Juli 2007 - Arbeit und Gesundheit
Juli 2007 - Arbeit und Gesundheit
Juli 2007 - Arbeit und Gesundheit
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Explosionsschutz |<br />
„Dynamit<br />
ist ein<br />
Auslaufmodell“<br />
ARBEIT UND GESUNDHEIT sprach mit Dr. Martin Held über die Risiken moderner<br />
Sprengstoffe. Der Chemiker ist Mitglied der Geschäftsleitung von Westspreng <strong>und</strong> im<br />
Unternehmen unter anderem für den <strong>Arbeit</strong>sschutz verantwortlich.<br />
10 ARBEIT UND GESUNDHEIT<br />
Wie sieht der Markt für Sprengstoffherstellung<br />
in Deutschland aus?<br />
In Deutschland werden jährlich<br />
r<strong>und</strong> 65.000 Tonnen Sprengstoff<br />
produziert, davon r<strong>und</strong> 20.000 Tonnen<br />
für den Untertagebau. Von den<br />
verbleibenden 45.000 Tonnen stellt<br />
unser Unternehmen Westspreng<br />
knapp die Hälfte her.<br />
Welche Sprengstoffe werden<br />
produziert?<br />
Seit Beginn der 1980er-Jahre produzieren<br />
wir Emulsions-Sprengstoffe,<br />
darüber hinaus stellen wir ANFO-<br />
Sprengstoffe her, gelatinöse Sprengstoffe,<br />
Wetter-Sprengstoffe <strong>und</strong><br />
pulverförmige Sprengstoffe. In unserem<br />
ostdeutschen Werk wird noch<br />
Dynamit produziert.<br />
Was sind die Unterschiede?<br />
Zunächst einmal zum Dynamit, es<br />
wird – grob gesagt – noch so zusammengesetzt,<br />
wie Alfred Nobel es<br />
gemacht hat. Hauptbestandteil ist<br />
das Glycerintrinitrat, besser bekannt<br />
als Nitroglyzerin. Wetter-Sprengstoffe<br />
sind speziell für den Steinkohlebergbau<br />
entwickelt, damit sich Grubengas<br />
oder Kohlestaub nicht entzünden.<br />
Die Emulsions-Sprengstoffe entstehen<br />
aus einer hochkonzentrierten Nitrat -<br />
lösung <strong>und</strong> Mineralöl. Hauptbestandteil<br />
ist Ammoniumnitrat, das auch<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die ANFO- <strong>und</strong> die<br />
gelatinösen Sprengstoffe ist. Heute<br />
werden solche Sprengstoffe am<br />
<strong>Juli</strong> <strong>2007</strong><br />
häufigsten eingesetzt, weil sie<br />
kostengünstig <strong>und</strong> wirksam sind,<br />
jedoch selbst keine explosiven<br />
Komponenten enthalten.<br />
Also sind sie erheblich sicherer als<br />
das Dynamit?<br />
Ja. In Europa werden heute zu 50<br />
Prozent ANFO-Sprengstoffe verwendet,<br />
nur noch 16 Prozent Dynamit.<br />
In der Schweiz, Südafrika <strong>und</strong><br />
Indien ist dessen Herstellung inzwischen<br />
verboten. Sie ist erheblich<br />
gefährlicher <strong>und</strong> aufwändiger als<br />
die von ammoniumnitrathaltigen<br />
Sprengstoffen. Auch die Anwendung<br />
ist mit erheblich mehr Risiken verb<strong>und</strong>en.<br />
Wer versehentlich mit der<br />
Raupe über Dynamit fährt, macht<br />
ganz andere Erfahrungen, als wenn<br />
er über ANFO rollt. Auf dem nordamerikanischen<br />
Kontinent findet<br />
man nur noch eine Dynamitfabrik.<br />
Gerade mal 30.000 von den 1,5 Millionen<br />
Tonnen Sprengstoff, die dort<br />
im Jahr hergestellt werden, sind<br />
Dynamit. In Europa gibt es noch<br />
acht Fertigungsstätten. In Skandinavien<br />
gab es 2001 den letzten Unfall<br />
mit Dynamit, zum Glück ohne<br />
Personenschaden. Die Produktion<br />
wurde nicht wieder aufgenommen.<br />
Dynamit ist ein Auslaufmodell.<br />
Stefan Sochatzy,<br />
redaktion@arbeit-<strong>und</strong>-ges<strong>und</strong>heit.de<br />
Fotos: Dominik Buschardt