EDUCATION 2.21
Empathie
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Thema | Dossier<br />
Empathie<br />
EINE STRICKAKTION,<br />
DIE LEBEN RETTET<br />
Stefanie Christ<br />
In der Schule Matzwil strickte eine Jungenklasse<br />
emsig Babymützchen. Die Aktion hatte einen<br />
humanitären Hintergrund: Mit «Mützchen für Afrika»<br />
werden Neugeborene in Guinea mit lebensnotwendigen<br />
Kopfbedeckungen versorgt.<br />
Gemäss Unicef sterben weltweit rund eine Million Neugeborene<br />
an ihrem ersten Lebenstag. Mehr als 1,5 Millionen Babys sterben<br />
jährlich innerhalb des ersten Lebensmonats. Betroffen sind vor<br />
allem Kinder in den ärmsten Weltregionen, dazu gehört auch der<br />
westafrikanische Staat Guinea. Todesursachen sind meist Lungenentzündungen,<br />
Durchfall oder andere Infektionskrankheiten.<br />
Durch Hygienemassnahmen, ausgebildetes Pflegepersonal und<br />
die Versorgung mit Impfungen und nötigen Medikamenten könnten<br />
viele dieser Kinder gerettet werden – und eben durch Mützen.<br />
Auch hierzulande wird Neugeborenen sogleich eine gestrickte<br />
Mütze übers Köpfchen gestreift, denn sobald ein Kind den<br />
Mutterleib verlassen hat, beginnt seine Körpertemperatur zu sinken.<br />
Die meiste Wärme verliert es dabei über seinen Kopf. Die<br />
Aussentemperatur des Geburtsorts spielt dabei eine zu vernachlässigende<br />
Rolle. Verliert das Kind zu viel Wärme, ist es anfällig für<br />
lebensbedrohliche Krankheiten. Die Mützen helfen also dem<br />
Kind, die Körperwärme zu halten.<br />
Hier setzt das Projekt «Mützchen für Afrika» an. Initiiert wurde<br />
es vor rund zwei Jahren von der pensionierten Lehrerin Marianne<br />
Jakob. Zusammen mit ihrem Mann, auch er ein ehemaliger Lehrer,<br />
lebte sie von 2011 bis 2019 in Guineas Hauptstadt Conakry,<br />
wo das Paar ein Gästehaus führte. In diesem stiegen vornehmlich<br />
Europäer ab, die für Hilfswerke ins Land reisten. Dort hörte Jakob<br />
erstmals von der Neugeborenenproblematik. So entschied sie<br />
sich, zum Stricken von Babymützen aufzurufen und seither bietet<br />
sie Interessierten ein entsprechendes Strickmuster an. Und nicht<br />
nur das: Jakob spannt mit dem Verein Souffle2vie zusammen. Die<br />
Non-Profit-Organisation mit Sitz in Epalinges setzt sich unter anderem<br />
für die Verbesserung der Überlebenschancen von Neugeborenen<br />
und ihren Müttern in Guinea ein. Gründer und Präsident<br />
von Souffle2vie ist Matthias Roth-Kleiner, der damals auch in<br />
Jakobs Gästehaus residierte. Der Kinderarzt mit Spezialisierung<br />
in Neugeborenen-Intensivmedizin arbeitet als Chefarzt an der Klinik<br />
für Neonatologie am Universitätsspital in Lausanne und unternimmt<br />
jährlich mindestens zwei Reisen nach Guinea. Mit weiterem<br />
medizinischen Fachpersonal schult und betreut er das<br />
Personal vor Ort – und überbringt auch gleich persönlich die gestrickten<br />
Mützen.<br />
Interessierte können bei Marianne Jakob das Strickmuster beziehen<br />
(s. Kasten) und ihr die fertigen Mützen zum Weiterleiten zustellen.<br />
Auch die Mutter von Michèle Schwendimann strickt für die<br />
Aktion – so erfuhr die Lehrerin der Schule Matzwil von «Mützchen<br />
für Afrika». Sie entschied sich, das Projekt im Unterricht zu thematisieren,<br />
«da es sinnvoll ist und das Entstandene nicht einfach im<br />
Abfall landet», sagt Michèle Schwendimann. Obwohl ihre Jungenklasse<br />
teilweise eine Vorliebe fürs Werken hat, waren die Schüler<br />
von Anfang an mit an Bord: «Einige waren etwas frustriert, weil es<br />
mit dem Stricken nicht so richtig klappen wollte. Als ich ihnen vom<br />
Projekt erzählt habe, waren sie voll dabei und freuten sich, etwas<br />
Gutes zu tun.» Ab den ersten Erfolgen stieg die Freude an der<br />
Arbeit, «und plötzlich ging es immer schneller und besser». Jeder<br />
Schüler strickte eine Mütze, und zusammen mit jenen aus dem<br />
privaten Umfeld von Michèle Schwendimann konnte die Lehrerin<br />
für die Aktion 50 Babymützchen einschicken.<br />
«Ich könnte mir vorstellen, dass einige der Schüler privat für<br />
das Projekt weiterstricken», so Schwendimann. «Und auch ich<br />
kann mir gut vorstellen, die Aktion mit einer anderen Klasse zu<br />
wiederholen.»<br />
STRICKANLEITUNG<br />
«MÜTZCHEN FÜR AFRIKA»<br />
Für die Strickanleitung von Marianne Jakob benötigen Sie<br />
ungefähr 25 Gramm Baby- oder Sockenwolle (Lauflänge<br />
ca. 200 m/50 g) sowie ein Spiel Nadeln (3).<br />
– Grundmuster: Glatt recht (in Runden nur rechts).<br />
– Das Mützchen wird in Runden gestrickt und am unteren<br />
Rand begonnen. Dafür 80 Maschen, also 20 Maschen pro<br />
Nadel, anschlagen und 2 cm Bündchenmuster (im Wechsel<br />
1 Masche rechts, 1 Masche links) stricken. Dann im Grundmuster<br />
bis 10 cm Gesamthöhe weiter gerade stricken.<br />
– Das Abnehmen für die Kopfform erfolgt folgendermassen:<br />
In der ersten Runde 8-mal jede 9. und 10. Masche zusammenstricken.<br />
Wieder eine Runde glatt/rechts stricken.<br />
Dann das Abnehmen in den weiteren Runden an derselben<br />
Stelle wiederholen, also zunächst jede 8. und 9. Masche,<br />
dann jede 7. und 8. Masche usw. rechts zusammenstricken.<br />
– Die letzten 8 Maschen mit dem Endfaden zusammenziehen<br />
und den Faden anschliessend vernähen.<br />
Die fertigen Mützchen können Sie an Marianne Jakob schicken:<br />
Alpenstrasse 16A, 3627 Heimberg<br />
Das Strickmuster können Sie digital beziehen bei:<br />
mariannejakob51@gmail.com<br />
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