Mamoru Kawaguchi - db deutsche bauzeitung
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Ingenieurporträt <strong>Mamoru</strong> <strong>Kawaguchi</strong><br />
Breitenkreis noch fehlenden Stäbe eingebaut. Der Pantadome fand<br />
außer in Kobe und Barcelona vielfältige Anwendungen, bei einem<br />
Stadion in Singapur (Bild 8), beim Sun Dome Fukui, bei der Namihaya<br />
Sporthalle in Osaka oder der Nara City Hall.<br />
Faszinierend zu beobachten ist, wie solch eine Erfindung wie der<br />
Pantadome sich aus der Kombination früherer Erfahrungen entwickelt,<br />
hier aus <strong>Mamoru</strong>s intensiver Beschäftigung mit Raumstrukturen<br />
und der Kinematik von pneumatischen Konstruktionen, natürlich<br />
gepaart mit Fantasie und der Bereitschaft zum Risiko.<br />
Daneben sei noch <strong>Kawaguchi</strong>s »Suspendome« erwähnt, mit dem er<br />
das Gewicht der klassischen, meist zweilagigen Raumfachwerkskuppel<br />
drastisch reduziert. Er kann sie nämlich einlagig und ganz<br />
leicht bauen, weil er sie mit einem »cable dome« kombiniert, also<br />
unterspannt. Cable domes, erfunden von David Geiger, sind übrigens<br />
– wenn ich es recht beurteile – die einzigen brauchbaren Tensegrity<br />
Structures Fuller’scher Art. <strong>Kawaguchi</strong> & Engineers Co. Ltd.<br />
konnten mehrere Suspendomes bauen, weitere sind in seinem Büro<br />
in Planung.<br />
Die Vielfalt der Arbeiten und Bauten <strong>Kawaguchi</strong>s ist so überwältigend,<br />
dass der Platz unmöglich reicht, die weiteren auch nur aufzuzählen.<br />
So seien nur noch wenige kurz gestreift: Als Beispiel<br />
dafür, dass es ihm auch ohne besondere gestalterische Ambitionen<br />
um die reine Problemlösung gehen kann – wohl ausgelöst durch<br />
seine Kindheitserfahrungen mit schweren Er<strong>db</strong>eben – seien die von<br />
ihm entwickelten, an Pendel hängenden Decken des Keramik Museums<br />
MINO genannt. Statt schwerer, konventioneller Dämpfer<br />
hängen 900 m² Ausstellungsfläche an 4,50 m langen, also stock-<br />
78<br />
7<br />
werkhohen Pendeln und liegen so mit einer Eigenschwingungszeit<br />
von mehr als 4 Sekunden im er<strong>db</strong>ebensicheren Bereich. Übrigens<br />
habe ich vor Ort erlebt, wie <strong>Mamoru</strong> solch durchaus komplexen<br />
Vorgänge sehr anschaulich erläutern kann (Bild 7).<br />
Seine Inachus Fußgängerbrücke in Beppu City, Kyushu, ist ein Beispiel<br />
dafür, dass er sich auch auf »fremde« Gebiete traut – und das<br />
in Japan, wo die Ingenieure, die sich mit Brücken beschäftigen, und<br />
die, die mit Architekten zusammenarbeiten, ganz unterschiedlichen<br />
Fakultäten angehören. Der Gehweg der Brücke ist aus Granitplatten,<br />
die in Längsrichtung vorgespannt und nach oben gewölbt mit<br />
kettengliedrigen Stahlbändern fischbauchartig unterspannt sind –<br />
eine sehr schöne Wirkung, auch dank der Keramikamulette an den<br />
Kettenknoten. Sie wurde gerade mit einem weiteren hohen Preis<br />
ausgezeichnet.<br />
Überspringen wir hier einige hochinteressante jüngere Bauten, etwa<br />
das Tianjin Museum in China und eine als Riesenrad ausgebildete<br />
Fußgängerbrücke Ci Hai in Tianjin und freuen wir uns noch mit dem<br />
Kind im Mann <strong>Mamoru</strong> über seinen 100 m langen, im Wind fliegenden<br />
Jumbo-Karpfen aus Baumwollstoff (Bild 9). Er entwickelte<br />
ihn auf Einladung einer kleinen Stadt für ihr jährliches Fest, nach<br />
streng aerodynamischen, analytischen und membran-technologischen<br />
Prinzipien, mit wissenschaftlichem Eifer und seiner ganzen<br />
Fantasie. Und – frohe Botschaft – er lässt ihn zwischen dem 26. und<br />
28. Mai anlässlich eines Fußballspiels der Japaner in Kaiserslautern<br />
fliegen. Hoffentlich bläst da der Wind!<br />
Unbedingt erwähnt werden muss aber noch, dass <strong>Mamoru</strong> <strong>Kawaguchi</strong><br />
bis zu seiner Emeritierung an der Hosei University ein äußerst<br />
8<br />
7 Veranschaulichung für eine er<strong>db</strong>ebensichere<br />
Konstruktion über Pendellager:<br />
Die Schwingungszeit des Pendels ist<br />
dabei nur abhängig von der Pendellänge,<br />
nicht aber von seiner Masse<br />
8 Das Singapore Indoor Stadium wurde<br />
ebenfalls als Pantadome gebaut. Auch<br />
hier plante <strong>Kawaguchi</strong> zusammen mit<br />
Kenzo Tange<br />
9 Der fliegende Jumbo-Karpfen aus<br />
Japan soll im Mai auch in Kaiserslautern<br />
fliegen<br />
<strong>db</strong> 4/06