Deutscher Ziegelpreis 2011
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42,6<br />
III<br />
N<br />
JVA<br />
OFFENER VOLLZUG<br />
BERLIN-ZEHLENDORF<br />
ARCHITEKTEN:<br />
MGF<br />
STUTTGART<br />
JVA DÜPPEL<br />
Offener Vollzug<br />
Die Justizvollzugsanstalt ist eine Anstalt des offenen Männervollzuges mit<br />
geringen Sicherheitsanforderungen. In den Anstalten des offenen Vollzuges<br />
können Gefangene sich grundsätzlich frei bewegen. Für diese Form des<br />
Vollzuges kommen daher nur Inhaftierte in Betracht, die kein<br />
Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft darstellen und die charakterliche<br />
Befähigung zu korrekter Lebensführung unter geringer Beaufsichtigung<br />
sowie die Bereitschaft zur uneingeschränkten Mitarbeit am Vollzugsziel<br />
besitzen.<br />
17<br />
Robert-von-Ostertag-Stra§e<br />
Robert-von-Ostertag-Straße<br />
Das Unterkunftsgebäude einer Justizvollzugsanstalt<br />
bei einem Architekturwettbewerb zu<br />
finden, dem hohe Gestaltqualität und andere<br />
anspruchsvolle Beurteilungskriterien<br />
zugrunde liegen, ist eher ungewöhnlich. Der<br />
U-förmige Baukörper dieses 3-geschossigen<br />
Gebäudekomplexes mit seiner klaren Konzeption<br />
ist mit einer sorgsam durchdachten<br />
Hülle versehen, die zwar die Konnotation<br />
„vergittertes Gefängnisgebäude“ hervorruft,<br />
jedoch so ansprechend ausgeformt ist, dass<br />
sich sofort Assoziationen zu deutlich weniger<br />
martialischen Nutzungen in den Vordergrund<br />
schieben. Welches Wohn- oder Bürogebäude<br />
würde sich nicht glücklich schätzen, eine<br />
derart qualitätvoll ausgeführte Klinkerfassade<br />
vorweisen zu können?!<br />
Mit seinem außen bündigen Fugenbild und<br />
dem flächigen Mauerwerk in lebendigen Nuancen<br />
von hellen Sandfarben bis zu kräftigen<br />
Brauntönen, gegliedert durch die keineswegs<br />
monotone Repetition des schmalen, hohen<br />
Fensterelements mit stählerner Laibung, fühlt<br />
man sich eher an Klassiker der Ziegelbauweise<br />
von Heinz Bienefeld erinnert denn an<br />
Vollzug bedingte Kargheit. Das Bauwerk<br />
nimmt mit seiner Materialität, dem Kohlebrand/Wasserstrichziegel,<br />
und dessen Farbigkeit<br />
Aspekte der ruralen Umgebung auf.<br />
Den Architekten gelingt es, ein Gebäude zu<br />
erstellen, das einerseits in seiner Reduziertheit<br />
der Bauaufgabe einer Vollzugsanstalt<br />
entspricht und gleichzeitig durch die Baukörperdisposition,<br />
die Gliederung der Fassaden,<br />
den Einsatz der Materialien und den<br />
sensiblen Umgang mit dem Detail Ruhe und<br />
Wärme ausstrahlt. Auch die Umformulierung<br />
des herkömmlichen „Gitters“ im tief in der<br />
Laibung sitzenden Fenster zu einem mehrfach<br />
nutzbaren Drehladen zeugt von versiertem,<br />
feinfühligem Vorgehen.<br />
Die Jury legt Wert darauf, dass gerade diese<br />
Bauaufgabe für den offenen Vollzug ganz<br />
bewusst gleichwertig neben den anderen<br />
Bauwerken stehen soll, die hier mit Anerkennungen<br />
ausgezeichnet werden.<br />
Gefängnis im Grünen<br />
S-Bahnhof Zehlendorf-Süd Zehlendorf-SŸd (außer (au§er Betrieb)<br />
0 20 50<br />
LAGEPLAN 1/2000<br />
0<br />
LAGEPLAN 1/2000<br />
Der Neubau der offenen Vollzugsanstalt in Berlin Zehlendorf bietet Platz für 250<br />
Häftlinge. Der Eingang orientiert sich zur Robert- von- Ostertag Strasse eine mit<br />
großen Alleebäumen gesäumten Straße. Die Gesamtanlage umfaßt drei<br />
Gebäudeteile. Neben dem Unterkunftsgebäude gibt es ein Gewächshaus, daß<br />
einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Blumenshop erhalten hat und ein<br />
Garagen- und Werkstattgebäude.<br />
Das Gewächshaus, eine Frühbeetanlage und verschiedene Werktätten bieten<br />
Ausbildungsplätze und unterstützen so die Resozialisierung der Häftlinge. Im<br />
Blumenshop werden Pflanzen und saisonale Gemüsesorten aus der<br />
anstaltseigenen Gärtnerei verkauft. Die umliegenden Felder werden von der JVA<br />
bewirtschaftet.<br />
Freianlagen<br />
Die vorhandenen Alleebäume bestimmen die Eingangssituation. Im Süden wird<br />
die Grundstücksgrenze mit Neupflanzungen einheimischer Arten begleitet.<br />
Dadurch entsteht zum Straßenraum ein wohltuender, atmosphärisch gegliederter<br />
grüner Mantel. Lose angeordnete Kiefern und einfache Sitzblöcke bespielen den<br />
Innenhof. Die Oberfläche des Hofes ist als homogene Schotterfläche angelegt.<br />
Einzig die Zufahrt für Kunden entlang der nördlichen Grundstücksgrenze die<br />
weitergeführt wird um das Garagengebäude zu erschließen (auch Feuerwehr) wird<br />
in Asphalt ausgeführt. Die Wiesenflächen werden bis an die Gebäude<br />
herangeführt, um das Bild der Häuser auf dem Feld zu steigern.<br />
Fotos: Christian Richter, Münster