EDUCATION 2.21
Empathie
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Mittelschule/Berufsbildung | Ecoles moyennes/Formation professionnelle<br />
Reform «Kaufleute 2022»<br />
KV-LEHRE WIRD PRAXIS-<br />
NÄHER<br />
Theodora Peter<br />
Die Ausbildung zur Kauffrau oder zum Kaufmann EFZ ist die am<br />
häufigsten absolvierte Berufslehre in der Schweiz. Mit der Reform<br />
«Kaufleute 2022» rückt die Ausbildung näher an die Praxis und<br />
richtet sich an den Handlungskompetenzen aus.<br />
Selbstständig Aufträge planen und ausführen, Beziehungen zu<br />
Kundinnen und Lieferanten knüpfen und gestalten, unternehmerische<br />
Arbeitsprozesse koordinieren, im Team kreative Lösungen<br />
erarbeiten: Angehende Kaufleute müssen in der Berufspraxis vielseitige<br />
Aufgaben erfüllen. Gefragt sind nebst technischen Fertigkeiten<br />
und kaufmännischem Grundwissen umfassende Sozialund<br />
Selbstkompetenzen, vernetztes Denken und viel Flexibilität.<br />
Wer als Kaufmann oder Kauffrau die Stelle wechselt, sieht sich je<br />
nach Branche mit ganz neuen Rahmenbedingungen konfrontiert.<br />
Lebenslanges Lernen ist deshalb unabdingbar. In der digitalen<br />
Arbeitswelt wird zudem «Computational Thinking» immer wichtiger:<br />
ein Problem methodisch so zu zerlegen, dass Muster erkannt<br />
und Regeln für eine Lösung formuliert werden, wie sie auch ein<br />
Computer ausführen könnte.<br />
An diesem kompetenzorientierten Qualifikationsprofil richtet<br />
sich die Reform «Kaufleute 2022» aus. Damit will der Berufsträger,<br />
die Schweizerische Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs-<br />
und Prüfungsbranchen (SKKAB), den bei manchen<br />
Arbeitgebern als «verschult» geltenden Beruf attraktiver und wettbewerbsfähiger<br />
machen. Gar von einem «Paradigmenwechsel»<br />
spricht Thomas Suter, Stellvertretender Direktor und Leiter Bildung<br />
bei Spedlogswiss, dem Verband der Speditions- und Logistikunternehmen<br />
in der Schweiz: «Erstens steht die Anwendungskompetenz<br />
im Zentrum der kaufmännischen Grundbildung,<br />
zweitens kann sie spezifischer auf einzelne Branchen ausgerichtet<br />
werden.» Das ermögliche den Betrieben, «eine attraktivere<br />
Lehre anzubieten, was sich positiv auf die Ausbildungsbereitschaft<br />
auswirken wird», wird der Verbandsvertreter in einem<br />
Statement auf der SKKAB-Projektwebseite (Link siehe unten)<br />
zitiert.<br />
Lehrpersonen als Coaches<br />
Die konsequente Ausrichtung auf Handlungs- und Anwendungskompetenzen<br />
hat einschneidende Folgen für die kaufmännischen<br />
Schulen. Die Reform bringe einen «pädagogisch grundsätzlichen<br />
Wandel» mit sich, sagt Berufsschulinspektor Michael<br />
Brupbacher, der für das Mittelschul- und Berufsbildungsamt des<br />
Kantons Bern die Umsetzung begleitet. War das KV bislang, vereinfacht<br />
gesagt, eine Art «Wirtschaftsgymnasium light», an dem<br />
eine Allgemeinbildung mit klassischem Fächerkanon unterrichtet<br />
wurde, soll sich der schulische Teil der kaufmännischen Ausbildung<br />
künftig stärker der beruflichen Realität anpassen. «Die<br />
Jugendlichen sollen das lernen, was sie am Arbeitsort effektiv<br />
tun», sagt Brupbacher. Damit werde sich mittelfristig auch das<br />
Qualifikationsprofil der Lehrpersonen verändern. So werden in<br />
Zukunft an den kaufmännischen Schulen mehr Lehrkräfte mit<br />
Praxiserfahrung unterrichten – wie dies in anderen Berufsfeldern<br />
bereits heute der Fall ist. Gefragt ist laut Brupbacher zudem eine<br />
neue Form des Unterrichtens. «Nebst der Wissensvermittlung<br />
werden die Lehrkräfte vermehrt auch die Rolle eines Coaches<br />
Die Reform bringt eine stärkere Ausrichtung auf die berufliche Realität.<br />
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