Informationen & Kontext - Medizinische Psychologie Uni Freiburg
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Wie diese Symptome letztendlich interpretiert werden, hängt von der Hypothese ab, die der Arzt im<br />
Gespräch mit der Patientin entwickelt. Diesen Zusammenhang verdeutlichen die Folien 7 und 8 anhand<br />
eines Beispiels. Die in Folie 7 gezeigte Figur kann ganz unterschiedlich interpretiert werden. Man könnte<br />
sie als eine etwas ungewöhnliche Form des Buchstabens „A“ interpretieren, näher läge vielleicht der<br />
Buchstabe „H“, möglich wäre aber auch an eine Leiter zu denken oder an ein paar Mauern, die von oben<br />
betrachtet werden. Während die Figur allein also viele Bedeutungen annehmen kann, wird ihre Bedeutung<br />
deutlicher festgelegt, wenn ein bestimmter <strong>Kontext</strong> dazukommt, was in Folie 8 zu sehen ist. Jetzt<br />
würden wir die Figur einmal als ein „A“ und einmal als ein „H“ interpretieren.<br />
Folie 7<br />
Folie 8<br />
Was ist das?<br />
<strong>Informationen</strong> & <strong>Kontext</strong><br />
D S<br />
O R n.<br />
Anderson 3 2001<br />
Der <strong>Kontext</strong> ist also letztendlich entscheidend dafür, welche Bedeutung wir dem Zeichen (dem „Symptom“)<br />
jeweils zuweisen. Das gilt auch für die Symptome der Patienten. In einer Studie aus den Niederlanden<br />
hat man diesen Zusammenhang näher untersucht. (Folie 9) Eine Gruppe von ärztlichen Berufsanfängern<br />
wurde dazu mit einer Gruppe erfahrener Hausärzte (Experten also) verglichen. Die Frage war,<br />
wie gut es den Versuchsteilnehmern gelingt, aus den <strong>Informationen</strong> verschiedener (insgesamt 18) Patienten<br />
die richtige Verdachtsdiagnose zu stellen. Dazu wurden ihnen einmal ausführlichere <strong>Informationen</strong><br />
zur Verfügung gestellt (ein Bild der Patientin, ihre Akte mit <strong>Informationen</strong> zu Vorerkrankungen etc. sowie<br />
ihre aktuelle Anamnese), in der Vergleichsbedingung dagegen nur die Anamnese also die aktuelle Beschwerdeschilderung.<br />
Interessant war nun, dass die Hausärzte von den <strong>Kontext</strong>informationen (Bild und<br />
Akte) der Patientin sehr viel besseren Gebrauch machen konnten als die Berufsanfänger. Die Hausärzte<br />
stellten nämlich, wenn ihnen diese zusätzlichen <strong>Informationen</strong> gegeben wurden, sehr viel häufiger die<br />
richtige Verdachtsdiagnose als nur aufgrund der Beschwerdeschilderung. Die Berufsanfänger konnten<br />
dagegen keinen Nutzen aus diesen <strong>Informationen</strong> ziehen. Diese Ergebnisse lassen zwei Schlüsse zu:<br />
zum einen ist es offensichtlich so, dass sich mit zunehmender Berufserfahrung, die Art und Weise verän-<br />
© Dr. Götz Fabry, Abteilung für <strong>Medizinische</strong> <strong>Psychologie</strong>, <strong>Freiburg</strong>. www.medizinische-psychologie.de 4 / 10