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EGTA-Journal 2020-11

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Silke Lehmann

Instrumentales Lernen im Online-Modus:

Zumutung oder didaktische Goldgrube?

Als im März 2020 die Ausbreitung

des Corona-Virus notwendig

machte, Kontakte zwischen

Menschen massiv einzuschränken, waren

davon auch musikalische Aktivitäten

betroffen. Ich selbst befand mich

als Lehrende für musikpädagogische

Fächer am Institut für Musik der Hochschule

Osnabrück in der zweiten Semesterwoche

– und stellte schnell fest, dass

Seminargespräche, das Präsentieren von

PowerPoint-Folien, das Anschauen und

Besprechen von Video-Unterrichtssequenzen

oder sogar auch Gruppenarbeiten

auch online erfreulich gut umzusetzen

waren. Und nicht nur das, schnell

äußerten sich die Kolleginnen und Kollegen

auf meine Fragen zum Gelingen

ihres Instrumental- oder Gesangsunterricht

mittels Konferenztools oder Video-Telefonie

tendenziell positiv. Auch

Studierende antworteten auf meine

neugierige Frage „Wie läuft es denn im

Hauptfach-Unterricht?“ vielfach mit „Gar

nicht so schlecht!“ Und schnell lieferten

auch Fachmedien Erfahrungsberichte

zur gelungenen virtuellen Umsetzung

von Musizierunterrichten auf Ebene der

Musikschulen 1 .

Dabei darf keinesfalls verschwiegen werden,

welche Herausforderungen mit

der neuen Situation einhergingen oder

noch -gehen: So musste für den digita-

len Unterricht zunächst einmal Kontakt

zu den Lernenden bzw. ihren Eltern erfolgreich

hergestellt und für das eigene

Anliegen geworben werden. Dies musste

zu einem Zeitpunkt geschehen, an

dem existenzielle Nöte aufbrachen und

die Schließung von Schulen und KiTas

besonders Familien vor enorme Herausforderungen

stellte. Es musste ein mobiles

Endgerät zur Verfügung stehen

(bzw. die zeitliche Nutzung über den

Tagesverlauf zwischen Familienmitgliedern

abgestimmt werden), musste über

Datenschutz nachgedacht werden 2 und

eine ausreichende Internet-Qualität vorhanden

sein. Und selbst bei bester Ausstattung

war (und ist) hinzunehmen,

dass sich die übertragene Tonqualität

eingeschränkt darstellt. So äußerte sich

eine Gesangskollegin sinngemäß: „Die

Frequenzen der Stimme, um die es mir

in meinem Unterricht geht, werden

technisch gar nicht übertragen.“ Und ein

Kollege mit dem Fach Gitarre berichtete

von der Unmöglichkeit, mit einem Studenten

an einem Stück mit umgestimmten

Saiten und Flageoletts zu arbeiten:

„Ich konnte das nicht hören!“ Demgegenüber

standen von Beginn an zahlreiche

Aussagen, in den Bereichen Gestaltung

und Interpretation, Haltung und

Technik gute Fortschritte vermerken zu

können. All diese Beobachtungen legen

nahe, dem Lernen im Online-Mo-

Biografie

Silke Lehmann ist seit 2016 Professorin

für Musikpädagogik am Institut für Musik

der Hochschule Osnabrück. Sie studierte

Instrumentalpädagogik (Blockflöte),

Elementare Musikpädagogik und

Erziehungswissenschaft und verfügt

über langjährige Unterrichtserfahrung

mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Am Hamburger Konservatorium hat sie

einige Jahre lang die Begabtenförderung

koordiniert und war gleichzeitig

Lehrkraft im Projekt „Jedem Kind ein Instrument“.

Ihre Dissertation verfasste sie zum Thema

„Bewegung und Sprache als Wege

zum musikalischen Rhythmus“ (https://

www.epos.uni-osnabrueck.de/buch.html?id=77).

Als zertifizierter Musikgeragogin gilt ihr

besonderes Interesse dem Musizieren

mit demenziell veränderten Menschen.

©Björn Löser

1 vgl. Henkel, Theresa/Buhr-Möllmann, Maxi de: Pragmatismus ist das Gebot der Stunde. Digitaler Instrumentalunterricht

in München. In: Neue Musikzeitung (nmz) 5/2020, S. 42; Wunder, Maria: Online-Teaching

und finanzielle Sorgen. Fokus setzen in Zeiten von Corona. In: Neue Musikzeitung (nmz) 5/2020,

S. 44; Herbst, Sebastian: Onlineunterricht: Anlass zur Sprachreflexion, in: Üben & Musizieren3/2020, S. 35;

Runge, Sabine: Corona – Neue Aufgaben für Musiklehrer. In: European Recorder Teacher’s Association,

ERTA Bote 1/2020, S. 34 – 35; Krebs, Matthias: Gemeinsam online Musizieren – Methoden über Distanz zusammen

Musik zu machen, Blogbeitrag auf den Internetseiten der ‚Forschungsstelle App-Musik‘, online:

http://forschungsstelle.appmusik.de/gemeinsam-online-musizieren/[2020-04-17].

2 vgl. Sommerfeld, Jörg: Verkaufen wir unsere Schüler? Wider die Sorglosigkeit: Datenschutz gilt auch in der

Corona-Krise. In: Üben & Musizieren 4/2020, S. 32 – 33.

Ausgabe 9 • 11/2020

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