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Sorge um den Bestand

ISBN 978-3-86859-659-5

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VI<br />

Urban BlockChain<br />

Million Donkey<br />

hoteL, PRATA SANNITA<br />

Architekt*innen feld72, Wien<br />

(Österreich) Bauherr*innen<br />

paesesaggio workgroup, Region<br />

Kampanien (Italien) Umbau 2006<br />

Kosten 10.000 Euro Ort Prata<br />

Sannita, Kampanien (Italien)<br />

Weit mehr als die Hälfte der Bevölke -<br />

rung Europas lebt in Städten, Ten<strong>den</strong>z<br />

steigend. Diese Zahl bedeutet<br />

nicht nur stetiges Wachst<strong>um</strong> der<br />

Städte, sondern vor allem auch eine<br />

Auflösung der uns bekannten Kultur-<br />

und Naturlandschaften. Die Zukunft<br />

dieser vom Aussterben bedrohten<br />

Zonen ist auch die Zukunft<br />

Europas.<br />

Migration von diesen Orten und<br />

ihre Konsequenzen für das lokale Leben<br />

ist Thema des Million Donkey<br />

Hotel, einem Projekt im Rahmen des<br />

„Villaggio dell’Arte“ und getragen<br />

von der paesesaggio workgroup. Bestimmend<br />

für diese Arbeit war das<br />

Eingehen auf <strong>den</strong> Ort, das Involvieren<br />

von Personen, das Entwickeln einer<br />

Poesie des Alltags, das prozesshafte<br />

Agieren sowie das Herstellen<br />

offener Möglichkeitsrä<strong>um</strong>e.<br />

Das kleine Dorf Prata Sannita in Kampanien<br />

mit ka<strong>um</strong> mehr als 1500 Einwohnern<br />

wurde im Laufe des letzten<br />

Jahrhunderts durch die von<br />

Armut hervorgerufenen Migrationsbewegungen<br />

stark in Mitlei<strong>den</strong>schaft<br />

gezogen. Der ältere Teil des<br />

Dorfs mit einer sehr großen Anzahl<br />

an leer stehen<strong>den</strong>, teilweise be -<br />

reits ruinenartigen Gebäu<strong>den</strong> ist nur<br />

noch von einer kleinen Minderheit,<br />

vor allem älteren Personen, bewohnt.<br />

Der Leerstand wurde von feld72 als<br />

Potenzial gesehen: Das ganze Dorf<br />

wurde durch die Idee eines gro ßen,<br />

verstreuten Hotels zu einem einzigen<br />

Aktionsra<strong>um</strong> zusammengelegt<br />

und die nicht genutzten Rä<strong>um</strong>e<br />

in <strong>den</strong> unterschiedlichen Gebäu<strong>den</strong><br />

miteinander zu einem größeren Ganzen<br />

verbun<strong>den</strong>. Das Hotel ermöglicht<br />

einen nachhaltigen Tourismus<br />

und gehört der Dorfgemeinschaft.<br />

Mit eingebun<strong>den</strong> in das Konzept<br />

wur<strong>den</strong> auch die bestehende Mikroökonomie<br />

von kleinen Geschäften<br />

und Gaststätten. Erst das Stärken<br />

des Beziehungsgeflechts von Rä<strong>um</strong>en<br />

und Menschen und das Schaffen<br />

neuer Synergien machte das<br />

Projekt vollständig.<br />

Innerhalb eines Monats, mit der Hilfe<br />

von mehr als siebzig Freiwil ligen<br />

aus dem Dorf und einem Materialbudget<br />

von 10.000 Euro wur<strong>den</strong> eine<br />

Vielzahl von Schlafzimmern, verteilt<br />

auf verschie<strong>den</strong>e Häuser, und ein<br />

speziell gestaltetes Badezimmer entwickelt<br />

und gebaut. In der Nebensaison<br />

können diese von <strong>den</strong> Pratesi<br />

als Erweiterung des öffentlichen<br />

Ra<strong>um</strong>s genutzt wer<strong>den</strong>. Das Million<br />

Donkey Hotel wird von einer Gruppe<br />

dieser am Projekt beteiligten Local<br />

heroes weitergeführt – aus einem<br />

situativen Zugang hat sich ein nachhaltiges<br />

Projekt unter Einbeziehung<br />

der lokalen Ressourcen und der<br />

lokalen Ökonomie entwickelt.<br />

Michael Obrist Architekt<br />

Professor für Wohnbau und Entwerfen<br />

an der TU Wien und gemeinsam<br />

mit Anne Catherine Fleith, Mario<br />

Paintner, Richard Scheich und Peter<br />

Zoderer Partner bei feld72, Wien<br />

(Österreich). Die Arbeit von feld72<br />

reicht von Architektur über städtebauliche<br />

Studien bis zu Ausstellungsgestaltungen,<br />

urbanen Strategien<br />

und Interventionen im öffentlichen<br />

Ra<strong>um</strong>. Dabei ist das Erkennen<br />

von Potenzialen der Orte und der<br />

sozialen Rä<strong>um</strong>e ein Grundelement<br />

der Projekte.<br />

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