24. Mai 2020
- Forderungskatalog für 150.000 Vergessene: Hilferuf der Veranstalter - Wanderweg im Bezirk Ries wird erweitert - Stadthalle: Setting für Shows in Corona-Zeiten - Jochen-Rindt-Platz: So wird er aussehen - Langes Warten auf Negativ-Tests - Corona-Maßnahmen treffen besonders Kinderbetreuung
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14 graz<br />
www.grazer.at <strong>24.</strong> MAI <strong>2020</strong><br />
Laut STLP könnten die Maßnahmen das Risikopotenzial für spätere psychische Störungen oder eine posttraumatische Belastungsstörung erhöhen.<br />
GETTY, STLP<br />
Corona-Maßnahmen<br />
treffen besonders Kinder<br />
ACHTUNG. Auch wenn die Schulen mittlerweile wieder geöffnet haben, warnen Experten vor möglichen<br />
psychischen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Kinder. Der Bedarf nach Hilfe steigt.<br />
Von Fabian Kleindenst<br />
fabian.kleindienst@grazer.at<br />
Seit Mitte <strong>Mai</strong> haben die<br />
Schulen wieder geöffnet<br />
und für Kinder bedeutet<br />
das: endlich wieder raus, Freunde<br />
treffen, persönlichen Kontakt<br />
erleben. Die Zeit zuhause war<br />
für viele Eltern eine große Herausforderung<br />
– mussten doch oft<br />
Beruf, Homeoffice und Kinderbetreuung<br />
unter einen Hut gebracht<br />
werden. Der Stressfaktor,<br />
der Müttern und Vätern daraus<br />
und auch aus möglichem Jobverlust<br />
etc. erwachsen ist, wirkt aber<br />
auch auf ihre Kinder, wie Ingrid<br />
Jagiello, Vorsitzende des Steirischen<br />
Landesverbandes für Psychotherapie<br />
(STLP), warnt: „Kinder<br />
und Jugendliche brauchen<br />
für ein gesundes Heranwachsen<br />
und ihre Entwicklung vor allem<br />
Stabilität, Sicherheit und tragen-<br />
de Beziehungen. Verunsicherungen<br />
der Eltern haben immer auch<br />
Einfluss auf die Kinder.“<br />
Keine Schuld<br />
„Es ist schwer, Kindern<br />
die unsichtbare Gefahr<br />
des Virus und die<br />
Auswirkungen auf<br />
das Leben zu erklären.<br />
Speziell Kinder<br />
unter vier Jahren können<br />
mit Erklärungen<br />
dazu oft nur wenig<br />
anfangen“, erklärt Jagiello,<br />
die Eltern und Medien zu<br />
sorgfältiger Kommunikation aufruft:<br />
„Momentan beobachten wir,<br />
dass sich viele Kinder mit Schuldgefühlen<br />
konfrontiert sehen, weil<br />
sie aus den Medien bzw. ihrem<br />
Umfeld Zuschreibungen wie z. B.<br />
Virenschleudern hören müssen.<br />
In meiner Praxis erlebe ich<br />
täglich, dass sich Kinder große<br />
Ingrid Jagiello<br />
Sorgen machen, ihre Großeltern<br />
durch zu frühen Kontakt gefährdet<br />
zu haben.“ Die Unsicherheitsfaktoren<br />
sind aktuell also vielfältig.<br />
Jagiello hält aber auch fest,<br />
dass diese Aussagen nicht<br />
verallgemeinerbar sind<br />
und andere Einflüsse,<br />
wie z. B. die individuelle<br />
psychische Widerstandskraft<br />
(Resilienz),<br />
die persönlichen<br />
Lebensumstände<br />
etc.<br />
mitbetrachtet werden<br />
müssen.<br />
Steigender Bedarf<br />
Laut STLP verzeichnen steirische<br />
Kinderschutzzentren seit Anfang<br />
<strong>Mai</strong> einen rapiden Anstieg<br />
an Erstkontakten. Gabriella Walisch<br />
vom Kinderschutzzen trum<br />
Graz bestätigt das: „In unserem<br />
Einzugsgebiet, also Graz und<br />
Graz-Umgebung, nehmen wir in<br />
den vergangenen Wochen schon<br />
eine starke Steigerung wahr. In<br />
den letzten Tagen erhalten wir<br />
auch vermehrt Meldungen von<br />
Lehrern und Kindergärtnern, die<br />
merken, dass es vielen Kindern<br />
nicht gut geht.“ Jagiello ergänzt:<br />
„Es gibt natürlich auch vereinzelt<br />
Fälle, wo alles gut funktioniert hat<br />
und die Kinder mit beispielsweise<br />
Mobbingerfahrungen sogar<br />
froh waren, zuhause bleiben zu<br />
können. Generell bemerken wir<br />
aber, dass es zu vielen Schwierigkeiten<br />
und teilweise auch Trennungen<br />
in Familien gekommen<br />
ist.“ Die Folgen für Kinder sind<br />
nicht zu unterschätzen, Eltern,<br />
denen Verhaltensänderungen<br />
bei ihren Kindern auffallen, sollten<br />
sich professionelle Hilfe suchen,<br />
wie Jagiello betont: „Die<br />
Maßnahmen können das Risiko<br />
für spätere psychische Störungen<br />
stark erhöhen.“