Go 14/2019
Zwölf wahre Reportagen über Lügen. Die Geschichten beleuchten die ganze Lügenpalette: von den verschwiege-nen Wahrheiten in Familien bis zur Münchhausenschen Lust, die Unwahrheit zu erzählen.
Zwölf wahre Reportagen über Lügen.
Die Geschichten beleuchten die ganze Lügenpalette: von den verschwiege-nen Wahrheiten in Familien bis zur Münchhausenschen Lust, die Unwahrheit zu erzählen.
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GO #14.2019
GEBÄUDE MIT
GESCHICHTE
Eröffnet am 1. Oktober
1856 als Königliches
Landgericht wurde der
klassizistische Bau später
von der Stadt als Verkehrs-
und Finanzzentrale
genutzt. Auch das
Standesamt war eine Zeit
lang hier untergebracht.
Seit 2011 ist das Amtsgericht
hier zuhause.
„Der ist rechts, oder?“, ist dann auch das erste, was
Carsten sagt, als er von Zantke hört. Carsten ist Fotograf
dieser Geschichte und hat selbst Migrationshintergrund —
Migration ist wichtiges Thema seiner Arbeiten. Andere in
meinem Umfeld lasen einige Zeilen des Buchs und schon
stand ihr Urteil fest: Über so einen würden sie nicht schreiben.
Einen Richter, der aus einer rechten Gesinnung heraus
urteilt und schreibt, eine Plattform geben? Niemals!
Zantke sind diese Reaktionen nicht fremd. Vom Tag der
Bild-Schlagzeile an „war ich offenbar eine polarisierende
Figur in der Öffentlichkeit“, schreibt er in seinem Buch.
„Die einen unterstellten mir, ein ‚Nazi‘ zu sein, die anderen
fanden, dass sich endlich mal jemand gegen ‚die Flüchtlingsverbrecher‘
zur Wehr setzte.“ Er will weder das eine
noch das andere sein. Seine Urteile, so sagt er, beruhten
nicht auf einer politischen Gesinnung. „Sie beruhen auf
dem Gesetz. Wer eine Straftat begeht, wird bestraft. Ob er
links oder rechts steht, ob er ein Deutscher oder ein Migrant
ist, das spielt für mich keine Rolle. Vor dem Gesetz
sind wir alle gleich.“
Beim ersten Treffen sitzt Zantke unter dem Schirm
des Zwickauer Rathaus-Cafés am Marktplatz, trägt eine
etwas abgetragene Schirmmütze, die sein schütteres
Haar verbirgt. Mit seiner Jeansjacke und der runden
Brille sieht er aus wie ein Jedermann. Doch hinter den
Brillengläsern verbirgt sich ein Blick, der nicht sucht,
sondern findet.
Fünf Minuten vor der verabredeten Zeit hatte er eine
SMS geschrieben: „Bin schon da.“ Nun erklärt er: „Ich bin
Preuße“, und zählt seine wichtigsten Werte an drei Fingern
ab: „Pünktlichkeit, harte Arbeit, Korrektheit.“
Britisches Unterhaus, Klimawandel, die Arktis, ...
Zantke kennt sich in der Welt aus — und hört aufmerksam
zu. Wenn ihm aus Versehen ein „hamm“ herausrutscht,
korrigiert er sich sofort. „Haben, damit wir das auch mal
richtig ausgesprochen haben.“ Ohnehin ist seine Aussprache
ungewöhnlich, er spricht hochdeutsch und betont
stets die erste Silbe eines Wortes.
Gegen Ausländer habe er selbstredend nichts. Aber
ihn störe, dass „Merkel die Grenzen geöffnet hat“, dass
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