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»Mira, könntest du bitte die Unterlagen noch aus
dem Büro holen und sie mir bringen? Wir erwarten
die neuen Gemälde und müssen dazu noch die
Präsentation vorbereiten. Ich hatte vergessen, dass
das schon zu morgen fertig sein muss.«
Mira sieht von ihrem Laptop hoch, das ist doch
nicht sein Ernst? Doch sie lächelt und nickt. »Ich
hole sie gleich.« Ohne eine Miene zu verziehen,
geht sie in den ersten Stock, wo die Hauptbüro
des Museums liegt, in dem sie seit über einem
halben Jahr ihr Praktikum macht. Sie hat das
Studium im Sommer sehr gut abgeschlossen und
gleich diesen tollen Praktikumsplatz im großen
Nationalmuseum bekommen. Sie arbeitet unter
Professor Scholz, der ihr alles zeigt, was man
wissen muss.
Sie führen neue Gemälde und Skulpturen in
das Museum ein, planen Ausstellungen, und Mira
war schon zweimal mit ihm auf Reisen, um neue
Schätze zu begutachten, einmal in Italien und
einmal in Ägypten. Es ist toll, es ist, wie Mira es
sich immer vorgestellt hat, auch wenn sie wie heute
nach acht Stunden Arbeit garantiert noch, wie
so oft, bis Mitternacht hier verbringen und dem
Professor helfen wird.
Das bedeutet, sie muss Laura für ihr Abendessen
absagen, sie haben sich die Woche noch gar nicht
gesehen, doch Mira muss in einigem zurückstecken,
wenn sie mehr erreichen will.
Sie hat nun schon fast zehn Monate geschafft,
das Praktikum ist bald beendet und dann wird sie
fest eingestellt und übernimmt das Management
dieses wichtigen Museums in Berlin. Wenn alles
gut läuft, kann sie das sogar für mehrere Museen
machen, doch alles Schritt für Schritt. Erst einmal
die Festeinstellung und dann beginnt sie mit einem
weiterführenden Abendstudium, damit sie das
auch später mal unterrichten kann.
Ihre Ziele sind groß, deswegen verzichtet sie auf
ihre Freizeit, sie ist garantiert nicht die Einzige, die
das tut.
Als sie ihr Handy aus ihre schwarzen
Stoffhosentasche zieht, um Laura anzurufen,
sieht sie mehrere Anrufe von Violet und Noel.
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Merkwürdig, sie hat heute Morgen mit Noel und
Isaiah gesprochen. Der kleine Mann flitzt schon
wie wild herum. Als sie ihn an seinem ersten
Geburtstag im Dezember besucht hat, konnte er
noch nicht laufen, und nun, fünf Monate später,
sitzt er nicht mehr still und bringt sie alle zum
Lachen, wenn sie es schaffen, eine Videokonferenz
zu machen, wie heute morgen. Also bei ihr war es
morgens vor der Arbeit, Violet musste allerdings
früher die Videokonferenz unterbrechen, weil sie
arbeiten musste. Was kann es geben, was so wichtig
ist, dass sie jetzt so oft anrufen?
Mira muss sich beeilen, der Professor mag es
nicht, wenn sie im Museum die Handys benutzen,
das zerstöre den Hauch des Alten. Sie wird erst
einmal Laura absagen, doch gerade, als sie ihren
Namen aufrufen möchte und im Handy wieder die
Lautstärke einstellt, klingelt es und eine Nummer
aus Kanada ruft an. Wer soll das sein? Verwundert
nimmt sie an und bleibt mitten auf den Treppen
im Museum wie versteinert stehen, als sich eine
weibliche Stimme meldet.
»Hallo, spreche ich mit Mira Hais? Hier ist das
Büro von Dekan Boden der B.C. Vancouver. Mr.
Boden muss Sie in einer dringenden Angelegenheit
sprechen, ich stelle durch...«
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