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Mamoru Kawaguchi - db deutsche bauzeitung

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stand erstmals, dass der Ingenieur zwar sicher stets versuchen soll<br />

und wird, die Form seiner Struktur aus deren Funktion und ihrem<br />

Kraftfluss abzuleiten, dass er aber auch nur, »near reality« argumentierend,<br />

seinem Gefühl für die gute Gestalt nachgeben darf.<br />

»Ich mach es so, weil es mir gefällt.«<br />

Zur Person <strong>Mamoru</strong> <strong>Kawaguchi</strong>, am 21. Oktober 1932 geboren,<br />

wuchs in der Kleinstadt Fukui City zusammen mit sieben Geschwistern<br />

als Sohn streng gläubiger Buddhisten auf. Er heiratete 1961<br />

und ist Vater von vier Kindern, der Älteste, Ken’ichi, ist auch Bauingenieur<br />

und bei seinen Reisen immer dabei. Im Zweiten Weltkrieg<br />

fiel sein Elternhaus einem Fliegerangriff zum Opfer. Im Juni 1948<br />

wurde es wiederum durch ein schweres Er<strong>db</strong>eben zerstört, wobei<br />

die Familie glücklicherweise überlebte. Diese prägenden Erlebnisse<br />

trugen dazu bei, dass er Bauingenieur wurde und sich später forschend<br />

mit dem größten Feind unserer Bauwerke, dem Er<strong>db</strong>eben,<br />

auseinander setzte. Sein Vater, den er sehr verehrte, überlebte den<br />

erneuten Schicksalsschlag nur wenige Jahre. So wurde <strong>Mamoru</strong> das<br />

verantwortliche Familienoberhaupt und konnte nicht in Tokio studieren,<br />

sondern, ab 1951, nur zu Hause an der Fukui University.<br />

Dort traf er auf Professor Hirohiko Yoshida, der nicht nur ein begabter<br />

Forscher und Lehrer der Baustatik war, sondern auch einen ausgeprägten<br />

Sinn für Schönheit hatte. Er brachte seinen Studenten<br />

das Zeichnen und Formen bei und beeindruckte sie auch durch sein<br />

Klavierspiel und seine Begeisterung für japanische Volksmusik. Das<br />

prägte <strong>Mamoru</strong>, der selbst aktiver und begeisterter Sänger ist und<br />

sich regelmäßig mit Freunden zum gemeinsamen Gesang trifft.<br />

Nach Abschluss seines Studiums 1955 konnte er 1957 doch noch<br />

an der Tokyo University den Master erwerben und 1966 dort promovieren.<br />

Bereits 1960 wurde er Dozent, 1962 »Associate Professor«<br />

und 1972 Professor an der Hosei University in Tokio, wo er bis<br />

zu seiner Emeritierung im Jahre 2003 unterrichtete.<br />

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Sein großer Lehrmeister An der Graduate School der Tokyo<br />

University studierte er bei dem noch keine 50 Jahre alten Professor<br />

Yoshikatsu Tsuboi, mit dem er später nicht nur vielfach zusammenarbeitete,<br />

sondern den er auch bis zu dessen Lebensende treu und<br />

dankbar begleitete. Etwa, als schönes Beispiel für <strong>Mamoru</strong>s Einfühlungsvermögen,<br />

bei einem IASS-Symposium in Osaka 1986, als sich<br />

Tsuboi als Präsident mit einer auf Englisch zu haltenden Eröffnungsrede<br />

altersbedingt schwer tat. <strong>Mamoru</strong> ließ die Rede deutlich lesbar<br />

hinter ihm an die Wand projizieren und stellte sich wie ein Fels<br />

neben seinen Meister, um ihm jederzeit zur Seite zu springen.<br />

Fünf Jahre später und 25 Jahre nach dem wir uns zum ersten Mal<br />

begegneten, lud mich <strong>Mamoru</strong> als Gastredner zum ersten Tsuboi-<br />

Memorial-Seminar ein.<br />

Yoshikatsu Tsuboi war der Inbegriff eines kreativ entwerfenden<br />

Ingenieurs. Er war einerseits ein anerkannter Mathematiker, der<br />

sich an der Eleganz einer sauberen analytischen Lösung berauschen<br />

konnte, aber gleichzeitig zum besseren Verständnis regen Gebrauch<br />

von der Modellstatik machte. Darüber hinaus war er sehr am Zusammenspiel<br />

von »structural rationality and architectural aesthetics«<br />

interessiert. Seine besondere Neigung galt den Betonschalen,<br />

von denen er mehrere zusammen mit dem Architekten Kenzo<br />

Tange baute. Besonders beeindruckt hat <strong>Mamoru</strong> Tsubois Prinzip<br />

der »dual evaluation«: Vor zwei Möglichkeiten gleicher Bedeutung<br />

gestellt, soll man sich nicht eilfertig für eine entscheiden, sondern<br />

beide weiterhin gleichermaßen verfolgen. Diese Neigung zum Probieren<br />

und Experimentieren, diese Neugier und Lust, immer wieder<br />

Neues auszuprobieren, gepaart mit Können und Geschicklichkeit,<br />

findet sich durchgehend in <strong>Mamoru</strong> <strong>Kawaguchi</strong>s Arbeiten wieder.<br />

Werke Nach den Olympiabauten für Tokio 1968 plante <strong>Mamoru</strong><br />

noch im selben Team mit Tsuboi und Tange das große Dach über<br />

dem Festplatz für die Expo 1970 als zweilagiges Raumfachwerk mit<br />

3 Der Pavillon der Fuji-Gruppe auf der Expo 1970 in Osaka entstand gemeinsam<br />

mit dem Architekten Yukata Murata. Es ist <strong>Kawaguchi</strong>s erstes selbstständiges<br />

Werk<br />

4 Pavillons für die World Orchid Conference 1987 in Tokio: Ein Pavillon mit<br />

kreisförmigem Grundriss mit 75 m Durchmesser, der andere in wurmartiger<br />

Form von 40 m Breite und 100 m Länge<br />

<strong>db</strong> 4/06

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