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Papiers Folteropfer und Suizid Das Genfer Ambulatorium für Folter

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Aktuell<br />

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Letztes Jahr konnte das <strong>Ambulatorium</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Folter</strong>- <strong>und</strong> Kriegsopfer (afk) sein zehnjähriges<br />

Bestehen feiern. In diesem Frühjahr<br />

erfolgte nun der Umzug von der Freiburgstrasse<br />

in Bern ins Gebäude des Logistikzentrums<br />

des Schweizerischen Roten<br />

Kreuzes in Wabern. Der Umzug erlaubt,<br />

neue langfristige Projekte in Angriff zu<br />

nehmen. Am neuen Ort wird auch die sich<br />

im Aufbau befindende Anlaufstelle <strong>für</strong><br />

Sans-<strong>Papiers</strong> ihren Platz finden. (Siehe<br />

nebenstehendes Interview.)<br />

Wenn der Patient durch die Eingangstür des<br />

afk im zweiten Stock des in vorbildlichem<br />

Industriestil erbauten SRK-Gebäudes an der<br />

Werkstrasse 16 tritt, fällt ihm als erstes auf,<br />

wie geräumig <strong>und</strong> hell die neue Lokalität des<br />

<strong>Ambulatorium</strong>s sich präsentiert. Der weite <strong>und</strong><br />

hohe Raum, der sich vor ihm öffnet, ist durchgängig<br />

belichtet <strong>und</strong> bietet auf zwei Seiten<br />

Aussicht ins Grüne. <strong>Das</strong> Empfangsdesk ist<br />

eine Art «Insel» in einer offenen Umgebung,<br />

die an eine Hotellobby erinnert. In einer der<br />

behaglichen, mit Teppichen ausgelegten<br />

Nischen kann sich der Patient oder die Patientin<br />

setzen <strong>und</strong> sich, falls er oder sie es<br />

wünscht, mit anderen unterhalten. Auch eine<br />

Spielecke fehlt nicht.<br />

Entlang eines breiten Flurs, auf dem auch<br />

schon mal ein Kind mit dem Rolly Trottinettfahren<br />

gespielt hat, reihen sich die Behandlungs-<br />

<strong>und</strong> Therapieräume. Hier befindet sich<br />

zudem die Bibliothek <strong>und</strong> ein <strong>für</strong> die ÜbersetzerInnen<br />

reservierter Teil. Die Sprechzimmer<br />

sind vom Flur durch Glastüren abgetrennt <strong>und</strong><br />

selbstverständlich nicht einsehbar: Durch das<br />

Ziehen der farbigen Vorhänge lässt sich die<br />

erforderliche Intimität herstellen. Weite <strong>und</strong><br />

Licht der Räume, Farbakzente <strong>und</strong> Transparenz<br />

bilden einen Kontrast zu den Erfahrungen<br />

im Gefängnis <strong>und</strong> zu den damit verb<strong>und</strong>enen<br />

belastenden Erinnerungen der Patienten.<br />

Distanz <strong>und</strong> Nähe<br />

«Für uns ist der freie Raum zwischen den Therapieräumen<br />

<strong>und</strong> Büros, der grosse Flur, ein<br />

Freiraum <strong>und</strong> Distanzraum», sagt Brigitte<br />

Ambühl Braun. <strong>Das</strong> Herstellen von Distanz –<br />

Distanz zur harten Arbeit <strong>und</strong> auch unter einander<br />

im Team – sei unabdingbar, wenn man<br />

täglich mit so schweren Traumata konfrontiert<br />

ist, erklärt die Ärztin <strong>und</strong> Therapeutische Leiterin<br />

des <strong>Ambulatorium</strong>s. «Man muss sich<br />

zwischendurch innerlich freimachen können.»<br />

Wer sich richtig zurückziehen will, kann den<br />

Der grösstmögliche<br />

Kontrast zum Gefängnis<br />

Chill-out-Raum aufsuchen: Die Möblierung<br />

besteht aus einem gemütlichen Sofa sowie<br />

einem Tisch <strong>und</strong> Stühlen <strong>für</strong> gemeinsame<br />

Gespräche.<br />

Distanz <strong>und</strong> Nähe brauchen sich aber nicht zu<br />

widersprechen. «Die Geräusche, die wir durch<br />

die Glastüren hören können, Stimmen <strong>und</strong><br />

Lachen, das Geräusch des Shredders… sind<br />

Zeichen der Präsenz anderer Menschen. Die<br />

Silhouetten hinter den Vorhängen geben den<br />

Patienten das Gefühl, dass sie hier nicht isoliert<br />

sind. Und jede Patientin, jeder Patient<br />

weiss, dass sich hinter dem gezogenen Vorhang<br />

die Türe befindet – der Weg nach draussen.»<br />

<strong>Das</strong> Team habe sich zuerst an die transparenten<br />

Türen gewöhnen müssen, erzählt Brigitte<br />

Ambühl Braun. «<strong>Das</strong> Licht in unseren Büros,<br />

die persönliche Note <strong>und</strong> die vielen schönen<br />

Details der neuen Lokalität haben aber den<br />

Effekt, dass wir schon nach kurzer Zeit angefangen<br />

haben, uns sehr wohl zu fühlen.» Und<br />

auch der grossen Mehrheit der Patienten<br />

gefällt der neue Ort, der bald noch stärker<br />

belebt sein wird, wenn auch Sans-<strong>Papiers</strong> hier<br />

ein- <strong>und</strong> ausgehen.<br />

Heinz Heer

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