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Der Lokalanzeiger | Ausgabe Stadt <strong>Zirn</strong>dorf 18.12.2020<br />

Die <strong>Zirn</strong>dorfer Lokalzeitung „Allgemeine Rundschau“<br />

Um die Information für<br />

die <strong>Zirn</strong>dorfer Bevölkerung<br />

zu verbessern, gründete<br />

Leonhard Zech im<br />

Jahre 1891 eine Lokalzeitung.<br />

Bei Zustellung durch<br />

Zeitungsträger kostete das<br />

Abonnement der „Allgemeinen<br />

Rundschau“ pro<br />

Monat 40 Pfennig. Bisher<br />

lasen die <strong>Zirn</strong>dorfer<br />

die Blätter aus Fürth, die<br />

allerdings nur sporadisch<br />

die Neuigkeiten aus <strong>Zirn</strong>dorf<br />

meldeten. Das Verbreitungsgebiet<br />

der neuen<br />

Lokalzeitung war der Bibertgrund<br />

von Cadolzburg<br />

über Ammerndorf nach<br />

Großhabersdorf, Wintersdorf<br />

und Oberasbach. Ein<br />

Jahr nach der Gründung<br />

übernahm der aus Husum<br />

stammende Johann Bollmann<br />

die Zeitung und<br />

die Druckerei. Bollmann<br />

wechselte sich in der Redaktion<br />

mit dem Gründer Leonhard<br />

Zech ab. Die Zeitung erschien<br />

jeweils mittwochs, freitags<br />

und sonntags in einem Umfang<br />

von vier Seiten. Um die Leser<br />

enger an die Zeitung zu binden,<br />

wurden Fortsetzungsromane veröffentlicht.<br />

Im Oktober 1897 begann<br />

der Abdruck des Romans<br />

„Die Juden von <strong>Zirn</strong>dorf“ von<br />

Jakob Wassermann. Vorher war<br />

das Buch in höchsten Tönen gelobt<br />

worden. Neben den lokalen<br />

Berichten erschienen Artikel aus<br />

Bayern sowie Informationen aus<br />

Deutschland und der Welt. Sportberichte<br />

und kulturelle Meldungen<br />

gab es nicht so häufig.<br />

Während des Ersten Weltkriegs<br />

waren die Zeitungsproduktion<br />

und der Vertrieb häufig<br />

eingeschränkt. Die <strong>Zirn</strong>dorfer<br />

waren überrascht, als der Verlag<br />

ankündigte, die „Allgemeine<br />

Rundschau“ ab Januar 1916<br />

täglich erscheinen zu lassen. Sie<br />

hatte weiterhin einen Umfang<br />

von vier Seiten, am Wochenende<br />

12<br />

auf Grund vieler Anzeigen auch<br />

sechs bis acht Seiten. Jetzt gab<br />

es eine „Illustrierte Wochenbeilage“<br />

und eine wöchentlich zwei<br />

Mal erscheinende Unterhaltungsbeilage.<br />

Das Abonnement<br />

kostete monatlich 65 Pfennig.<br />

Wegen der häufigen Störungen<br />

im Elektrizitätswerk konnte die<br />

„Allgemeine Rundschau“ an<br />

manchen Tagen nur mit erheblicher<br />

Verspätung, teilweise überhaupt<br />

nicht erscheinen. Das kam<br />

auch noch in der Zeit nach dem<br />

Ersten Weltkrieg vor. Inzwischen<br />

musste der Verleger die<br />

Abonnements- und Anzeigenpreise<br />

aufgrund höherer Material-<br />

und Personalkosten mehrfach<br />

anheben.<br />

Im Jahre 1920 wurde das Verbreitungsgebiet<br />

um den Zenngrund<br />

erweitert. Das Abonnement<br />

der „Allgemeinen Rundschau“<br />

kostete auf dem Höhepunkt der<br />

Inflation 24 Millionen Mark.<br />

Statt Bargeld akzeptierte die<br />

„Allgemeine Rundschau“ von<br />

Anz_Barnasch_Weihnachten_2020.qxp_Layout 1 08.12.20 11:04 Seite 1<br />

der landwirtschaftlichen Bevölkerung<br />

auch Naturalien,<br />

beispielsweise ein Pfund Butter,<br />

20 Eier oder 20 Pfund Weizen.<br />

Nach Einführung der Rentenmark<br />

stabilisierten sich die<br />

Preise. Der Zeitung lag nun das<br />

neue „Evangelische Gemeindeblatt<br />

<strong>Zirn</strong>dorf und Umgebung“<br />

bei, für das Stadtpfarrer Glenk<br />

als Schriftleiter verantwortlich<br />

zeichnete. Die Auflage der „Allgemeinen<br />

Rundschau“ stieg, Johann<br />

Bollmann investierte in<br />

seine Druckerei.<br />

Ab Mitte der zwanziger Jahre<br />

gab es nicht nur nationale, sondern<br />

auch völkische Töne. Das<br />

Blatt entwickelte sich durch eine<br />

Ausdehnung des Verbreitungsgebietes<br />

von einer Lokalzeitung zu<br />

einer Regionalzeitung. Die Meldungen<br />

aus <strong>Zirn</strong>dorf wurden immer<br />

weniger, dafür die Berichte<br />

aus Nürnberg, Fürth und Umgebung<br />

umfangreicher. In den dreißiger<br />

Jahren bezeichnete sich die<br />

„Allgemeine Rundschau“ als<br />

„Generalanzeiger für Nordbayern<br />

– Ueber ganz Bayern verbreitete<br />

evangelische Tageszeitung“.<br />

Die Auflage stieg auf 28.300 Exemplare.<br />

Hauptschriftleiter wurde<br />

Pfarrer Richard Eckstein, ein<br />

bekennender Nationalsozialist.<br />

Er war bis April 1934 für das<br />

Blatt tätig, neben ihm arbeiteten<br />

mehrere Redakteure.<br />

Nach der Machtergreifung<br />

durch die Nationalsozialisten<br />

wurde die Presse im gesamten<br />

Reich gleichgeschaltet. Als sich<br />

der Verleger Johann Bollmann<br />

nicht genügend anpasste, wurde<br />

er verleumdet. Das Hetzblatt<br />

„Der Stürmer“ unterstellte ihm,<br />

dass er seine religiöse Anschauung<br />

nur für geschäftliche Zwecke<br />

nutze. Die Redaktion der „Allgemeinen<br />

Rundschau“ bestehe aus<br />

„scheinheiligen und heuchlerischen<br />

Schmierfinken“, die eine<br />

„hinterhältige, feige und boshafte<br />

Opposition gegen das nationalsozialistische<br />

Deutschland“<br />

betreibe“. Bollmann wurde in<br />

Schutzhaft genommen. Im Jahre<br />

1942 entzog man seinem Sohn<br />

Willy Bollmann (der Vater war<br />

zwei Jahre vorher verstorben)<br />

die Presserechte. Die Druckerei<br />

konnte weitergeführt werden.<br />

Nach Kriegsende bekam der<br />

Verleger Dr. Drexel die erste<br />

Lizenz für eine demokratische<br />

Zeitung im Raum Nürnberg: die<br />

„Nürnberger Nachrichten“. Weil<br />

in Nürnberg keine Druckerei intakt<br />

war, wurde die Zeitung bei<br />

Bollmann in <strong>Zirn</strong>dorf gedruckt.<br />

Zu diesem Zweck hatte die US-<br />

Armee das Anwesen und die<br />

Druckerei in der Nürnberger<br />

Straße 19/21 beschlagnahmt.<br />

Auch die „Fürther Nachrichten“<br />

wurden bis 1949 in <strong>Zirn</strong>dorf hergestellt.<br />

Inzwischen durfte die<br />

„Allgemeine Rundschau“ wieder<br />

erscheinen. Wegen der starken<br />

Konkurrenz der Nürnberg/<br />

Fürther Nachrichten wurde die<br />

Zeitung im Jahre 1950 eingestellt.<br />

Mehr Informationen über <strong>Zirn</strong>dorf<br />

in früheren Zeiten gibt es<br />

u. a. im Band 7 der Buchreihe<br />

„<strong>Zirn</strong>dorfer Geschichte und<br />

Geschichten“. Es trägt den Titel<br />

„Kaleidoskop der Bibertstadt“<br />

und ist zum Preis von 15 Euro in<br />

der Bücherstube <strong>Zirn</strong>dorf sowie<br />

auch direkt bei der Geschichtswerkstatt,<br />

Telefon 0911 - 60 16<br />

88, zu haben.

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