EGTA-Journal 2020-11
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Raphael Ophaus
Erscheinungsbild seiner Partituren eher
an Algebraformeln als an eine Musikpartitur.
Da sich die Klangvorstellungen von
Partch auf den gängigen Instrumenten
in der Regel nicht realisieren lassen, sind
die meisten seiner Werke für eigens erfundene
Instrumente wie die „Cloud
Chamber Bowls“ aus Pyrex oder das
„Chromelodeon“, ein 43 Töne pro Oktave
umfassendes Harmonium, komponiert.
Die mikrotonale Gitarre
Die Problematik der klanglichen
Realisierung mikrotonaler
Klangvorstellungen tritt im
Schaffen von Partch in besonderer Weise
zutage, ist darüber hinaus aber auch
auf die Mikrotonmusik im Allgemeinen
übertragbar. Insbesondere auf Instrumenten,
deren Tonhöhen nicht variabel
sind, ist die Möglichkeit der Umsetzung
mikrotonaler Strukturen limitiert. So
lassen sich auch auf der Gitarre Mikrotöne
aufgrund der festgefügten
Bundstäbchen nur
bedingt realisieren.
Entsprechend gab es schon früh Versuche,
die Gitarre instrumentenbautechnisch
so zu modifizieren, dass mikrotonale
Intervalle auf dem Instrument
darstellbar werden.
Bereits 1829 konstruierte Louis Panormo
eine Gitarre, die nicht über festgefügte
Bundstäbchen, sondern über Steckbünde
verfügte, die in eine Vielzahl unterschiedlicher
Löcher auf dem Griffbrett
gesteckt werden konnten. 1845 baute
dann René Lacote seine sogenannte
„Guitar à Tempérament réglable“, auf der
die Bünde einzeln positionierbar sind. Inspiriert
von Lacotes Gitarre bauten auch
Daniel Friedrich im Jahr 1977 und Walter
Vogt im Jahr 1985 Gitarren mit individuell
verschiebbaren Bünden.
Eine Tradition an die Tolgahan Çoğulu
2008 mit der Entwicklung der „Adjustable
Microtonal Guitar“ anschloss. Auf
dieser Gitarre sind unterhalb der Saiten
Kanäle eingelassen, in die eine beliebige
Anzahl an kleinen, in der Breite jeweils
eine Saite umfassenden Bünden eingefügt
werden können. Diese Bünde können
innerhalb der Kanäle verschoben
werden, sodass es möglich wird, auf der
Gitarre eine beliebige Stimmung einzustellen.
Auch wenn es Çoğulu bei der
Entwicklung des Instruments um die
Darstellbarkeit türkischer Kunstmusik
auf der Gitarre ging, offenbart das Instrument
auch Komponisten anderer Traditionen
mannigfaltige Möglichkeiten.
Ein Möglichkeitsraum, der auch zeitgenössische
Komponisten der westlichen
Kunstmusik zu neuen Kompositionen inspiriert
hat. 5
©Tolgahan Çoğulu
Abbildung 2: Adjustable Microtonal Guitar.
5 Einen kurzen Überblick über die Geschichte der mikrotonalen Gitarre bietet Tolgahan Çoğulu im folgenden
Video: History of the Microtonal Guitar.
Ausgabe 9 • 11/2020
7