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POPSCENE November 11/20

Das total umsonste Popkulturmagazin

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„Die Odyssee“ von Homer feierte am 16. Oktober<br />

am Pfalztheater Premiere. Sie führten<br />

Dramaturgie bei dem von Roland Schimmelpfennig<br />

neuverfassten Stück. Die Frage, die<br />

sich durch das Stück zieht, ist „Wohin kann<br />

man zurückkehren?“. Eine Frage die wir uns<br />

momentan täglich stellen können. Wohin<br />

wollen Sie gerne zurückkehren, sobald die<br />

Pandemie überwunden ist?<br />

(lacht) Ohne unnötig kulturpessimistisch zu wirken:<br />

Ich glaube, dass man niemals irgendwohin<br />

„zurück“ kehren kann. Man selbst hat sich verändert<br />

und die Umgebung, in die man „zurückkehrt“<br />

auch. Aber ein Satz, der sich durch Roland<br />

Schimmelpfennigs Stück wie ein Refrain zieht,<br />

ist: „Wohin, wohin brechen wir auf, nach dem,<br />

was hier geschehen ist?“ Da gefällt mir der Gedanke<br />

„Aufbruch“ sehr viel mehr als „Rückkehr“.<br />

Und wohin ich aufbrechen möchte (oder zurückkehren)<br />

möchte nach der Pandemie? Um ehrlich<br />

zu sein: Ich weiß es nicht. Wenn ich ehrlich<br />

bin, fehlen mir meine Freund*innen, die nicht<br />

in Kaiserslautern leben. Und meine Familie, die<br />

ich viel zu selten sehe. Das ist aber nicht durch<br />

die Pandemie verursacht, sondern das ist irgendwie<br />

immer so, wenn man am Theater arbeitet.<br />

Und nichts, was diese Pandemie verursacht hat,<br />

bedroht mich gerade in meiner Existenz, weder<br />

finanziell noch psychisch noch physisch. Das ist<br />

ein großes Glück, denn welche konkreten Auswirkungen<br />

die Pandemie hat, kann man nicht nur<br />

im kulturellen Sektor Deutschlands sehen, sondern<br />

auch in Ländern wie Griechenland, Indien,<br />

Jemen … (in unterschiedlichen Ausformungen) –<br />

da verbietet sich für mich alles Jammern wie „Ich<br />

will jetzt aber mal wieder so richtig schön in den<br />

Urlaub fahren können!“ von Vornherein.<br />

Schimmelpfennig hat mit seiner Version des<br />

Textes das Stück in unsere Zeit überführt.<br />

Statt in mehrere Geliebte, verliebt sich Penelope,<br />

die Ehefrau von Homer, während seiner<br />

Abwesenheit in einen Lehrer und versucht sich<br />

ihre Einsamkeit mit ihm und seinen Geschichten<br />

zu vertreiben. Wie wichtig ist die Rolle der<br />

Frau für das Stück und für die Frage selbst?<br />

Bei Homer bleibt Penelope, die Ehefrau Odysseus‘,<br />

ja standhaft treu. Sie denkt sich wegen der<br />

ganzen Freier in ihrem Haus diese List aus, sich<br />

erst für einen von ihnen als neuen Ehemann entscheiden<br />

zu wollen, wenn sie ein Totentuch für<br />

ihren Schwiegervater Laertes fertig gewebt habe<br />

– was sie tagsüber auch tut, nur um es nachts<br />

dann wieder aufzutrennen. Damit beweist sie in<br />

der antiken Odyssee natürlich Charakterstärke.<br />

Aber auch einen ungemeinen Hang zum Konservatismus<br />

(„mein Mann ist der König, auch wenn<br />

der seit 19 Jahren nicht hier war. Und basta.“).

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