02.07.2021 Aufrufe

210618_IKBB-8216_RZ_Versichertenzeitschrift-IKK-ganz-nah-Ausgabe-022021_ES_WEB

Die aktuelle Aufgabe der IKK ganznah - das Versichertenmagazin der IKK Brandenburg und Berlin

Die aktuelle Aufgabe der IKK ganznah - das Versichertenmagazin der IKK Brandenburg und Berlin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

DIE G<strong>ES</strong>UNDHEITSG<strong>ES</strong>ETZE<br />

DER VERGANGENEN JAHRE –<br />

EINE BILANZ MIT TÜCKEN<br />

Noch ist die 19. Wahlperiode nicht <strong>ganz</strong> beendet. Bestimmt<br />

kommen noch einige Gesetze und Verordnungen hinzu. Wir<br />

aber wagen dennoch bereits einen Rückblick auf die gesundheitspolitische<br />

Gesetzgebung der letzten Jahre. Mit einer Bilanz,<br />

die eher gemischte Gefühle hervorruft.<br />

Schon im September<br />

2017, nach der letzten<br />

Bundestagswahl,<br />

begann die jetzt laufende<br />

Legislaturperiode sehr holperig,<br />

mit einer überaus<br />

zähen Regierungsbildung.<br />

Zwar ging die CDU/CSU<br />

als Sieger hervor, doch die<br />

Verhandlungen um mögliche<br />

Koalitionen dauerten<br />

vom Wahltag bis zur Vereidigung<br />

der Minister so<br />

lange wie nie zuvor, nämlich<br />

<strong>ganz</strong>e 171 Tage, statt<br />

der sonst eher üblichen<br />

durchschnittlichen 43 Tage.<br />

Erst am 12. März 2018<br />

unterzeichneten Union und<br />

SPD schließlich den Vertrag<br />

zur erneuten Großen<br />

Koalition und wählten Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel<br />

am 14. März 2018 mit den<br />

Stimmen der Regierungskoalition<br />

zum dritten Mal<br />

ins höchste Amt.<br />

Heute verrät ein Blick in<br />

die Datenbank des Deutschen<br />

Bundestages, dass<br />

mit Stand vom 1. April 2021<br />

bisher insgesamt 893<br />

Gesetze in den Bundesrat<br />

bzw. Bundestag eingebracht<br />

wurden. Einigen<br />

Gesetzentwürfen stimmte<br />

der Deutsche Bundestag<br />

nicht zu oder vertagte sie<br />

auf einen späteren Zeitpunkt.<br />

Doch unterm Strich<br />

wurden bisher 381 Gesetze<br />

nach der 2. und 3. Lesung<br />

beschlossen. Eine stattliche<br />

Zahl für eine Legislaturperiode,<br />

die „nur“ vier<br />

Jahre läuft.<br />

G<strong>ES</strong>ETZ<strong>ES</strong>FLUT IM<br />

G<strong>ES</strong>UNDHEITSW<strong>ES</strong>EN<br />

Allein im Gesundheitsbereich<br />

entstanden 39<br />

Gesetzentwürfe - sowie<br />

bislang 85 Verordnungen,<br />

die allerdings zum großen<br />

Teil auf dem immensen<br />

Regelungsbedarf durch<br />

die Coronapandemie beruhen.<br />

Die Gesetze schaffen<br />

jeweils einen rechtlichen<br />

Rahmen, der Bürgerinnen<br />

und Bürger Verbesserungen<br />

in der gesundheitlichen<br />

Versorgung bringen<br />

soll. Auf den ersten Blick<br />

ist dies inhaltlich bei den<br />

meisten Themen auch so.<br />

Bei genauerer Betrachtung<br />

werden allerdings auch die<br />

einhergehenden enormen<br />

Kosten sichtbar, die den<br />

gesetzlich Versicherten<br />

entstehen. Unsere Grafik<br />

illustriert dies ungeschönt.<br />

MODERNISIEREN, ABER<br />

AUCH FINANZIEREN<br />

Um die Versicherten nicht<br />

noch weiter finanziell zu<br />

belasten, verspricht die<br />

Regierungskoalition, dass<br />

die Kosten für Sozialversicherung<br />

der Bundesbürgerinnen<br />

und Bundesbürger<br />

nicht über die 40<br />

Prozent-Marke ihres Lohnes<br />

steigen werden. Diese<br />

„Sozialgarantie 2021“ der<br />

Bundesregierung wankt<br />

bereits vor der Bundestagswahl<br />

bedenklich: Das<br />

Versprechen kann nur mit<br />

großer Mühe gehalten<br />

werden, mit einem tiefen<br />

Griff in die Rücklagen der<br />

Krankenversicherungen,<br />

somit in die von den Versicherten<br />

gebildeten Puffer.<br />

Aber hier gilt, wie im Portemonnaie<br />

aller Bürgerinnen<br />

und Bürger: Erspartes kann<br />

nur einmal ausgegeben<br />

werden! Die sicher dringend<br />

gebotene Modernisierung<br />

des deutschen<br />

Gesundheitswesens kann<br />

und darf nicht allein über<br />

finanzielle Mehrbelastungen<br />

der Bürgerinnen und<br />

Bürger geplant und bezahlt<br />

werden, zumal sie zusätzlich<br />

auch als Steuerzahlende<br />

zur finanziellen Verantwortung<br />

gezogen werden.<br />

Finanzexperten haben für<br />

den Gesundheitssektor<br />

berechnet, dass die <strong>Ausgabe</strong>n<br />

bereits im Jahr<br />

2022 auf 282,4 Mrd. Euro<br />

steigen werden, während<br />

die Ein<strong>nah</strong>men des Gesundheitsfonds<br />

bei nur<br />

245,7 Mrd. Euro liegen<br />

werden.<br />

Wir wissen also schon heute,<br />

dass bei den gesetzlichen<br />

Krankenkassen ein<br />

Defizit in Höhe von 36,7<br />

Mrd. Euro existieren wird.<br />

Zu finanzieren wäre dies –<br />

so man die Sozialgarantie<br />

einhalten will – nur über<br />

einen weiteren stattlichen<br />

Bundeszuschuss in den<br />

Gesundheitsfonds. Denn<br />

wohlgemerkt: Eine Steigerung<br />

der Zusatzbeiträge<br />

allein reicht zur Deckung<br />

dieser riesigen Finanzierungslücke<br />

nicht mehr aus.<br />

NEUE G<strong>ES</strong>UNDHEITSPO-<br />

LITISCHE PERSPEKTIVE<br />

Es ist also Zeit für eine<br />

wirkliche Reform im Gesundheitssektor:<br />

Solange<br />

Krankenhäuser und<br />

Pflegeheime als lukrative<br />

Kapitalanlagen beworben<br />

werden, solange die Renditen<br />

der Gesundheitskonzerne<br />

aus Beiträgen<br />

der Versicherten in den<br />

Gesetzlichen Krankenkassen<br />

finanziert werden,<br />

läuft etwas gewaltig schief.<br />

In einem Sozialstaat wie<br />

Deutschland darf Gesundheit<br />

nicht käuflich<br />

sein, sondern muss jeder<br />

Bürgerin und jedem Bürger<br />

uneingeschränkt in hoher<br />

Qualität zugänglich sein!<br />

Die Frage nach einer nachhaltigen<br />

Finanzierung des<br />

deutschen Sozialsystems<br />

wird die künftige Bundesregierung<br />

beantworten<br />

müssen. Die gleich mehrfache<br />

finanzielle Belastung<br />

der gesetzlich Versicherten<br />

darf dabei nicht die<br />

Lösung sein!<br />

S. 6 | <strong>ganz</strong><strong>nah</strong> | GKV-Finanzen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!