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Der Landarbeiter Nr. 2 2021

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Seniorenalltag

Seniorenalltag

von Reinhard Witting

Vergeben ist schwer

Wie oft in unserem Leben haben wir Unrecht getan oder wurde uns solches zugefügt. Wie lange hat

der Groll in uns rumort. Manch schlaflose Nacht hat es bereitet. Mit Abstand betrachtet – hätte man da

manches anders machen sollen?

Ich habe mit einer Bemerkung oder einer gesetzten

Tat einem Anderen Unrecht zugefügt. Andersherum:

Mir wurde trotz meines ehrlichen Bemühens

und meines Einsatzes Unrecht zugefügt.

Mit etwas Abstand zu so manchem Geschehen frage

ich mich, muss Vergeben so schwer sein? Warum

kann ich die Wut über Scheinbares oder tatsächliches

Unrecht so schlecht überwinden? Oft ist

es wohl die Ohnmacht, Geschehenes nicht mehr

rückgängig machen zu können. Und wer macht

dann den ersten Schritt? Wie kann der ausschauen?

Fragen, die zu beantworten, wenn überhaupt, nicht

einfach möglich sind.

Aus eigener Erfahrung weiß ich,

dass es alles andere als leicht ist,

jemandem zu vergeben, wenn er

mir Unrecht getan, mich hintenherum

ve-unglimpft hat oder

aus verschiedenen Gründen,

die nicht in meinem Einflussbereich

liegen, Dinge vorwirft

und sogar den Gruß nicht mehr erwidert.

So weiß ich, dass es ähnlich schwer sein kann, einen

oft aus nichtigen Gründen entstandenen Streit

zu schlichten, zu vergeben und in der Schublade

des Vergessens abzulegen.

Vergeben macht frei!

Nicht zu vergeben

macht traurig, unzufrieden,

möglicher Weise sogar krank!

beim Gottesdienst unserem Banknachbarn mit

reinem Herzen die Hand reichen (jetzt freundlich

zunicken) können und sagen: „Der Friede sei mit

dir!“ Wenn die ehrliche Antwort zurückkommt:

„Und mit deinem Geiste“ wäre alles gesagt und in

Ordnung.

Könnten wir uns vorstellen, dieser Banknachbar ist

genau jener, mit dem wir im Klinsch liegen? Dann

wäre, wenn es ehrlich gemeint war und bei gutem

Willen, schon alles bereinigt.

So spielt das Leben im Alltag allerdings nicht. Es

sind nicht jene Banknachbarn, die sich so gar nicht

grün sind! Die sind wohl, wenn überhaupt, ein paar

Bänke weiter und verlassen die

Kirche ohne den wahren Friedensgruß

gespendet zu haben!

Wie sollen wir nun aber mit

Groll und Streit umgehen?

Überlegen wir doch ob Verletzungen

tatsächlich so groß waren,

dass es sich lohnt, sie nachzutragen. War es das

wert, schlaflose Nächte zu haben? Lohnte es sich,

wie die Ordensfrau Melanie Wolfers in ihren Vorträgen

und Büchern sagt: „Sich als Gefangene unserer

Vergangenheit zu fühlen und mit der Last der

vergifteten Gefühle und Erinnerungen zu leben?“

Wem ist es noch nicht passiert, dass er mit anderen

übers Kreuz kam und am Abend spürte, dass sogar

der Schlaf darunter leidet und man dann feststellen

muss, dass Frieden schließen gar nicht so einfach

ist.

Wie schön ist es, wenn wir beim Friedensgruß

Oft werden wir sagen: Natürlich nicht. Trotzdem

bleibt es schwer zu vergeben. Dass dies nicht nur

für uns schwer ist, sondern auch für den anderen,

von dem wir ein Entgegenkommen, Vergeben und

eventuell eine Entschuldigung erwarten, ist allerdings

auch zu bedenken.

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