Zur Dokumentation (1,88 MB) - (BAG) Spiel & TheateR
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eliebt (zum Beispiel wurden Requisiten analog der Inszenierung Orten auf der Bühne zugeordnet).<br />
Hierbei fiel insbesondere die Ausdauer und <strong>Spiel</strong>lust bei der sinnlichen Auseinandersetzung<br />
mit Material auf (zum Beispiel beim Kneten des Teiges). Beachtenswert war, dass die Kinder sich<br />
in ihren Rückspielen an der ästhetischen Gestaltungsform der gesehenen Inszenierung orientierten.<br />
Sie versuchten Abläufe, Reihenfolgen und <strong>Spiel</strong>vereinbarungen zu rekonstruieren und ihr<br />
<strong>Spiel</strong> daran anzupassen (Originalton unter den rückspielenden Kindern: „Ihr dürft den Teig nicht<br />
teilen, erst wenn sie klatscht!“). Außerdem übersetzten sie die auf der Bühne gesehenen Szenen<br />
in den Rückspielen in ihre eigene Lebenswelt (für die rückspielenden Nürnberger war beispielsweise<br />
Hamburg „gaaanz weit weg“ und nicht München wie in der Originalversion der Hamburger<br />
Theatergruppe). Zum Teil vermischten die Rückspieler gesehene Szenen miteinander. Sie<br />
entnahmen das für sie inhaltlich Wesentliche und bauten es in eine Szene ein, die sie gut fanden<br />
(ganz im postmodernen Sinne eine Dekonstruktion und Rekonstruktion; allerdings ist das<br />
ohnehin eine typische Vorgehensweise im kindlichen <strong>Spiel</strong>). Gesehene Szenen wurden teilweise<br />
um neue Elemente oder Ebenen erweitert (zum Beispiel begann ein Kind im Rückspiel zu einer<br />
analog dem Original zunächst pantomimisch dargestellten Szene, Geräusche von außen zu<br />
synchronisieren). Allgemein bleibt festzustellen, dass sich die Kinder in den Rückspielen eher an<br />
der Form der gesehenen Szenen orientiert haben als an deren Inhalten. Aus ästhetischer Sicht ist<br />
zudem interessant, dass die <strong>Spiel</strong>er sich in ihren Rückspielen zum Teil an der körperlichen<br />
Haltung der auf der Bühne gesehenen Figuren orientierten und versuchten, diese zu imitieren.<br />
Sie erinnerten sich an Textteile, versuchten Sätze möglichst originalgetreu zu zitieren. Der Text<br />
wurde dann den <strong>Spiel</strong>ern des Originals zugeordnet.<br />
In den Rückspielen war erkennbar, wie das gezeigte Theaterstück die Phantasie der zuschauenden<br />
Kinder anregte, ob auf der Bühne angespielte Imaginationen von den Zuschauern geteilt wurden<br />
(zum Beispiel machte die Berliner Theatergruppe in ihrem Rückspiel an die Stuttgarter deutlich,<br />
dass sie erkannt hatte, dass Graf Dracula einen Vampir-Forscher in einen See gestoßen hatte,<br />
obwohl auf der Bühne natürlich kein See war).<br />
Die Rückspiele gaben der Paten-Theatergruppe die Möglichkeit auszudrücken, was sie besonders<br />
toll an der von ihnen gesehenen Inszenierung fanden, sich in Situationen zu begeben, die sie<br />
besonders anregend fanden, sich in Rollen und mit Materialien auszuprobieren, die sie aus dem<br />
Theaterstück interessierten. Außerdem konnten sie sich ihre Fragen von den Akteuren beantworten<br />
lassen, klären, worüber sie verwirrt waren.<br />
Das <strong>Spiel</strong> der Rückspieler regte wiederum die Hauptakteure an, ihre Szene noch einmal zu<br />
spielen, sei es, um zu zeigen, wie sie „richtig ging“ oder um die Möglichkeit zu nutzen, eine<br />
andere Rolle im eigenen Theaterstück auszuprobieren. In diesen Momenten verrieten die<br />
Rückspiele viel über die Arbeitsweise während der Inszenierung. Sie verwiesen darauf, wie gut<br />
sich die <strong>Spiel</strong>er untereinander kannten, was sie über die Szenen ihrer Mitspieler wussten, wie<br />
häufig sie zusammen gearbeitet hatten, wie viel sie selbst während des Inszenierungsprozesses<br />
ausprobieren konnten, wie genau die Absprachen waren, wie präzise gearbeitet wurde.<br />
Die Rückspiele schufen einen Freiraum, der einen lebendigen Austausch zwischen zwei Theatergruppen<br />
ermöglichte. Dabei kamen die Kinder aus den unterschiedlichen Gruppen nicht nur in<br />
Kontakt miteinander und lernten sich untereinander besser kennen. Ihre Theaterstücke wurden<br />
in spielerischer, kindgerechter Weise zum Thema gemacht. Lustvoll erfuhren die Akteure eine<br />
wertschätzende Rückmeldung von Experten auf ihrer Augenhöhe.<br />
Romi Domkowsky, unter Mitwirkung von Silke Lenz<br />
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