Leute über meine Tätigkeit als Ankerbrot-<br />
Vorstand. Mit dem damaligen Bundeskanzler<br />
Josef Klaus kam ich etwa in Kontakt, weil<br />
er mich ins Bundeskanzleramt zitieren ließ,<br />
nachdem wir den Semmelpreis um einen Groschen<br />
angehoben hatten.<br />
Petra Denk: Haben Sie den Semmelpreis nach<br />
diesem Gespräch wieder gesenkt?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Nein, wir blieben bei<br />
unserem Preis. Aber ich konnte Herrn Bundeskanzler<br />
Klaus bei der Gelegenheit überzeugen,<br />
zu unserer nächsten Veranstaltung zu<br />
kommen.<br />
Petra Denk: Was war Ihnen im Umgang mit<br />
den Mitgliedern stets am wichtigsten?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Persönliche Kontakte<br />
und Netzwerke zu pflegen – und zwar mit den<br />
richtigen Personen.<br />
Petra Denk: Der Gründungsgedanke Anfang<br />
der 20-er <strong>Jahre</strong> lautete:„gemeinsam an besseren<br />
Rahmenbedingungen für den Handel arbeiten“.<br />
Seither hat sich viel verändert. Wie<br />
hoch schätzen Sie die Bedeutung dieses Leitsatzes<br />
für die Gegenwart ein?<br />
Paul Mailáth-Pokorny: Der ist unverändert<br />
hoch. Ich habe mich während meiner Präsidentschaft<br />
immer dafür eingesetzt, dass der<br />
Verband sich vor allem für politische Ziele engagiert.<br />
Heute verfolge ich Ihre Bemühungen,<br />
Herr Dr. Mumelter, in den Medien und fiebere<br />
mit Ihnen.<br />
Stefan Mumelter: Wir danken Ihnen für dieses<br />
Gespräch.<br />
<strong>retail</strong> <strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong><br />
seite 37 | interview
etail online werbung<br />
thema | seite 38<br />
Silvia Grabler & Claudia Hienerth:<br />
Online-Werbung<br />
Untersuchung zum Einsatz der Online-Werbung im<br />
österreichischen Internet-Einzelhandel mit Mehrkanalvertrieb<br />
Mit der Entwicklung des Internets veränderte<br />
sich das Mediennutzungsverhalten<br />
der Konsumenten. Die Verbreitung des<br />
Internets sowie die Intensität der Internetnutzung<br />
verzeichnen seit 1996 einen kontinuierlichen<br />
Anstieg. Im Jahr 2009 waren 74%<br />
der österreichischen Bevölkerung im World<br />
Wide Web. Der Anteil der regelmäßigen Internetnutzer<br />
lag bei 64%. Während die tägliche<br />
Internetnutzung von 2002 bis 2009 um<br />
17,9%-Punkte zunahm, ist der Anteil der täglich<br />
Fernsehenden um 8,5%-Punkte gesunken.<br />
Dieser Rückgang konnte in allen Altersschichten<br />
festgestellt werden.<br />
Die zunehmende Werbe- und Informationsüberlastung<br />
führt beim Konsumenten häufig<br />
zu einer Verweigerung der einströmenden<br />
Kommunikationsmaßnahmen. Dadurch ist<br />
die Zielgruppe immer schwieriger über die<br />
klassischen Werbeinstrumente zu erreichen.<br />
Ebenso fordert der ansteigende Wettbewerbsdruck<br />
innerhalb des Einzelhandels und der<br />
wachsende Stellenwert des Preises viele Einzelhandelsunternehmen,<br />
nach alternativen<br />
Maßnahmen zu suchen, um sich vom Mitbewerb<br />
abzuheben. Erfolgreiche Einzelhandelswerbung<br />
ist daher immer anspruchsvoller geworden.<br />
Die verschiedenen Instrumente der Online-<br />
Werbung bieten die Möglichkeiten, diesen Ansprüchen<br />
gerecht zu werden, um potenzielle<br />
Kunden zu gewinnen und bestehende zu halten.<br />
Sie unterstützen den Einzelhandel, die Bedürfnisse<br />
der Konsumenten nach Individualisierung<br />
zu befriedigen und eine Profilierung<br />
gegenüber dem Wettbewerb zu erreichen.<br />
Eine der bekanntesten Online-Werbeformen<br />
ist die Banner-Werbung, unter der die Platzierung<br />
von Werbemitteln auf fremden Internetseiten<br />
verstanden wird. Ebenso geläufig<br />
ist die entgeltliche Platzierung von Textanzeigen<br />
innerhalb eines Suchergebnisses einer<br />
Suchmaschine, die als Keyword-Werbung bezeichnet<br />
wird. Eine weitere Möglichkeit Werbung<br />
im Internet zu betreiben, ist das Versenden<br />
von elektronischen Werbebotschaften<br />
an eine zielgruppenorientierte Adressenliste<br />
über den Internet-Dienst E-Mail. Zu den neueren<br />
Online-Werbeformen zählt die In-Stream<br />
Video-Werbung und Podvertising. Während<br />
die In-Stream Video-Werbung eine werbliche<br />
Filmsequenz, die in einem Internetvideo integriert<br />
ist, darstellt , wird bei Podvertising<br />
ein Werbespot in unternehmensexterne Podcasts<br />
eingebunden. Eine empirische Untersuchung<br />
unter 11 Experten aus dem österreichischen<br />
Einzelhandel, die im März 2010
zum Einsatz der Online-Werbung im österreichischen<br />
Internet-Einzelhandel mit Mehrkanalvertrieb<br />
durchgeführt wurde, zeigt folgende<br />
Erkenntnisse: Die Online-Werbung im österreichischen<br />
Internet-Einzelhandel mit Mehrkanalvertrieb<br />
hat im Vergleich zur klassischen<br />
Werbung noch einen geringen Stellenwert.<br />
Trotzdem ist Online-Werbung bereits ein integrierter<br />
Bestandteil des Marketing in den Einzelhandelsunternehmen.<br />
Vor allem österreichische<br />
Internet-Einzelhändler, die auch über<br />
einen stationären Handel verfügen, nutzen<br />
Online-Werbung in einem geringeren Ausmaß.<br />
Im Gegensatz dazu, investieren jene österreichischen<br />
Internet-Einzelhändler, die im<br />
Rahmen des Mehrkanalvertriebs einen katalogbasierten<br />
Versandhandel betreiben, stärker<br />
in Online-Werbung.<br />
Suchwort-Werbung (Keyword-Werbung) ist<br />
die wichtigste Online-Werbeform und strebt<br />
primär den Verkauf und die Befriedigung der<br />
Suchbedürfnisse der Kunden an. Ebenso haben<br />
Newsletter, die auf Kundenbindung abzielen,<br />
einen großen Stellenwert. Weiters wird<br />
von zehn Experten Banner-Werbung genutzt,<br />
der im Allgemeinen jedoch eine mittlere Bedeutung<br />
zugesprochen wird. In-Stream Video-<br />
Werbung betreibt nur einer der befragten Experten.<br />
Podvertising wird von österreichischen<br />
Internet-Einzelhändlern mit Mehrkanalvertrieb<br />
nicht eingesetzt.<br />
Der Grund, warum Online-Werbung im österreichischen<br />
Internet-Einzelhandel mit Mehrkanalvertrieb<br />
nicht stärker betrieben wird,<br />
liegt u. a. an der zurückhaltenden Mentalität<br />
der Österreicher und in den hohen Tausend-<br />
Kontakt-Preisen. Die Einzelhändler äußern daher<br />
den Wunsch nach einer leistungsorientierten<br />
Vergütung.<br />
Die Ergebnisse der Experteninterviews verdeutlichen<br />
jedoch gleichzeitig, dass ein stei-<br />
gender Stellenwert der Online-Werbung auch<br />
für den österreichischen Internet-Einzelhandel<br />
mit Mehrkanalvertrieb zu erwarten ist. Dabei<br />
wird vor allem in Keyword- und E-Mail-Werbung<br />
stark investiert. Die Banner-Werbung<br />
erfährt hingegen zukünftig keinen verstärkten<br />
Einsatz. Ebenso ist teilweise die Nutzung<br />
von noch nicht verwendeten Werbemaßnahmen<br />
geplant. Beispielsweise sehen zwei Experten<br />
im Bereich Re-Targeting ein hohes Potenzial.<br />
Dabei werden Internetnutzer, die einen<br />
Online-Shop besucht und nicht gekauft haben,<br />
mittels einer Trackingtechnologie im Werbenetzwerk<br />
wieder gefunden, und es wird ihnen<br />
Banner-Werbung mit Informationen zu den<br />
Produkten, die sie sich angesehen haben, präsentiert.<br />
Der Einsatz von In-Stream Video-Werbung<br />
ist von einem Experten geplant und hat<br />
damit aus heutiger Sicht weiterhin einen untergeordneten<br />
Stellenwert. Podvertising wird<br />
auch zukünftig als uninteressant erachtet, da<br />
es sich um kein Massenmedium handelt, als zu<br />
teuer eingeschätzt und kein Potenzial darin gesehen<br />
wird.<br />
Fazit<br />
Obwohl die Nachfrage nach medienübergreifenden<br />
und personalisierten Werbemaßnahmen<br />
zunimmt, nutzen Einzelhändler primär<br />
klassische Medien als Kommunikationsinstrumente.<br />
Der Einsatz von Online-Werbung hat<br />
u. a. aufgrund der steigenden Verbreitung des<br />
Internets und der höheren Nutzungsintensität<br />
ein großes Potenzial für österreichische Einzelhandelsunternehmen.<br />
Der österreichische<br />
Internet-Einzelhandel mit Mehrkanalvertrieb<br />
sollte daher auf den bereits bestehenden Online-Werbeeinsatz<br />
aufbauen, um dem veränderten<br />
Nutzungsverhalten der Österreicher gerecht<br />
zu werden und um den Anschluss an ein<br />
individuelles Zielpublikum nicht zu verpassen.<br />
Silvia Grabler & Claudia Hienerth<br />
<strong>retail</strong> online werbung<br />
Silvia Grabler<br />
seite 39 | thema
etail intern<br />
aktuell | seite 40<br />
Podiumsdiskussion:<br />
Supermarkt 1.0<br />
Neue Technologien verändern die Handelswelt<br />
Bei einer Podiumsdiskussion der APA-E-<br />
Business-Community besprachen Robert<br />
Madas vom Marktforscher GfK Austria, Chris<br />
Budgen vom Webconsulter diamond:dogs, Andreas<br />
Kranabitl von Spar Österreich, Rene Tritscher<br />
von der Bundessparte Handel in der WKO<br />
und Rene Eres von Ericsson Austria die Auswirkungen<br />
moderner Techniken auf das Einkaufsverhalten<br />
und den heimischen Handel.<br />
Unternehmen nicht mehr<br />
Herren der Kommunikation<br />
Der Einfluss der Handelsketten, Marken<br />
und Werbung sinkt. „Die Konsumenten<br />
erhalten den Eindruck, die Kontrolle zu haben,<br />
und die Loyalität nimmt ab“, sagte Robert<br />
Madas vom Marktforscher GfK Austria.<br />
Bis vor kurzem habe das Marketing die Zügel<br />
in der Hand gehabt, jetzt gebe es neben TV,<br />
Radio und dem Point of Sale auch Internet,<br />
Handy und digitale Mund-zu-Mund-Propaganda.<br />
All diese Kategorien würden intensiv<br />
genutzt und die Händler dürfen diese Bereiche<br />
nicht ungenutzt lassen, so Madas.<br />
Unternehmen und unabhängige Medien seien<br />
nicht mehr die Herren der Kommunikation.<br />
Vielmehr gewinne das Thema Social Media an<br />
Bedeutung. „Rund 3,2 Miollionen Österreicher<br />
nutzen diese Netzwerke. Eine Million ist Fan<br />
eines Unternehmens “, sagte Madas. Außerdem<br />
habe sich durch Internet, iPhone und Co.<br />
eine neue Shopper-Schicht gebildet, der knapp<br />
30 Prozent der Bevölkerung angehören: die<br />
„Extrem-Einkäufer“. Sie nutzen intensiv neue<br />
Medien und kaufen erst nach einer ausführlichen<br />
Online-Recherche.<br />
Im Bereich Social Media seien inzwischen alle<br />
großen Handelsunternehmen aktiv, bestätigte<br />
auch Chris Budgen vom Webconsulter<br />
diamond:dogs. Als Marketinginstrument und<br />
zur Imagepflege sieht er Handy-Anwendungen<br />
(Apps) auf dem Vormarsch. „Jeder vierte bis<br />
fünfte iPhone-Besitzer in Österreich nutzt die<br />
Billa-App.“<br />
Robert Madas (GfK Austria) Chris Budgen (diamond:dogs)
Warten auf mobile Geldbörse<br />
Laut Budgen werden Waren künftig online<br />
bestellt und das fertige Paket vom Supermarkt<br />
abgeholt. Bei ortsbezogenen Diensten<br />
hinke Österreich hinterher, z.T. aufgrund der<br />
rechtlichen Problematik. Couponing-Systeme<br />
auf dieser Basis würden ebenfalls noch auf<br />
sich warten lassen. Die Konsumenten seien<br />
derzeit nicht bereit, Daten wie den Aufenthaltsort<br />
herzugeben, auch wenn sie dadurch<br />
Vorteile lukrieren könnten. Das Thema Nahfunktechnik<br />
(NFC) – durch die das Handy zur<br />
mobilen Geldbörse wird – sieht er derzeit stark<br />
gehypt, noch fehle es aber an entsprechenden<br />
Endgeräten und Anwendungen.<br />
Wir brauchen Lösungen, die wirklich funktionieren.<br />
„Vieles ist noch unausgereift“, bemängelte<br />
Andreas Kranabitl von Spar Österreich.<br />
Großes Interesse bestehe derzeit an elektronischen<br />
Preisetiketten am Regal. „Aber dazu<br />
müssten die Kosten von derzeit über zehn auf<br />
fünf bis sechs Euro sinken“, so Kranabitl. Außerdem<br />
gebe es bestimmte Designansprüche.<br />
Mit entsprechenden Etiketten könnte automatisch<br />
der Preis reduziert werden, wenn das System<br />
anzeigt, dass der Bestand an bestimmten<br />
Frischwaren – etwa Bananen – zu hoch sei.<br />
„Am Abend geht es dann vielleicht in Richtung<br />
gratis. Das ist immer noch besser als die Ware<br />
wegzuwerfen.“<br />
Andreas Kranabitl<br />
(SPAR Österreich)<br />
Mängel beim Self-Checkout<br />
Auch beim Self-Checkout gebe es noch<br />
Hindernisse, weil die Bargeld-Module<br />
noch zu fehleranfällig seien. Wenn man<br />
das Modul ausschalte, würde die Nachfrage<br />
schlagartig um die Hälfte sinken, weil „die Österreicher<br />
nicht bereit sind, bargeldlos zu bezahlen“.<br />
Kein Händler werde eine Technologie<br />
einsetzen, die nicht perfekt funktioniert, meint<br />
auch Rene Tritscher von der Bundessparte<br />
Handel in der Wirtschaftskammer Österreich.<br />
Bei NFC gebe es beispielsweise noch Probleme<br />
– abgesehen von den fehlenden Endgeräten.<br />
Große Veränderungen beim Einkaufsverhalten<br />
führt auch Tritscher vor allem auf neue<br />
digitale und interaktive Kommunikationswege<br />
zurück – Stichwort Social Media.<br />
Für Rene Eres von Ericsson Austria stehen im<br />
Handel künftig neben Empfehlungen auch<br />
kundenspezifische Daten und deren Nutzung<br />
im Vordergrund. Sie würden einen Mehrwert<br />
für beide Parteien darstellen. Vorbehalte sieht<br />
er differenziert. „Wenn ich eine Kundenkarte<br />
nutze, kennt das Unternehmen auch meinen<br />
Standort und weiß zudem, was ich eingekauft<br />
habe“, sagte er. „Für 50 Cent billigere<br />
Spaghetti“ würden Informationen bereitwillig<br />
hergegeben. Ein neues „Erlebnislevel“ erwartet<br />
sich Eres von NFC-Terminals und der nahtlosen<br />
Integration von mobilen Endgeräten.<br />
Rene Tritscher<br />
(Wirtschaftskammer Österreich)<br />
Petra Denk<br />
Rene Eres (Ericsson Austria)<br />
<strong>retail</strong> intern<br />
seite 41 | aktuell
etail intern<br />
Martin Köhler, neuer Europachef<br />
bei Partylite<br />
Alexander Eck, Head of Development<br />
Europe bei SES Spar<br />
European Shopping Centers<br />
personalia | seite 42<br />
Personalia<br />
Martin Köhler ist neuer Europachef bei PartyLite<br />
Ein Marketingprofi an der<br />
Unternehmensspitze<br />
Der Europazweig des weltweit größten Direktvertreibers<br />
von Kerzen, Kerzen-Accessoires<br />
und Duftprodukten – PartyLite – hat<br />
einen neuen Präsidenten, den 1968 in Bad<br />
Kreuznach geborenen Martin Köhler. Der studierte<br />
Kommunikationswissenschafter begann<br />
seine Karriere bei PartyLite Deutschland<br />
1999 als Marketing Director. 2001 bis 2003<br />
leitete er als Managing Director PartyLite<br />
Schweiz, 2003 bis 2008 als General Manager<br />
die deutsche Niederlassung. Seit 2009 war<br />
er Group General Manager Northern Europe.<br />
Neben Deutschland und den nordischen Märkten<br />
war er auch für das New Market Development<br />
verantwortlich und erschloss erfolgreich<br />
den polnischen, den tschechischen, den<br />
slowakischen und den italienischen Markt.<br />
Mit ehrgeizigen Zielen ins neue<br />
Jahrzehnt<br />
Köhler will die Qualität der Produkte künftig<br />
stärker nach außen kommunizieren und<br />
so PartyLite noch mehr Bekanntheit verschaffen.<br />
Des Weiteren möchte er vermehrt darauf<br />
hinarbeiten, PartyLite als Unternehmen mit<br />
vielen erfolgversprechenden Karrieremöglichkeiten<br />
zu positionieren. Dazu Martin Köhler:<br />
„Bei PartyLite müssen keine Vorinvestitionen<br />
getätigt werden – in den meisten Märkten<br />
übernehmen wir für den/die Berater/in die<br />
Auslieferung der Ware und das Inkasso. Somit<br />
entfallen Lagerdruck, Vorauszahlungen und<br />
umständliches Ausliefern.“<br />
Alexander Eck neuer Leiter Projektentwicklung<br />
bei SES<br />
Der österreichische Shopping-Center-Entwickler<br />
SES Spar European Shopping<br />
Centers strukturiert die Kernbereiche Projektentwicklung<br />
und Vermietung neu. Seit 1.<br />
März <strong>2011</strong> leitet Alexander Eck (43) die Shopping-Center-Entwicklung<br />
außerhalb Österreichs<br />
in neu geschaffener Funktion (Development<br />
Europe). Ecks Nachfolge als Leiter der<br />
Vermietungsabteilung übernimmt sein bisheriger<br />
Stellvertreter Mag. Hans-Dieter Girlinger<br />
in der Funktion Head of Leasing.<br />
SES bündelt damit ihre Kompetenzen und<br />
bringt die Expansion in den Ländern Ungarn,<br />
Italien, Slowenien, Tschechien und Kroatien<br />
unter eine Leitung. Eck besitzt über 12 <strong>Jahre</strong><br />
Erfahrung im Bereich Einzelhandel und Immobilien.<br />
Er begann seine berufliche Laufbahn<br />
bei Schalk Consulting und trat 2000<br />
in den SPAR-Konzern als Vermietungsleiter<br />
ein. Er übernahm 2001 die Leitung der Konzern-Expansion<br />
und Projektentwicklung. Seit<br />
Gründung der SPAR-Immobilienschwester<br />
SES 2007 war er für die Gestaltung des Branchen-<br />
und Mietermix der Shopping Center der<br />
Gruppe in Österreich, Italien und CEE verantwortlich.<br />
In die Funktion Head of Leasing folgt Wirtschaftsjurist<br />
Hans-Dieter Girlinger (34) als<br />
langjähriger Mitarbeiter aus den eigenen Reihen<br />
nach. Girlinger ist seit 2004 in der Konzern-Expansion<br />
und in der Vermietung von<br />
Geschäftsflächen für die Shopping-Center der<br />
Gruppe tätig. Für SES war er als Projektleiter<br />
für das 2008 als erstes unter SES-Flagge eröffnete<br />
Shopping-Center FORUM 1 in Salzburg<br />
verantwortlich. In den vergangenen zwei <strong>Jahre</strong>n<br />
lag sein Schwerpunkt in der Vermietung<br />
der slowenischen Shopping-Center-Standorte<br />
von SES.
Termine<br />
Real Vienna <strong>2011</strong><br />
24. und 25 Mai <strong>2011</strong>, von 10 bis 18 Uhr<br />
Internationale Fachmesse für Gewerbe- und Industrieimmobilien mit besonderem<br />
Schwerpunkt auf Zentral-, Südost- und Osteuropa.<br />
Ort: Messe Wien, Messeplatz 1, 1021 Wien<br />
www.realvienna.at<br />
ACSC KONGRESS “SHOPPING 2025”<br />
22. September <strong>2011</strong>, von 12 bis 17 Uhr<br />
Ort: Haus der Industrie, Festsaal, Schwarzenbergplatz, 1030 Wien<br />
www.acsc.at<br />
Festschrift und Festakt “<strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong>”<br />
Den Weg vom ersten Zusammenschluss als „Verband österreichischer<br />
Detailfirmen“ bis zur heutigen starken, freiwilligen und unabhängigen<br />
Interessensvertretung hat der <strong>Handelsverband</strong> in einer hochwertig<br />
produzierten Festschrift mit dem Titel „<strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong>“<br />
dokumentiert. Gemeinsam mit prominenten Politikern, Managern<br />
und Experten hat er sich auf eine spannende Zeitreise begeben und<br />
die Welt des Handels aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.<br />
Die Festschrift erscheint Anfang Mai <strong>2011</strong> und wird den Mitgliedern<br />
des <strong>Handelsverband</strong>es persönlich per Post zugestellt. Präsentiert wird<br />
die Festschrift beim Festakt „<strong>90</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Handelsverband</strong>” am<br />
12. Mai <strong>2011</strong>.<br />
<strong>retail</strong> intern<br />
seite 43 | termine
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