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Arbeiterfamilien an. Sie stärkten so den familiären Zusammenhalt und förderten
ein Zusammengehörigkeitsgefühl in der Arbeiterbevölkerung.
Zudem war es Absicht der sozialdemokratischen Vereine, die Arbeiter aus den
örtlichen bürgerlich, bäuerlich oder kirchlich geprägten Land-, Kultur-,
Vergnügungs- und Sportvereinen herauszuhalten. Sie wollten vielmehr selbst
über die Industriearbeiterschaft hinaus, die nur eine Minderheit der
nordhessischen Bevölkerung ausmachte, auch Handwerksgesellen,
Kleinmeister, Landarbeiter sowie Angehörige kleinbäuerlicher und
kleinbürgerlicher Schichten für die Vereinsaktivitäten gewinnen und schließlich
an die Politik der Sozialdemokratie heranführen.
Auf der Grundlage des vom Parteitag in Jena (1905) angenommenen
Organisationsstatus beschlossen die sozialdemokratischen Agitationsbezirke
Frankfurt und Kassel, in der Provinz Hessen-Nassau und dem Fürstentum
Waldeck eine gemeinsame Parteiorganisation zu bilden. Am 28.11.1905 wurde
auf dem Provinzialparteitag für Hessen-Nassau und Waldeck in Frankfurt die
„Landesorganisation der sozialdemokratischen Partei in Hessen-Nassau“
gegründet. Die Neuorganisation des Agitationsbezirks Kassel wurde auf dem 15.
Hessischen Parteitag am 10.12.1905 in Kassel beschlossen. Aus dem locker
verbundenen Agitationsbezirk Kassel sollte ein straffer organisierter
leistungsfähiger nordhessischer Bezirksverband mit einem hauptamtlichen
Parteisekretär werden. An die Spitze des Bezirksverbands trat die gewählte
Agitationskommission. Die Organisationsebene unter dem Parteibezirk bestand
aus den sozialdemokratischen Kreiswahlvereinen in jedem der sechs Wahlkreise.
Die Basis der Parteiorganisation sollten die Ortsvereine bilden, die als Filialen des
Wahlvereins in allen Orten gegründet werden sollten, wo es mindestens zehn
Genossen gab. Bürgervereine sollten nicht länger als sozialdemokratische
Organisationen gelten. Ab Anfang November 1905 wurden bereits
Bürgervereine (so der Bürgerverein Niederzwehren) aufgelöst bzw. in SPD-
Ortsvereine umgewandelt.
Der Kreiswahlverein Kassel- Melsungen - und darin die Kasseler
Parteiorganisation - war mit fast zwei Drittel aller Parteimitglieder das politische
Zentrum des nordhessischen Agitationsbezirks. Das war einerseits Ergebnis der
intensiven Agitationsarbeit der Kasseler Sozialdemokraten, andererseits war
auch die Arbeiterschaft in der Stadt Kassel und ihrem Umland durch die
zunehmende Industrialisierung und die Zuwanderung von Arbeitskräften aus der